Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-230582/7/BR

Linz, 14.05.1997

VwSen-230582/7/BR Linz, am 14. Mai 1997 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn Dr. W vertreten durch Dr. B, Rechtsanwälte, F, gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz vom 24. März 1997, III/S - 35.523/96 2, nach der am 14. Mai 1997 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung und Verkündung zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG eingestellt.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs. 4 allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl. Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 471/1995 - AVG iVm § 24, § 45 Abs.1 Z1, § 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr.52/1991, zuletzt geändert BGBl. Nr. 620/1995 - VStG.

II. Es entfallen sämtliche Verfahrenskosten.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bundespolizeidirektion Linz hat mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis über den Berufungswerber wegen der Übertretung nach § 81 Abs.1 Sicherheitspolizeigesetz eine Geldstrafe von 800 S und für den Nichteinbringungsfall eine Ersatzfreiheitsstrafe von 48 Stunden verhängt, weil er am 12. Oktober 1996 um 20.45 Uhr m L, Sz, Gästesektor durch ein besonders rücksichtsloses Verhalten die öffentliche Ordnung ungerechtfertigt gestört habe, indem er einem Sicherheitswachebeamten lautstark und gröblich beschimpft und weggedrängt habe. 1.1. Begründend führt die Erstbehörde im wesentlichen aus, daß die Übertretung auf Grund der schlüssigen und widerspruchsfreien und übereinstimmenden zeugenschaftlichen Angaben der Sicherheitswachebeamten erwiesen sei.

2. In der dagegen fristgerecht erhobenen Berufung führte der Berufungswerber inhaltlich folgendes aus: "Betrifft: III/S-35.523/96 2: Straferkenntnis vom 24. März 1997 - Berufung Da ich die mir zur Last gelegte "Beschimpfung" einfach nicht getan habe (und dafür auch einige Glaubwürdigkeit bezeugen kann!) kann ich auch die (zugegeben -"milde") Strafe von S 800,-- nicht akzeptieren.

Mit etwas unvoreingenommener rationaler Überlegung ist die Vorgangsweise der Sicherheitsbeamten mir gegenüber - nach den Aussagen, die mir vorgelesen wurden - eigentlich auch wenig glaubhaft; trotzdem wurde mir in allen Punkten keine Glaubwürdigkeit zugestanden! Es ist traurig dies sagen zu müssen, aber die drei Sicherheitsbeamten haben sich offensichtlich genau abgesprochen.

Hauptgrund meiner neuerlichen Berufung liegt darin, daß mir deshalb weniger Glaubwürdigkeit zugesprochen wurde, da ich bei der Ladung am 7.3.1997 " in keiner Weise den detaillierten und klaren Zeugenaussagen entgegengetreten sei, sondern lediglich auf meinen Einspruch verwies"! Welch Kuriosität! Ich habe sehr wohl argumentiert - dies wurde aber mit dem Hinweis nicht protokolliert, daß "es genügen wurde, wenn ich auf meinen damaligen Einspruch verweisen würde"! Da mir dies also als Unglaubwürdigkeit ausgelegt wird, muß ich (nochmals) für mich offensichtlich falsche (und abgesprochene!) Aussagen der Beamten widerlegen:

