Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-150552/10/Lg/Hue

Linz, 20.06.2007

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ewald Langeder nach der am 15. Juni 2007 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung über die Berufung des H B, 57 N, S, vertreten durch K – S – F Rechtsanwälte GmbH, 57 Z, S, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Linz-Land vom 5. Februar 2007, Zl. BauR96-827-2004/STU, wegen einer Übertretung des Bundes­straßen-Mautgesetzes 2002 (BStMG) zu Recht erkannt:

 

 

I.                    Die Berufung wird abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.  

 

II.                  Der Berufungswerber hat zusätzlich zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens einen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat in der Höhe von 40 Euro zu leisten.

 

Rechtsgrundlage:

Zu  I.:  § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 16 Abs.2 VStG.

Zu II.:  §§ 64 ff VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde über den Berufungswerber (Bw) eine Geldstrafe von 200 Euro bzw. eine Ersatzfreiheitsstrafe von 17 Stunden verhängt, weil er am 27. August 2004, 8.21 Uhr, mit dem Kfz mit dem amtlichen Kennzeichen ZE die mautpflichtige Bundesstraße A bei km 17 im Gemeindegebiet von A in Fahrtrichtung S benützt habe, ohne dass die für die Benützung von Autobahnen vorgeschriebene fahrleistungsabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet worden sei.

 

2. In der Berufung wird vorgebracht, dass die von der A angebotene Ersatzmaut keiner Fahrt des Bw zugeordnet hätte werden können. Aus diesem Grund sei dieses Vergleichsangebot ausgeschlagen worden. Die gegenständliche Verwaltungsstrafe widerspreche Art. 94 B-VG, da die A im Wege des Verwaltungsstrafrechts einen zivilrechtlichen Anspruch versucht einzutreiben. Weiters gebe es seitens der A widersprüchliche Angaben hinsichtlich eines GO-Box-Austausches. Wenn die GO-Box am 24. Juni 2004 aufgrund eines Fehlers ausgetauscht worden sei, sei es plausibel, dass auch andere GO-Boxen Mängel aufweisen, sodass am Tattag zwar die richtige Achsenzahl eingestellt gewesen sei, die A jedoch die falsche Achsenzahl abgebucht habe. Der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses unterliege nicht dem vom Gesetz verlangten Bestimmtheitsgebot, da dem Bw zwar vorgeworfen werde, eine mautpflichtige Bundesstraße benützt zu haben, der Bw jedoch eine Autobahn benützt habe. Der Tatort sei demnach nicht eindeutig umschrieben. Weiters fehle im Spruch eine Umschreibung des Fehlers, den der Bw begangen haben soll. Beantragt werde die Einvernahme eines Kfz-Sachverständigen und eines informierten A-Vertreters.

 

Beantragt wird die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens.

 

3. Aus dem Akt ist ersichtlich:

 

Dem Akt liegt eine Anzeige der A vom 16. Oktober 2004 zugrunde, die den gegenständlichen Tatvorwurf enthält. Als Beanstandungsgrund ist angegeben, dass die Achsenzahl des Kraftfahrzeuges mit 4 höher gewesen sei als die mit 2 eingestellte Kategorie/Achsenzahl am Fahrzeuggerät, wodurch die fahrleistungsabhängige Maut nicht ordnungsgemäß entrichtet worden sei.

Gemäß § 19 Abs. 4 BStMG sei der Zulassungsbesitzer am 30. August 2004 schriftlich zur Zahlung der Ersatzmaut aufgefordert, dieser Aufforderung aber nicht nachgekommen worden.

 

Der Zulassungsbesitzer benannte am 3. November 2004 den Bw als Lenker des gegenständlichen Kfz zur Tatzeit.

 

Die Strafverfügung vom 11. November 2004 wurde vom Bw (ohne weitere Begründung) beeinsprucht.

 

Die A übermittelte am 6. Februar 2006 auf Anforderung eine Einzelleistungsinformation vom Tattag und zwei Beweisfotos.

