Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-400888/4/Ste/FJ

Linz, 03.07.2007

 

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Vizepräsident Mag. Dr. Wolfgang Steiner über die Beschwerde des S S, geb. am , derzeit Polizeianhaltezentrum Steyr, wegen Anhaltung in Schubhaft durch den Bezirkshauptmann des Bezirks Vöcklabruck, zu Recht erkannt:

 

 

            Der Beschwerde wird teilweise stattgegeben und der Schubhaftbescheid vom 23. April 2007 sowie die Anhaltung des Rechtsmittelwerbers in Schubhaft werden jeweils für den Zeitraum ab dem 8. Juni 2007 für rechtswidrig erklärt.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 82 Abs. 1 und 83 Abs. 2 und 4 Fremdenpolizeigesetz 2005 - FPG (BGBl. I Nr. 100/2005 zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 157/2005) iVm. §§ 67c und 79a Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit Bescheid des Bezirkshauptmanns des Bezirks Vöcklabruck vom 23. April 2007, AZ: Sich40-1698-2007, wurde über den Beschwerdeführer (in der Folge: Bf) auf Basis der §§ 76 Abs. 2 Z 2 und 76 Abs. 2 Z 4 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 - FPG, BGBl. I Nr. 100/2005, in Verbindung mit § 80 Abs. 5 FPG und § 57 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung sowie zur Sicherung der Abschiebung die Schubhaft verhängt und er am selben Tag in Schubhaft genommen. Seine Gattin und seine Kinder wurden im Rahmen gelinderer Mittel nach Timelkam überstellt.

 

Begründend wird im genannten Bescheid dazu im Wesentlichen ausgeführt, dass der Bf gemeinsam mit seiner Ehefrau und vier mj. Kindern am 2. April 2007 Tschetschenien verlassen habe und illegal nach Polen ausgereist sei. Beim Grenzübertritt nach Polen sei eine Kontrolle erfolgt und es seien die Fingerabdrücke genommen worden. Dabei habe der Bf gegenüber einer Beamtin erklärt nicht in Polen bleiben zu wollen. Der Bf habe angegeben am 11. April 2007 in das Gebiet der Europäischen Union eingereist zu sein. Von Polen sei der Bf schlepperunterstützt, versteckt in einem LKW nach Österreich eingereist. Für den Transport von Polen nach Österreich habe der Bf einen Betrag von 600 Euro bezahlt.

 

Am 16. April 2007 sei der Bf in Österreich einer Fremdenkontrolle unterzogen worden, anlässlich derer seine Frau und er selbst einen Asylantrag gestellt hätten. Weiters hätten sie für ihre Kinder Asylanträge gestellt. Bei dieser Kontrolle am 16. April 2007 habe der Bf einen Inlandsreisepass vorgelegt, über Barmittel habe er nicht verfügt. Der Bf habe angegeben, dass sich zwei seiner Geschwister in Österreich aufhielten, wobei von der belangten Behörde festgestellt werden konnte, dass sich die Person die der Bf als seine Schwester bezeichnete seit vier Jahren in Österreich aufhalte. Die Überprüfung des Bruders des Bf sei negativ verlaufen. Weiters habe der Bf erklärt, dass er über den Aufenthaltsort seiner Geschwister nicht bescheid wisse.

 

Die belangte Behörde führte weiters aus, der Bf verfüge in Österreich über keinen gemeldeten Wohnsitz, er sei nicht im Besitz einer Aufenthaltsberechtigung für Österreich, zu seinen Bezugspersonen in Österreich habe er seit Jahren keinen Kontakt gehabt. Es sei zu befürchten, dass der Bf um einer Abschiebung nach Polen zu entgehen in die Illegalität abtauchen werde. Dem Bf sei es aufgrund seiner Mittellosigkeit auch nicht möglich für den Unterhalt seiner Familie zu sorgen, weshalb ihm vorübergehend eine bundesbetreute Unterkunft zugewiesen worden sei.

 

Der Bf habe in Polen ein Asylbegehren eingebracht. Polen habe mit Schreiben vom 19. April 2007 einer Übernahme des Bf zugestimmt und gleichzeitig um eine Überstellung nach Warschau gebeten. Wegen der Befürchtung des Bf in Polen nach Russland abgeschoben zu werden, bestehe Fluchtgefahr. Aus diesen Gründen sei die Anwendung gelinderer Mittel nicht möglich gewesen. Die Frau des Bf und dessen Kinder seien unter Anwendung gelinderer Mittel in eine bundesbetreute Unterkunft nach Timelkam überstellt worden. Der Schubhaftbescheid wurde vom Bf nachweislich am 23. April 2007 übernommen.

 

1.2. Mit Schriftsatz des Bundesasylamtes, EAST-West, vom 18. April 2007, Zl. 0703.638, wurde dem Bf gemäß § 29 Abs. 3 Z 4 AsylG 2005 mitgeteilt, dass beabsichtigt ist, sowohl den Asylantrag des Bf als auch die seiner Frau bzw. Kinder gemäß § 5 AsylG 2005 zurückzuweisen, der Konsultationsmechanismus gemäß dem Dublin-Abkommen mit Polen sei am 17. April 2007 ausgelöst worden. Diese Mitteilung wurde dem Bf nachweislich am 23. April 2007 ausgefolgt.

 

1.3. Der Bf befindet sich seit 23. April 2007 und auch zum Zeitpunkt der Entscheidung des Unabhängigen Verwaltungssenats in Schubhaft.

 

1.4. Mit E-Mail vom 16. Mai 2007, Zl. 0703.638 – EAST West, teilte das Bundesasylamt mit, dass es mit gleichem Datum einen Bescheid gemäß § 5 AsylG erlassen habe und dieser Bescheid durchsetzbar sei.

 

1.5. Mit E-Mail vom 23. Mai 2007 teilte das BAA-EAST-West der belangten Behörde mit, dass gegen den durchsetzbaren Bescheid des Bundesasylamtes am 21. Mai 2007 Berufung erhoben worden sei.

 

1.6. Mit Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenates vom 1. Juni 2007, Zl. 312.263-1/2E-I/01/07, eingelangt bei der belangten Behörde am 8. Juni 2007, wurde der Berufung des Bf gegen den Bescheid des BAA-EAST-West vom 16. Mai 2007, Zl. 0703.638 EAST-West, stattgegeben, der bekämpfte Bescheid behoben und die Angelegenheit zur Durchführung eines materiellen Verfahrens an das Bundesasylamt zurückverwiesen.

 

1.7. Mit Schreiben vom 20. Juni 2007 wurde die belangte Behörde informiert, dass dem Bf eine Aufenthaltsberechtigungskarte gem. § 51 AsylG zukomme.

 

2.1. Gegen seine Anhaltung in Schubhaft richtet sich die vorliegende, am Mittwoch, 27. Juni 2007, nach Ende der Amtsstunden (14.07 Uhr), beim Oö. Verwaltungssenat eingelangte Beschwerde (vgl. § 13 Abs. 5 AVG).

 

Darin bringt der Bf im Wesentlichen vor, dass vom Unabhängigen Bundesasylsenat seiner Berufung gegen die Zurückweisung des Antrages auf internationalen Schutz stattgegeben wurde und er zum Verfahren zugelassen worden sei. Am 22. Juni 2007 sei ihm eine Aufenthaltsberechtigungskarte ausgefolgt worden. Die von der belangten Behörde getroffene Feststellung zum Zeitpunkt der Verhängung der Schubhaft sei unbegründet gewesen, darin sei die Rechtswidrigkeit der Verhängung der Schubhaft zu erblicken. Aufgrund der Aufnahme in die Grundversorgung des Bundes sei der Unterhalt seiner Familie im Laufe des Asylverfahrens gesichert. Es bestehe keine Fluchtgefahr, er wolle den Ausgang des Verfahrens in Österreich abwarten. Die Aufenthaltsberechtigungskarte diene dem Nachweis seiner Identität. Zudem halte er sich aufgrund der Zulassung zum Verfahren und der Ausfolgung der Aufenthaltsberechtigungskarte nunmehr rechtmäßig im Bundesgebiet auf. Insbesondere wird auf den verfassungsmäßig gewährten Schutz der persönlichen Freiheit verwiesen.

 

Der Bf beantragte, der Oö. Verwaltungssenat möge  seine Anhaltung in Schubhaft ab dem 23. April 2007, in eventu spätestens ab der Aushändigung der Aufenthaltsberechtigungskarte gem. § 51 AsylG 2005 für rechtswidrig erklären. Weiters beantragte der Bf ihn von den Verfahrenskosten zu befreien.

 

2.2. Mit Schreiben vom 29. Juni 2007, eingelangt beim Oö. Verwaltungssenat am 2. Juli 2007, hat die belangte Behörde den bezughabenden Akt vorgelegt und beantragt, die Schubhaftbeschwerde abzuweisen und die Zulässigkeit der weiteren Anhaltung in Schubhaft gemäß § 76 Abs. 2 Z 4 FPG festzustellen.

 

Die Schubhaft gegen den Bf sei verhängt worden um einer Fluchtgefahr zu begegnen. Der Bf habe eindeutig zum Ausdruck gebracht nicht nach Polen zu wollen. Bereits mit Bescheid vom 16. Mai sei der Bf und seine Kernfamilie nach Polen zurückgewiesen worden. Dieser Bescheid sei zwar durch die Entscheidung des Unabhängigen Bundesasylsenates aufgehoben und zur neuerlichen Entscheidung zurückverwiesen worden, schon in seiner Entscheidung stellte der Unabhängige Bundesasylsenat aber klar, dass die Zulassung zur materiellen Prüfung einer neuerlichen Zurückweisung nicht entgegenstehe.

 

3.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck; da bereits durch diesen in Verbindung mit der vorliegenden Beschwerde der entscheidungswesentliche Sachverhalt hinreichend geklärt ist, konnte gemäß § 83 Abs. 2 Z. 1 FPG von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

 

3.2. Der Unabhängige Verwaltungssenat geht bei seiner Entscheidung von folgendem entscheidungswesentlichen Sachverhalt aus:

 

Der Bf hat gemeinsam mit seiner Ehefrau und vier minderjährigen Kindern im April 2007 sein Heimatland Tschetschenien verlassen und ist am 11. April 2007 nach Polen eingereist. In Polen stellte der Bf einen Asylantrag. Während des laufenden Asylverfahrens reiste der Bf zwischen 13. und 14. April mit seiner Familie – auf der Ladefläche eines LKW – illegal nach Österreich ein, ohne im Besitz von gültigen Reisedokumenten sowie eines Aufenthaltstitels für die Republik Österreich zu sein. Am 16. April 2007, nach dem der Bf eine fremdenpolizeilichen Kontrolle unterzogen worden war, stellte er für sich, seine Frau und die vier minderjährigen Kinder bei der Polizeiinspektion Schubertstraße, 4020 Linz, Schubertstraße 22 einen Asylantrag, den er im Zuge einer niederschriftlichen Erstbefragung im Beisein eines Dolmetschers für die Sprache Russisch – im Wesentlichen mit einem Konflikt mit "Kadirow-Anhängern", der aus dem 1. Tschetschenienkrieg herrühre, begründete.

 

Dem Bf, seiner Frau sowie den Kindern wurde vorübergehend eine bundesbetreute Unterkunft zugewiesen.

 

Der Konsultationsmechanismus gemäß dem Dublin-Abkommen mit Polen wurde am 17. April 2007 ausgelöst. Bereits am 19. April 2007 stimmte Polen einer Übernahme und Überstellung nach Warschau zu.

 

Dem Bf wurde am 23. April gemäß § 29 Abs. 3 Z 4 AsylG 2005 mitgeteilt, dass beabsichtigt ist, sowohl den Asylantrag des Bf als auch die seiner Frau und Kinder gemäß § 5 AsylG 2005 zurückzuweisen. Gleichzeitig wurde gegen den Bf ein Verfahren zur Erlassung einer Ausweisung gemäß § 10 AsylG eingeleitet.

 

Mit Bescheid des Bezirkshauptmanns des Bezirks Vöcklabruck, AZ: Sich40-1698-2007 wurde am 23. April 2007 über den Bf auf Basis der §§ 76 Abs. 2 Z 2 und 76 Abs. 2 Z 4 FPG zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung sowie zur Sicherung der Abschiebung die Schubhaft verhängt und durch Überstellung in das Polizeianhaltezentrum der Bundespolizeidirektion Steyr am 23. April 2007 vollzogen.

 

Die Frau des Bf und dessen Kinder befinden sich seit dem 23. April 2007 in einer bundesbetreuten Unterkunft in Timelkam.

 

Der Bf ist – wie auch seine Familienangehörigen, die sich in Bundesbetreuung befinden, und gegen die keine Schubhaft verhängt wurde – völlig mittellos. Jene Person die der Bf als seine Schwester bezeichnet, ist seit vier Jahren in Österreich. Der Bruder des Bf, von dem der Bf angab, dass sich dieser ebenfalls in Österreich befinde, konnte nicht ausfindig gemacht werden. Der Bf hat im Zuge seiner ersten Einvernahme angegeben Angst davor zu haben nach Polen zurückgeschickt zu werden, weil Polen enge Beziehungen zu Russland habe.

 

3.3. Der Sachverhalt ergibt sich widerspruchsfrei aus den vorliegenden Dokumenten.

 

4. Über die vorliegende Beschwerde hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

4.1. Gemäß § 82 Abs. 1 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 – FPG, BGBl. I Nr. 100/2005, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 157/2005, hat der Fremde das Recht, den unabhängigen Verwaltungssenat mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen,

1.      wenn er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist;

2.      wenn er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz oder das Asylgesetz 2005 angehalten wird oder wurde, oder

3.      wenn gegen ihn die Schubhaft angeordnet wurde.

 

Der Bf ist Fremder und wird in Schubhaft angehalten. Die Beschwerde ist rechtzeitig und auch sonst zulässig.

 

4.2. Gemäß § 76 Abs. 2 leg. cit. kann die örtlich zuständige Fremdenpolizeibehörde über einen Asylwerber oder einen Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, Schubhaft zum Zwecke der Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung gemäß § 10 AsylG 2005 oder zur Sicherung der Abschiebung anordnen, wenn

1.      gegen ihn eine durchsetzbare - wenn auch nicht rechtskräftige - Ausweisung (§ 10 AsylG 2005) erlassen wurde;

2.      gegen ihn nach den Bestimmungen des AsylG 2005 ein Ausweisungsverfahren eingeleitet wurde;

3.      gegen ihn vor Stellung des Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare Ausweisung (§§ 53 oder 54) oder ein durchsetzbares Aufenthaltsverbot (§ 60) verhängt worden ist oder

4.      auf Grund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung und der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass der Antrag des Fremden auf internationalen Schutz mangels Zuständigkeit Österreichs zur Prüfung zurückgewiesen werden wird.

 

Die Schubhaft ist nach dem § 76 Abs. 3 FPG grundsätzlich mit Mandatsbescheid gemäß § 57 AVG anzuordnen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zur Erlassung des Bescheides aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft.

 

Gemäß § 77 Abs. 1 leg. cit. kann die Behörde von der Anordnung der Schubhaft Abstand nehmen, wenn sie Grund zur Annahme hat, dass deren Zweck durch Anwendung gelinderer Mittel erreicht werden kann. Gegen Minderjährige hat die Behörde gelindere Mittel anzuwenden, es sei denn, sie hätte Grund zur Annahme, dass der Zweck der Schubhaft damit nicht erreicht werden kann.

 

Zum Zeitpunkt der Schubhaftverhängung war der Bf Asylwerber. Gemäß § 76 Abs. 2 FPG kann Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung über Asylwerber nur verhängt werden, wenn einer der in den Ziffern 1 bis 4 angeführten Fälle gegeben ist.

 

Wie sich unwidersprochen aus der Aktenlage und aus der Beschwerdebegründung ergibt, war der Bf zum Zeitpunkt der Schubhaftverhängung Asylwerber. Die belangte Behörde hat sich bei der Anordnung der Schubhaft auch auf § 76 Abs. 2 Z 4 gestützt. Wie dem festgestellten Sachverhalt zu entnehmen ist, war bereits auf Grund des bis zu diesem Zeitpunkt durchgeführten Ermittlungsverfahrens anzunehmen, dass der Antrag des Fremden auf internationalen Schutz mangels Zuständigkeit Österreichs zur Prüfung zurückgewiesen werden wird. Zu diesem Zeitpunkt lag bereits ein Ersuchen um Überstellung seitens Polen vor. Die Schubhaft konnte im vorliegenden Fall daher auf § 76 Abs. 2 Z. 4 gestützt werden.

 

4.3. Gemäß § 80 Abs. 1 ist die Behörde verpflichtet, darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert.

 

Gemäß Abs. 2 darf die Schubhaft so lange aufrecht erhalten werden, bis der Grund für ihre Anordnung weggefallen ist oder ihr Ziel nicht mehr erreicht werden kann. Sie darf außer den Fällen des Abs. 3 und 4 insgesamt nicht länger als zwei Monate dauern.

 

Gemäß § 80 Abs. 5 FPG kann in Fällen, in denen die Schubhaft gemäß § 76 Abs. 2 verhängt wurde, diese bis zum Ablauf der vierten Woche nach rechtskräftig negativer Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz aufrechterhalten werden, es sei denn, es läge auch ein Fall des Abs. 4 Z 1 bis 3 vor. Wird der Berufung gegen eine Ausweisung, die mit einer zurückweisenden Entscheidung verbunden ist, die aufschiebende Wirkung gemäß § 37 AsylG 2005 zuerkannt, darf die Schubhaft bis zur Entscheidung des unabhängigen Bundesasylsenates aufrechterhalten werden. Darüber hinaus darf die Schubhaft nur aufrechterhalten werden, wenn der Bundesasylsenat eine zurück- oder abweisende Entscheidung erlässt.

 

Unbestritten steht fest, dass die belangte Behörde mit Bescheid vom 23. April 2007 die Schubhaft gemäß den §§ 76 Abs. 2 Z 2 und 4 angeordnet und verhängt hat. Mit Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenates vom 1. Juni 2007, Zl. 312.263-1/2E-I/01/07, einlangend bei der belangten Behörde am 8. Juni 2007 wurde der Berufung des Bf gegen die Zurückweisung seines Antrages auf internationalen Schutz stattgegeben, der angefochtene Bescheid behoben und zur Entscheidung an die Behörde erster Instanz zurückverwiesen. Mit Zustellung des UBAS Bescheides vom 1. Juni 2007 lag somit auch keine durchsetzbare Ausweisungsentscheidung mehr vor.

 

Gemäß § 41 Abs. 3 AsylG 2005 ist in einem Verfahren über eine Berufung gegen eine zurückweisende Entscheidung und die damit verbundene Ausweisung § 66 Abs. 2 AVG nicht anzuwenden. Ist der Berufung gegen die Entscheidung des Bundesasylamtes im Zulassungsverfahren stattzugeben, ist das Verfahren zugelassen. Der Berufung gegen die Entscheidung im Zulassungsverfahren ist auch stattzugeben, wenn der vorliegende Sachverhalt so mangelhaft ist, dass die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint.

 

Auch der Blick in die Regierungsvorlage zu § 41 Abs. 3 AsylG 2005 lässt - wenn auch die Erläuterungen eine gewisse Unschärfe aufweisen (... das Verfahren [ ist ] zuzulassen) - keinen Zweifel daran, dass im Falle einer "stattgebenden" Entscheidung durch den UBAS, die hier erfolgt ist, von einer "ex lege" Zulassung zum Asylverfahren auszugehen ist. Wie der Oö. Verwaltungssenat bereits mehrfach entschieden hat, führt die Zulassung zum Asylverfahren nicht generell dazu, dass die weitere Anhaltung in Schubhaft zu deren Rechtswidrigkeit führt (siehe beispielsweise VwSen-400823/6 vom 7. Juli 2006 und VwSen-400824/5 vom 11. Juli 2006). Bei der vorliegenden Fallkonstellation bedeutet dies jedoch im Hinblick auf § 80 Abs. 5 vorletzter und letzter Satz FPG, dass mit einer gegenständlichen Erledigung jedenfalls keine "zurück- oder abweisende" Entscheidung des UBAS erfolgt ist und die Schubhaft daher nicht weiter aufrecht erhalten werden darf (vgl. auch VwSen-400837/5).

 

In Anbetracht des schweren Eingriffes in die persönliche Freiheit der angehaltenen Personen durch den Vollzug der Schubhaft, lässt das Gesetz eine gegenteilige, extensive Auslegung nicht zu. Abgesehen davon, dass der Gesetzgeber explizit die Begriffe "zurückweisende" oder "abweisende" Entscheidung des Unabhängigen Bundesasylsenates gewählt hat, würde es den Wortsinn überspannen, darunter auch jene Lebenssachverhalte zu subsumieren, die eine "zurückverweisende" Entscheidung des Unabhängigen Bundesasylsenates betreffen. Auch die Andeutung des Unabhängigen Bundesasylsenates, eine negative Entscheidung über den vorliegenden Asylantrag sei für das BAA bei Vorliegen der erforderlichen Voraussetzungen auch nach Durchführung des materiellen Verfahrens möglich, ändert nichts daran, dass der Berufung des Bf im Asylverfahren stattgegeben wurde und somit positiv darüber entschieden wurde. Es liegt daher in diesem Fall eben keine Zurück- oder Abweisung vor.

 

4.4. Im Ergebnis war daher der Beschwerde stattzugeben und die Anhaltung des Bf in Schubhaft ab dem 8. Juni 2006 für rechtswidrig zu erklären.

 

Gemäß § 81 Abs. 1 Z 2 FPG 2005 hat die belangte Behörde nach der Entscheidung des Oö. Verwaltungssenates die Schubhaft formlos durch Freilassung aufzuheben.

 

 

5.1. Gemäß § 83 Abs. 2 FPG 2005 sind in einem Verfahren wegen einer Schubhaftbeschwerde die §§ 67 c bis 67 g sowie § 79 a AVG anzuwenden. Nach § 79 a Abs. 1 AVG hat die im Verfahren nach § 67 c obsiegende Partei Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei. Infolge der Rechtswidrigerklärung der angefochtenen Schubhaft ist der Beschwerdeführer die obsiegende Partei.

 

Gemäß § 79 a Abs. 6 ist der Aufwandersatz auf Antrag der Partei zu leisten. Der Antrag kann bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung gestellt werden.

 

Der Antrag kann schriftlich oder mündlich gestellt werden und muss erkennen lassen, für welche Aufwendungen Kostenersatz begehrt wird (Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze2, §79a Rn 13). Die Unterlassung der rechtzeitigen Geltendmachung des Kostenersatzanspruchs führt zum Verlust dieses Anspruchs (Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze2, §79a Rn 14). Wenn keine Verhandlung stattfand, ist anzunehmen, dass der Kostenersatzantrag so rechtzeitig zu stellen ist, dass der Anspruch über die Kosten in den Bescheid aufgenommen werden kann (vgl. § 74 Abs. 2 AVG). Gerade in Verfahren wegen Schubhaftbeschwerden ist aufgrund der kurzen Entscheidungsfrist hier einem Bf eine besondere Sorgfaltsanforderung abzuverlangen. Geboten erscheint hier eine Beantragung zusammen mit der Schubhaftbeschwerde, da es auch im Interesse des Bf liegt über die Sache möglichst zügig zu entscheiden.

 

Der Bf hat mit der vorliegenden Schubhaftbeschwerde neben dem Antrag in der Hauptsache nur die Befreiung von den Kosten des Verfahrens beantragt. Ein Antrag auf Ersatz des angefallenen Aufwandes wurde damit nicht gestellt.

 

Eine Befreiung von den Kosten ist im Verfahren bezüglich einer Schubhaftbeschwerde nicht vorgesehen. Ein entsprechender Antrag wäre daher als unzulässig zurückzuweisen. Hinsichtlich des erforderlichen Inhaltes (Anm: eines Antrages auf Kostenersatz) ist der Antrag zumindest so zu halten, dass erkennbar wird, für welche Aufwendungen Kostenersatz begehrt wird (vgl. Verwaltungsgerichtshof 9. September 2003, 2002/01/0360).

 

Der Bf stellt in seiner Beschwerde erkennbar den Antrag, dass ihm keine Kosten auferlegt werden sollen.

 

5.2. Im Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13 Euro angefallen; ein entsprechender Zahlschein liegt bei. Auf § 79a Abs. 1 und 2  iVm. Abs. 4 Z. 1 AVG wird hingewiesen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Wolfgang Steiner

Beachte:

Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde abgelehnt.

VwGH vom 19.06.2008, Zl.: 2007/21/0309-6

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