Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-161989/5/Sch/Hu

Linz, 30.05.2007

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Schön über die Berufung des Herrn S H vom 17.1.2007 gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz vom 2.1.2007, S-38737/06, wegen Übertretungen der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO 1960), nach öffentlicher mündlicher Berufungsverhandlung am 22.5.2007 zu Recht erkannt:

 

I.          Die Berufung wird abgewiesen und das Straferkenntnis im angefochtenen Umfang bestätigt.

 

II.         Der Berufungswerber hat als Kostenbeitrag zum Berufungsverfahren den     Betrag von 54 Euro (20 % der verhängten Geldstrafen) zu leisten.

 

Rechtsgrundlagen:

zu  I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 und 19 VStG.

zu II.: §§ 64ff VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Mit Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz vom 2.1.2007, S-38737/06, wurde über Herrn S H, L, wegen Verwaltungsübertretungen nach 1) § 4 Abs.1 lit.a StVO 1960, 2) § 4 Abs.5 StVO 1960 und 3) § 4 Abs.1 lit.c StVO 1960 Geldstrafen von 1) 100 Euro, 2) 70 Euro, 3) 100 Euro, im Fall der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen von 1) 50 Stunden, 2) 35 Stunden und 3) 50 Stunden, verhängt, weil er am 26.9.2006, um 8.40 Uhr in Linz, Rathausgasse 7-9, in Fahrtrichtung Hauptplatz,

1) es als Lenker des Pkw, Kennzeichen ...., unterlassen habe, nach einem Verkehrsunfall, mit dem sein Verhalten am Unfallort in ursächlichem Zusammenhang stand, sein Fahrzeug sofort anzuhalten;

2) habe er es unterlassen, nach einem Verkehrsunfall mit Sachschaden, mit dem sein Verhalten am Unfallort in ursächlichem Zusammenhang stand, die nächste Sicherheitsdienststelle ohne unnötigen Aufschub zu verständigen, obwohl ein gegenseitiger Nachweis von Name und Anschrift des Unfallbeteiligten unterblieben sei;

3) habe er es unterlassen, nach einem Verkehrsunfall, mit dem sein Verhalten am Unfallort in ursächlichem Zusammenhang stand, an der Feststellung des Sachverhaltes mitzuwirken, da er nach einem Verkehrsunfall mit Sachschaden, noch vor Abschluss der polizeilichen Unfall-Aufnahme Alkohol konsumierte.

 

Überdies wurde der Berufungswerber zu einem Kostenbeitrag zum Verfahren in der Höhe von 27 Euro verpflichtet.

 

2. Gegen dieses Straferkenntnis hat der Berufungswerber rechtzeitig Berufung erhoben. Vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung hat die Erstbehörde nicht Gebrauch gemacht und die Berufung vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates gegeben.

 

Die Strafberufung gegen einen weiteren Punkt des erwähnten Straferkenntnisses wurde anlässlich der eingangs angeführten Berufungsverhandlung zurückgezogen, sodass hierauf nicht weiter einzugehen war.

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Folgendes erwogen:

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat in ständiger Judikatur zu den Pflichten gemäß § 4 StVO 1960 (vgl. etwa VwGH 23.5.2002, 2001/03/0417 ua) ausgesprochen, dass als objektives Tatbildmerkmal der Eintritt wenigstens eines Sachschadens und in subjektiver Hinsicht das Wissen von dem Eintritt eines derartigen Schadens vorhanden sein müssen, wobei der Tatbestand schon dann gegeben ist, wenn dem Täter objektive Umstände zu Bewusstsein gekommen sind oder bei gehöriger Aufmerksamkeit zu Bewusstsein hätten kommen müssen, aus denen er die Möglichkeit eines Verkehrsunfalles mit einer Sachbeschädigung zu erkennen vermochte.

 

Für den gegenständlichen Fall bedeutet dies, dass zum einen die Frage der Verursachung des Schadens an dem Gasthausschild der Lokalität „....“ zu erörtern ist. Nach der Sachverhaltslage kommt ganz offenkundig nur ein Anstoß mit dem vom Berufungswerber gelenkten Lkw in Frage. Abgesehen davon, dass der Anstoß von einem Zeugen (siehe entsprechende Angaben in der polizeilichen Anzeige) wahrgenommen wurde, hat der Berufungswerber selbst diese Möglichkeit konzediert.

 

Die weitere Voraussetzung dafür, dass einen Fahrzeuglenker die Verpflichtungen des § 4 StVO 1960 treffen, ist die Wahrnehmung bzw. zumindest die zumutbare Wahrnehmbarkeit von Umständen, die auf einen Verkehrsunfall hindeuteten. Bekanntlich bestehen grundsätzlich drei Möglichkeiten, einen Anstoß wahrzunehmen, nämlich optisch, akustisch oder durch Stoßreaktion. Nach der gegebenen Sachlage hätte dem Berufungswerber zumindest akustisch auffallen müssen, dass ein Anstoß erfolgt ist oder sein könnte. Insbesondere musste ihm aufgrund des relativ hohen Aufbaus des von ihm gelenkten Lkw bewusst sein, dass er dem erwähnten Schild durch sein Lenkmanöver nach rechts sehr nahe gekommen sein musste. Dazu kommt, dass er, unbestrittener Weise, ein Geräusch wahrgenommen hat, das er mit einem Vorgang bei einer nahegelegenen Baustelle in Verbindung brachte. Mit dieser Erklärung hätte sich der Berufungswerber allerdings nicht abfinden dürfen. Selbst wenn Baustellenlärm als Geräuschursache in Frage gekommen wäre, hätte sich der Berufungswerber noch näher überzeugen müssen, ob seine Vermutung auch tatsächlich richtig ist oder nicht. Zu diesem Zweck wäre es ihm auch zuzumuten gewesen, nach dem Anhalten seines Fahrzeuges auszusteigen und seine akustischen Wahrnehmungen näher zu überprüfen. Statt dessen hat sich der Berufungswerber laut eigenen Angaben mit einem Blick aus dem fahrerseitigen Fenster zurück zur Baustelle begnügt. Damit hat man aber keine Möglichkeit, die gegenständliche Anstoßstelle, die ja rechts oben, also beifahrerseitig, gelegen war, wahrzunehmen.

 

Selbst wenn man also dem Berufungswerber konzediert, dass er den Anstoß tatsächlich nicht wahrgenommen, sondern ein Geräusch, das hiefür in Frage gekommen wäre, falsch zugeordnet hat, muss ihm diese Verhaltensweise in der Form vorgeworfen werden, dass er eben nicht mit der gebotenen Aufmerksamkeit vorgegangen ist. Wäre dies der Fall gewesen, hätte er sofort von der Beschädigung des Gasthausschildes Kenntnis erlangen können. Er ist damit auch für die von ihm nach dem Verkehrsunfall gesetzten Handlungen bzw. Unterlassungen verantwortlich.

 

Auch wenn der Berufungswerber kurz an der Unfallstelle angehalten haben sollte, wie er dies bei der Berufungsverhandlung angegeben hat, so hat er dennoch seiner Anhaltepflicht im rechtlichen Sinne nicht entsprochen. Ein derartiges kurzfristiges zum Stillstand bringen eines Fahrzeuges – laut Berufungswerber einige Sekunden – ohne weitere Handlungen, um sich von den Folgen eines Unfalles zu überzeugen, erfüllt die Anhaltepflicht nicht (VwGH 12.9.1984, 83/03/0365).

 

Die Verpflichtung zur Mitwirkung an der Feststellung des Sachverhaltes wird auch dadurch verletzt, dass ein Fahrzeuglenker eines sogenannten Nachtrunk, also den Konsum alkoholhältiger Getränke nach dem Verkehrsunfall, tätig. Dieses Verbot, nach einem Unfall Alkohol zu trinken, besteht so lange, als mit einer amtlichen Tatbestandsaufnahme gerechnet werden muss (VwGH 18.9.1991, 91/03/0088).

 

Da schließlich ein Identitätsnachweis der Unfallbeteiligten, also hier des Berufungswerbers einerseits und des durch die Beschädigung des Schildes geschädigten Lokalbesitzers andererseits, unbestrittener Weise nicht erfolgt ist, wäre der Berufungswerber zur Meldung des Verkehrsunfalles bei der nächsten Polizeidienststelle verpflichtet gewesen.

 

Der Berufung konnte daher dem Grunde nach kein Erfolg beschieden sein.

 

Aber auch hinsichtlich Strafbemessung erscheint der Berufungsbehörde das angefochtene Straferkenntnis nicht rechtswidrig. Der Strafrahmen für die Delikte gemäß Faktum 1) und 3) des Straferkenntnisses beträgt gemäß § 99 Abs.2 lit.a StVO 1960 von 36 Euro bis 2.180 Euro, jener für Faktum 2) bis 726 Euro (§ 99 Abs.3 lit.b StVO 1960).

 

Die verhängten Geldstrafen  bewegen sich also jeweils im untersten Bereich des Strafrahmens und können schon aus diesem Grund nicht als überhöht angesehen werden. Zum anderen kommt der Einhaltung der Verkehrsunfallpflichten durch beteiligte Lenker eine besondere Bedeutung zu, insbesondere auch dahingehend, um Unfallgeschädigten die Möglichkeit zu geben, gleich zu erfahren, mit wem sie sich hinsichtlich Schadensregulierung auseinanderzusetzen haben werden. Es soll damit auch möglichst verhindert werden, dass unnötige aufwendige Nachforschungen zur Lenkerermittlung oder die Unfallsumstände erforderlich werden.

 

Beim Berufungswerber lagen keinerlei Milderungsgründe, auch nicht jener der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit, vor.

 

Auch wenn er, wie er bei der Berufungsverhandlung angegeben hat, derzeit in unterdurchschnittlichen finanziellen Verhältnissen lebt, muss ihm die Bezahlung der verhängten Geldstrafen zugemutet werden. Über begründetes Ansuchen kann die Erstbehörde die Bezahlung von Verwaltungsstrafen im Ratenwege gewähren.

 

Zu II.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

S c h ö n

 

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