 

Dazu bestätigte der Bw seine Lenkereigenschaft zur Tatzeit. Die GO-Box sei jedoch auf "4" eingestellt worden. Nachfolgend sei der Bw bei einer Fahrt in Tirol bei der Mautstelle S von der A auf einen Defekt bei der GO-Box aufmerksam gemacht worden. Dabei sei festgestellt worden, dass entgegen der Einstellung "4" lediglich die Achsenzahl "2" abgebucht worden sei, weshalb die GO-Box Anfang Oktober 2004 ausgetauscht worden sei.

 

Darauf teilte die A am 20. November 2006 mit, dass die GO-Box am 24. Juni 2004 ausgetauscht worden sei und es sich beim Vorbringen des Bw lediglich um eine Schutzbehauptung handeln könne. Übermittelt wurden nochmals zwei Beweisfotos und eine Einzelleistungsinformation.

 

Dazu brachte der Bw nochmals vor, sicher zu sein, die Achsenzahl korrekt eingestellt und überprüft zu haben. Er habe auch keinen wirtschaftlichen Vorteil von einer Falscheinstellung der Achsenzahl. Dem Bw sei auch kein Ersatzmautangebot zugegangen, weshalb das Verfahren an einem wesentlichen Verfahrensmangel leide.

 

Der Akt schließt mit dem angefochtenen Straferkenntnis und der daraufhin eingebrachten Berufung.

 

Die A teilte am 11. und 12. Juni 2007 dem Unabhängigen Verwaltungssenat auf Anfrage mit, dass die GO-Box am 24. Juni 2004 ausgetauscht worden sei und der Grund dafür nicht mehr nachvollzogen werden könne. Als Beilagen sind Einzelleistungsinformationen vom 3., 5., 9., 12., 14., 16. und 27. August 2004 angeschlossen. Weiters erging der Hinweis, dass es am 3. und 5. August 2004 zu weiteren Kontrollfällen gekommen sei.

 

4. In der öffentlichen mündlichen Verhandlung stellte der Vertreter des Bw den Beweisantrag, die A möge eine "Teilleistungsinformation" für den Tattag vorlegen; dies zum Beweis dafür, dass die GO-Box zwar richtig auf die Achsenzahl "4" eingestellt gewesen aber lediglich die Achsenzahl "2" abgebucht worden sei.

 

Auf Befragen sagte der verkehrstechnische Amtssachverständige aus, dass derartige Informationen seitens der A nicht geführt würden. Aufgrund der Aufzeichnungs- und Abbuchungsmodalitäten sowie der Kommunikationsstrukturen  könne eine derartige Aufzeichnung nicht vorliegen, da Mautbalken immer nur das von der GO-Box gesendete Signal aufzeichnen und daher nur den Status der eingestellten Achsenzahl abspeichern können und keine Vergleichsmöglichkeit innerhalb der GO-Box-Daten bestehe. Aus diesem Grund werde das Kfz fotografiert, um anhand der bildlichen Auswertung die Achsenzahl des Kfz mit der eingestellten Achsenzahl bei der GO-Box vergleichen zu können.

 

Der Amtssachverständige erhielt während der öffentlichen mündlichen Verhandlung vom zuständigen Betreuer für die Mautsysteme in Österreich der A die telefonische Auskunft, dass es eine "Teilleistungsinformation", welche einen höheren Informationsgehalt als die Einzelleistungsinformation hätte, nicht existiere. Aufgrund der Systemspeicherungen und –abfragen gebe es eben nur diese Informationen, welche in den Einzelleistungsnachweisen aufscheine. Mit Sicherheit gebe es keine Aufzeichnungen, aus denen hervorgehen könne, dass eine Achsenzahl richtig eingestellt gewesen sei, aber die Abbuchung unrichtig erfolgt sei. Dies sei systembedingt nicht möglich.

 

Der Vertreter des Bw beantragte weiters die Vorlage der Buchungsaufzeichnungen für den gegenständlichen Mautbalken vom Tattag, eingeschränkt auf eine Stunde vor bis eine Stunde nach der Tat, als Beweis dafür, dass die Achsenzahl richtig eingestellt gewesen jedoch die Abbuchung falsch erfolgt sei.

 

Dazu gab der Amtssachverständige bekannt, dass bei einer solchen Erhebung lediglich herauskommen könne, welche Achsenzahl bei sämtlichen durchfahrenden Kfz eingestellt gewesen sei.

