Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-162222/6/Br/Ps

Linz, 22.06.2007

 

E R K E N N T N I S

 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn H K K, geb., V, W, vertreten durch RA Dr. M B, S, S, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Ried i.I. vom 23. April 2007, Zl. VerkR96-8743-2006, nach der am 22. Juni 2007 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung, zu Recht:

 

I.        Der Berufung wird keine Folge gegeben; sie wird als unbegründet abgewiesen.

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, BGBl. Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 10/2004 – AVG iVm § 19, § 24, § 51 Abs.1, § 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 117/2002 – VStG.

 

II.      Zuzüglich zu den erstinstanzlichen Verfahrenskosten werden als Kosten für das Berufungsverfahren 36 Euro (20 % der verhängten Geldstrafe) auferlegt.

 

Rechtsgrundlage:

§ 64 Abs.1 u. 2 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Über den Berufungswerber wurde mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis  der Bezirkshauptmannschaft Ried i.I. wegen der Übertretung nach § 18 Abs.1 iVm § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 eine Geldstrafe von 180  Euro und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von drei Tagen verhängt, weil er am 19.09.2006 um 15:13 Uhr auf der A8 Innkreisautobahn bei km 22,350, Gemeinde Pichl bei Wels in Richtung Suben als Lenker des PKW zu einem vor ihm am gleichen Fahrstreifen fahrenden Fahrzeug nicht einen solchen Abstand eingehalten habe, dass ein rechtzeitiges Anhalten möglich gewesen wäre. Mittels Videomessung sei ein zeitlicher Abstand von 0,43 Sekunden festgestellt worden.

 

1.1. Begründend führte die Behörde erster Instanz Folgendes aus:

"Die Landesverkehrsabteilung Oberösterreich erstattete am 24.09.2006 unter GZ: 38535/01/2006 RIE Anzeige, weil der Lenker des PKW am 19.09.2006 um 15:13 Uhr auf der A 8 Innkreisautobahn bei km 22,35, Gemeinde Pichl bei Wels in Richtung Suben, zu einem vor ihm am gleichen Fahrstreifen fahrenden Fahrzeug nicht einen solchen Abstand eingehalten hat, dass ein rechtzeitiges Anhalten möglich gewesen wäre. Es wurde mittels Videomessung ein zeitlicher Abstand von 0,43 Sekunden festgestellt.

 

Daraufhin legte Ihnen die Bezirkshauptmannschaft Wels‑Land mit Strafverfügung vom 23.10.2006, VerkR96‑8478‑2006, die im Spruch angeführte Verwaltungsübertretung zur Last und verhängte über Sie eine Geldstrafe von 180,00 Euro.

 

Gegen diese Strafverfügung erhoben Sie folglich mit Schreiben vom 07.11.2006 fristgerecht Einspruch.

 

Im Rahmen der daraufhin erfolgten Lenkererhebung haben Sie sich selbst als Lenker des besagten PKW namhaft gemacht.

 

Folglich wurde der Sie betreffende Verwaltungsstrafakt von der Bezirkshauptmannschaft Wels‑Land mit Schriftsatz vom 27.11.2006 gemäß § 29 a VStG der Bezirkshauptmannschaft Ried i.l. zur Durchführung des Verwaltungsstrafverfahrens abgetreten.

 

Mit der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 01.12.2006 ist Ihnen die im Spruch angeführte Verwaltungsübertretung vorgeworfen worden. Gleichzeitig ist Ihnen die Möglichkeit gegeben worden, sich binnen 2 Wochen zu dem Tatvorwurf zu äußern.

