Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-540537/2/Ste/Wb/Da

Linz, 10.10.2005

 

VwSen-540551/2/Ste/Wb/Da

VwSen-540565/2/Ste/Wb/Da VwSen-540566/2/Ste/Wb/Da

VwSen-540593/2/Ste/Wb/Da      

 

 

 

 

                                           E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Vizepräsident Mag.Dr. Wolfgang Steiner über die Berufungen der H H GmbH, Betrieb P, vertreten durch Dr. J H und Dr. T H, Rechtsanwälte, gegen die Bescheide der Oö. Landesregierung

1. vom 11. Juni 2004, Zl. Vet-220004/5975-2004-W/Ro,

2. vom 13. Juli 2004, Zl. Vet-220004/6160-2004-W/Pay,

3. vom 11. August 2004, Zl. Vet-220004/6451-2004-W/Pay,

4. vom 17. September 2004, Zl. Vet-220014/1-2004-W/Pay und

5. vom 13. Oktober 2004, Zl. Vet-220040/1-2004-W/Pay,

wegen der Vorschreibung von Gebühren für die Schlachttier- und Fleischunter­suchung, zu Recht erkannt:

 

1.      Den Berufungen wird insoweit stattgegeben, als die Gebührenvorschrei­bung

zu 1. (für März 2004) von insgesamt 39.647,25 Euro auf 30.990,18 Euro herabgesetzt wird;

zu 2. (für April 2004) von insgesamt 36.142,59 Euro auf 28.255,11 Euro, herabgesetzt wird;

zu 3. (für Mai 2004) von insgesamt 35.813,86 Euro auf  27.868,66 Euro, herabgesetzt wird;

zu 4. (für Juni 2004) von insgesamt 37.168,05 Euro auf 29.054,48 Euro, herabgesetzt wird;

zu 5. (für Juli 2004) von insgesamt 36.215,31 Euro auf 28.314,91 Euro, herabgesetzt wird;

im Übrigen werden die Berufungen hingegen als unbegründet abgewiesen und die angefochtenen Bescheide bestätigt.

 

2.      Die Anträge der Abgabenbehörde erster Instanz aufzutragen, sämtliche Primärdaten des Gutachtens KPMG II offen zu legen und zu erläutern, werden zurückgewiesen.

 

 

Rechtsgrundlage:

§ 212 Oö. Landesabgabenordnung 1996 – Oö. LAO 1996

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit den genannten Bescheiden der Oö. Landesregierung wurden der Beschwerdeführerin für die Durchführung von Schlachttier- und Fleischuntersuchungen, Trichinenbeschau bei Schweinen und Kontrolluntersuchungen im Zeitraum März 2004 bis Juli 2004 die auf Grund des Oö. Fleischuntersuchungsgebührengesetzes, LGBl.Nr. 79/1996, zuletzt geändert durch LGBl.Nr. 84/2002 (im Folgenden: Oö. FlUGG 1997), i.V.m. der Oö. Fleischuntersuchungsgebühren-Verordnung, LGBl.Nr. 116/1996, zuletzt geändert durch LGBl.Nr. 133/2001 (im Folgenden: FlUGV), fälligen Gebühren vorge­schrieben.

 

Begründend wurde dazu im Wesentlichen ausgeführt, dass nach den EU-Richtlinien die Gebühren grundsätzlich in einer bestimmten Höhe festgelegt seien, die Mitgliedstaaten jedoch höhere Gebühren vorschreiben könnten, wenn deren Kosten tatsächlich höher seien. Dies habe auch der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 20. November 2002, 2002/17/0203, festgehalten.

 

Überdies sei in diesem Zusammenhang durch ein im Auftrag der belangten Behörde erstelltes "Gutachten zur Höhe der Fleischuntersuchungsgebühren in Oberösterreich" der (bescheidmäßig bestellten nichtamtlichen) Sachverständigen "KPMG Alpen-Treuhand GmbH" vom September 2004 (im Folgenden: [KPMG-]Gutachten [der Sachverständigen]) festgestellt worden, dass bei betriebs­wirtschaftlicher Betrachtung der nach den EU-Richtlinien festgelegte Gebührensatz insgesamt sogar zu niedrig bemessen sei. Denn die in der FlUGV mit 2,17 Euro verankerten Gebühren lägen deutlich unter den tatsächlichen Kosten der Fleischuntersuchung in Oberösterreich in Höhe von 2,62 Euro. Schließlich sei überdies ein 20%iger Abschlag für Schlachtbetriebe mit einer Schlachtkapazität von mehr als 50 Schweinen pro Stunde berücksichtigt worden.

 

Da mit diesem Gutachten der Umstand, dass die in der FlUGV festgesetzten Gebühren keines­falls über den tatsächlichen Kosten liegen, zweifelsfrei habe nachgewiesen werden können, liege sohin auch kein Widerspruch zu EU-rechtlichen Bestimmungen vor.

 

Auf Grund der gegen diese Bescheide bereits früher erhobenen Berufungen hat der Oö. Verwaltungssenat die Abgabenbehörde erster Instanz – nach Durchführung der notwendigen Ergänzungen des Ermittlungsverfahrens – zur Erlassung einer Berufungsvorentscheidung angewiesen.

 

Nach Zustellung der daraufhin ergangenen Berufungsvorentscheidungen hat die Berufungswerberin jeweils rechtzeitig einen Vorlageantrag gestellt.

 

1.2. In den Berufungen und Vorlageanträgen wird eingewendet, dass das KPMG-Gutachten in inhaltlicher Hinsicht zahlreiche Mängel aufweise und dieses auf zweifelhaften Annahmen basiere, sodass es insgesamt als zur Begründung und Rechtfertigung der Höhe der vorgeschriebenen Fleischuntersuchungsgebühr ungeeignet erscheine. In diesem Zusammenhang wird auf eine im Auftrag des "Landesgremiums des Vieh- und Fleischhandels Oberösterreich" erarbeitete Stellungnahme der "Leitner+Leitner GmbH&CoKG" vom April 2005, ergänzt durch das Schreiben vom 10. Mai 2005 (im Folgenden: [Leitner-]Stellungnahme), zum KPMG-Gutachten verwiesen.

 

In dieser wird zunächst ausgeführt, dass bei der Berechnung der Personalkosten eines Tierarztes im Zusammenhang mit deren kollektivvertraglicher Einstufung zu Unrecht die Verwendungsgruppe VI des Bundeskollektivvertrages für Angestellte im Fleischergewerbe herangezogen worden sei, obwohl diese im Zusammenhang mit der Fleischuntersuchung nur einen Teil ihrer umfassenden Kenntnisse und Erfahrungen benötigen würden; abgesehen davon, dass den Fleischuntersuchungstierärzten bei dieser Tätigkeit keine unternehmensleitende Stellung zukomme, die ihre nunmehrige Höherreihung in die Verwendungsgruppe VI – anstelle in die Verwendungsgruppe V, wo Tierärzte ausdrücklich erwähnt werden – rechtfertige, hätte jedenfalls dieser Anteil der Überqualifikation vorweg entsprechend herausgerechnet werden müssen, sodass insgesamt nicht ein Stundensatz von 77,24 Euro, sondern lediglich ein solcher von 56,99 Euro resultiere – ganz abgesehen davon, dass am freien Markt Tierarztleistungen von privaten Unternehmen bereits zu einem Stundensatz von 35,00 Euro angeboten würden.

 

Außerdem sei nicht nachvollziehbar, weshalb nunmehr – abweichend von früheren Annahmen der Sachverständigen – bloß von einer durchschnittlichen Untersuchungsgeschwindigkeit von 40 (anstelle früher: 50) Schweinen pro Stunde ausgegangen werde, wodurch eine Erhöhung der durchschnittlichen Stundenkosten von 1,60 Euro auf 2,00 Euro resultiere, wobei nicht unerwähnt bleiben dürfe, dass die verordnungsmäßig festgesetzte Höchstzahl von 50 Schweinen pro Stunde tatsächlich häufig überschritten (und nicht selten die Zahl 70 erreicht) werde.

 

In gleicher Weise entbehrten auch die geänderten Ansätze hinsichtlich der Position "Sonstige Kosten", die bei den befragten Tierärzten zwischen 0,00 Euro und 8.003,00 Euro lägen, der prozentuellen Auslastung als Fleischuntersuchungsorgan (nunmehr bloß 37,36% gegenüber früher 65%), der geringeren Arbeitsgeschwindigkeit der Trichinenuntersucher (50 gegenüber 70 Schweinen pro Stunde) und deren gesonderte, mit dem gleichen Stundentarif wie für die Untersuchungstätigkeit angesetzte Wegekostenentschädigung in Höhe von 14% einer sachlichen Begründung.

 

Schließlich hätten im Zusammenhang mit den Kosten der Fleischuntersuchungs- und Ausgleichskasse einerseits mangels unmittelbarer Zuordenbarkeit weder die Forderungsabschreibungen noch die Rechts- und Beratungsaufwendungen berücksichtigt werden dürfen, während dem gegenüber bei der Berechnung des Verwaltungskostenanteils für die Schweine eine Gewichtung der einzelnen Tierarten nach deren Kostenverursachung vorzunehmen gewesen wäre.

 

Als allgemeiner methodischer Mangel müsse auch noch angemerkt werden, dass – von einer teilweise missverständlichen bzw. widersprüchlichen Fragestellung abgesehen – die Umfragebeantwortung der Tierärzte nicht  (z.B. durch eine Überprüfung einzelner Belege) wenigstens einer stichprobenartigen Kontrolle unterzogen worden sei.

 

Aus allen diesen Gründen wird daher beantragt, den angefochtenen Bescheid insoweit abzuändern, als keine höheren als die Gemeinschaftsgebühren vorgeschrieben werden und demgemäß die geforderte Einbringung dieses Differenzbetrages auszusetzen.

 

Zusätzlich stellte die Beschwerdeführerin ausdrücklich folgende Anträge:

·        eine öffentliche mündliche Verhandlung anzuberaumen,

·        Herrn Dr. Robert Bachl von Leitner + Leitner GmbH & Co KEG als sachverständigen Zeugen zu laden zum Beweis dafür, dass die tatsächlichen Kosten der Fleischuntersuchungen in Oberösterreich die Pauschalgebühr nach dem Gemeinschaftsrecht nicht übersteigen,

·        der Abgabenbehörde erster Instanz aufzutragen, sämtliche Primärdaten des Gutachtens KPMG II offen zu legen und zu erläutern,

·        der Berufungswerberin die Möglichkeit zu eröffnen, die Klassifizierungsprotokolle vorzulegen zum Beweis für eine Untersuchungsgeschwindigkeit von mindestens 50 Stück pro Stunde und mindestens 70 Stück pro Stunde bei der Trichinenschau.

 

 

2.1. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in die Akten des Amtes der Oö. Landesregierung, aus dem sich der – auch von der Berufungswerberin unbestritten gebliebene – entscheidungswesentliche Sachverhalt vollständig ermitteln ließ, sowie durch Heranziehung des vorangeführten Sachverständigengutachtens und der hiezu ergangenen Stellungnahmen der Rechtsmittelwerberin.

 

2.2. Von der Durchführung der ausdrücklich beantragten öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte abgesehen werden, weil weder die Oö. Landesabgabenordnung 1996 (vgl. § 8 Abs. 2 Oö. FlUGG 1997) noch das Oö. FlUGG 1997 selbst eine solche nicht vorsieht. Darüber hinaus steht dem auch nicht Art. 6 Abs. 1 EMRK entgegen.

 

 

3. In der Sache selbst hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

 

3.1. Nach Art. 129a Abs. 1 Z. 3 B-VG iVm. § 8 Abs. 1 Oö. FlUGG 1997 ist der Oö. Verwaltungssenat Abgabenbehörde in zweiter Instanz; soweit im Oö. FlUGG 1997 nicht anderes bestimmt ist, findet für das Verfahren die Oö. LAO 1996 Anwendung (§ 8 Abs. 2 Oö. FlUGG 1997).

 

Die Höhe der Gebühren ist gemäß § 2 Abs. 1 Oö. FlUGG 1997 nach der FlUGV festzusetzen; die mit dem angefochtenen Bescheid festgelegten Gebührensätze entsprechen – was auch von der Beschwerdeführerin nicht in Zweifel gezogen wurde – der FlUGV.