 

Dieser Beweisantrag wurde vom Verhandlungsleiter abgelehnt, da eine solche Information nur der Feststellung der tatsächlich eingestellten Achsenzahl der Fahrzeuge dienen kann. Dies ermöglicht aber keinen Schluss darauf, ob bei einem, bei mehreren oder allen Kfz eine Differenz zwischen der eingestellten und der tatsächlich abgebuchten Achsenzahl vorhanden war.

 

Zum Vorbringen, dass der Bw die richtige Achsenzahl bei der GO-Box eingestellt hätte, jedoch eine falsche abgebucht worden sei, legte der verkehrstechnische Amtssachverständige dar, dass es sich bei der in Österreich verwendeten GO-Box um ein System handle, welches auf Mikrowellen aufbaue und auf Basis eines verschlüsselten Kommunikationssystems mit dem Mautbalken kommuniziere. Wenn eine bestimmte Achsanzahl bei der GO-Box eingestellt sei, so werde an den Mautbalken ein bestimmter verschlüsselter Datensatz übertragen. Wenn dieser Datensatz vollständig beim Mautbalken ankomme, werde eine Abbuchung durchgeführt ansonsten erfolge eine Nichtabbuchung. Dies bedeute, dass in so einem Fall im Leistungsverzeichnis eine Nichtabbuchung feststellbar sei. Wenn – wie im gegenständlichen Fall – eine Abbuchung mit einer bestimmten Achsenzahl stattgefunden habe, bedeute dies, dass der vollständige Datensatz von der GO-Box an das Mautbalkensystem übertragen worden sei.

Weiters könne aufgrund des Aufbaues der GO-Box mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit eine "Selbstverstellung" der Achsenzahl ausgeschlossen werden. Für die gegenständliche GO-Box-Konstruktion bzw. für das komplette Mautsystem würden die einschlägigen Abnahmeprüfungen vorliegen, welche aus gesetzlicher Sicht vorgesehen seien. Auch hätten Versuche gezeigt, dass ein unbeabsichtigtes Verstellen der Achsenzahl bei der GO-Box praktisch ausgeschlossen werden könne. Dies ergebe sich schon daraus, dass der Schalter der Drucktaster, welcher zum Umstellen der Achsanzahl führe, nur mit einer sehr geringen Masse behaftet sei und ein Umstellen der Achsenzahl nur dann erfolge, wenn dieser Schalter für zumindest zwei oder mehr Sekunden gedrückt werde. Aus fahrdynamischen Gegebenheiten (Beschleunigen, Abbremsen usw.) sei eine derartige Kraft nicht zu erwarten. Sowohl aufgrund von vorliegenden Untersuchungen als auch aus Eigenversuchen ergebe sich kein Hinweis darauf, dass es zu einem unbeabsichtigten Verstellen der Achsenzahl komme, wenn die GO-Box wie vorgesehen montiert sei und sich im Bereich der GO-Box keine Dinge befinden, welche die Möglichkeit böten, den Drucktaster zu betätigen. Wie die Praxis zeige sei es schon vorgekommen, dass der Drucktaster durch vor der GO-Box befindliche Bücher, Karten usw. betätigt werde. Dies bedeute, dass es zu einem kurzen Druckaufbau komme, welche die Achsenzahl verstellen lasse. Wenn man diesen Grund ausschließe, könne mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ein unbeabsichtigtes Verstellen der Achsenzahl ausgeschlossen werden.

 

Dem Vertreter des Bw wurden die von der A übermittelten Einzelleistungsinformationen für den gesamten Monat August 2004 zur Einsicht vorgelegt und mitgeteilt, dass laut Auskunft der A die GO-Box am 24. Juni 2004 ausgetauscht wurde. Ein Austausch im Oktober 2004, wie vom Bw behauptet wurde, habe nicht stattgefunden.

 

Der Vertreter des Bw beantragte die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens aus den erwähnten Gründen.

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

 

5.1. Gemäß § 6 BStMG unterliegt die Benützung von Mautstrecken mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstzulässiges Gesamtgewicht mehr als 3,5 t beträgt, der fahrleistungsabhängigen Maut.