1. Jene Schimpfworte, die mir zur Last gelegt wurden, [" Schwuler, Arschgrapscher"] entsprechen in keinster Weise meinem Vokabular! Auch meine Studenten können dies beweisen! Es entspricht einfach auch nicht meinem Charakter, "herumzuschimpfen"! 2. Angeblich" herrschte ein dichtes Gedränge an dem Platz, an dem ich stand deshalb wäre der junge Beamten so nahe an mir gestanden. " Das stimmt nicht! Es kann dort überhaupt kein dichtes Gedränge herrschen, da dann die Dahinterstehenden gar nichts vom Spiel sehen würden! Hinter mir (ich stand auf der riesigen "Plattform", wo auch Getränke etc. weiter hinten verkauft werden, am Punkt, wo es vor mir dann auf der Tribüne hinunter mit den vielen Stehplätzen geht) stand niemand - außer der eine Beamte! Es war absolut kein Grund gegeben, mich so körperlich zu belästigen. Sie sehen, es handelte sich wohl um gezielte Provokation, um mich zu zwingen, mir einen anderen Platz zu suchen. Wahrscheinlich wollten die zwei Beamten selbst das Spiel besser sehen - ich war im Weg! Diese Provokation erkannte ich zu dem Zeitpunkt aber leider nicht, sondern reagierte, wie wohl jeder vernünftige Mensch reagieren würde - mit der Bitte, etwas Abstand zu halten! Noch einmal: an diesem Punkt, an dem ich Stand, kann kein Gedränge geherrscht haben! 3. Es stimmt auch in keinster Weise, daß ich "mehrmals abgemahnt" wurde! Ich hatte nur gebeten, etwas Abstand von mir zu halten - das genügte schon, mich ohne Vorwarnung mit hartem Polizeigriff zu schnappen und in einer offensichtlichen Überreaktion durch ein Gittertor in einen anderen Sektor zu ""schleppen" (ich hätte mich einer Aufforderung, Folge zu leisten, nie widersetzt - jeder der mich kennt kann dies bezeugen!).

4. "Daneben stehende Stadionbesucher hätten bereits Ihren Unmut über mein Verhalten zum Ausdruck gebracht" - welch Ironie! Sie müssen doch zugeben, daß dies in einem Fußballstadion mehr als lächerlich ist (eine Solidarisierung geschieht doch sowieso - leider - immer gegen die Polizei!). Ich nehme an, daß die Beamten dies nur zu Protokoll gaben, um anzugeben, daß sie "den Regeln entsprechend" gehandelt hätten! In Wirklichkeit war meine Bitte, etwas Abstand zu halten, schon zu viel Provokation und Grund genug, mich blitzartig wegzuschleppen! [Es ist leider ja auch nicht das erste Mal, daß ich dies auf einem Fußballspiel im "Gästesektor" beobachte! Hier wird nicht lange geredet, sondern weggeschleppt! Meist handelt es sich aber um Angetrunkene, wo diese Vorgangsweise verständlich ist. Aber ich war weder aggressiv noch angetrunken!!] 5. Es ist außerdem völlig unmöglich, daß der 3. Beamte (zu dem ich im Sektor daneben zu meinem Schock hingeschleppt wurde) irgend etwas von dem Vorfall gehört oder gesehen hätte! Trotzdem erinnere ich mich, daß auch dieser Beamte völlig gleich mit den beiden anderen aussagte! Er stand etwa 200 m entfernt hinter einer Mauer - außerdem war ein abgesperrter Zaun dazwischen und der Lärm von vielen Hundert Menschen! Wenn man die Örtlichkeiten kennt ist die Zeugenaussage dieses 3. Beamten eindeutig falsch. Außerdem wußte er damals, als ich bei ihm meine Personalien bekanntgeben mußte, auch nichts von dem "Vorfall", sondern fragte nur seine beiden Kollegen, die mich brachten.

6. "Die Aussagen der drei Zeugen [Beamten] sind schlüssig, widerspruchsfrei und stehen in Übereinstimmung mit der Anzeige vom 15.10.1996. " Natürlich! Sie sehen also, daß so eine klare "Zeugenaussage" nicht zufällig entstand. Mit etwas weniger rosaroter Brille und dem Blick eines Außenstehenden (ich habe mit einigen Bekannten darüber gesprochen die nur recht gaben) sehen Sie doch genau, was gespielt wird. Jener Ablauf, wie er "übereinstimmend" von den drei Beamten (wovon einer eigentlich überhaupt nichts mitbekommen hätte können!!) kann so nicht den Tatsachen entsprechen! Ich betone nochmals, daß ich mir damals einfach nichts zu Schulden kommen ließ. Mein Gerechtigkeitssinn und die Tatsache, daß ich auch auf Grund meiner beruflichen und wissenschaftlichen Tätigkeit es nicht akzeptieren kann, für etwas verurteilt zu werden, das ich nie im Leben tun werde (und das ist bezeugbar, einige meiner Studenten haben mich auch ermutigt, nicht einfach, indem ich den Betrag zahle, den leichteren Weg zu gehen, sondern zu argumentieren!), verpflichten mich zu diesem Widerspruch.