 

3.2. Gemäß Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 85/73/EWG (vgl. die Kodifizierung durch die RL 96/43/EG; im Folgenden: RL 85/73/EWG) werden die Gemeinschaftsgebühren in der Weise festgelegt, dass sie die Löhne und Sozialabgaben der Untersuchungsstelle sowie die für die Durchführung der Untersuchungen und Kontrollen entstehenden Verwaltungskosten, denen noch die Kosten der Fortbildung des Untersuchungs­personals hinzugerechnet werden können, abdecken. Nach Art. 5 Abs. 3 RL 85/73/EWG können die Mitgliedstaaten aber auch – unbeschadet der Wahl jener Behörde, die zur Erhebung der Gemeinschafts­gebühr ermächtigt ist – insoweit einen höheren Betrag als die Gemeinschafts­gebühren einheben, als die erhobene Gesamtgebühr die tatsächlichen Unter­suchungs­kosten nicht überschreitet.

 

Unter dem Aspekt, dass die Festlegung einer Gemeinschaftsgebühr für veterinär- und hygienerechtliche Kontrollen primär den Zweck der Schaffung gleichartiger Wettbewerbsbedingungen in den einzelnen EU-Mitgliedstaaten verfolgt[1], ist jedoch an die durch Art. 5 Abs. 3 RL 85/73/EWG geschaffene Möglichkeit der Gebühren­erhöhung grundsätzlich ein strenger Maßstab anzulegen. Dies derart, dass aus der Formulierung „sofern die erhobene Gesamtgebühr die tatsächlichen Untersuchungs­kosten nicht überschreitet“ im Art. 5 Abs. 3 RL 85/73/EWG nach Auffassung des Oö. Verwaltungssenates gleichzeitig folgt, dass jener Mitgliedstaat, der höhere Gebühren festlegt, diese Regelung als ausschließlich durch höhere Kosten iSd. Art. 5 Abs. 1 RL 85/73/EWG bedingt nachzuweisen hat.

 

Dies deckt sich im Ergebnis auch mit der vom Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 20. November 2002, Zl. 2000/17/0203, geäußerten Rechts­auf­fassung, wo der VwGH unter Hinweis auf entsprechende Ent­scheidungen des Europäischen Gerichtshofes davon ausgeht, dass die RL 85/73/EWG zwar nicht unmittelbar anwendbar ist, aber eine Höchstgrenze derart bildet, dass der Betroffene einer höheren Vorschreibung als der gemeinschafts­rechtlichen Pauschalgebühr dann und insoweit widersprechen kann, wenn diese Überhöhung seitens der Behörde nicht entsprechend belegt werden kann. Umgekehrt folgt daraus, dass die Abgabenbehörde keine höhere als die solcherart sachlich begründbare Gebühr festsetzen darf, und zwar auch dann nicht, wenn dies in Gesetzen oder Verordnungen entsprechend festgelegt wäre; der RL 85/73/EWG kommt dem gemäß eine materielle, entgegenstehende Gesetze und Verordnungen zurückdrängende Bindungswirkung zu.

 

3.3. In diesem Zusammenhang resultiert als Sukkus des im Zuge des erstinstanzlichen Ermittlungsverfahrens eingeholten KPMG-Gutachtens, dass die im Vergleich zur RL 85/73/EWG höheren Gebührensätze der FlUGV dadurch bedingt sind, dass in Oberösterreich einerseits ausschließlich Tierärzte zur Fleischuntersuchung herangezogen werden und andererseits die Verrechnung mit diesen nicht direkt, sondern über einen eigenständigen Verwaltungsträger (die Fleischuntersuchungs- und Ausgleichskasse, im Folgenden: FlUAK) erfolgt.

 

Wie der Oö. Verwaltungssenat – beginnend mit VwSen-540089 vom 16. März 2004 –in zahlreichen Entscheidungen dargetan hat, hindert die RL 85/73/EWG einen Mitgliedstaat nicht schon von vornherein daran, vergleichsweise höher- oder gar überqualifizierte Fachkräfte zur Fleischuntersuchung heranzuziehen (so nunmehr auch explizit VwGH v. 24. Jänner 2005, Zl. 2003/17/0226) und in diesem Zusammenhang eine eigenständige Verrechnungsstelle einzurichten; die solcherart höheren Kosten müssen jedoch nachweisbar ausschließlich durch die Untersuchung selbst begründbar sein. Die Beweislast trifft dabei offenkundig jene Behörde, die die vergleichsweise höheren Gebühren vorschreibt, also die Oö. Landesregierung.

 

3.3.1. Soweit es die von der Abgabenbehörde für die Trichinenuntersuchung mit 0,33 Euro pro Schlachttier ermittelten Kosten betrifft, hält dem die Rechtsmittelwerberin unter Hinweis auf die Leitner-Stellungnahme entgegen, dass man unter Beachtung des Umstandes, dass sich das KPMG-Gutachten ausschließlich auf Großbetriebe bezieht, konsequenterweise von einer Untersuchungskapazität von 70 (anstelle von bloß 50) Schweinen pro Stunde auszugehen habe. Demnach käme man nur auf einen Stundensatz von 0,21 Euro.

 

Die Annahme der Sachverständigen, dass dann, wenn in Großbetrieben 50 bis 60 Schweine pro Stunde untersucht werden können, dieser Wert im Durchschnitt nicht erreicht werden kann, wenn man auch Schlachtbetriebe mit geringerer Kapazität einbezieht, erscheint nicht schon deshalb als nicht plausibel, weil sich die Untersuchung der KPMG tatsächlich nur auf Großbetriebe bezogen hat, sondern liegt gerade im Gegenteil durchaus auf der Hand; im Übrigen handelt es sich diesbezüglich auch nicht um einen substantiierten Gegenbeweis der Rechtsmittelwerberin, sondern – wie sie letztlich selbst eingesteht – bloß um ein nicht näher belegtes Bestreiten.

 

Dem gegenüber trifft das Argument der Berufungswerberin, dass hinsichtlich der Ermittlung des Anteils der Wegekostenentschädigung die Anzahl der jährlich insgesamt zurückgelegten Fahrtkilometer (936.306) durch die Summe der Tierärzte und Trichinenbeschauer (also durch 357 anstatt durch 282) zu teilen ist, zu.

 

Insgesamt resultiert demnach bei Zugrundelegung einer durchschnittlichen Beschaurate von (bloß) 50 Schweinen pro Stunde und einer Wegekostenentschädigung von (lediglich) 10,8% für die Trichinenbeschau ein tatsächlicher Aufwand von 0,32 Euro (vgl. dazu auch die Darstellung in Beilage II, Spalte 3, zur Leitner-Stellungnahme) bzw. 0,26 Euro (bei Fließbandbetrieben) pro Schlachttier.

 

3.3.2. Hinsichtlich des von der KPMG ermittelten Verwaltungskostenanteils der FlUAK in Höhe von 0,29 Euro pro Schlachttier wird seitens der Rechtsmittelwerberin nicht dargetan, weshalb in diesem Zusammenhang Positionen "Forderungsabschreibungen" oder "Rechts- und Beratungsaufwendungen" nicht in Ansatz gebracht werden dürfen, sondern nur dargestellt, inwieweit sich deren Nichteinbeziehung aufwandsminimierend auswirken würde (was wiederum zu einer niedrigeren Gebührenvorschreibung zu führen hätte).

 

Es ist ihr damit aber schon im Ansatz nicht gelungen, dem Sachverständigengutachten auf gleicher fachlicher Ebene entgegenzutreten; vielmehr liegt auch diesbezüglich bloß ein unsubstantiiertes Bestreiten vor.

 

Daher sieht der Oö. Verwaltungssenat keine Veranlassung, den mit 0,29 Euro pro Schlachttier ermittelten tatsächlichen Verwaltungskostenanteil in Zweifel zu ziehen.

 

3.3.3. Hinsichtlich der Angemessenheit der Höhe der Kosten eines Fleischuntersuchungstierarztes erscheint dem Oö. Verwaltungssenat (auch im Hinblick auf das bereits zuvor angeführte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 24. Jänner 2005, Zl. 2003/17/0226) ein Abstellen auf den "Bundeskollektivvertrag für Angestellte im Fleischergewerbe vom 1. September 2002" (in der Fassung vom 1. Juli 2004, im Folgenden: KV), grundsätzlich als zielführend.