 

Dieser Aufforderung haben Sie am 18.12.2006 Folge geleistet und angegeben:

 

"Selbst bei Ansicht der übermittelten Lichtbilder kann ich mich an gegenständlichen Vorfall nicht erinnern und ist es mir völlig schleierhaft, wie es dazu kommen konnte. Ich achte schon im eigenen Interesse bei sämtlichen Autofahrten penibel darauf, einen entsprechenden Abstand vom Vordermann einzuhalten und kann ich mir einfach nicht vorstellen, dass es "grundlos" zu so einem geringen Abstand gekommen ist. Die Erklärung für mich selbst ist, dass das vor mir fahrende Fahrzeug knapp davor von der normalen Spur auf die Überholspur gewechselt hat, anders kann ich es mir ‑ wie schon erwähnt ‑ nicht erklären.

 

Aus obigen Gründen stelle ich daher den Antrag, das Verfahren gegen mich einzustellen. In eventuell die über mich verhängte Geldstrafe herabzusetzen."

 

Daraufhin wurde die Landesverkehrsabteilung Oberösterreich mit hs. Schreiben vom 02.01.2007 um Stellungnahme ersucht.

 

Die Landesverkehrsabteilung Oberösterreich, gab am 21.07.2007 folgende Stellungnahme ab:

"STELLUNGNAHME zu den Einspruchsangaben des H K vom 18.12.2006 (GZ VerkR96‑8743‑2006)

Zum Auftrag vom 02.01.2007 in Bezug auf die durchgeführte Abstandsmessung wird berichtet: Ich verweise vollinhaltlich auf das Messprotokoll vom 19.09.2006.

Ich habe die gegenständliche Abstandsmessung durchgeführt. Die Auswertung der Daten der Anzeige wurde mittels geeichtem Messsytem VKS 3.0 gemäß den eichamtlichen Verwendungsbestimmungen unter Beachtung der Bedienungsanleitung durchgeführt.

Das Gerät der Marke VKS 3.0 ‑Verkehrskontrollsystem arbeitet folgendermaßen:

Die Fahrt eines Lenkers wird über eine Strecke von mindestens 300 ‑ Metern auf drei Videobändern aufgezeichnet. Der Messbereich von 90 Metern ist auf der Fahrbahn mittels weißer Markierungen, die mit einem geeichten Längemessgerät eingerichtet wurden, gekennzeichnet. Das Messorgan beobachtet den Verkehr am Bildschirm und sobald ein Fahrzeuglenker seines Erachtens den Mindestabstand nicht einhält, wird die Messung vollzogen. Der Messvorgang funktioniert so, dass am Anfang der Messstrecke eine optische Messlinie am Bildschirm eingeblendet wird und diese mit Mausklick zuerst am Radaufstandspunkt an der Vorderachse des Nachfahrenden und dann am Radaufstandspunkt an der Vorderachse des Vorfahrenden fixiert wird. Dadurch ergibt sich ein Wert, der zur Errechnung der Geschwindigkeit benötigt wird. Dieser Vorgang wird am Ende der Messstrecke wiederholt. Anschließend wird eine optische Messlinie am Radaufstandspunkt der Hinterachse des Vorfahrenden fixiert. (ca. Achsenabstand des Vor‑ fahrenden), dieser wird vom errechneten Wert des Abstandes abgezogen. Dadurch resultiert ein Abstand der vom Messsystem wieder zu Gunsten des Angezeigten aufgerundet wird. Anhand der Zeit und der Strecke die beide Fahrzeuge durchfahren haben, werden die Geschwindigkeiten beider Fahrzeuge und der Abstand des Nachfahrenden automatisch vom System errechnet. Von der Geschwindigkeit wird die Messtoleranz abgezogen. Die Fahrt des Beschuldigten und des vor ihm fahrenden Fahrzeuglenkers sind auf Band gespeichert und jederzeit nachvollziehbar.

Eine neuerliche Durchsicht der Videobänder ergab, dass kein Überholvorgang bzw. Spurwechsel unmittelbar vor der Messstelle durchgeführt wurde. Weder das von K gelenkte Fahrzeug, noch das unmittelbar vor ihm fahrende Fahrzeug wurde überholt oder überholte in diesem Bereich. Der Stellungnahme wurden weitere Lichtbildausdrucke vom Messbereich bzw. der gesamten "Überwachungsstrecke" beigelegt.

Die Geschwindigkeit des "Vorfahrenden" konnte ebenfalls gemessen werden, wobei festgestellt wurde, dass beide Fahrzeuge auf einer Strecke (Messbereich) von ca. 100 Meter annähernd die gleiche Geschwindigkeit fuhren (bei Verzögerung oder Beschleunigung eines der beiden Fahrzeuge kommt es systembedingt zu keinem verwertbaren Messergebnis). Betrachtet man die dokumentierte Vorgangsweise ist darüber hinaus festzustellen, dass dem Nachfahrenden die Aufrundung zu Gute kommt und zusätzlich die Überhänge beider Fahrzeuge.

Die Messung wurde entsprechend der Bedienungsanleitung durchgeführt und ein Messfehler des Beamten im Zuge des Messvorganges ist auszuschließen. Der Stellungnahme wurde eine Kopie vom Eichschein des verwendeten Messgerätes angefügt."

 

Die hs. Behörde übermittelte Ihnen‑ mit Schreiben vom 26.01.2007 die Stellungnahme und lud Sie ein, hiezu binnen zwei Wochen eine Stellungnahme abzugeben.

 

Dieser Einladung haben Sie keine Folge geleistet.

 

Hierüber hat die Behörde erwogen:

 

Gemäß § 18 Abs. 1 StVO 1960 hat der Lenker eines Fahrzeuges hat stets einen solchen Abstand vom nächsten vor ihm fahrenden Fahrzeug einzuhalten, dass ihm jederzeit das rechtzeitige Anhalten möglich ist, auch wenn das vordere Fahrzeug plötzlich abgebremst wird.

 

Die hs. Behörde sieht die im Spruch angeführte Verwaltungsübertretung auf Grund der Anzeige der Landesverkehrsabteilung Oberösterreich, der Stellungnahme und der Fotos und des Umstandes, dass Sie in weiterer Folge im Rahmen des Ihnen eingeräumten Parteiengehörs keine Stellungnahme abgegeben haben, in objektiver Hinsicht als erwiesen an.

 

Auf den Fotos ist Ihr Fahrzeug in einem Zeitraum von 12 Sekunden abgebildet. Der Abstand zum vor Ihnen fahrenden PKW ist im wesentlichen gleich bleibend. Sie lenkten den PKW mit ca. 147 km/h und durchfuhren daher im Zeitraum von 12 Sekunden eine Fahrstrecke von ca. 490 m. Daher wäre es Ihnen ohne weiteres möglich gewesen den erforderlichen Sicherheitsabstand herzustellen.

 

Zum Verschulden ist zu bemerken, dass gemäß § 5 Abs. 1 Verwaltungsstrafgesetz 1991, wenn eine Verwaltungsvorschrift nichts anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten genüg Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgen eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

 

Umstände, welche Ihr Verschulden an der Verletzung der gegenständlichen Verwaltungsvorschrift ausschließen würden, sind von Ihnen im Verfahren nicht wirksam vorgebracht worden und haben sich auch sonst nicht ergeben.

 

Gemäß § 19 Abs. 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Im ordentlichen Verfahren sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungsgr­und Milderungsgründe, soweit sie nicht die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Die Einkommens‑, Vermögens‑ und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Insbesondere unter Berücksichtigung der Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, ist die verhängte Strafe als angemessen zu bezeichnen.

 

Zur Strafhöhe ist zu bemerken, dass die Höchststrafe für Übertretungen nach § 20 Abs.2 StVO 1960 gemäß § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 726,00 Euro beträgt, die verhängte Geldstrafe von 90,00 Euro bewegt sich also im unteren Bereich des Strafrahmens.

 

Die Geldstrafe entspricht auch Ihren persönlichen Verhältnissen, wobei die hs. Behörde davon ausgeht, dass Sie über ein monatliches Einkommen von ca. 1.300,00 Euro bei keinem Vermögen und keinen Sorgepflichten verfügen.

 

Im Hinblick auf die im § 99 Abs. 3 lit.a StVO 1960 vorgesehene Höchststrafe für Übertretungen nach § 18 Abs. 1 StVO 1960 von 726,00 Euro bewegt sich die verhängte Geldstrafe von 180,00 Euro ohnedies im untersten Bereich des Strafrahmens. Die Geldstrafe entspricht dabei auch Ihren persönlichen Verhältnissen, wobei die hs. Behörde auf Grund des Umstandes, dass Sie Ihre Einkommens‑, Vermögens‑ und Familienverhältnisse trotz Aufforderung nicht bekannt geben haben, im Rahmen der Ihnen zur Kenntnis gebrachten amtlichen Schätzung davon ausgeht, dass Sie über ein monatliches Einkommen von ca. 1.300,00 Euro bei keinem Vermögen und keinen Sorgepflichten verfügen.

                                                       

Als straferschwerend ist eine Vormerkung wegen Übertretung verkehrsrechtlicher Vorschriften zu werten sonstige Straferschwerungs‑ oder Strafmilderungsgründe liegen nicht vor.

Es war spruchgemäß zu entscheiden."

 

2. In der dagegen fristgerecht durch den ausgewiesenen Rechtsvertreter erhobenen Berufung tritt der Berufungswerber mit folgenden Ausführungen dem Straferkenntnis entgegen:

"In umseits näher bezeichneter Verwaltungsstrafsache erhebe ich durch meinen ausgewiesenen Vertreter gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis vom 23.4.2007, zugestellt am 24.4.2007, sohin innerhalb offener Frist das Rechtsmittel der

 

BERUFUNG

 

und führe dieses aus wie folgt:

 

Das oben näher bezeichnete Straferkenntnis wird seinem gesamten Inhalt nach angefochten. Als Berufungsgründe mache ich

 

1.                  Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften

2.         Rechtswidrigkeit des Inhaltes

 

geltend.

 

Meine Berufungsgründe führe ich wie folgt aus:

 

Ad 1. Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften:

 

Ich bin der Ansicht, dass die belangte Behörde 1. Instanz Verfahrensvorschriften außer Acht gelassen hat, bei deren Einhaltung sie zu einem anderen Ergebnis hätte kommen können.

 

Es wurde der Meldungsleger, bzw. die Meldungslegerin Bez.Insp. R S nicht als Zeugin einvernommen, sondern hat sie lediglich eine Stellungnahme abgegeben.

 

Hiezu ist auszuführen, dass es unter Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften zu subsumieren ist, wenn ein Meldungsleger nicht als Zeuge vernommen wird.

 

Der Grundsatz der freien Beweiswürdigung berechtigt die Behörde nicht, davon auszugehen, dass allein die Eigenschaft des nicht als Zeugen vernommenen Organs der öffentlichen Sicherheit schon ausreicht, den leugnenden Beschuldigten die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung als unwiderlegbar überführt und damit als schuldig anzusehen.

 

Es ist der Vernehmung als Zeuge schon insofern der Vorzug gegenüber einem schriftlichen Bericht zu geben, als die Zeugenvernehmung ihrem Wesen nach in Frage des Vernehmenden und Antwort des Zeugen bzw. in diesem Fall der Zeugin besteht, woraus an sich schon durch die Betrachtung des Fragenkomplexes von verschiedenen Gesichtspunkten aus mehr Aufklärung zu gewinnen sein wird, als aus einer schriftlichen Darlegung.

 

Betrachtet man nunmehr die von der Zeugin vorgelegten Bilder, so sind für mich schon die Bilder 1 und 2 nicht in Einklang zu bringen, zumal auf Bild 1 mit 15:13:26:15 ein Pkw sichtbar ist ‑ die Frage ist welcher ‑ weiters 2 Lkw und auf dem Bild 2 15:13:31:08 ein Pkw sowie 2 Lkw und auf der Überholspur nunmehr 2 Pkw, wobei sich hieraus sehr wohl meine Darstellung ableiten lässt, nämlich, dass der Pkw-Fahrer kurz vor mir herausgefahren ist, sollte es sich überhaupt um einen Pkw handeln.

 

Diese Fragen hätten alle bei einer Zeugenvernehmung geklärt werden können und wird der Umstand, dass keine Zeugenvernehmung stattfand, daher ausdrücklich als Verfahrensfehler gerügt.

 

Weiters bin ich auch der Ansicht, dass die objektive Tatseite von der Behörde nicht ausreichend ermittelt wurde. § 5 Abs. 1 VStG normiert nur eine Schuldvermutung, nicht jedoch auch die Vermutung, dass ich das mir vorgeworfene Verhalten gesetzt habe und dass dieses rechtswidrig gewesen ist.

 

Die Begehung des Delikts hat die Behörde nachzuweisen und ist meines Erachtens aus den Lichtbildern jedenfalls nichts zu gewinnen bzw. widerlegen diese meine Darstellung nicht.

 

Es stellt sich überhaupt die Frage, ob die Verwaltungsstrafbehörde 1. Instanz den maßgebenden Sachverhalt genügend ermittelt hat, um zu einem Schuldspruch gelangen zu können.

 

Ad 2. Rechtswidrigkeit des Inhaltes:

 

Meines Erachtens ist das angefochtene Straferkenntnis aus folgenden Gründen auch mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit behaftet:

 

Gemäß § 24 VStG i.V.m. § 60 AVG hätte die Verwaltungsstrafbehörde I. Instanz in der Begründung die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenfassen müssen. Dies ist in meinem Fall nicht geschehen, sondern ist für mich nicht ersichtlich, aufgrund welcher Sachverhaltsannahmen die Verwaltungsstrafbe-hörde zum angefochtenen Straferkenntnis gelangt ist.

 

Ich bin der Ansicht, dass der Grundsatz der freien Beweiswürdigung die Behörde nicht von der Verpflichtung enthebt, ihre Überlegungen entsprechend zu begründen und für mich ist die Beweiswürdigung überhaupt nicht begründet.

 

Auch bei der Strafbemessung bin ich der Ansicht, dass die belangte Behörde nicht ihrer Verpflichtung nachgekommen ist.

 

Die Verwaltungsstrafbehörde hat meines Erachtens ihre Wertung bzw. die Wertung der Tat innerhalb des gesetzlichen Strafrahmens darzutun und wird nur lapidar ausgeführt, dass die verhängte Geldstrafe sich im unteren Bereich des Strafrahmens bewegt.

 

Für mich sind € 180,00 sehr viel Geld und selbst wenn mir in weiterer Folge dieses Delikt angelastet werden sollte, ist bei der Strafbemessung neben dem objektiven Kriterium des Unrechtsgehaltes auch das subjektive Kriterium des Schuldgehaltes zu berücksichtigen.

 

Ich habe ja schon in meiner Stellungnahme ausgeführt, dass ich bei sämtlichen Autofahrten penibel darauf achte, einen entsprechenden Abstand zum Vordermann einzuhalten und kann ich mir genau aus diesem Grund nicht vorstellen, dass ich dieses Delikt begangen habe und hätte dies auch dementsprechend berücksichtigt werden müssen.

 

Ich stelle daher den

 

A N T R A G,

 

die Berufungsbehörde möge in Stattgebung meiner Berufung

 

1. das angefochtene Straferkenntnis dahingehend abändern, dass dieses behoben werde und bezüglich des gegen mich eingeleiteten Verwaltungsstrafverfahrens gemäß § 45 Abs. 1 VStG die Einstellung verfügen In eventu

 

2. das angefochtene Straferkenntnis beheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Straferkenntnisses an die Behörde L Instanz zurückverweisen. In eventu

 

3. gemäß § 21 VStG von der Verhängung einer Strafe absehen und eine Ermahnung zu erteilen.

 

S, am 8.5.2007                                                                                                 H K"

 

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Verlesung des erstbehördlichen Verfahrensaktes. In Vorbereitung der Berufungsverhandlung wurde im Wege der Verkehrstechnik eine Ausarbeitung des Videomaterials auf CD beigeschafft. Im Rahmen der Berufungsverhandlung wurde das übermittelte Video gesichtet und dem Rechtsvertreter des Berufungswerbers ebenfalls Einschau in die Gebrauchsanweisung des VKS 3.0 gewährt.

 

3.1. Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der unabhängige Verwaltungssenat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zur Entscheidung berufen. Die Durchführung einer Berufungsver­handlung war hier trotz einer 500 Euro nicht übersteigenden Geldstrafe in Wahrung der durch Art. 6 EMRK zu garantierenden Rechte geboten.

 

4. Folgender Sachverhalt ist als erwiesen anzusehen:

 

Das Fahrzeug des Berufungswerbers wurde auf Grund des vorliegenden Videomaterials identifiziert. Dies bestätigt nicht nur die Polizei in ihrer Stellungnahme vom 21.1.2007, GZ-A1/38535/2/2006-Rie, sowie das dem Akt beiliegende Bildmaterial, sondern ist dies auch auf der beigeschafften und anlässlich der Berufungsverhandlung gesichteten Videosequenz, die 16 Sekunden der Fahrt des Berufungswerbers zeigt, evident.

Dabei ist das Fahrzeug völlig unbeeinflusst vom sonstigen Verkehrsgeschehen auf dem linken Fahrstreifen und dort im gleichbleibend knappen Abstand hinter dem Vorderfahrzeug sichtbar.

Der errechnete zeitliche Nachfahrabstand im Bereich des Strkm 22,350 ist demnach nicht nur rechnerisch festgestellt, sondern auch in Verbindung mit der Filmsequenz schlüssig nachvollziehbar (vgl. h. Erk. v. 31.1.2006, VwSen-161056/6/Br/Se und dazu VwGH v. 21.9.2006, 2006/02/0074). Der Verwaltungsgerichtshof hegte gegen das Messergebnis durch das geeichte videogestützte Verkehrs-Kontroll-System, Version 3.0 Austria (VKS3.0), Hersteller SUWO EDV-Service, in Verbindung mit der dem Gerichtshof vorliegenden Bedienungsanleitung keine Bedenken.

Der auch persönlich zur Berufungsverhandlung erschienene Berufungswerber vermeinte im Ergebnis diesen knappen Nachfahrabstand nicht wirklich erklären zu können. Ein solches Fahrverhalten sei nicht seine Art, er vermochte jedoch angesichts des gesichteten Beweismaterials diesem nichts mehr entgegen zu halten. Er bat um eine milde Bestrafung, wobei er sein Monatseinkommen mit 1.700 Euro bezifferte und auf die Sorgepflicht für ein Kind hinwies.

Aus der Sicht der Berufungsbehörde ergeben sich demnach keine wie immer gearteten Zweifel an der Richtigkeit des hier zur Last gelegten Nachfahrabstandes.

Das Fahrverhalten des Berufungswerbers würde objektiv auf eine intolerante Sinneshaltung schließen lassen, wobei dem Berufungswerber mit Blick auf dessen gezeigte Einsichtigkeit zugebilligt wird, dass dieses Fahrverhalten keine verfestigte Haltung darstellt und als seltener Ausreißer in Erscheinung trat. Hinzuweisen ist aber, dass die drängende Fahrweise gegenüber dem bereits deutlich über der erlaubten Höchstgeschwindigkeit fahrenden vorderen Pkw auch noch eine Bestrafung wegen Überschreitung der erlaubten Höchstgeschwindigkeit ermöglicht hätte, welche dem Berufungswerber aus nicht zu kommentierenden Gründen erspart blieb.

 

5. Rechtlich hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

 

Gemäß § 18 Abs.1 Straßenverkehrsordnung 1960 hat der Lenker eines Fahrzeuges stets einen solchen Abstand zum nächsten vor ihm fahrenden Fahrzeug einzuhalten, dass ihm jederzeit das rechtzeitige Anhalten möglich ist, auch wenn das vordere Fahrzeug plötzlich abgebremst wird. Es bedarf keiner weiteren Ausführung, dass der hier "großzügig" zur Last gelegte Sicherheitsabstand bei einer Fahrgeschwindigkeit von 147 km/h [= 40,83 m pro Sekunde] von maximal  17 m nur einer Wegzeit von weniger als 0,42 Sekunden entspricht. Ein plötzliches Abbremsen eines Vorderfahrzeuges führt angesichts einer solchen Ausgangssituation immer noch mit höchster Wahrscheinlichkeit zu einem Auffahrunfall, weil selbst bei der geringstmöglichen Reaktionszeit auf ein solches Manöver nicht mehr rechtzeitig und wirkungsvoll reagiert werden könnte (s. unter vielen VwGH 30.9.1999, 98/02/0443).

Beim Hintereinanderfahren im Sinne des § 18 Abs.1 StVO genügt "in der Regel" ein dem mit einer Sekunde anzunehmenden Reaktionsweg entsprechender Sicherheitsabstand; dies aber nur wenn nicht besondere Umstände einen größeren Abstand geboten erscheinen lassen. Der Reaktionsweg beträgt in Metern drei Zehntel der Höhe der eingehaltenen Geschwindigkeit in km/h (VwGH 5.5.2006, 2003/03/0299 mit Hinweis auf VwGH 23.10.1986, 86/02/0081). In der zum Vorfallszeitpunkt herrschenden Verkehrsdichte müssten hier vielmehr Umstände für einen noch größeren Sicherheitsabstand erblickt werden (VwGH 9.11.1984, 84/02B/0064 mit Hinweis auf OGH 16.3.1967,11 Os 5/67 = ZVR 1968/50).

Nach der o.a. Formel hätte demnach der Sicherheitsabstand zumindest 44 m zu betragen gehabt.

Im Übrigen kann zwecks Vermeidung von Wiederholungen auf die Ausführungen der Behörde erster Instanz verwiesen werden.

 

6. Zur Strafzumessung:

 

Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die  nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung  der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der § 32 bis § 35 StGB (Strafgesetzbuch) sinngemäß anzuwenden.

 

6.1. Diesbezüglich ist zur erstinstanzlichen Strafzumessung zu bemerken, dass diese angesichts des hohen abstrakten Gefährdungspotenzials und mit Blick auf den bis zu 726 Euro reichenden Strafrahmen durchaus maßvoll geübt wurde. Die Festsetzung empfindlicher Geldstrafen für diese erwiesenermaßen unfallträchtige Fahrweise ist auch aus präventiven Überlegungen indiziert.

In Deutschland wurden etwa wegen eines unfallskausalen Drängens iVm anderen gefährlichen Verhaltensmustern im Straßenverkehr bereits Freiheitsstrafen von 1 ½ Jahren ausgesprochen.

Die Geldstrafe war demnach auch unter dem unrealistisch niedrig angenommenen Monatseinkommen in Höhe von  1.300 Euro der Tatschuld angemessen.

 

Der Berufung musste demnach auch mit Blick auf das Strafausmaß ein Erfolg versagt bleiben.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

Dr. B l e i e r

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum