Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-104505/6/Br VwSen-104506/6/Br VwSen-104507/6/Br

Linz, 14.04.1997


Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufungen der Frau W, S, gegen die Straferkenntnisse der Bundespolizeidirektion Linz vom 21. Februar 1997, Zlen. III/ S 35.787/96-3, III/ S 35.165/96-3 und III/ S 35.768/96-3, nach der am 14. April 1997 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung, zu Recht erkannt:

I. Den Berufungen wird Folge gegeben, die angefochtenen Straferkenntnisse werden aufgehoben und die Verfahren       nach § 45 Abs.1 Z1 VStG eingestellt.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 AVG Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl.Nr.51, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 471/1995 - AVG iVm § 24, § 45 Abs.1 Z1, § 51 Abs.1 und § 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl.Nr. 52, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 620/1995 - VStG.

II. Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Berufungswerberin wurde mit den oben bezeichneten Straferkenntnissen ad 1.) und 2.) mit je 1.000 S und für den Nichteinbringungsfall 36 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe und ad 3.) mit 500 S und im Nichteinbringungsfall mit 18 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe bestraft, weil sie 1.) am 21.10.1996 um 20.57 Uhr in L, 2.) am 15.10.1996 von 22.55 Uhr bis 22.57 Uhr in L 14 und 3.) am 18.9.1996 von 20.35 Uhr bis 20.50 Uhr in L Nr. 16 bis Nr. 22, als Fußgängerin nicht den vorhandenen Gehsteig benützt hätte.

2. Begründend führte die Erstbehörde in allen Straferkenntnissen sinngemäß aus, daß sie dem (der) Meldungsleger(in) in seinen (ihren) Anzeigeangaben gefolgt sei, weil diese(r) das Verhalten der Berufungswerberin einwandfrei hätte feststellen können. Die Erstbehörde erblickte darin eine Übertretung gemäß § 76 Abs.1 StVO 1960.

2. 1. Die Berufungswerberin bestreitet zu allen Punkten ein willkürliches Verweilen auf der Fahrbahn. Sie vermeint in der Verhaltensweise der Behörde, eine Schikane zu erblicken, wobei täglich auch gegen hunderte Straßenbenützer derartige Anzeigen erstattet werden müßten, was aber nicht geschehe. Sie bringt vor die Fahrbahn beim Überqueren in der Form benützt zu haben wie dies auch von anderen Personen geschehe. Jedenfalls sei dabei niemand behindert worden. Dies habe auch der Meldungsleger in keinen der Fälle behauptet. Sie sei auch in keinen der Fälle beanstandet worden. Sie beantragte abschließend u.a. die Verfahrenseinstellung.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in die vorgelegten Verfahrensakte. Ferner durch Vernehmung der Meldungsleger (RevInsp. L und Insp. Fl) als Zeugen und der Berufungswerberin als Beschuldigte. Ebenfalls wurde im Beisein der Zeugen und der Berufungswerberin ein Ortsaugenschein vorgenommen. An der Berufungsverhandlung nahm auch ein Vertreter der Erstbehörde teil.

3.1. Da keine 10.000 S übersteigenden Geldstrafen verhängt wurden, hat der unabhängige Verwaltungssenat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu erkennen. Die Vornahme einer öffentlichen mündlichen Verhandlung erwies sich hier angesichts von Tatsachenbestreitungen zumindest als tunlich.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat erachtet nach dem durchgeführten Beweisverfahren folgenden Sachverhalt als erwiesen:

