Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-230609/2/BR

Linz, 29.10.1997

VwSen-230609/2/BR Linz, am 29. Oktober 1997 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn O vertreten durch T, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 29. August 1997, Zl.: Sich96-320-1997-Hol, zu Recht:

I. Der Berufung wird mit der Maßgabe Folge gegeben, daß unter Anwendung des § 21 VStG von der Verhängung einer Strafe abgesehen wird.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl. Nr. 51, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 471/1995 - AVG iVm § 24, § 21 Abs.1 1. Satz, § 51 Abs.1 und § 51e Abs.2 Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 620/1995 VStG.

II. Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlage: § 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Schärding hat mit dem Straferkenntnis vom 29. August 1997, Zl.: Sich96-320-1997-Hol, wider den Berufungswerber wegen der Übertretung nach § 82 Abs.1 Z4 iVm § 2 Abs.1, 5 und 15 Abs.1 FrG eine Geldstrafe von 1.000 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit 24 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe verhängt, weil er am 24.4.1997 gegen 04.15 Uhr über die Grenzübergangsstelle Achleiten im Gemeindegebiet von Freinberg von Österreich in die BRD ausgereist sei, obwohl in seinem Reisepaß kein gültiger österreichischer Sichtvermerk eingetragen gewesen sei und er sich daher als Fremder ohne im Besitz eines gültigen Reisedokumentes zu sein im Gebiet der Republik Österreich nicht rechtmäßig aufgehalten habe.

1.1. Die Erstbehörde begründete ihre Entscheidung im wesentlichen damit, daß türkische Staatsangehörige mit deutschen Aufenthaltstiteln der sichtvermerksfreie Aufenthalt in Österreich nur dann erlaubt sei, wenn die deutsche Berechtigung noch länger als drei Monate gültig ist. Da diese jedoch nur mehr bis zum 8. Juli 1997 gültig gewesen sei, habe der Berufungswerber gegen das Fremdengesetz verstoßen.

2. Dagegen wendet sich der Berufungswerber mit seiner durch seinen Rechtsvertreter fristgerecht erhobenen Berufung vom 30. September 1997. Inhaltlich wird darin vorgebracht, daß er wegen eines schwer erkrankten Onkels dringend nach Österreich habe reisen müssen. Bei der Einreise sei ihm durch ein Zollorgan ausdrücklich versichert worden, daß gegen seine Einreise keine Bedenken bestünden und auch bei der Ausreise keine Probleme zu erwarten wären. Dies sei wegen seiner deutschen Aufenthaltsberechtigung so gesehen worden. Im übrigen sei diese dreimonatige Frist für noch bestehende Gültigkeit der deutschen Erlaubnis erst wenige Tage verkürzt gewesen. Ihm seien übrigens die österreichischen Rechtsbestimmungen nicht bekannt gewesen. Wegen seiner Rückreiseabsicht einen Tag später sei auch der Zweck der gesetzlichen Vorschrift nicht verletzt worden. 3. Da keine 10.000 S übersteigende Strafe verhängt worden ist, hat der unabhängige Verwaltungssenat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Mitglied zu erkennen. Da sich letztlich die Berufung nur gegen die Beurteilung einer Rechtsfrage richtet, war eine öffentliche mündliche Verhandlung nicht anzuberaumen gewesen (§ 51e Abs.2 VStG). 4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis aufgenommen durch Einsichtnahme des von der Erstbehörde vorgelegten Verwaltungsaktes, Zl. Sich96-320-1997. Das per Telefax am 13. Oktober 1997 an die Rechtsvertreter des Berufungswerbers gerichtete Ersuchen um Bekanntgabe seines Aufenthaltstitels in Deutschland blieb unbeantwortet.

5. Rechtlich hat der unabhängige Verwaltungssenat wie folgt erwogen:

5.1. Dem Berufungswerber kommt mit seinem Vorbringen weitgehend Recht zu. Aus der Aktenlage geht hervor, daß der Berufungswerber offenbar ohne Probleme eingereist ist und diesbezüglich offenbar mit einem Grenzkontrollorgan ein Gespräch geführt wurde. Dies kann wohl gegenwärtig nicht mehr überprüft werden, ist aber durchaus glaubwürdig, zumal davon auszugehen ist, daß eine Grenzkontrolle im Zuge der Einreise stattgefunden hat. Den Schuldspruch betreffend ist der Rechtsansicht der Erstbehörde zu folgen. 5.1.1. Der O.ö. Verwaltungssenat vermag sich aber - wie dies auch bereits in seinem Erkenntnis vom 21.9.1997, VwSen-230607 in einem vergleichbar gelagerten Fall zum Ausdruck gebracht wurde - der Ansicht der Erstbehörde nicht anzuschließen, daß das Verhalten des Berufungswerbers "eine grobe Abweichung von einem von einer nach Österreich reisenden Person zu erwartenden Sorgfaltsmaßstab darstelle". Dies garade deshalb nicht, weil der Berufungswerber einerseits anläßlich seiner Grenzkontrolle bei der Einreise aus der Sicht eines maßstabsgerechten Menschen auf die Rechtmäßigkeit dieser Einreise vertrauen durfte, andererseits er nur sehr schwer die durch die Verordnung des BMfI v. 2.6.1995 geänderte Rechtslage kennen konnte. Mit dieser Verordnung wurde normiert, daß für eine sichtvermerksfreie Einreise nach Österreich der deutsche Aufenthaltstitel noch mindestens drei Monate gültig zu sein hat. In einer derartigen Fallgestaltung liegen daher die Voraussetzungen für ein Absehen von einer Bestrafung in geradezu klassischer Weise vor. Es ist aus der Sicht der Praxis nicht nachvollziehbar, worin hier eine grobe Abweichung von einem zu erwartenden Sorgfaltsmaßstab gelegen sein sollte. An dieser Stelle sei auch noch bemerkt, daß der Spruch des Straferkenntnisses den rechtwidrigen Aufenthaltszeitraum, welcher laut Anzeige in der Zeit vom 23. April 1997 um 06.00 Uhr bis zum Zeitpunkt der Ausreise (24.4.1997, 04.15 Uhr) inhaltlich nur unzureichend, indem dieser nur auf den Anhaltzeitpunkt bezogen wurde, umschreibt.

6. Nach § 21 Abs.1 VStG kann die Behörde, wenn das Verschulden geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind, von der Verhängung einer Strafe absehen. Sie kann unter diesen Voraussetzungen den Beschuldigten unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid ermahnen, sofern dies erforderlich ist, um den Beschuldigten von weiteren strafbaren Handlungen gleicher Art abzuhalten. Nachdem nach h. Ansicht im gegenständlichen Fall von beiden Voraussetzungen auszugehen gewesen ist, konnte von der Verhängung einer Strafe abgesehen werden (VwGH 16.3.1987, 87/10/0024, sowie VwGH 28.10.1980, 263 u. 264/80). Dem Berufungswerber ist nämlich auch beizupflichten, wenn er darlegt, daß er mit seiner Einreise zu Besuchszwecken dem vom Gesetz intendierten Zweck nicht wirklich nachteilig betroffen hat. Wohl wurde aber rein formal dieser Vorschrift zuwidergehandelt. Die angebliche Unterredung mit einem Zollorgan bei der Einreise kann hier mangels Objektivierbarkeit keiner rechtlichen Beurteilung unterzogen werden.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2500 S zu entrichten.

Dr. B l e i e r

Beschlagwortung: Verschulden, Absehen von Bestrafung

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