Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-400886/3/Gf/Sta

Linz, 19.06.2007

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Grof über die Beschwerde des J J, dzt. Justizanstalt Ried, gegen den Schubhaftbescheid des Bezirkshauptmannes von Ried vom 1. Juni 2006, Zl. Sich41-164-2006, zu Recht erkannt:

 

I.                    Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

 

II.                  Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Verfahrenspartei: BH Ried) Kosten in Höhe von 271,80 Euro binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

 

Rechtsgrundlage:

§§ 82 und 83 FPG; § 79a AVG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1.1. Der am 9. Jänner 1979 geborene Beschwerdeführer − dessen Staatsange­hörig­keit derzeit ungeklärt ist (nach eigenen Angaben: Sudan) − reiste 1997 ohne gültige Dokumente und unter Umgehung der Grenzkontrolle in das Bundesgebiet ein und stellte in der Folge mehrere Asylanträge. Diese wurden jeweils ab- bzw. zurück­ge­wiesen (zuletzt mit Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenates vom 11. Dezember 2006, Zl. 201864/2-V/15/05, rechtskräftig seit dem 12. Dezember 2006).

 

1.2. Zwischen 1998 und dem 2006 wurde er mehrfach wegen vorsätzlicher Körperverletzung und Vergehen gegen das Suchtmittelgesetz strafgerichtlich verurteilt, zuletzt mit Urteil des LG für Strafsachen Wien vom 5. September 2006,
42 HV 42/2006M, zu einer Freiheitsstrafe von 18 Monaten, die er derzeit (bis zum
26. August 2007) in der JA Ried verbüßt; im Anschluss daran ist noch eine Ersatzfreiheitsstrafe der BPD Wien im Ausmaß von 336 Stunden zu vollziehen.

 

1.3. Mit Bescheid der BPD Wien vom 14. Dezember 2000 wurde über den Rechtsmittelwerber ein Aufenthaltsverbot verhängt, das seit dem Inkrafttreten des Fremdenpolizeigesetzes als Rückkehrverbot zu werten ist.

 

1.4. Mit Bescheid des Bezirkshauptmannes von Ried vom 1. Juni 2006, Zl. Sich41-164-2006, wurde über den Beschwerdeführer zur Sicherung des Verfahrens eines Aufenthaltsverbotes die Schubhaft verhängt und angeordnet, dass diese unmittelbar nach dem Ende seiner derzeitigen Anhaltung zu vollziehen ist.

 

Begründend wurde dazu im Wesentlichen ausgeführt, dass sich der Rechtsmittelwerber nicht im Bundesgebiet aufhalte, sich seine Staatsangehörigkeit insbesondere auf Grund seiner Weigerung bzw. mangelnden Kooperations­bereit­schaft noch immer nicht habe klären lassen und er ledig sei und keine Sorgepflichten habe. Außerdem verfüge er weder über finanzielle Mittel noch über einen festen Wohnsitz oder soziale Bindungen in Österreich.

 

Angesichts der drohenden Gefahr, dass er sich nach Beendigung seiner Haft dem fremdenpolizeilichen Zugriff entziehen könnte, sei von gelinderen Mitteln Abstand zu nehmen und die Schubhaft anzuordnen gewesen.

 

1.5. Gegen diesen Bescheid richtet sich die am 11. Juni 2007 bei der belangten Behörde eingebrachte Beschwerde.

 

Darin wird vorgebracht, dass er im Sudan mit den Christen gegen das muslimische Regime gekämpft und seine Familie verloren habe; deshalb sei er mit 18 Jahren nach Österreich geflohen. Sein Fehlverhalten in Bezug auf Rauschgiftvergehen habe er nunmehr eingesehen, sodass er nach seiner Haftentlassung ein neues Leben beginnen wolle.

 

Daher wird – erschließbar – die Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt.

 

1.6. Die belangte Behörde hat den Bezug habenden Verwaltungsakt vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, mit der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

 

Dazu wird ergänzend ausgeführt, dass die BPD Wien derzeit die Erlassung eines neuen Aufenthaltsverbotes vorbereite. Zuletzt habe man sich um die Ausstellung eines sudanesischen Heimreisezertifikates bemüht, doch sei seitens der sudanesischen Botschaft zuletzt mit Schreiben vom 3. Jänner 2005 ausgeschlossen worden, dass es sich beim Beschwerdeführer um einen Angehörigen ihres Staates handelt. Daher wird nunmehr versucht werden, ein Heimreisezertifikat von Nigeria zu bekommen.

 

Aus diesen Gründen wird die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

 

 

2. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der BH Grieskirchen zu Zl. Sich41-164-2006; da sich bereits aus diesem der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ, dieser vom Beschwerdeführer im Grunde auch nicht bestritten wird und die Verfahrensparteien einen entsprechenden Antrag nicht gestellt haben, konnte im Übrigen gemäß § 83 Abs. 2 Z 1 FPG von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

 

 

3. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

 

3.1. Gemäß § 82 Abs. 1 des Fremdenpolizeigesetzes, BGBl. Nr. I 100/2005, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. I 99/2006 (im Folgenden: FPG), hat ein Fremder u.a. dann das Recht, eine Beschwerde an den Unabhängigen Verwaltungssenat zu erheben, wenn gegen ihn die Schubhaft angeordnet wurde.

