Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-108555/5/Bi/Be

Linz, 28.10.2002

 

 

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E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufungen der Frau Dr. W, vertreten durch RA Dr. K, vom 23. September 2002 gegen die mit den Straferkenntnissen des Bezirkshauptmannes von Wels-Land vom 11. September 2002, VerkR96-2684-2-2000 (=VwSen-108555), VerkR96-2684-1-2000 (=VwSen-108556), VerkR96-6837-1-2000 (=VwSen-108557), VerkR96-2435-1-2002 (VwSen-108564) und vom 12. September 2002, VerkR96-3601-1-2002 (gemeint: VerkR96-1826-2002) (=VwSen-108558), VerkR96-920-1-2002 (=VwSen-108559), VerkR96-2434-1-2002 (=VwSen-108560), VerkR96-1960-1-2002 (=VwSen-108562), VerkR96-919-2002 (=VwSen-108563), VerkR96-3607-1-2002 (=VwSen-108565), wegen insgesamt 15 Übertretungen der Straßenverkehrsordnung 1960 verhängten Strafen, zu Recht erkannt:

I.    Den Berufungen wird keine Folge gegeben und die mit den genannten Straferkenntnissen verhängten Strafen werden bestätigt.

II.   Die Rechtsmittelwerberin hat zusätzlich zu den Verfahrenskosten der Erstinstanz Beträge in Höhe von 20 % der verhängten Geldstrafen, ds 15 x 43,60 Euro, insgesamt 654 Euro, als Kostenbeitrag zum Rechtsmittelverfahren zu leisten.

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1 und 19 VStG,

zu II.: § 64 Abs.1 und 2 VStG

Entscheidungsgründe:

zu I.:

1. Mit den oben bezeichneten Straferkenntnissen wurden über die Beschuldigte jeweils wegen 15 Verwaltungsübertretungen gemäß §§ 84 Abs.2 iVm 99 Abs.3 lit.j StVO 1960 Geldstrafen von jeweils 218 Euro (3 Tagen EFS) verhängt sowie ihr Verfahrenskostenbeiträge von jeweils 10 % des Strafbetrages auferlegt.

2. Gegen den jeweiligen Strafausspruch hat die Berufungswerberin (Bw) fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da im Einzelnen keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung erübrigte sich (§ 51e Abs.3 Z2 VStG).

3. Die Bw macht im Wesentlichen geltend, der Verwaltungsgerichtshof habe in der Vergangenheit differierend entschieden und erst in den vor kurzem veröffentlichten Entscheidungen vom 23.11.2001 bzw 22.2.2002 die Meinung vertreten, dass Werbung auch dann nicht gesetzeskonform zu § 84 Abs.2 StVO erfolge, wenn die Plakattafel zwar am Rande - obwohl innerhalb des Ortsgebietes - eines Ortes liege und die Bundesstraße 100 m oder näher daran führe und sohin Verkehrsteilnehmer, die die Bundesstraße widmungsgemäß benützten, dieser Werbeanlage ansichtig werden könnten. Der UVS habe zuletzt eine davon abweichende Entscheidungspraxis judiziert, sodass sie annehmen habe dürfen und können, dass die Entscheidung des VwGH in ähnlicher Weise wie jene des UVS ausfallen werde.

Sie habe umgehend, nachdem ihr die Entscheidungen des VwGH vom 23.11.2001, 2000/02/0338, und vom 22.2.2002, 2000/02/0303-7, nach deren Veröffentlichung bekannt geworden seien, jedes gegen diese Entscheidungen gerichtete Verhalten beendet und die Tafeln weiß ausschlagen lassen, sodass eine gewerbliche Verwendung der Werbeanlage seither nicht mehr bestehe. Beantragt wird daher jeweils der Ausspruch einer Ermahnung, in eventu die angemessene Herabsetzung der Geldstrafen.

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in die Verfahrensakten der Erstinstanz, in denen jede einzelne Übertretung mit Foto dokumentiert ist.

Weiters wurde die Erstinstanz zum derzeitigen Erscheinungsbild der Werbetafeln und zum Werbeverhalten der Bw befragt. Diese hat darauf verwiesen, dass derzeit wegen der am 24. November 2002 stattfindenden Nationalratswahl auf den meisten Werbeanlagen politische Werbungen affichiert seien, die von der Bestimmung des § 84 Abs.2 StVO ausgenommen seien. Allerdings sprächen allein die Tatzeiten seit 23.11.2001 gegen die Verantwortung der Bw, nämlich 29. Jänner 2002, 1. und 11. März 2002, 11. April 2002, 6. und 14. Mai 2002.

Aus den oben angeführten Verfahrensakten der Erstinstanz ergeben sich die Tatzeiten vom 20. März, 7. April und 6. Oktober 2000, 15. November bis 10. Dezember 2001 und 29. Jänner, 1. und 11. März, 11. April und 14. Mai 2002.

In rechtlicher Hinsicht war zu bedenken, dass die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu dieser Fallkonstellation bislang gänzlich frei von Widersprüchen war (vgl VwGH v 27.6.1980, 101/78, und v 6.6.1984, 84/03/0016, auf die in der Entscheidung des UVS v 19.10.2000, VwSen-107147, Bezug genommen wurde, die wiederum mit Erk des VwGH v 23.11.2001, 2000/02/0338, bestätigt wurde; ebenso das das Erk des UVS v 12.9.2000, VwSen-107109, aufhebende Erk des VwGH v 22.2.2002, 2000/02/0303, in dem auf das Erk des verstärkten Senates v 8.5.1979, 886/78, verwiesen wurde; uva).