Ich hoffe, daß sich ein ordentliches Gericht dieses "Polizeiübergriffes" (es ist wirklich traurig, dies sagen zu müssen - ich wurde ja eigentlich gröblichst von dem Beamten, der mich wegschleppte, beschimpft! Dies wurde völlig übergangen, obwohl ich es meiner ersten Berufung angab!) annimmt. Recht muß Gerechtigkeit bleiben - es geht einfach nicht, daß in Österreich auf Fußballplätzen manche (wenige) Beamten sich an Zusehern abreagieren - nichts anderes war der Vorfall!" 3. Die Erstbehörde hat den Akt zur Entscheidung vorgelegt. Somit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben. Dieser hat, da keine 10.000 S übersteigende Strafe verhängt worden ist, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu erkennen. Gemäß § 51e Abs.1 VStG erwies sich die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung zweckmäßig.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis geführt durch die Einsichtnahme in den erstbehördlichen Verwaltungsakt. Ferner durch die Einholung einer Stellungnahme zum Berufungsvorbringen von dem in Wien Dienst versehenden GrInsp. T. Ferner durch die Vernehmung des Berufungswerbers anläßlich der öffentlichen mündlichen Verhandlung, an welcher über Mitteilung kein Vertreter der Erstbehörde teilzunehmen vermochte. 5. Unbestritten steht fest, daß zum Vorfallszeitpunkt das Fußballspiel bereits im Gang war, wo etwa 12.000 Zuschauer anwesend gewesen sind. Als Tatsache wird angenommen, daß ein für diese Situation ein in einem Stadion bei einem Fußballspiel typsicher Lärmpegel geherrscht hat. Daraus wird der Schluß gefolgert, daß mit der Amtshandlung - ohne auf deren Ursache und Verlauf näher einzugehen - auf Grund deren offenbar sofortigen Ortsverlagerung keine für dritte störende Dimension angenommen hat. Diesbezüglich wird der in diesen Punkt logischen und gut nachvollziehbaren und von Anfang an gleich lautenden Verantwortung des Berufungswerbers gefolgt. Der Anzeige läßt sich jedenfalls nicht ausreichend schlüssig nachvollziehen inwiefern hier die verbale Konfrontation mit dem Berufungswerber - sollte sie in der in der Anzeige umschriebenen Form tatsächlich stattgefunden haben - die öffentliche Ordnung gestört haben sollte. Der Berufungswerber wurde ja ohnedies unverzüglich an einen von jeder Öffentlichkeit abgeschiedenen Ort verschafft.