 

Gemäß § 7 Abs. 1 BStMG ist die Maut durch Einsatz zugelassener Geräte zur elektronischen Entrichtung der Maut im Wege der Abbuchung von Mautguthaben oder der zugelassenen Verrechnung im Nachhinein zu entrichten.

 

Gemäß § 8 Abs. 1 BStMG haben Lenker, soweit sie nicht von anderen in der Mautordnung vorgesehenen Formen der Mautentrichtung Gebrauch machen, vor der Benützung von Mautstrecken ihr Fahrzeug mit Geräten zur elektronischen Entrichtung der Maut auszustatten.

 

Gemäß § 8 Abs. 2 BStMG haben sich Lenker bei Verwendung von Geräten zur elektronischen Entrichtung der Maut vor, während und nach jeder Fahrt auf Mautstrecken der Funktionsfähigkeit dieser Geräte zu vergewissern und Funktionsstörungen unverzüglich zu melden.

 

Punkt 8.2.2. der Mautordnung besagt, dass bei Ausgabe der GO-Box eine Basiskategorie entsprechend der vorhandenen Achsenanzahl des mautpflichtigen Kraftfahrzeuges eingestellt wird (die Basiskategorie stellt die Untergrenze für eine manuelle Umstellung durch den Nutzer dar). Der Kraftzeuglenker hat vor jedem Fahrtantritt die Kategorie entsprechend Punkt 8.2.4.2. zu überprüfen.

 

Nach Punkt 8.2.4.2. der Mautordnung hat sich der Nutzer vor dem Befahren des mautpflichtigen Straßennetzes über die Funktionstüchtigkeit der GO-Box durch einmaliges Drücken (kürzer als zwei Sekunden) der Bedientaste zu vergewissern (Statusabfrage). Diese Überprüfungspflicht umfasst jedenfalls auch die korrekte Deklarierung und Einstellung der Kategorie gemäß Punkt 8.2.2.

 

Gemäß § 20 Abs. 2 BStMG ("Mautprellerei") begehen Kraftfahrzeuglenker, die Mautstrecken benützen, ohne die nach § 6 geschuldete fahrleistungsabhängige Maut ordnungsgemäß zu entrichten, eine Verwaltungsübertretung und sind mit Geldstrafe von 400 Euro bis 4.000 Euro zu bestrafen.

 

Gemäß § 20 Abs. 3 BStMG wird eine Übertretung gemäß § 20 Abs. 2 BStMG straflos, wenn der Mautschuldner fristgerecht die in der Mautordnung festgesetzte Ersatzmaut bezahlt.

§ 19 BStMG ("Ersatzmaut") bestimmt, dass in der Mautordnung für den Fall der nicht ordnungsgemäßen Entrichtung der Maut eine Ersatzmaut festzusetzen ist, die den Betrag von 300 Euro einschließlich Umsatzsteuer nicht übersteigen darf (Abs. 1).

Kommt es bei einer Verwaltungsübertretung gemäß § 20 Abs. 2 zu keiner Betretung, so hat die ASFINAG den Zulassungsbesitzer schriftlich zur Zahlung einer Ersatzmaut aufzufordern, sofern der Verdacht auf automatischer Überwachung oder auf dienstlicher Wahrnehmung eines Organes der öffentlichen Aufsicht beruht und die Geltendmachung der Haftung gemäß § 23 weder offenbar unmöglich noch wesentlich erschwert sein wird. Die Aufforderung hat eine Identifikationsnummer und eine Kontonummer zu enthalten. Ihr wird entsprochen, wenn die Ersatzmaut binnen drei Wochen ab Ausfertigung dem angegebenen Konto gutgeschrieben wird und der Überweisungsauftrag die automationsunterstützt lesbare, vollständige und richtige Identifikationsnummer enthält (Abs. 4).

 

5.2. Im gegenständlichen Fall steht unbestritten fest, dass der Bw eine Mautstrecke mit einem Kfz mit vier oder mehr Achsen benützt hat. Unstrittig ist ferner, dass der Zulassungsbesitzer im Sinne des § 19 Abs. 4 BStMG zur Zahlung der Ersatzmaut aufgefordert worden ist.

