Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-521662/2/Br/Ps

Linz, 26.06.2007

 

E R K E N N T N I S

 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung der Frau Mag. M T, T, L, gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz vom 12. Juni 2007, Zl. FE-505/2007, zu Recht:

 

Der Berufung wird Folge gegeben; der ausgesprochene Entzug wird behoben.

Gleichzeitig wird jedoch die Auflage erteilt,

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl. Nr. 51/1991 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 10/2004 – AVG, § 3 Abs.1 Z3, § 8 Abs.2 und § 5 Abs.5 Führerscheingesetz – FSG, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 32/2006 und § 3 Abs.1 Z1 Führerscheingesetz-Gesundheitsverordnung – FSG-GV, BGBl. II Nr. 322/1997, zuletzt geändert durch BGBl. II Nr. 64/2006.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem in der Präambel bezeichneten Bescheid wurde der Berufungswerberin die ihr von der Bundespolizeidirektion Linz am 3.6.1991, AZ: F912/91, für die Klasse B erteilte Lenkberechtigung ab Rechtskraft dieses Bescheides entzogen und ausgesprochen, dass sie ab Vollstreckbarkeit des Bescheides den Führerschein der Behörde abzuliefern habe.

Gestützt wurde die Entscheidung auf § 24 Abs.1 FSG u. § 3 Abs.1 FSG-GV.

 

1.1. Begründend führte die Behörde erster Instanz Folgendes aus:

"Gem. § 24 Abs. 1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, diese unter anderem zu entziehen, wenn sie zum Lenken eines Kraftfahrzeuges gesundheitlich nicht geeignet sind.

Nach § 3 Abs. 1 FSG-Gesundheitsverordnung gilt zum Lenken von Kraftfahrzeugen einer bestimmten Fahrzeugklasse als gesundheitlich geeignet, wer für das sichere Beherrschen dieser Kraftfahrzeuge und das Einhalten der für das Lenken dieser Kraftfahrzeuge geltenden Vorschriften

1) die nötige körperliche und psychische Gesundheit besitzt,

2) die nötige Körpergröße besitzt,

3) ausreichend frei von Behinderungen ist und

4) aus ärztlicher Sicht über die nötige kraftfahrspezifische Leistungsfähigkeit verfügt.

Laut amtsärztlichem Gutachten vom 30.05.2007 sind Sie derzeit gesundheitlich nicht geeignet, KFZ zu lenken.

Entsprechend der Vorgeschichte besteht bei Ihnen ein Abhängigkeitsstadium psychotroper Substanzen und Hinweis für eine soziale Schädigung. Demgegenüber ist seit dem Haftende eine zunehmende soziale Stabilisierung zu verzeichnen.

Insgesamt  bestehen   Defizite  im  Bereich  der  Ich-Stärke  und   Frustrationstoleranz,  es bestehen Hinweise auf eine emotionale Instabilität. Aufgrund dieser Konstellation und der langjährigen  Abhängigkeit  ist  eine   Psychotherapie  und   Kontakt  mit  der zuständigen Drogenberatungsstelle indiziert.

Im Bezug auf die kraftfahrspezifischen Leistungsfunktionen fanden sich keine sicheren Hinweise. Bei der ambulanten  Untersuchung war keine Substanzbeeinträchtigung durch psychotrope Substanzen feststellbar.

Von  psychiatrischer  Seite  besteht  kein  Einwand  gegen  eine  Lenkerberechtigung  mit Befristung - regelmäßigen Drogenharnkontrollen, weiters Psychotherapie und Kontakt mit Drogenberatungsstelle.

Aufgrund der erhöhten Rückfallwahrscheinlichkeit vor allem im ersten Jahr der Abstinenz Empfehlung    zur    ärztlichen    Kontrolluntersuchung    und    neuerliche    psychiatrische Begutachtung.

Aufgrund des Resultats der Harnanalyse vom 14.5.2007 (Harn positiv auf Cannabis mit 52,75 ng/ml revidierte der Facharzt für Psychiatrie augenblicklich seine befürwortende Stellungnahme zum Lenken von KFZ - diese sei selbstverständlich nur unter der Voraussetzung eines unauffälligen Harnbefundes abgegeben worden."

 

2. Die Berufungswerberin wendet sich dagegen mit ihrer fristgerecht erhobenen Berufung. Darin vermeint sie das amtsärztliche Gutachten vom 30.5.2007, auf welchem der Bescheid beruht, sei aufgrund eines Harnbefundes erstellt worden, als seit dem letzten Konsum vor dem 30.3.2007 das Cannabis noch nicht vollständig abgebaut war. Dr. L war dieser Tatbestand zum Zeitpunkt der psychiatrischen Untersuchung bekannt, da sie es ihm selbst mitgeteilt habe. Dennoch habe er ihr ein positives Gutachten erteilt bzw. bestätigte er ihre gesundheitliche Tauglichkeit zum Lenken eines Kfz. Offenbar sei es anlässlich des darauffolgenden Telefonats Dr. H mit Dr. L zu einem Missverständnis gekommen. Dies habe ihr Dr. L auch fernmündlich bestätigt. Sie würde ihn am 17.6.2007 um 9.15 Uhr im W Krankenhaus aufsuchen und die Angelegenheit klären.

Überdies habe sie am 18.6.2007 einen neuen Harnbefund im Blutlabor R eingeholt, den sie in Kopie der Berufung beilege (das Original werde sie Dr. L aushändigen), worin sich ergeben würde, dass sie den Cannabiskonsum mit Ende März 2007 eingestellt und nicht wieder aufgenommen habe. Zusätzlich habe sie sich auch noch auf Opiate testen lassen, damit auch dahingehend jeglicher allfälliger Verdacht ausgeräumt sei.

Abschließend bedankt sich die Berufungswerberin für das behördliche Entgegenkommen und versichert dieses auch in Zukunft nicht zu enttäuschen.

 

3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat demnach durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 67a Abs.1 2. Satz AVG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung konnte hier nach ergänzender Abklärung des Inhaltes der fachärztlichen Stellungnahme und einer diesbezüglichen Rücksprache mit dem Amtsarzt nach Gewährung des rechtlichen Gehörs gegenüber der Berufungswerberin am 26.6.2007 und diesbezüglichen Verzichts seitens der Behörde erster Instanz unterbleiben.

 

4. Sachverhaltslage:

Die Berufungswerberin wurde am 30.3.2007 wegen des Verdachtes eines Vergehens nach § 27 des Suchtmittelgesetzes angezeigt. Sie war mit diversen Utensilien betreten worden. In der Folge wurde in ihrer Wohnung eine "Cannabisaufzuchtanlage" vorgefunden.

Dies laut Anzeige zur Abdeckung des Eigenbedarfes.

Die Berufungswerberin wurde folglich am 30.4.2007 gemäß § 24 Abs.4 FSG zu einer amtsärztlichen Untersuchung zwecks Nachweises der gesundheitlichen Eignung iSd § 3 iVm § 8 FSG aufgefordert.

Im Rahmen der amtsärztlichen Untersuchung wurde der Berufungswerberin die Vorlage diverser Laborparameter, sowie einer fachärztlichen (psychiatrischen) Stellungnahme aufgetragen.

Der von der Berufungswerberin vorgelegte Harnbefund des Labors Dr. R vom 14.5.2007 erbrachte mit 52.75 ng/ml Cannabinoid-Haschisch/U ein positives Ergebnis (Grenzwert < 25.0 THC ng/ml).

Aus der psychiatrischen Stellungnahme des Dr. L vom 22.5.2007 geht hervor, dass die Berufungswerberin seit ihrem 16. Lebensjahr aus dem Gruppendruck des Freundeskreises in Verbindung mit Problemen im Elternhaus THC, Amphetamine konsumierte und rasch ein Abhängigkeitssyndrom entwickelte. Der Konsum erweiterte sich folglich auf Opiate.

Im Rahmen der Beschaffungsproblematik kam es auch zum Handel mit Opiaten. Aus diesem Grunde wurde sie von 1987 bis 1989 inhaftiert. Nach der Entlassung habe sie den Konsum von Opiaten beendet und das Studium abgeschlossen. Laut ihrer Mitteilung gegenüber der Berufungsbehörde erlangte sie das Diplom aus dem Wissenschaftszweig Soziologie mit "sehr gut".

Es entwickelte sich aber eine Verlagerung des Suchtbereiches zu den Cannabinoiden. Sie konsumierte zur Entspannung.

Seit der Amtshandlung vom 30.3.2007 habe sie auch den Konsum von THC beendet.

Der Facharzt diagnostizierte eine Abhängigkeit von psychotropen Substanzen (Cannabis, Opiat) bei derzeitiger Abstinenz.

Zusammenfassend gelangt der Facharzt zur Auffassung, dass bei der Berufungswerberin entsprechend der Vorgeschichte ein Abhängigkeitsstadium mit Hinweis auf eine soziale Schädigung bestehe. Es sei aber eine zunehmende soziale Stabilisierung seit dem Haftende zu verzeichnen.

Von psychiatrischer Seite wurde kein Einwand gegen eine Lenkberechtigung erblickt. Dies jedoch mit dem Hinweis auf regelmäßige Drogenharnkontrollen, weiters einer Psychotherapie und den Kontakt mit einer Drogenberatungsstelle. Auf Grund der erhöhten Rückfallswahrscheinlichkeit vor allem im ersten Jahr der Abstinenz empfiehlt der Facharzt zu einer ärztlichen Kontrolluntersuchung und einer neuerlichen psychiatrischen Begutachtung.

Der Amtsarzt findet in seinem Gutachten vom 30.5.2007 die Berufungswerberin zum Lenken von Kraftfahrzeugen gesundheitlich nicht geeignet.

Dies offenbar mit dem Hinweis auf den positiven Harnbefund vom 14.5.2007, anlässlich dessen angeblich auch der Facharzt Dr. L sein befürwortendes Kalkül revidiert hätte.

Eine Rücksprache seitens der Berufungsbehörde mit Dr. L bestätigte diesen Widerruf aber nicht. Vielmehr vermeinte der Facharzt diese Ansicht gegenüber dem Amtsarzt nur vor dem Hintergrund gemacht zu haben, dass ein Befund aus jüngster Zeit positiv gewesen wäre. Der Befund vom 18.6.2007 sei aber negativ gewesen, weshalb er mit seiner Stellungnahme vom 19.6.2007 bei seinem vorherigen Kalkül geblieben sei. 

Eine Rücksprache seitens der Berufungsbehörde mit dem Amtsarzt führte wohl zu keiner Zurücknahme des negativen Kalküls aus amtsärztlicher Sicht. Es wurde im Ergebnis aber auch vermeint, dass er zumindest eine lückenlose Kontrolle der fraglichen Substanzen, vorerst im Abstand von zwei Monaten und insgesamt zwei Jahren dringend geboten erachte. Ebenfalls wäre die regelmäßige Wahrnehmung ambulanter Gesprächstermine (alle zwei Wochen) bei einer Suchtgift-Problematik spezialisierten Institution und die Vorlage einer psychiatrischen Stellungnahme dringend geboten.

Den amtsärztlichen Ausführungen vermag hinsichtlich der vorgeschlagenen Auflagen gefolgt werden. Ob des nicht näher nachvollziehbaren Widerspruches zur fachärztlichen Sichtweise der gegenwärtig vorliegenden gesundheitlichen Eignung scheint die amtsärztliche Annahme der gegenwärtigen gesundheitlichen Nichteignung bzw. einer allfälligen Eignung erst nach einer sechs Monate nachgewiesenen Abstinenz nicht schlüssig und daher sachlich unhaltbar.

Der über lange Zeit getätigte Konsum von Cannabis und Opiaten wird vom Facharzt für Psychiatrie in nachvollziehbarer Weise als kein Eignungsmangel gesehen. Dieser Beurteilung schließt sich auch die Berufungsbehörde an, weil einer problemeinsichtigen und bislang im Straßenverkehr als durch Drogen beeinträchtigt nie auffällig gewordenen Person grundsätzlich zugemutet wird, zwischen einem verbotenen bzw. schädlichen Konsum von Suchtmittel und Lenken eines Kfz trennen zu können. Dies insbesondere vor dem Hintergrund, dass fortan zum Erhalt der Lenkberechtigung Abstinenz nachgewiesen werden muss. Wenn etwa der Abstinenznachweis fortan nicht erbracht werden sollte, d.h. ein zeitlich engmaschig zu erbringender Laborbefund positiv sein sollte, würde dies abermals die Grundlage für ein Entzugsverfahren darstellen.

Eine konkrete vorübergehende gesundheitliche Nichteignung bzw. ein nicht vertretbares Risiko einer Drogenfahrt vermag der Amtsarzt in seinem Gutachten dezidiert nicht darzutun.

Sehr wohl jedoch ist es nachvollziehbar, dass auf Grund der gegebenen Abhängigkeit  für zwei Jahre ein "eignungserhaltender" Nachweis der Abstinenz zu fordern ist. Der Fach- als auch der Amtsarzt spricht in diesem Zusammenhang im Gutachten von erhöhter Rückfallwahrscheinlichkeit.

Da bisher trotz des seit dem Jahr 1991 bestehenden Besitzes der Lenkberechtigung trotz dem langjährigen Konsum von Drogen keine Drogenfahrt bekannt wurde, ist – wie schon gesagt – dies ein schlüssiges Indiz, dass die Berufungswerberin erkannt hat, in einem allenfalls beeinträchtigten Zustand ein Kraftfahrzeug nicht lenken zu dürfen.  

Die Berufungswerberin machte anlässlich der Anhörung einen sehr sachlichen und problembewussten Eindruck. Sie setzt sich offenkundig nachhaltig mit ihrem Abhängigkeitssyndrom auseinander und legt überzeugend ihre Absicht der Abstinenz dar. Sie ist dzt. wieder auf Arbeitssuche, wobei der gute Abschluss ihres akademischen Studiums durchaus auch als überzeugendes Indiz von Willensstärke herhalten kann.

 

5. Rechtlich hat der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oö. erwogen:

Das Führerscheingesetz, BGBl. I Nr. 120/1997 – FSG, gelangt hier idF BGBl. I Nr. 152/2005 und die Führerscheingesetz-Gesundheitsverordnung, BGBl. II Nr. 322/1997 – FSG-GV idF BGBl. II Nr. 64/2006 zur Anwendung:

§ 3. (1) Eine Lenkberechtigung darf nur Personen erteilt (und belassen) werden, die:

...

3. gesundheitlich geeignet sind, ein Kraftfahrzeug zu lenken (§§ 8 und 9),

...

Gesundheitliche Eignung:

§ 8. (1) Vor der Erteilung einer Lenkberechtigung hat der Antragsteller der Behörde ein ärztliches Gutachten vorzulegen, dass er zum Lenken von Kraftfahrzeugen gesundheitlich geeignet ist. Das ärztliche Gutachten hat auszusprechen, für welche Klassen von Lenkberechtigungen der Antragsteller gesundheitlich geeignet ist, darf im Zeitpunkt der Entscheidung nicht älter als ein Jahr sein und ist von einem im örtlichen Wirkungsbereich der Behörde, die das Verfahren zur Erteilung der Lenkberechtigung durchführt, in die Ärzteliste eingetragenen sachverständigen Arzt gemäß § 34 zu erstellen.

Entziehung, Einschränkung und Erlöschen der Lenkberechtigung:

 

§ 24. (1) Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs.1 Z2 bis 4) nicht mehr gegeben sind, ist von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit

1. die Lenkberechtigung zu entziehen oder

...

(4) Bestehen Bedenken, ob die Voraussetzungen der gesundheitlichen Eignung noch gegeben sind, ist ein von einem Amtsarzt erstelltes Gutachten gemäß § 8 einzuholen und gegebenenfalls die Lenkberechtigung einzuschränken oder zu entziehen. ...

Dieses Gutachten muss schlüssig und nachvollziehbar sein, um einen Entzug oder auch bloß eine Einschränkung darauf stützen zu dürfen. Die Rechtslage kann nicht so ausgelegt werden, dass in einem Entzugsverfahren – anders gemäß dem Wortlaut des § 8 Abs.1 FSG im Erteilungsverfahren, wo eine Eignung noch nicht festgestellt wurde – eine Bindung der Behörde auch an ein nicht nachvollziehbares bloß auf "beschränkt oder nicht geeignet" lautendes amtsärztliches Gutachten besteht und demnach bis zum Vorliegen eines auf "geeignet" lautenden Gutachtens die Berechtigung entzogen bliebe.

 

§ 3 (3) FSG-GV: Ergibt sich aus der Vorgeschichte oder anlässlich der Untersuchung der Verdacht auf das Vorliegen eines Zustandes, der die Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen einschränken oder ausschließen würde, so ist gegebenenfalls die Vorlage allfälliger fachärztlicher oder verkehrspsychologischer Stellungnahmen zu verlangen. Diese Stellungnahmen sind bei der Gesamtbeurteilung zu berücksichtigen und im Gutachten in geeigneter Weise zu bewerten, wobei die zusätzlichen Risiken und Gefahren, die mit dem Lenken von Kraftfahrzeugen der Gruppe 2 verbunden sind, besonders zu berücksichtigen sind.

 

5.1. Nach § 14 Abs.1 Führerscheingesetz-Gesundheitsverordnung – FSG-GV, zuletzt geändert durch BGBl. II Nr. 64/2006, darf Personen, die von Alkohol, einem Sucht- oder Arzneimittel abhängig sind oder den Konsum dieser Mittel nicht so weit einschränken können, dass sie beim Lenken eines Kraftfahrzeuges nicht beeinträchtigt sind, soweit nicht Abs.4 anzuwenden ist, eine Lenkberechtigung weder erteilt noch belassen werden. Personen, bei denen der Verdacht einer Alkohol-, Suchtmittel- oder Arzneimittelabhängigkeit besteht, haben eine fachärztliche psychiatrische Stellungnahme beizubringen.

Dieses Verfahren wurde lediglich vor dem Hintergrund eingeleitet, dass in der Wohnung der Berufungswerberin zur Aufzucht von Cannabispflanzen dienende Gegenstände sichergestellt wurden und gegen sie diesbezüglich bei Gericht Anzeige erstattet wurde. Ein Hinweis auf eine aktuelle Suchtgiftdisposition fand sich an ihrer Person lediglich durch einen positiven Drogenharntest. Der dahinter liegende Konsum konnte aber noch vor dem Zeitpunkt der polizeilichen Amtshandlung am 30.3.2007 gelegen sein. Die Berufungswerberin legte dar, dass sie seit diesem Zeitpunkt keine Drogen mehr konsumiert habe.

Für die Überprüfbarkeit der Schlüssigkeit eines Gutachtens ist es notwendig, dass der Befund all jene Grundlagen und die Art ihrer Beschaffung nennt, die für das Gutachten verwendet wurden. Fehlt es daran, belastet dies das Sachverständigengutachten mit einem wesentlichen Mangel (Hinweis Walter/Thienel, Die österreichischen Verwaltungsverfahrensgesetze², unter E 151f zu § 52 AVG zitierte hg. Judikatur).

Der Amtsarzt zeigte in seinem Gutachten und im Rahmen seiner Anhörung lediglich eine erhöhte Rückfallwahrscheinlichkeit auf, welche hier jedoch nicht näher konkretisierbar ist.

Im Gegensatz dazu findet der Facharzt keine Bedenken gegen die Belassung der Lenkberechtigung unter entsprechenden Auflagen.  

In diesem Zusammenhang kann auf die ständige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes verwiesen werden, worin etwa ein nur gelegentlicher Konsum von Cannabis die gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen nicht zwingend beeinträchtigt (vgl. VwGH 27.2.2004, 2003/11/0209 mit Hinweis auf VwGH 18.3.2003, 2002/11/0209, mwN). Um von einem gehäuften Missbrauch von Suchtmitteln sprechen zu können, genügt auch nicht ein gelegentlicher wiederholter Missbrauch, sondern es muss sich um häufigen Missbrauch innerhalb relativ kurzer Zeit handeln, ohne dass allerdings der Nachweis einer damals bestehenden Suchtmittelabhängigkeit erforderlich wäre. Auch bei einem länger zurückliegenden Cannabiskonsum wird nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen ebenfalls nicht beeinträchtigt erachtet (siehe dazu u.a. VwGH 4.7.2002, 2001/11/0024, mwN).

Dass sich bei eingehaltener Abstinenz im Ergebnis an der Risikoeignung zwischen jetzt und in einem halben Jahr nichts ändert, ist nicht zu bestreiten. Der Entzug würde hier als überschießende und als Strafe empfundene repressive Maßnahme zum Tragen kommen.

 

6. Zu den Auflagen:

Die amtsärztlichen Ausführungen zu den Auflagen, welche ihre Stützung auch im fachärztlichen Gutachten finden, lassen diese nicht nur als Kontrollnetz, sondern insbesondere auch als gesundheitserhaltende Maßnahme sachgerecht erscheinen. Erweisen sich schließlich auch die künftigen Befunde in Verbindung mit der nach einem Jahr zu erfolgenden fachärztlichen Untersuchung auch weiterhin als negativ, wird letztlich das Risikopotenzial als so weit verringert erachtet gelten können, dass die Lenkberechtigung dann uneingeschränkt bleiben kann.

Als durchaus schwierig erweist sich in der Praxis immer wieder die Abgrenzung hinsichtlich der vom Amtsarzt wahrzunehmenden Kompetenz der Beurteilung gesundheitlicher Parameter einerseits mit der ausschließlich der Behörde zukommenden Aufgabe, diese Fakten am Maßstab der Rechtsordnung für die Verkehrsteilnahme am Straßenverkehr als rechtswirksames Ergebnis in Form einer Risikoprognose zum Ausdruck zu bringen (vgl. h. Erk. v. 5.9.2006, VwSen-521367/11/Br/Ps).

Dass die Auflage letztlich eine Art "Zwang zum Wohlverhalten" ausübt und dieser "Umweg" der Eignungserhaltung förderlich ist, ist nicht zu verschweigen.

Dieser Zweck ergibt sich etwa auch aus der Rechtsprechung des deutschen Bundesverfassungsgerichts (vgl. Urteil vom 3. Mai 1996 – 1 BvR 398/96). Darin wird auf die Beurteilung eines kontrollierten oder unkontrollierten Konsums abgestellt und in diesem Zusammenhang ist von "berechtigten Zweifeln" die Rede (Hinweis auf Kannheiser/Maukisch, S. 428); letztlich bleibt im Einzelfall die Wertung und Bewertung fachlicher Aussagen und die daraus zu ziehenden Konsequenzen der beweisführenden Tatsacheninstanz überantwortet.

Bleibt die Berufungswerberin bis zum Ablauf dieser hier festgelegten Beobachtungsphase abstinent, ist deren Lenkberechtigung wieder uneingeschränkt.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­gerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

Dr.  B l e i e r

 



[1] Cannabinoide, Opiate

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