5.1. Der Berufungswerber legte anläßlich seiner Vernehmung dar, daß ihm die ganze Sache an sich sehr peinlich gewesen sei. Er sei lediglich zwecks eines Ausfluges in L gewesen und habe sich spontan zum Besuch des Fußballspieles entschlossen. Er stand unmittelbar vor dem Stiegabgang gerade noch auf der Plattform, dem hintesten Punkt wo man noch stehen kann. Vor ihm standen viele Personen. Dabei habe sich jemand so knapp an ihn gestellt, daß ihm dies unangenehm war. Daraufhin drehte er sich um und habe diesen um einen Kopf größeren Mann gebeten, ein paar Zentimeter zurückzugehen. Diesen Mann erkannte er als Sicherheitswachebeamten. Dies sei die wörtliche Aussage von ihm gewesen. Der SWB habe vorerst darauf in keiner Weise reagiert. Dann habe er ihn ein zweites Mal in ähnlicher Tonart gebeten. Als er sich schließlich das dritte Mal umdrehte, habe ihn ein zweiter Beamter, welchen er vorher nicht gesehen habe, ergriffen und ihn kommentarlos weggeschleppt. Dies sei im Polizeigriff geschehen. Man habe ihn folglich hinter eine Mauer gebracht, wo er von einem dritten Beamten zur Ausweisleistung aufgefordert wurde. Der ganze Vorfall sei mit keiner verbalen Auseinandersetzung verbunden gewesen und er sei auch nicht abgemahnt worden. Der Berufungswerber unterstreicht seine Verantwortung indem er in das von ihm geführte Tagebuch Einsicht nehmen läßt; es ist chronologisch geführt und findet sich zum 12.10.1997 der Eintrag "es habe sich jemand so nahe an ihn gedrängt, daß er sogar dessen Mundgeruch wahrnehmen habe können, dieser (Mann) nicht zurückgerückt sei und ihn plötzlich ein anderer brutal packte und wegzerrte. Vor dieser Eintragung ist der 11. Oktober 1996 und nach diesem Eintrag ist der 13. Oktober 1996 handschriftlich mit grüner Tinte vermerkt. Dies belegt, daß für den Berufungswerber diese Sache ein einschneidendes Erlebnis war und die Aufzeichnung nicht später erfolgte. Die Aufklärung der sich zur Anzeige ergebenden Widersprüche mit der auch durchaus plausibel erscheinenden Verantwortung des Berufungswerbers konnte letztlich - insbesondere im Hinblick auf die mit der Ladung von drei Sicherheitswachebeamten aus Wien verbundenen Kosten und auch eines Verzichtes der Beweisführung darüber durch eine der Verfahrensparteien - aus verwaltungsökonomischen Gründen, inhaltlich jedoch im Hinblick auf die Gestaltung der Beweislage in der Berufungsverhandlung unterbleiben. 6. Rechtlich ist somit folgendes zu erwägen:

6.1. Gemäß § 81 Abs. 1 SPG begeht eine Verwaltungsübertretung, "wer durch besonders rücksichtsloses Verhalten die öffentliche Ordnung ungerechtfertigt stört; er ist mit einer Geldstrafe bis zu 3.000 S zu bestrafen. Anstelle einer Geldstrafe kann bei Vorliegen erschwerender Umstände eine Freiheitsstrafe bis zu einer Woche, im Wiederholungsfall bis zu zwei Wochen verhängt werden." 6.1.1. Gemäß der "geltenden Rechtslage" nach dem Sicherheitspolizeigesetz wurde die Strafbarkeit gegenüber der früheren Bestimmung des Art. IX Abs.1 Z1 EGVG in zwei Punkten inhaltlich zurückgenommen. Es ist nunmehr einerseits mehr auf die Motivation des Täters abzustellen, andererseits soll auch entscheidend sein, ob es eine Rechtfertigung für die Störung der Ordnung gibt (aus den Gesetzesmaterialien zum Sicherheitspolizeigesetz, Fuchs - Funk - Szymanski, Manz Taschenbuchausgabe, Seite 154 ff). Schon das in der Anzeige umschriebene und in der Stellungnahme etwas abgeschwächt dargestellte Verhalten des Berufungswerbers erfüllt den Tatbestand im Hinblick auf die (zusätzlich) geforderte "Störungswirkung" nicht. Das angebliche - wenn auch energische - Vertreten einer Meinung bzw. eines Standpunktes gegenüber einem Sicherheitswachebeamten vermöchte in dem hier als erwiesen angenommenen Zusammenhang ebenfalls nicht als "besondere Rücksichtslosigkeit" erkannt werden.

Das Verwaltungsstrafverfahren gegen den Berufungswerber ist daher mangels ausreichender Anhaltspunkte einer objektiven Tatbestandsmäßigkeit des vorgeworfenen Tatverhaltens, zumindest im Zweifel für den Berufungswerber, einzustellen. Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kem ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann mnerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eme Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von emem Rechtsanwalt unterschrieben sein Dr. B l e i e r

Beschlagwortung: Fußballstadion, Ordnungsstörung

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