 

Der Behauptung des Bw, es müsse ein technischer Defekt des Mautsystems vorgelegen haben, welcher die korrekte Erfassung der korrekt eingestellten Achsenzahl bei der GO-Box verhindert habe, ist die Aussage des verkehrstechnischen Amtssachverständigen, an deren Richtigkeit und Schlüssigkeit der Unabhängige Verwaltungssenat keinen Zweifel hat und der dem Bw nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten ist, entgegenzuhalten, dass aus technischer Sicht eine "unabsichtliche" Verstellung auszuschließen ist. Die Drucktaste weist einen relativ großen Widerstand auf und hat eine kleine Masse (konstruktive Ausführung), sodass davon ausgegangen werden muss, dass durch fahrdynamische Einflüsse (Beschleunigen, Bremsen etc.) eine unbeabsichtigte Verstellung, sprich: Betätigung des Drucktasters, auszuschließen ist. Weiters ist eine Verfälschung oder Beeinflussung des Abfragealgorithmus (Code) zwischen Mautportal und GO-Box mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auszuschließen, wobei diese allenfalls zu einer Nichtabbuchung führen würde. Eine Nichtabbuchung liegt aber gegenständlich nicht vor. Bei Einhaltung der Mautordnung, mit der darin vorgesehenen Mitwirkung des Lenkers, sind keine für den Fahrer nicht erkennbaren Abbuchungsprobleme zu erwarten. Ein selbsttätiges Verstellen der Achsen­anzahl der GO-Box kann bei Einhaltung der Bestimmungen der Mautordnung –  wie bereits oben ausgeführt wurde – ausgeschlossen werden. Ein Systemfehler ist notorisch äußerst unwahrscheinlich, was durch die Aussagen des Sachverständigen bestätigt wird. Widerlegt wird die – ohnehin nur als Implikation einer nicht glaubwürdigen Behauptung sich ergebende – Erwägung eines Systemfehlers zusätzlich daraus, dass – wie aus der vorliegenden Einzelleistungsinformation ersichtlich ist – der Bw am Tattag auf Mautstrecken zwischen 3.09 Uhr und 17.00 Uhr insgesamt 73 Mautportale (!) durchfahren hat, die alle offensichtlich ordnungsgemäß funktioniert und die bei der GO-Box eingestellte Achsenzahl "2" registriert und abgebucht haben. Das Vorbringen des Bw hinsichtlich einer ordnungsgemäßen Handhabung der GO-Box ist damit widerlegt.

 

Wenn der Bw vermeint, ein Austausch der GO-Box im Juni 2004 lasse auch auf ein technisches Gebrechen der Box zur Tatzeit schließen, ist zu entgegnen, dass der Amtssachverständige in der öffentlichen mündlichen Verhandlung dargelegt hat, dass ein Fehler der GO-Box äußerst unwahrscheinlich ist. Ein solcher Fehler müsste dann auch permanent auftreten, was jedoch gegenständlich nicht der Fall ist, wie sich aus den von der A vorgelegten Einzelleistungsinformationen für den Monat August 2004 eindeutig ergibt. Im Übrigen ist festzuhalten, dass das bloße Faktum eines GO-Box-Tausches (zwei Monate vor dem Tattag!) keinesfalls zwingend auf ein technisches Versagen schließen lässt. Somit ist ein technischer Defekt der GO-Box zur Tatzeit mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auszuschließen.

 

Die Beweisanträge in der öffentlichen mündlichen Verhandlung auf Beischaffung einer "Teilleistungsinformation" und der Buchungsaufzeichnungen für den gegenständlichen Mautbalken waren abzuweisen, da die vom Bw gewünschten Daten einer "Teilleistungsinformation" nicht existieren und die Buchungsaufzeichnungen lediglich darauf schließen lassen könnten, welche Achsenzahl bei einer bestimmten Anzahl von Kfz eingestellt gewesen ist. Daraus könnten somit keine für das gegenständliche Strafverfahren verwertbare Erkenntnisse gewonnen werden.