4.1. Die Berufungswerberin hielt sich im Rahmen der Anbahnung von Kontakten mit potentiellen Freiern an den angeführten Örtlichkeiten auf. Sie räumt dabei selbst ein, daß sie dabei gelegentlich auch die Fahrbahn überquert um sich in ein nahegelegenes Gasthaus bzw. Bar zu begeben. Die Wahrnehmungen des Sicherheitswachebeamten RevInsp. L erfolgte im Ergebnis über eine kurze Zeitspanne, wobei es zu keiner Beanstandung der Berufungswerberin gekommen war. Der Zeuge erklärte jedoch, daß es durch das Verhalten der Berufungswerberin zu keiner Beeinträchtigung des Straßenverkehrs gekommen ist. Dies wird auch von der Zeugin Fl (Vorfall Z) eingeräumt, wobei auffällt, daß die Berufungswerberin vom Straßenaufsichtsorgan wohl über einen längeren Zeitraum aus einer Distanz von maximal zwanzig Meter beobachtet werden habe können, jedoch unbeanstandet blieb. Das letztlich diese Beobachtung nicht lückenlos gewesen sein konnte, ergibt sich aus der Tatsache, daß die Berufungswerberin um 20.52 Uhr nicht mehr angetroffen werden konnte. Dabei gelangt der unabhängige Verwaltungssenat zur Ansicht, daß die Berufungswerberin sich durchaus mehrfach und scheinbar unmotiviert auch auf die Fahrbahn bewegt haben mag, dort aber sicherlich nicht verweilte und den Straßenverkehr in keiner für den Straßenverkehr relevanten Weise beeinträchtigte. Die Motive für dieses Verhalten (um allenfalls auf sich aufmerksam zu machen oder Bewegungsdrang) haben in diesem Zusammenhang dahingestellt zu bleiben.

5. Rechtlich hat der unabhängige Verwaltungssenat hierzu erwogen:

5.1. Der § 76 Abs.1 StVO 1960 lautet: Fußgänger haben, auch wenn sie Kinderwagen oder Rollstühle schieben oder ziehen, auf Gehsteigen oder Gehwegen zu gehen; sie dürfen nicht überraschend die Fahrbahn betreten. Sind Gehsteige oder Gehwege nicht vorhanden, so haben Fußgänger das Straßenbankett und, wenn auch dieses fehlt, den äußersten Fahrbahnrand zu benützen; hiebei haben sie auf Freilandstraßen, außer im Falle der Unzumutbarkeit, auf dem linken Straßenbankett (auf dem linken Fahrbahnrand) zu gehen.

Der im Rahmen des Berufungsverfahrens hervorgekommene Sachverhalt ist nicht geeignet den Tatvorwurf zu stützen. Wie bereits im h. Erkenntnis vom 27.2.1997, VwSen-104408/2/Br, dargetan, muß einem Fußgänger unbenommen bleiben die Fahrbahn beliebig oft zu überqueren. Ebenfalls vermag für sich alleine ein bloßes fahrbahnseitiges Entlanggehen an geparkten Fahrzeugen auf einer Distanz von etwas mehr als zwanzig Metern noch nicht als Zuwiderhandlung gegen § 76 Abs.1 StVO 1960 erachtet werden. Dieser Gesetzesbestimmung kann kein generelles Verbot des Betretens einer Fahrbahn entnommen werden. Insbesondere läßt der zweite Halbsatz erkennen, daß diese Bestimmung auf ein Verkehrsgeschehen ausgelegt zu werden hat, indem ausgeführt wird, "sie (die Fußgänger) dürfen die Fahrbahn nicht überraschend betreten" (vgl. VwGH 12.7.1962, Z 392/82, sowie Messiner, StVO, 9. Auflage, 1995, Seite 1045ff, E3, E36). In der oben zit. Entscheidung führte der Verwaltungsgerichtshof etwa aus, "es ist für die Zulässigkeit der Unterstellung unter die Vorschrift des § 76 Abs.1 StVO 1960 von Bedeutung, ob die Beschwerdeführerin die Straße überqueren wollte oder ob sie sich aus anderen Gründen auf die Fahrbahn begab. Nur im letzteren Falle könnte § 76 Abs.1 StVO 1960 angewendet werden, und zwar auch nur dann, wenn die Beschwerdeführerin überraschend auf die Fahrbahn getreten wäre oder trotz Vorhandenseins einer ununterbrochenen gelben Längsmarkierung die Fahrbahn betreten hätte." Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Dr. B l e i e r

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum