Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-102619/13/Br

Linz, 12.04.1995



Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch   sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn Dr. G R, J, vertreten durch Dr. V Rechtsanwälte, K, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 14. November 1994, Zl:VerkR96-12227/1994, wegen Übertretungen der StVO 1960 und des KFG nach der am 10. April 1995 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung und der Verkündung am 12. April 1995 zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird mit der Maßgabe F o l g e gegeben, als das angefochtene Straferkenntnis in dessen Punkt 2) gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG eingestellt wird. Im Punkt 1) wird das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, als der Tatvorwurf im Hinblick auf die Fahrgeschwindigkeit und Abstand abgeändert zu lauten hat: ....bei einer Fahrgeschwindigkeit von "120 bis 130 km/h auf wenige Meter aufgefahren sind".

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz BGBl.Nr.

51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 866/1992 - AVG iVm § 19, § 24, § 45 Abs.1 Z1, § 51 Abs.1, § 51e Abs.1 und § 51i Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 666/1993 - VStG; II. In Punkt 1) werden dem Berufungswerber als Kosten für das Berufungsverfahren zuzüglich zu den erstinstanzlichen Verfahrenskosten 400 S (20% der verhängten Strafe) auferlegt. In Punkt 2) entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlage:

§ 64 Abs.1 u. 2, § 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat mit dem angefochtenen Straferkenntnis den Berufungswerber wegen der Übertretung nach § 18 Abs.1 iVm § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 und § 100 KFG iVm § 134 Abs.1 KFG bestraft, weil er am 27.12.1992 gegen 17.20 Uhr auf der Westautobahn A 1, Fahrtrichtung S, bei km 256 - 257, als Lenker des Pkw keinen solchen Abstand zu dem vor ihm fahrenden Pkw eingehalten habe, daß ihm jederzeit das rechtzeitige Anhalten möglich gewesen wäre, auch wenn das vordere Kfz plötzlich abgebremst worden wäre, weil er bei einer Fahrgeschwindigkeit von 130 km/h auf zwei Meter aufgefahren sei, und 2) als Lenker des Pkw S-VII 60 mehrmals optische Warnzeichen abgegeben habe, obwohl es die Verkehrssicherheit nicht erforderte.

Es wurden über den Berufungswerber Geldstrafen 1.) in der Höhe von 2.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe: 72 Stunden) und 2.) 500 S (Ersatzfreiheitsstrafe: 24 Stunden) verhängt.

2. Begründend führte die Erstbehörde aus:

2.1. "Gemäß § 18 Abs.1 StVO.1960 hat der Lenker eines Fahrzeuges stets einen solchen Abstand vom nächsten vor ihm fahrenden Fahrzeug einzuhalten, daß ihm jederzeit das rechtzeitige Anhalten möglich ist, auch wenn das vordere Fahrzeug plötzlich abgebremst wird.

Gemäß § 99 Abs.3 lit.a StV0.1960 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu S 10.000,-im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu zwei Wochen zu bestrafen, wer als Lenker eines Fahrzeuges, als Fußgänger, als Reiter oder als Treiber oder Führer von Vieh gegen die Vorschriften dieses Bundesgesetzes oder der aufgrund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen verstößt und das Verhalten nicht nach den Abs.1, 2 oder 4 zu bestrafen ist.

Gemäß § 100 KFG 1967 dürfen als optische Warnzeichen nur kurze Blinkzeichen mit der im § 22 Abs.2 (gemeint: § 22 Abs.2 StVO 1960) angeführten Vorrichtung abgegeben werden; Blinkzeichen dürfen außer mit Alarmblinkanlagen nicht durch längere Zeit abgegeben werden.

Gemäß § 134 Abs.1 KFG 1967 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu S 30.000, --, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu 6 Wochen zu bestrafen, wer diesem Bundesgesetz, den auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen, Bescheiden oder sonstigen Anordnungen zuwiderhandelt.

Der im Spruch angeführte Sachverhalt wurde von Herrn H Erich und Frau Mag. B Edith zur Anzeige gebracht. Auf Grund dieser Anzeige vom 30.12.1992 wurde Ihnen der Sachverhalt nachweislich mit Ladungsbescheid der Bundespolizeidirektion S (hinterlegt am Postamt S am 07.04.1993) zur Kenntnis gebracht. Anläßlich Ihrer Vorsprache bei der Bundespolizeidirektion Salzburg am 26.04.1993 gaben Sie an, daß es richtig sei, daß Sie zum Tatzeitpunkt die Strecke befahren haben. Sie könnten sich jedoch an ein derartiges Fahrmanöver nicht erinnern und begründeten dies damit, daß dieses Fahrmanöver nicht Ihrer Fahrweise entsprechen würde.

Auf Grund dieser Rechtfertigungsangaben wurden die Anzeiger als Zeugen einvernommen und gaben diese zeugenschaftlich an, daß Sie sich noch sehr konkret an der Vorfall erinnern könnten. Es war kurz vor der Raststätte M und sei ein Kraftfahrzeug auf einen Abstand von ca. 2 m aufgefahren.

Weiters blinkte dieser Lenker ständig mit der Lichthupe und hielt diesen geringen Sicherheitsabstand über eine längere Strecke ein. Als Sie (gemeint: sie - die Anzeiger) von diesem PKW überholt wurde (richtig wohl: wurden), notierten sie das Kennzeichen und brachten den Sachverhalt zur Anzeige.

Weiters wurde Ihre Gattin als Zeugin einvernommen und gab diese zeugenschaftlich an, daß sie ausschließt, daß ihr Gatte ein derartiges gefährliches Fahrmanöver durchführt.

Weiters hatten Sie damals Kinder im Auto und würden Sie deshalb besonders vorsichtig fahren.

Mit Schreiben vom 11.10.1993 der Bundespolizeidirektion Salzburg wurde Ihnen Gelegenheit gegeben, innerhalb von 14 Tagen Akteneinsicht zu nehmen und sich zum Ermittlungsverfahren zu rechtfertigen.

Die Behörde hat hiezu erwogen:

Der im Spruch angeführte Sachverhalt erscheint durch die Zeugenaussagen der Anzeiger zweifelsfrei als erwiesen, zumal diese unter Wahrheitsermahnung ihre Aussagen machten, währenddessen sich der Beschuldigte in jede Richtung rechtfertigen könne, ohne mit strafrechtlichen Folgen rechnen zu müssen. Hinsichtlich der Aussage Ihrer Gattin wird angeführt, daß diese lediglich angab, daß Sie ausschließe, daß ihr Gatte ein derartiges gefährliches Fahrmanöver durchführt. Sie konnte jedoch keine konkreten Angaben zur Ihrer Entlastung machen.

Da als allgemeiner Erfahrungssatz gilt, daß Bürger nur bei einem gravierenden Verkehrserlebnis Anzeige erstatten und nicht erkannt werden kann, warum sich die Zeugen H und Mag.

B der Gefahr der strafgerichtlichen Verfolgung auf Grund einer falschen Zeugenaussage aussetzen sollten, nur um den ihnen nicht bekannten Beschuldigten falsch zu belasten wurde den Angaben dieser beiden Zeugen Glauben geschenkt.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Bei der Strafbemessung konnten Ihre Einkormnens-, Vermögensund Familienverhältnisse nicht berücksichtigt werden, da Sie dazu keine Angaben machten. Straferschwerend war zu werten, daß Sie durch Ihr Verhalten konkret andere Verkehrsteilnehmer gefährdeten.

Die Vorschreibung der Verfahrenskosten gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle." 2.2. Dagegen richtet sich die mit dem Antrag auf Aufhebung und Verfahrenseinstellung eingebrachte Berufung. Es wird ausgeführt wie folgt:

2.2.1. "Das Straferkenntnis wird dem gesamten Umfang nach hinsichtlich Schuld und Strafe angefochten. Als Rechtsmittelgründe werden unrichtige Beweiswürdigung und unrichtige rechtliche Beurteilung geltend gemacht, welche wie folgt ausgeführt werden:

I.a) Dem Beschuldigten werden mit dem angefochtenen Erkenntnis zwei Verwaltungsübertretungen am 27.12.1992 zur Last gelegt. Die Bundespolizeidirektion Salzburg hat innerhalb von 6 Monaten nach diesem Zeitpunkt keine ausreichend bestimmte Verfolgungshandlung gemäß § 32 Abs.2 VStG gesetzt. Als verjährungsunterbrechende Verfolgungsschritte gelten lediglich Handlungen der Behörde, die gegen eine individuell bestimmte Person als Beschuldigten gerichtet sind, innerhalb der Verjährungsfrist nach außen in Erscheinung treten und sich auf einen bestimmten strafbaren Sachverhalt beziehen. Im vorliegenden Fall ergibt sich aus dem Akteninhalt keine derartige Verfolgungshandlung. Der Ladungsbescheid enthält keine ausreichende Konkretisierung der vorgeworfenen Tat. Dies gilt ebenso für die Einvernahme des Beschuldigten am 26.4.1993. Auch die Zeugeneinvernahmen vom 24.5.1993 lassen nicht mit ausreichender Klarheit erkennen, welchen konkreten Vorwurf die Behörde gegen den Beschuldigten erhoben hat. Dies gilt insbesondere für die Übertretung nach dem KFG.

Die vorgeworfenen Übertretungen sind daher gemäß § 31 Abs.2 VStG verjährt.

I.b) Die Erstbehörde hat den Beschuldigten unter anderem wegen Verletzung der Bestimmung des § 100 KFG schuldig erkannt. Danach dürfen als optische Warnzeichen nur kurze Blinkzeichen mit den in § 22 Abs.2 StVO angeführten Vorrichtungen abgegeben werden; die Bestimmungen des § 99 Abs.3 bis 5 StVO über die Verwendung von Fern- und Abblendlicht bleiben unberührt. Selbst wenn der Beschuldigte mehrmals die Lichthupe betätigt hätte, was ausdrücklich bestritten wird, läge darin keine Werwaltungsübertretung nach § 100 KFG vor. Diese Bestimmung untersagt ein derartiges Verhalten nicht ausdrücklich.

2. Unrichtige Beweiswürdigung:

Die Erstbehörde stützt den festgestellten Sachverhalt lediglich auf die Aussagen der Zeugen Mag.Edith B und Erich H. Hinsichtlich der Verantwortung des Beschuldigten, wonach er das vorgeworfene Fahrmanöver sicher nicht begangen habe, führt sie aus, daß dieser sich in jede Richtung rechtfertigen könne, ohne mit strafrechtlichen Folgen rechnen zu müssen. Seine Gattin habe keine konkreten Angaben zu seiner Entlastung gemacht.

Diese Ausführungen sind unzutreffend. Die Zeugin Dr.Katharina R hat bei ihrer Einvernahme klar angegeben, daß sie es ausschließe, daß ihr Gatte ein derartiges gefährliches Fahrmanöver durchführe und sie sich an ein solches sicher erinnern hätte können. Im übrigen fahre ihr Ehegatte immer sehr vorsichtig, überhaupt wenn er Kinder mitführe. Entgegen der Erstbehörde wird somit durch diese Aussage der gegen den Beschuldigten erhobene Vorwurf sehr wohl durch konkrete Angaben entkräftet. Es hätte somit einer ausführlichen Begründung bedurft, warum der Aussage der Zeugen Mag.B und Erich H höhere Glaubwürdigkeit zukommt. Der bloße Verweis auf die Gefahr einer strafgerichtlichen Verfolgung wegen einer falschen Zeugenaussage ist hiezu sicherlich nicht ausreichend, zumal auch die Zeugin Dr.R einer solchen Gefahr ausgesetzt ist. Ebenso ist keinesfalls ausgeschlossen, daß sich die Zeugen H und Mag.B bei Ablesen des Kennzeichens geirrt haben; da es zur Tatzeit bereits dunkel war, ist das Kennzeichen eines Fahrzeuges keinesfalls ohne weiteres erkennbar. Auch kann ein Lenker im Rückspiegel gar nicht wahrnehmen, ob ein Fahrzeug auf 2 Meter aufgefahren ist. Diese Entfernungsangabe ist schon aufgrund der gefahrenen Geschwindigkeit völlig unglaubwürdig. Der Beschuldigte, welcher Arzt ist, hatte Kinder mitgeführt und hätte ein derartiges Fahrmanöver niemals durchgeführt. Seine Verantwortung, welche von seiner Ehegattin gestützt wird, ist völlig glaubwürdig und hätte daher den Feststellungen zugrundegelegt werden müssen.

3. Unzutreffende Strafbemessung:

Die verhängte Strafe ist keinesfalls schuld- und tatangemessen. Selbst bei Bejahung einer Verwaltungsübertretung wäre diese geringfügig. Dies vor allem deshalb, da keinerlei nachteilige Folgen entstanden sind. In Anbetracht des Strafrahmens und der Unbescholtenheit des Beschuldigten wurde die Strafe wesentlich überhöht ausgemessen. Auch wurden die persönlichen Verhältnisse des Beschuldigten nicht berücksichtigt, was eine Mangelhaftigkeit der Strafbemessung bedeutet.

Beweis: Einvernahme der Zeugin Dr. Katharina R sowie des Beschuldigten Der Beschuldigte stellt daher folgenden Antrag:

Das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das gegen den Beschuldigten eingeleitete Verwaltungsstrafverfahren nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung, bei welcher er sowie die Zeugin Dr. Katharina R einvernommen werden mögen, einzustellen; in enventu die verhängte Strafe schuld- und tatangemessen herabzusetzen.

S, am 13.2.1995 Dr. G R" 3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch die Einsichtnahme in den erstbehördlichen Verfahrensakt. Ferner durch Vernehmung der Zeugen Frau Mag. B, Frau Dr. Katharina R und des Herrn H sowie des Berufungswerber als Beschuldigten im Rahmen der öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung.

3.1. Zumal keine 10.000,- S übersteigenden Geldstrafen verhängt wurden, hat der unabhängige Verwaltungssenat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu erkennen. Zumal einerseits ein diesbezüglicher konkreter Antrag gestellt, andererseits die Tatvorwürfe auch dem Grunde nach bestritten wurden, ist eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen gewesen.

4. Der Berufungswerber lenkte am 27. Dezember 1992 seinen Pkw, VW-Golf, Kennzeichen gegen 17.20 Uhr auf der Westautobahn in Richtung S. Bei Autobahnkilometer 256 bis 257 fuhr er bei einer Fahrgeschwindigkeit von 120 bis 130 km/h auf das von Erich H gelenkte Vorderfahrzeug in einem Abstand von wenigen Metern auf und betätigte dabei mehrfach die Lichthupe. Das Vorderfahrzeug konnte wegen des Kolonnenverkehrs vorerst nicht auf den rechten Fahrstreifen umspuren. Erst nach etwa einen Kilometer konnte das Vorderfahrzeug auf den rechten Fahrstreifen gelenkt werden, wobei der Berufungswerber dann unverzüglich überholte. Dabei vermochte die Beifahrerin des überholten Fahrzeuges, die Zeugin Mag. B, das Kennzeichen notieren. Auch die Fahrzeugtype und der Farbcharakter konnten erkannt werden.

Ebenfalls wurde die Autobahnkilometrierung festgehalten. Der Lenker des überholten Fahrzeuges entschloß sich angesichts seiner Einschätzung dieses Fahrmanövers als gefährlich zu einer Anzeigeerstattung bei der Bundespolizeidirektion Salzburg. Bereits um 18.05 Uhr dieses Tages wurde durch die Kraftfahrgruppe der Bundespolizeidirektion Salzburg die Anzeige entgegengenommen.

4.1. Dieses Beweisergebnis stützt sich auf die glaubwürdigen und den Denkgesetzen entsprechenden Angaben der Zeugen Frau Mag. Edith B und Herrn Erich H. Diese Zeugen machten anläßlich ihrer Vernehmung einen sehr soliden und glaubwürdigen Eindruck. Sie vermochten grundsätzlich überzeugend darzulegen, daß sie keinesfalls ein Interesse an der Bestrafung dieses Fahrzeuglenkers hätten, sondern es ihnen darum gegangen sei auf die Gefährlichkeit dieser Fahrweise aufmerksam zu machen. Sie haben folglich sogar einen Umweg zur Polizeidirektion Salzburg in Kauf genommen.

Frau Mag. B gibt an, daß sie den Abstand der Nachfahrt dieses Fahrzeuges so einschätze "als ob ein Fahrzeug hinten parkte." Der Lenker des so knapp nachfahrenden Fahrzeuges habe dabei mehrmals die Lichthupe betätigt. Sie habe dies als aggressive Fahrweise eingeschätzt. Sie habe unmittelbar nach dem Überholen dieses nachfahrenden Fahrzeuges dessen Kennzeichen notiert. Dabei vermochte in jeder Hinsicht überzeugend dargelegt werden, daß ein Irrtum im Ablesen des Kennzeichens nicht unterlaufen sein kann, zumal bereits unmittelbar nach dem Überholen das Kennzeichen von der Beifahrerin notiert wurde.

Der Zeuge H gibt im wesentlichen an, daß er angesichts der Nähe des nachfahrenden Fahrzeuges zum Teil nicht einmal mehr dessen Scheinwerfer gesehen habe. Seine Fahrgeschwindigkeit habe während dieser Nachfahrt 120 bis 130 km/h betragen.

Dieses Fahrzeug sei zumindest einen Kilometer so knapp nachgefahren, wobei es durch das mehrfache betätigen der Lichthupe in seinem Fahrzeug taghell gewesen sei. Erst nach etwa einen Kilometer habe er auf den rechten Fahrstreifen umspuren können, wobei er sich dabei die Kilometrierung gemerkt habe, wobei er diese zwischen 256 bis 257 abgelesen habe. Seiner Glaubwürdigkeit tat es jedenfalls keinen Abbruch, wenn er nicht mehr exakt anzugeben vermochte, ob er die Kilometrierung auf den Vorfall rückbezogen hat, oder unmittelbar nach dem Fahrstreifenwechsel die nächste Kilometermarkierung alleine abgelesen hatte. Der Zeuge hat überzeugt, daß sich der Vorfall zwischen Kilometer 256 bis 257 ereignete. In übereinstimmender Weise mit der Verantwortung des Berufungswerbers ist dem Zeugen sogar noch die Besetzung des Beschuldigtenfahrzeuges in Erinnerung. Aus diesen in sich geschlossenen Angaben der beiden Zeugen folgt, daß dieser Vorfall einen doch erheblichen Eindruck hinterlassen haben mußte. Nur dadurch ist erklärbar, daß dieser so lange und nachhaltig in Erinnerung geblieben ist.

Zumal das Kennzeichen unmittelbar nach dem Vorfall notiert wurde und die bereits vor der Polizei angegebene Fahrzeugund Farbtype (dunkel) mit der Realität übereinstimmt, ist ein Ablesefehler in diesem Zusammenhang auszuschließen.

Nicht zuletzt gibt der Berufungswerber ja auch an, daß er zu dieser Zeit an dieser Stelle unterwegs gewesen ist. Daher ist den Angaben dieser Zeugen in jeder Richtung hin Glauben zu schenken gewesen.

Im Gegensatz dazu ist es nicht untypisch, daß der Berufungswerber und seine Gattin sich an den Vorfall nicht erinnern konnten. Sie waren davon ja aktiv nicht betroffen.

So darf es als Erfahrungstatsache gelten, daß einerseits derartige Vorfälle, insbesondere auf Autobahnen, als eine der häufigsten Untugenden der Autofahrer gelten und andererseits ein negatives Verhalten des aktiv Betroffenen wohl weniger in Erinnerung bleibt als einem passiv Betroffenen. Im Ergebnis muß daher die Verantwortung des Berufungswerbers als Schutzbehauptung gewertet werden.

5. Rechtlich ist folgendes zu erwägen:

5.1. Eingangs wird festgestellt, daß der Berufungswerber mit seinem Berufungsvorbringen damit im Recht ist, daß im Punkt 2) sich der Tatvorwurf zu Unrecht auf § 100 KFG stützt.

Ebenfalls wird zutreffend gerügt, daß die Erstbehörde nicht die persönlichen Verhältnisse berücksichtigt hat. Hier hätte - mangels Verweigerung der diesbezüglichen Angaben - die Erstbehörde allenfalls von schätzungsweisen Angaben auszugehen gehabt.

Im übrigen erweist sich das Berufungsvorbringen jedoch als unberechtigt. Nicht nachvollziehbar ist insbesondere der Einwand der nicht ausreichenden Tatkonkretisierung. Schon aus der Anzeige ergibt sich präzise, was dem Berufungswerber im Hinblick auf Ort und Zeit zur Last gelegt wurde. Dies gelangte ihm am 26. 4. 1993 - also noch innerhalb von sechs Monaten - im Wege seiner Beschuldigtenvernehmung vor der Bundespolizeidirektion zur Kenntnis. Völlig unerfindlich ist schließlich, daß der Berufungswerber mit dieser Übertretung bloß unbedeutende Folgen verbunden sehen will. Dies würde wohl bedeuten, daß eine Mißachtung einer Verkehrsvorschrift erst im Falle eines tatsächlichen Unfalles Bedeutung erlangte. Hier übersieht der Berufungswerber wohl die abstrakte Gefährlichkeit eines solchen Verhaltens, in diesem Fall als Quelle für wohl schwerste Verkehrsunfälle womöglich auch unter Beteiligung völlig unschuldiger auf der Gegenfahrbahn fahrender Fahrzeuglenker.

5.1.1. Nach § 18 Abs.1 StVO 1960 hat der Lenker eines Fahrzeuges stets einen solchen Abstand vom nächsten vor ihm fahrenden Fahrzeug einzuhalten, daß ihm jederzeit das rechtzeitige Anhalten möglich ist, auch wenn das vordere Fahrzeug plötzlich abgebremst wird. Es bedarf wohl keiner weiteren Erörterung, daß bei einer Fahrgeschwindigkeit von 120 bis 130 km/h und einem Abstand von bis auf wenige Meter vom Vordermann dieser Vorschrift in krassester Weise zuwidergehandelt worden ist. Bei einem jederzeit erforderlich werden könnenden Abbremsen des Vordermanns wäre hier ein Auffahrunfall mit wohl schwersten Folgen kaum vermeidbar geblieben.

5.1.2. Nach § 100 KFG dürfen als optische Warnzeichen nur kurze Blinkzeichen mit der im § 22 Abs. 2 leg.cit.

angeführten Vorrichtung abgegeben werden; die Bestimmungen des § 99 Abs. 3 bis 5 über die Verwendung von Fern- und Abblendlicht bleiben unberührt. Blinkzeichen dürfen außer mit Alarmblinkanlagen nicht durch längere Zeit abgegeben werden. Der VfGH hat mit dem Erkenntnis vom 11.10.1975, B 227/75, ausgesprochen, daß ein "Verbot für die Abgabe von Blinkzeichen weder in der Bestimmung des § 22 StVO noch in einer anderen Bestimmung dieses Gesetzes enthalten ist.

Sollte mit Blinkzeichen allerdings eine Blendung von Straßenbenützer verbunden sein, so wäre damit eine Verwaltungsübertretung nach § 99 Abs.3 lit.g StVO gegeben und nach dieser Bestimmung eine Strafe zu verhängen, sofern nicht ein Verstoß gegen kraftfahrrechtliche Bestimmungen vorliegt". Sohin dürfen Blinkzeichen nicht nur als Warnzeichen, sondern auch aus anderen Gründen abgegeben werden. Wenngleich lt. VwGH v. 25.9.1979, ZVR 1980/99, etwa das Warnen anderer Verkehrsteilnehmer mit Blinklicht vor einer Radarkontrolle unzulässig ist, kann hier mangels des Nachweises einer Blendung anderer Verkehrsteilnehmer dieses Verhalten dem § 100 KFG 1967 Verbotsnorm nicht subsumiert werden.

5.1.3. Dem Grundsatz folgend, Straftatbestände nicht extensiv auszulegen, kann dieses Verhalten auch dem § 22 StVO 1960 nicht zugeordnet werden, wonach der Lenker eines Fahrzeuges, wenn es die Verkehrssicherheit erfordert, andere Straßenbenützer mit der zum Abgeben von akustischen Warnzeichen bestimmten Vorrichtung durch deutliche Schallzeichen, sofern solche Vorrichtungen nicht vorhanden oder gestört sind, durch deutliche Zurufe zu warnen hat. Der Lenker darf auch durch Blinkzeichen warnen, wenn sie ausreichen und nicht blenden.

Nach Abs.2 leg.cit. ist die Abgabe von Schallzeichen (Abs.

1) unbeschadet der Bestimmungen über das Hupverbot (§ 43 Abs. 2) verboten, wenn es die Sicherheit des Verkehrs nicht erfordert (EB 59). Lichtzeichen sind hier nicht genannt.

5.2. Dem Spruch des Straferkenntnisses kommt im Hinblick auf die in § 44a Z1 bis 5 VStG festgelegten Erfordernissen besondere Bedeutung zu. Der Beschuldigte hat nach der Rechtsprechung des VwGH ein Recht darauf, schon dem Spruch unzweifelhaft entnehmen zu können, welcher konkrete Tatbestand als erwiesen angenommen, worunter die Tat subsumiert, welche Strafe unter Anwendung welcher Bestimmung über ihn verhängt wurde, usw.

5.2.1. Die zentrale Frage, wie ein Spruch abgefaßt sein muß, um der Bestimmung des § 44a Z1 VStG zu entsprechen, ergibt sich aus der hiezu entwickelten Judikatur des VwGH. Ein bedeutender Schritt zur Lösung der Problematik kann in dem Erkenntnis des VwGH v. 13.6.1984, Slg. 11466 A, gesehen werden, in dem dargelegt wurde, daß die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben ist, daß 1. die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und 2. die Identität der Tat (zB nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht.

Ferner ist es für die Befolgung der Vorschrift des § 44a Z1 leg.cit. erforderlich, daß im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen ist, daß er a) in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen und b) der Spruch geeignet ist, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.

5.2.2. Nach diesen, aber auch nur nach diesen Gesichtspunkten, ist in jedem konkreten Fall insbesondere auch zu beurteilen, ob die im Spruch des Straferkenntnisses enthaltene Identifizierung der Tat nach Ort und Zeit dem § 44a Z1 VStG genügt oder nicht genügt, mithin, ob die erfolgte Tatort- und Tatzeitangabe im konkreten Fall das Straferkenntnis als rechtmäßig oder rechtswidrig erscheinen läßt (siehe obzit.Judikat).

Demnach vermag hier dem Verjährungseinwand unter Hinweis auf § 44a Z1 VStG des Berufungswerbers nicht gefolgt werden. Das an Tatort- und Tatzeitumschreibung zu stellende Erfordernis ist eben nicht nur von Delikt zu Delikt (VwGH 14.12.1985, 85/02/0013), sondern auch nach den jeweils gegebenen Begleitumständen in jedem einzelnen Fall verschiedenes, weil an den oben wiedergegebenen Rechtsschutzüberlegungen zu messendes Erfordernis sein. Mit dem hier vorliegenden Tatvorwurf wurde der Berufungswerber in keinem Rechtschutzinteresse nachteilig berührt. Die Erfordernisse an die Tatortumschreibung (hier zwischen Kilometer 256 bis 257) können jedenfalls nicht so eng gesehen werden, daß die unmittelbar an einen bestimmten Vorfall auf der Autobahn vorgenommene Ablesung der Kilometrierung für die Tatortumschreibung nicht genügte. Damit würde wohl jeder realistische Bogen überspannt werden und damit die Ahndung von derartigen Verwaltungsübertretungen in dieser Form so gut wie unmöglich werden. Es ist durchaus im öffentlichen Interesse gelegen, daß in Form von sogenannten Privatanzeigen krasse Fehlverhalten im Straßenverkehr zu Anzeige und Strafverfolgung gelangen. Derartigen Maßnahmen kommt in positiver Weise eine generalpräventive Wirkung zu.

5.2.3. Die hier vorgenommene Änderung des Spruches im Punkt 1) diente der Anpassung an das Beweisergebnis des Berufungsverfahrens.

6. Zur Strafzumessung:

6.1. Generell ist gemäß § 19 VStG Grundlage bei der Strafzumessung stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 StGB (Strafgesetzbuch) sinngemäß anzuwenden.

6.2. Zur Strafzumessung ist daher konkret festzustellen, daß der Berufungswerber wohl unbescholten ist. Dieser Umstand ist zutreffend als strafmildernd gewertet worden. Angesichts des objektiven Unwertgehaltes einer derartigen, im hohen Ausmaß unfallsgeneigten und somit gefährlichen Übertretungshandlung, findet die verhängte Strafe aber durchaus ihre Berechtigung. Insbesondere ist angesichts des Berufes des Berufungswerbers von einem Monatseinkommen von zumindest 30.000 S auszugehen gewesen. Auf die Sorgepflicht für zwei Kinder wurde ebenfalls Bedacht genommen. Der verhängten Strafe von 2.000 S konnte somit objektiv in keiner Weise entgegengetreten werden.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. B l e i e r

 

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