 

Wenn der Bw vorbringt, das Ersatzmautangebot sei ihm nicht zur Kenntnis gebracht worden, ist zunächst festzustellen, dass diese Aussage in Widerspruch steht zu seiner Behauptung, er habe das Ersatzmautangebot keiner bestimmten Fahrt zuordnen können und deshalb "ausgeschlagen". Dazu ist weiters festzustellen, dass der Zulassungsbesitzer offensichtlich auf diese Schwierigkeiten nicht gestoßen ist, da er ansonsten der erstbehördlichen Lenkererhebung nicht nachkommen hätte können. Insbesondere ist aber festzuhalten, dass gem. § 19 Abs. 4 BStMG der Zulassungsbesitzer, im gegenständlichen Fall: der Arbeitgeber, schriftlich zur Zahlung einer Ersatzmaut aufzufordern ist. Dies ist offensichtlich erfolgt. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass weder dem Fahrzeuglenker noch dem Zulassungsbesitzer das Recht auf Übermittlung einer Aufforderung zur Zahlung einer Ersatzmaut zukommt (i.d.S. klarstellend die EB, 1262 Blg. NR 22 GP, Seite 5). Etwaige verfassungsrechtliche Bedenken gegen diese Bestimmungen teilt der Unabhängige Verwaltungssenat nicht und es wird der Bw auf den dafür vorgesehenen Rechtsweg verwiesen. Die Ersatzmaut wurde nicht zeitgerecht beglichen, damit entfällt der Strafaufhebungsgrund des § 20 Abs. 3 BStMG. Es wird in diesem Zusammenhang auch auf den Beschluss des Verfassungsgerichthofes vom 26. September 2006, Zl. B 1140/06-6, hingewiesen, wonach es sachlich gerechtfertigt ist, lediglich den Zulassungsbesitzer des Fahrzeugs zur Zahlung einer Ersatzmaut aufzufordern.

 

Der Ansicht des Bw, die A habe Ansprüche ausschließlich über den Zivilrechtsweg geltend zu machen, ist mit § 14 iVm § 15 Abs. 1 Ziffer 6 BStMG entgegenzuhalten, wonach die A in der Mautordnung Festlegungen über Bestimmungen über die den Kraftfahrzeuglenker bei der Verwendung der Geräte und beim Auftreten von Funktionsstörungen treffenden Pflichten (§ 8 leg.cit.) zu treffen hat. Aus diesen Gesetzesstellen ergibt sich somit in einer für den Gesetzesanwender eindeutigen Weise, dass es weiterer Festlegungen u.a. über die konkreten Lenkerpflichten bedurfte und hierfür die Erlassung einer Mautordnung vorgesehen war, aus welcher ersehen werden könne, was unter einer "ordnungsgemäß" entrichteten Maut iSd § 20 BStMG zu verstehen ist. Die A wurde somit im Rahmen der im Gesetz angeführten Regelungen zur Erlassung einer Verordnung zwecks Schaffung einheitlicher Bedingungen für die Benützung der Mautstrecken ermächtigt. Insoweit wurde die A mit einer hoheitlichen Aufgabe betraut und ist in diesem Umfange als sogenanntes beliehenes Unternehmen zu qualifizieren. Die von der A i.S.d. Verordnungsermächtigung erlassene Mautordnung trifft für den allgemein bestimmten Adressatenkreis der Benützer mautpflichtiger Bundesstraßen unmittelbar verbindliche Regelungen und ist damit – insbesondere im Hinblick auf den Wortlaut der sie betreffenden gesetzlichen Regelungen – als Durchführungsverordnung im Sinne des Art. 18 Abs. 2 B-VG zu qualifizieren (siehe zur vergleichbaren Rechtslage u.a. VwGH 2001/06/0173 v. 18.6.2003).

Daraus ergibt sich weiters, dass die Nichteinhaltung der Bestimmungen in der Mautordnung iVm § 20 BStMG das Delikt der "Mautprellerei" und damit eine Verwaltungsübertretung darstellt, welches durch die Bezirksverwaltungsbehörden zu ahnden ist. Etwaige verfassungsrechtliche Bedenken gegen diese Bestimmungen teilt der Unabhängige Verwaltungssenat ebenfalls nicht und ist der Bw auf den dafür vorgesehenen Rechtsweg zu verweisen.

 

Der Argumentation des Bw, es werde im Spruch des angefochtenen Bescheides lediglich behauptet, dass die Maut nicht ordnungsgemäß entrichtet worden sei, es fehle jedoch, welchen Fehler der Bw gemacht habe, ist zu entgegnen, dass die Mautordnung definiert, was "ordnungsgemäße Mautentrichtung" i.S.d. § 20 BStMG bedeutet. Aus Punkt 8.2.4.2 der Mautordnung ergibt sich, dass die Deklarierung und Einstellung der Achsenzahl (Kategorie) entsprechend zu erfolgen hat. Geschieht dies – wie im gegenständlichen Fall – nicht, ist die Maut nicht ordnungsgemäß entrichtet. Der Unabhängige Verwaltungssenat ist der Auffassung, dass mit dem Begriff "ordnungsgemäß" ein den rechtsstaatlichen Erfordernissen genügende Determinationsdichte erreicht ist, welche, wie gesagt, in verfassungsrechtlich unbedenklicher Weise auf Verordnungsebene näher ausgeführt ist.

 

Wenn der Bw vermeint, der Tatort sei im Spruch des bekämpften Bescheides im Hinblick auf § 44a VStG nicht eindeutig umschrieben, da lediglich von einer mautpflichtigen Bundesstraße aber nicht von einer Autobahn die Rede sei, übersieht er nicht nur, dass auch § 1 BStMG von "mautpflichtigen Bundesstraßen" spricht sondern auch, dass der Spruch zusätzlich sowohl die Bezeichnung "A1" (international gängige und bekannte Abkürzung der Autobahn /W) sondern auch die entsprechende Kilometrierung als Tatort ausweist. Die im Spruch gewählte Formulierung ist ausreichend, um den Bestraften in die Lage zu versetzen, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten und ihn rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden (so die "Standardformel" der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes). Eine Rechtswidrigkeit des Spruches liegt somit nicht vor.

 

Zu dem Hinweis, dass der Bw durch eine Nicht- bzw. Falschentrichtung der Maut keinen Vorteil habe, da es sich dabei um Aufwendungen seines Arbeitgebers handle, ist festzuhalten, dass es für die Deliktsverwirklichung nicht darauf ankommt, welche Person "Nutznießer" eines rechtswidrigen Verhaltens ist, sondern lediglich darauf, welche Person dafür verantwortlich ist, dass die Maut nicht ordnungsgemäß entrichtet wurde. Die verantwortliche Person ist im gegenständlichen Fall der Bw als Lenker, da es ihm (gemäß den Lenkerpflichten) obliegt, die eingestellte Achsenzahl bei der GO-Box zu kontrollieren bzw. umzustellen.

 

Dem Bw ist vorzuwerfen, dass er seinen Pflichten als Fahrzeuglenker gem. Punkt 8.2.4.2 der Mautordnung nicht nachgekommen ist, da er die geänderte Achsenzahl vor dem Befahren einer Mautstrecke am Tattag nicht manuell umgestellt hat.

 

Die Tat ist daher dem Bw in objektiver und – da keine Entschuldigungsgründe ersichtlich sind – auch in subjektiver Hinsicht zuzurechnen. Im Zweifel ist zugunsten des Bw von Fahrlässigkeit auszugehen, nämlich in dem Sinne, dass er übersehen hat, die Achsenzahl vor Fahrtbeginn manuell umzustellen.

 

Zur Bemessung der Strafhöhe ist zu bemerken, dass im angefochtenen Straferkenntnis ohnehin von einer außerordentlichen Milderung der Strafe (§ 20 VStG) ausgegangen und die gesetzlich vorgesehene Mindestgeldstrafe um die Hälfte unterschritten wurde. Eine weitere Reduktion ist rechtlich nicht mehr möglich. Die Tat bleibt auch nicht so weit hinter dem deliktstypischen Unrechts- und Schuldgehalt zurück, dass eine Anwendung des § 21 Abs.1 VStG gerechtfertigt wäre. Insbesondere ist der Unrechtsgehalt als nicht geringfügig anzusehen, da im gegenständlichen Fall die Überprüfung bzw. korrekte Einstellung der Kategorie bei der GO-Box die zentrale Lenkerpflicht darstellt.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichts­hof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Langeder

 

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