 

Nach § 76 Abs. 1 FPG können Fremde u.a. festgenommen und angehalten werden, sofern dies notwendig ist, um das Verfahren zur Erlassung eines Aufenthalts­verbots oder einer Ausweisung bis zum Eintritt ihrer Durchsetzbarkeit oder um die Abschiebung, die Zurückschiebung oder die Durchbeförderung zu sichern.

 

Gemäß § 77 FPG hat die Behörde jedoch von der Anordnung der Schubhaft Abstand zu nehmen, wenn sie Grund zu der Annahme hat, dass deren Zweck durch die Anwendung gelinderer Mittel erreicht werden kann. Als in diesem Sinne gelinderes Mittel kommt insbesondere die Anordnung in Betracht, in von der Behörde bestimmten Räumen Unterkunft zu nehmen oder sich in perio­dischen Abständen bei dem dem Fremden bekannt gegebenen Polizeikommando zu melden.

 

3.2. Im gegenständlichen Fall wurde über den Beschwerdeführer  im Jahre 2004 ein Aufenthaltsverbot nach dem damals maßgeblichen Fremdengesetz verhängt; dieses ist gemäß § 125 Abs. 3 zweiter Satz FPG nunmehr als ein Rückkehrverbot zu werten.

Da ein Fremder auf Grund eines bloßen Rückkehrverbotes nicht abgeschoben und damit auch nicht in Schubhaft genommen werden kann, lässt sich der angefochtene Bescheid somit nur darauf stützen, dass gegen den Beschwerdeführer ein Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes eingeleitet wurde (vgl. § 76 Abs. 1 FPG), wie dies im Spruch des Schubhaftbescheides auch explizit zum Ausdruck gebracht wurde.

 

Im gegenständlichen Fall ist die Anordnung der Schubhaft insbesondere deshalb als erforderlich anzusehen, weil aufgrund unterlassener Kooperationsbereitschaft und Verweigerung jeglicher Mitwirkung bisher weder seine Identität noch seine Staatsangehörigkeit geklärt werden konnte und er im bisherigen fremdenpolizeilichen Verfahren mehrfach dokumentiert hat, dass er einer Ausreise in seinen Heimatstaat offenkundig nicht freiwillig Folge leisten würde.

 

Dazu kommt, dass er in Österreich weder über finanzielle Mittel noch über einen ordnungsgemäßen Wohnsitz oder eine dauerhafte Aufenthalts­möglichkeit noch über soziale Bindungen verfügt und kontinuierlich gerichtlich straffällig geworden ist.

 

All dies bekräftigt aber die von der Fremdenpolizeibehörde vertretene Prognose, dass er – in Freiheit belassen – mit hoher Wahrscheinlichkeit versuchen würde, in die Illegalität unterzutauchen, um sich so seiner drohenden zwangsweisen Abschiebung nach Nigeria zu entziehen, wobei unter den gegebenen Umständen auch die Verpflichtung zu einer periodischen Meldung bei einem Polizeikommando offenkundig keine Gewähr dafür bietet, dass der Rechtsmittelwerber zum Zeitpunkt der Durchführung der Abschiebung der Behörde auch tatsächlich zur Verfügung stehen wird.

 

Die Nichtanwendung gelinderer Mittel erfolgte daher unter dem Aspekt, dass jedenfalls seine Abschiebung in diesen Staat nicht offenkundig unzulässig ist, im Ergebnis zu Recht.

 

3.3. Die Anordnung der Schubhaft ist im vorliegenden Fall auch verhältnismäßig, denn dem Recht des Beschwerdeführers auf Schutz seiner persönlichen Freiheit steht ein dieses überwiegendes Interesse des Staates an einem geordneten Fremdenwesen sowie am Schutz und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung – insbesondere an der Verhinderung der Begehung weiterer Suchtgiftdelikte durch den Rechtsmittelwerber – gegenüber. Um diese Ziele effektiv zu gewährleisten, war der Eingriff in das Recht auf den Schutz der persönlichen Freiheit aus den unter 3.3. dargelegten Gründen unumgänglich, weshalb auch ein gelinderes Mittel – insbesondere jenes des bloßen Auftrages zur periodischen Meldung vor der Behörde – hier nicht zur Anwendung kommen konnte.

 

3.4. Die gegenständliche Beschwerde war somit aus allen diesen Gründen gemäß § 83 FPG iVm § 67c Abs. 3 AVG als unbegründet abzuweisen.

 

4. Nach § 79a AVG iVm. § 83 Abs. 2 FPG hat die im Verfahren nach § 67c AVG obsiegende Partei Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei. Wird die Beschwerde zurückgewiesen, abgewiesen oder zurückgezogen, dann ist die belangte Behörde die obsiegende und der Beschwerdeführer die unterlegene Partei (§ 79a Abs. 3 AVG).

 

Davon ausgehend waren dem Bund als Rechtsträger der belangten Behörde gemäß § 1 Z. 3 und 4 der UVS-Auf­wand­ersatz­ver­ordnung, BGBl. II Nr. 334/2003, Kosten in Höhe von insgesamt 271,80 Euro (Vorlageaufwand: 51,50 Euro; Schriftsatzaufwand: 220,30 Euro) zuzusprechen.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

 

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Gebühren in einer Höhe von 13 Euro entstanden; ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

 

 

 

Dr.  G r o f

 

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum