Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-240612/2/BP/Wb/Se

Linz, 12.06.2007

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Dr. Bernhard Pree über die Berufung des T L, A, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Schärding vom 16. Mai 2007, GZ. VetR6-1-2007, zu Recht erkannt:

 

 

I.                    Der Berufung wird stattgegeben, das bekämpfte Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsverfahren eingestellt.

 

II.                  Der Berufungswerber hat keinen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

Zu I.: §§ 24, 44a und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm. § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG.

Zu II.: § 64 Abs. 1 und 2 iVm § 65 VStG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Schärding vom 16. Mai 2007, GZ. VetR6-1-2007, wurde über den Berufungswerber (in der Folge: Bw) gemäß § 10 Abs. 1 iVm § 14 Z. 9 des Tiermaterialiengesetzes eine Geldstrafe in Höhe von 100 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 24 Stunden) verhängt, weil er am 20. Februar 2007 um 17.00 Uhr ein aus seinem Tierbestand im Gehege in E, KG. E, verendetes Damwild liegen gelassen habe und somit als Person, die Material der Kategorie 2 gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1774/2002 (Damwild, dass auf andere Weise als durch Schlachtung für den menschlichen Verzehr gestorben bzw. zur Tilgung einer Tierseuche getötet worden ist) in Verwahrung gehabt habe, seiner Verpflichtung, dieses unverzüglich an einen geeigneten, gemäß § 3 Tiermaterialiengesetzes zugelassenen oder an einen nach den Bestimmungen der Verordnung (EG) 1774/2002 zugelassenen Betrieb, in einem anderem Mitgliedsstaat abzuliefern, nicht nachgekommen sei.

 

Begründend führt die belangte Behörde unter Darstellung der maßgeblichen Rechts­vorschriften im Wesentlichen aus, dass aufgrund einer Anzeige der PI E vom 21. Februar 2007, der im Spruch genannte Sachverhalt bekannt worden sei. Aufgrund eines sorgfaltswidrigen Verhaltens in Bezug auf die Instandhaltung des Geheges sei es vor der gegenständlichen Anzeige wiederholt zur Verkehrsunfällen mit Sachschäden im Bereich der B130, verursacht durch ausgebrochenes Damwild gekommen. In der schriftlichen Stellungnahme vom 13. März 2007 habe der Bw im wesentlichen ausgeführt, dass er seit 20. Jänner 2007 beinahe täglich unterwegs gewesen sei um das entflohene Wild wieder einzufangen oder dessen Überreste zu entsorgen. Er habe diesbezüglich auch zahlreiche Telefonanrufe von der PI E erhalten. Auch sei er immer von der PI verständigt worden wenn Hirsche gesehen worden oder durch den Verkehr verendet seien. Die Tierkadaver hätte er darauf hin unmittelbar auch aufgesammelt und entsorgt. Warum eine diesbezügliche Verständigung im konkreten Fall unterlassen worden sei, sei dem Bw nicht verständlich. Er sei auch unmittelbar vor der Tatzeit am bzw. im Gehege gewesen und habe nach zusammengefahrenen Wild neben dem Straßenrand gesucht. Der Bw sei sich daher eines Verstoßes gegen das Tiermaterialiengesetz nicht bewusst.

 

Die belangte Behörde gehe davon aus, dass die Verwaltungsübertretung vom Bw begangen worden sei. Die Strafe erscheine somit sowohl dem Unrechtsgehalt als auch dem nicht glaubhaften wirtschaftlichen Verhältnissen (Einkommen 286,30 Euro monatlich netto, kein Vermögen, Sorgepflicht für 8 Kinder) angepasst.

 

 

1.2. Gegen dieses Straferkenntnis, dass dem Bw durch Hinterlegung am 23. Mai 2007 zugestellt wurde, richtet sich die vorliegende – rechtzeitige (E-Mail vom 4. Juni 2007) – Berufung. Auch wenn der Bw wohl irrtümlich Einspruch gegen die "Strafverfügung" erhebt, ist im Sinne des Rechtsschutzes dieser Schriftsatz als Berufung anzusehen, zumal der Bw auch nicht rechtsfreundlich vertreten ist.

 

Darin wendet sich der Bw gegen die Anzeige, die seiner Meinung nach nicht den Tatsachen entspreche. Die Behauptung er habe gegen das Tiermaterialiengesetz verstoßen entbehre jeder Grundlage. Von der belangten Behörde werde ihm aber ohnehin jede Glaubwürdigkeit abgesprochen. Abschließend schränkt der Bw die Anzahl seiner sorgepflichtigen Kinder auf vier ein. Aus dem Schreiben geht hervor, dass der Bw den von der Behörde angenommenen Sachverhalt in Zweifel zieht.