Dass der UVS divergierend entschieden hat (vgl VwSen-107147 und VwSen-107109 ua), bedeutet noch lange nicht, dass der Normunterworfene darauf vertrauen dürfte oder könnte, dass der VwGH einer Argumentation des UVS folgen müsste. Von einer Bindung des VwGH an die Rechtsansicht eines UVS kann keine Rede sein. Allerdings ist einzuräumen, dass durch die nicht einheitliche Rechtsprechung des UVS nach außen hin zu Tage tritt, dass der UVS bei der im Verwaltungsstrafrecht gebotenen einschränkenden Interpretation des Wortlautes der Bestimmung des § 84 Abs.2 StVO die vom VwGH vertretene Rechtsansicht nicht teilte. Da zum Zeitpunkt der UVS-Entscheidung VwSen-107109 das (damals) letzte VwGH-Erkenntnis aus dem Jahr 1984 stammte, also bereits 16 Jahre alt war, lag auch eine Änderung der Rechtsansicht des VwGH im Bereich des Möglichen. Nunmehr hat sich diese ("alte") Rechtsansicht jedoch verfestigt und die gegenteilige Entscheidung des UVS wurde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufgehoben. Damit ist der UVS an die Judikatur des VwGH gebunden.

Die Argumentation der Bw, die divergierende Entscheidungspraxis des VwGH und des UVS hätten sie dazu bewogen, zu meinen, der VwGH werde seine bisherige Rechtsansicht ändern, geht aus all diesen Überlegungen ins Leere. Insbesondere auch deshalb, weil eine anderslautende, der VwGH-Judikatur widersprechende Entscheidung des UVS mit Amtsbeschwerde des zuständigen Bundesministers anfechtbar und daher so lange nicht als verbindlich anzusehen ist, als der Gerichtshof darüber nicht entschieden hat. Für den Normunterworfenen ist somit die bisherige Judikatur maßgebend, so lange sie nicht vom Gerichtshof selbst abgeändert wurde. Bei Unklarheiten besteht gemäß § 5 Abs.2 VStG die Verpflichtung, sich bei der zuständigen Behörde - im gegenständlichen Fall die Erstinstanz als Bewilligungsbehörde - zu erkundigen, um sein Verhalten danach ausrichten zu können (vgl VwGH v 16.11.1993, 93/07/0022,0023, ua).

Ein geringfügiges Verschulden im Sinne des § 21 Abs.1 VStG, wie es die Bw nunmehr zu konstruieren versucht, - von einem solchen ist auszugehen, wenn das tatbildmäßige Verhalten des Täters hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt erheblich zurückbleibt (vgl VwGH v 27.5.1992, 92/02/0167, ua) - vermag der Unabhängige Verwaltungssenat bei der Bw jedenfalls nicht zu erblicken, auch wenn durch die bewilligungslose Anbringung der Werbung keine Folgen entstanden sind. Wäre, wie von der Bw dargelegt, tatsächlich aus den in der Berufung vorgebrachten Überlegungen Werbefläche ab der Veröffentlichung des VwGH-Erkenntnisses vom 23.11.2001 weiß überklebt worden, wären zumindest die Übertretungen mit Tatzeit 2002 nicht begangen worden. Da diese Übertretungen jedoch als erwiesen anzusehen sind, widerspricht sich die Bw durch ihr eigenes Verhalten selbst. Da ihr im Jahr 2002 das angeführte Erkenntnis des VwGH bekannt sein musste, jedoch weiterhin Werbungen entgegen der Bestimmung des § 84 Abs.2 StVO gemäß den jeweiligen, in Rechtskraft erwachsenen Tatvorwürfen angebracht waren, ist davon auszugehen, dass ein geringfügiges Verschulden der Bw auch hinsichtlich der vorangegangenen Tatzeiten nicht vorliegt.

Zur Strafbemessung ist zu sagen, dass der Strafrahmen des § 99 Abs.3 StVO 1960 bis zu 726 Euro Geld- bzw im Fall der Uneinbringlichkeit bis zu zwei Wochen Ersatzfreiheitsstrafe reicht.

Die Erstinstanz hat laut der jeweiligen Begründung der angefochtenen Straferkenntnisse die verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit der Bw als Milderungsgrund gewertet, keine Erschwerungsgründe zu finden vermocht und die wirtschaftlichen Verhältnisse der Bw mangels irgendwelcher Angaben dazu mit einem Einkommen von 2.000 Euro netto monatlich und dem Fehlen von Vermögen und Sorgepflichten angenommen. Da die Bw dieser Schätzung nicht widersprochen hat, war sie auch dem Berufungsverfahren zugrunde zu legen.

Der Unabhängige Verwaltungssenat kann nicht finden, dass die Erstinstanz den ihr bei der Strafbemessung zustehenden Ermessensspielraum in irgendeiner Weise überschritten hätte. Die verhängten Strafen entsprechen unter Bedachtnahme auf die Kriterien des § 19 VStG dem Unrechts- und Schuldgehalt der jeweiligen Übertretung, halten general- sowie vor allem spezialpräventiven Überlegungen stand und liegen im untersten Bereich des gesetzlichen Strafrahmens. Ansatzpunkte für eine Herabsetzung der Strafen fanden sich nicht. Die Ersatzfreiheitsstrafen sind im Verhältnis zu den Geldstrafen innerhalb des gesetzlichen Strafrahmens als angemessen zu beurteilen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

zu II.:

Der Ausspruch über den Verfahrenskostenersatz ist gesetzlich begründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

Mag. Bissenberger

Beschlagwortung:

kein geringfügiges Verschulden

 

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