 

Diesbezüglich wurde im Gutachten zwar schlüssig ermittelt, dass insoweit ein Stundensatz von 77,24 Euro anzusetzen sei. Allerdings liegt diesem Ergebnis die Einreihung der Tierärzte in die Verwendungsgruppe VI des KV zu Grunde. Diese Qualifikation ist jedoch schon deshalb unzutreffend, weil der Kollektivvertrag selbst davon ausgeht, dass Tierärzte in die niedrigere Gehaltsansätze aufweisende Verwendungsgruppe V einzureihen sind (vgl. S. 17). Dass aber in diesem Zusammenhang auch auf deren Tätigkeit im Zusammenhang mit der Fleischuntersuchung, die sie nach dem KPMG-Gutachten faktisch zu mehr als einem Drittel in Anspruch nimmt, ausreichend Bedacht genommen wurde, kann wohl nicht ernsthaft bezweifelt  werden.

 

Davon ausgehend resultiert aber unter Zugrundelegung der in der Anlage A, rechte Spalte, zur Stellungnahme vom 10. Mai 2005 angestellten Berechnung, modifiziert durch die zwischenzeitlich mit Wirkung vom 1. Juli 2004 valorisierten kollektivvertraglichen Werte und – in Konsequenz der Heranziehung eines Angestelltentarifs (anstelle eines kalkulatorischen Unternehmerlohnes) – unter Außerachtlassung eines Ansatzes für Verdienstentgang, bloß ein Stundenhonorar von 57,83 Euro (anstelle von 77,24 Euro).

 

Hinsichtlich der durchschnittlichen Schlachtkapazität wurden von der Rechtsmittelwerberin Beweise dafür, dass die verordnungsmäßig festgelegte Höchstzahl von 50 Schweinen pro Stunde tatsächlich häufig überschritten und sogar die Zahl 70 erreicht werde, zwar in Aussicht gestellt, tatsächlich aber auch mit der gegenständlichen Berufung nicht vorgelegt. Es ist ihr daher insoweit nicht gelungen, dem von der Sachverständigen nunmehr auf Grund einer repräsentativen Befragung ermittelten Durchschnittswert von 40,32 Schweinen pro Stunde auf gleicher fachlicher Ebene entgegenzutreten.

 

Im Ergebnis resultiert somit als nachvollziehbarer Tierarztkostenanteil ein Betrag in einer Höhe von 1,43 Euro (57,83 : 40,32), der im Falle eines Fließbandbetriebes um 20% zu vermindern ist (1,14 Euro).

 

3.3.4. Dies zu Grunde legend kann daher unter jeweiliger Einbeziehung eines Verwaltungskostenanteils in Höhe von 0,29 Euro eine Gebühr in Höhe von insgesamt 1,75 Euro (mit Trichinenuntersuchung) bzw. 1,69 Euro (mit Trichinenuntersuchung bei Fließbandbetrieben [wie im vorliegenden Fall]) bzw. 1,43 Euro (ohne Trichinenuntersuchung) pro Schlachttier als plausibel angesehen werden.

 

3.3.5. Geht man von diesen Gebührensätzen aus, ergeben sich für die vorliegenden Fälle folgende Berechnungen der Vorschreibungen:

 

3.3.5.1. März 2004 (Gesamtvorschreibung laut Bescheid erster Instanz: 39.647,25 Euro):


 

Menge

Art

Gebühr (Euro)

27

Kontrolluntersuchungen C2

382,59

18.111

Schweine

25.898,73

18.111

Trich. Verdauungsmethode

4.708,86

Summe

 

30.990,18

 

3.3.5.2. April 2004 (Gesamtvorschreibung laut Bescheid erster Instanz: 36.142,59 Euro):

 

Menge

Art

Gebühr (Euro)

26

Kontrolluntersuchungen C2

368,42

16.501

Schweine

23.596,43

16.501

Trich. Verdauungsmethode

4.290,26

Summe

 

28.255,11

 

3.3.5.3. Mai 2004 (Gesamtvorschreibung laut Bescheid erster Instanz: 35.813,86 Euro):

 

Menge

Art

Gebühr

24

Kontrolluntersuchungen C2

340,08

15.648

Schweine

22.376,64

497

Schweine mit 35% Zuschlag

909,51

15.648

Trich. Verdauungsmethode

4.068,48

497

Trich. Verdauungsmethode mit 35% Zuschlag

173,95

Summe

 

27.868,66

 

3.3.5.4. Juni 2004 (Gesamtvorschreibung laut Bescheid erster Instanz: 37.168,05 Euro):

 

Menge

Art

Gebühr

26

Kontrolluntersuchungen C2

368,42

16.974

Schweine

24.272,82

16.974

Trich. Verdauungsmethode

4.413,24

Summe

 

29.054,48

 

3.3.5.5. Juli 2004 (Gesamtvorschreibung laut Bescheid erster Instanz: 36.215,31 Euro):

 

Menge

Art

Gebühr

27

Kontrolluntersuchungen C2

382,59

16.528

Schweine

23.635,04

16.528

Trich. Verdauungsmethode

4.297,28

Summe

 

28.314,91

 

 

4.1. Aus allen diesen Gründen war daher den Berufungen gemäß § 212 Abs. 2 Oö. LAO 1996 insoweit stattzugeben, als die Gebührenvorschreibungen wie aus dem Spruch ersichtlich herabgesetzt werden.

 

4.2. Bei diesem Ergebnis war es – entgegen dem Antrag der Berufungswerberin – nicht notwendig, einen zusätzlichen Zeugen zu vernehmen; dieser hätte im Übrigen nur zu Tatsachen aussagen können, die ohnehin durch die schriftlichen Beweismittel feststehen.

 

Zu den Anträgen, der Berufungswerberin die Möglichkeit zu eröffnen, bestimmte Dokumente (Klassifizierungsprotokolle) vorzulegen ist festzuhalten, dass es der Berufungswerberin im Verfahren jederzeit frei steht, alle – aus ihrer Sicht – ihren Standpunkt stützenden Beweismittel vorzulegen. Es braucht dazu weder eines besonderen Antrags noch einer wie immer gearteten Zustimmung oder Bewilligung der Behörde.

 

4.3. Die Anträge, der Behörde erster Instanz aufzutragen, sämtliche Primärdaten des Gutachtens KPMG II offen zu legen und zu erläutern, sind zurückzuweisen, weil es für einen solchen Auftrag keine gesetzliche Grundlage gibt.

 

4.4. Zur Entscheidung über die darüber hinaus gestellten Anträge auf Aussetzung der Einhebung des festgesetzten Gebührenbetrags ist (vorläufig) nicht der Oö. Verwal­tungs­senat, sondern (zunächst) die Oö. Landesregierung als Abgabenbehörde erster Instanz zuständig. 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

 

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

2. Im Verfahren sind Gebühren in Höhe von 13 Euro je Berufung, insgesamt also 65 Euro, angefallen; ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

 

Wolfgang Steiner

 

 



[1] Vgl. die fünfte Begründungserwägung zur RL 96/43/EG vom 26. Juni 1996 zur Änderung und Kodifizierung der RL 85/73/EWG: „Diese Untersuchungen und Gesundheitskontrollen werden in den einzelnen Mitgliedstaaten in unterschiedlicher Art und Weise durchgeführt; sie werden insbesondere über Gebühren finanziert, die unterschiedlich hoch sein können. Diese Diskrepanzen können sich auf den Wettbewerb zwischen den verschiedenen Produktionen auswirken, die überwiegend unter eine gemeinsame Marktorganisation fallen. Bei den Einfuhren lebender Tiere aus Drittländern in die Gemeinschaft kann die Tatsache, dass den Wirtschaftsteilnehmern unterschiedlich hohe Gebühren auferlegt werden, zu Verkehrsverlagerungen führen. Um dies zu verhindern, sind harmonisierte Regeln für die Finanzierung dieser Untersuchungen und Kontrollen vorzusehen. Diese Untersuchungen und Kontrollen fallen in den Zuständigkeitsbereich des Staates; um ihre Finanzierung sicherzustellen, sollten jedoch die Wirtschaftsteilnehmer eine Gebühr entrichten.

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