 

 

2.1. Mit Schreiben vom 4. Juni 2007 legte die belangte Behörde den bezug­habenden Verwaltungsakt vor.

 

2.2. Der Oö. Verwaltungssenat geht bei seiner Entscheidung von folgendem entscheidungswesentlichen Sachverhalt aus:

 

Der Bw ist Betreiber des gegenständlichen Damwildgeheges. Am 20. Februar wurde bei einer Kontrolle durch ein Organ der PI E im Gehege des Bw ein offensichtlich gerissenes Damwild vorgefunden. Der Spruch des bekämpften Straferkenntnisses lautet hinsichtlich des Tatvorwurfes:

 

"Sie haben am 20.02.2007 um 17.00 Uhr ein aus Ihrem Tierbestand im Gehege in E, KG. E, verendetes Damwild liegen gelassen und sind Sie somit als Person, die Material der Kategorie 2 gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1774/2002 (Damwild, das auf andere Weise als durch Schlachtung getötet worden ist) in Verwahrung hat, Ihrer Verpflichtung, dieses unverzüglich an einen geeigneten, gemäß § 3 des Tiermaterialiengesetzes zugelassenen oder an einen nach den Bestimmungen der Verordnung (EG) Nr. 1774/2002 zugelassenen Betrieb in einem anderen Mitgliedsstaat abzuliefern, nicht nachgekommen."

 

2.3. Der Oö. Verwaltungssenat erhob Beweis durch Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde.

 

Daraus ergibt sich der entscheidungswesentliche Sachverhalt widerspruchsfrei. Insbesondere zeigen die dem Akt beigeschlossenen Fotos, dass das gegenständliche Tier vor nicht allzu langer Zeit von einem "Raubtier" gerissen wurde.

 

2.4. Gemäß § 51e Abs. 2 Z. 1 VStG entfällt eine mündliche Verhandlung, wenn bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass der mit Berufung angefochtene Bescheid aufzuheben ist.

 

2.5. Da im angefochtenen Straferkenntnis keine 2.000 Euro übersteigende Geld­strafe verhängt wurde, ist der Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung durch eines seiner Mitglieder berufen (§ 51c VStG).

 

 

3. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

 

3.1 Gemäß § 44a VStG hat der Spruch, wenn er nicht auf Einstellung lautet, unter anderem die als erwiesen angenommene Tat (Z 1) und die Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist (Z 2) zu enthalten.

 

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu den Sprucherfordernissen nach § 44a Z 1 VStG ist die Tat so weit zu konkretisieren, dass eine eindeutige Zuordnung zu den Tatbestandsmerkmalen ermöglicht wird und die Identität der Tat unverwechselbar feststeht (stRsp seit den verst. Senaten VwSlg 11.466A/1984 und VwSlg 11.894A/1985). Im Spruch sind alle wesentlichen Tatbestandsmerkmale anzuführen, die zur Individualisierung und Konkretisierung des inkriminierten Verhaltens notwendig sind. Insbesondere ist dabei die Identität der Tat (Ort, Zeit und die näheren Umstände) möglichst genau zu beschreiben. Das an Tatort- und Tatzeitumschreibung zu stellende Erfordernis ist daher nicht nur von Delikt zu Delikt (siehe VwGH 14.02.1985, 85/02/0013), sondern auch nach den jeweils gegebenen Begleitumständen in jedem einzelnen Fall ein verschiedenes, weil an Rechtschutzüberlegungen zu messendes Erfordernis.

 

3.2 Im gegenständlichen Fall ist unbestritten, dass ein verendetes Damwild am 20. Februar 2007 um 17.00 Uhr im Gehege des Bw vorgefunden wurde. Allerdings fehlen im Spruch des bekämpften Straferkenntnisses jegliche Aussagen darüber –sogar ungefähre - seit wann sich dieser Tierkadaver sich in diesem Zustand befand. Vor den Vorwurf der konkreten Tat ist die zeitliche Komponente von erheblicher Bedeutung, da gemäß § 10 Abs. 1 des Tiermaterialiengesetzes BGBl. I Nr. 13/2006, Personen die Nebenprodukte und Materialien in Verwahrung haben, verpflichtet sind diese unverzüglich an einen geeigneten, gemäß § 3 zu gelassenen Betrieb oder, sofern hiefür die Zustimmung des Bestimmungsmitgliedsstaates vorliegt, ein einen nach den Bestimmungen der Verordnung (EG) 1774/2002 zugelassenen Betrieb in einem anderen Mitgliedsstaat abzugeben.

 

Korrekterweise hätte der Spruch dahingehend lauten müssen, dass am 20. Februar 2007 um 17.00 Uhr festgestellt wurde, dass der Bw zumindest seit einem ungefähren Zeitraum es unterlassen habe entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen einzuschreiten.

 

Da diese wesentliche Komponente jedoch im Spruch des bekämpften Straferkenntnisses keine Berücksichtigung fand war der Bescheid in Hinblick auf § 44a VStG aufzuheben.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

Im übrigen ist auch festzustellen, dass im bekämpften Straferkenntnis in der Begründung den Tatvorwurf sowohl in objektiver als auch in subjektiver Hinsicht nur unzureichend konkretisiert. Insbesondere fehlt auch in der Begründung ein Hinweis darauf ob der gegenständliche Tierkadaver als tierisches Nebenprodukt oder Material der Kategorie 1 und 2 der Verordnung (EG) 1774/2002 anzusehen ist.

 

 

4. Bei diesem Ergebnis war dem Bw kein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat aufzuerlegen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

Bernhard Pree

 

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