Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-300736/2/WEI/Ps

Linz, 03.07.2007

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wolfgang Weiß über die Berufung der G A, geb., L, R, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmanns von Freistadt vom 1. Juni 2006, Zl. Pol 96-68-2006, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem Oö. Spielapparategesetz 1999 (LGBl Nr. 53/1999) zu Recht erkannt:

 

I. Aus Anlass der Berufung wird das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Strafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG eingestellt.

 

II. Die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens entfällt.

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs 4 AVG 1991 iVm § 24 VStG 1991; § 66 Abs 1 VStG 1991.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis hat die belangte Behörde die Berufungswerberin (Bwin) wie folgt schuldig gesprochen und bestraft:

 

"Sie haben als Verantwortliche für Spielapparate des 'W' in F, L, geduldet, dass in den öffentlich zugänglichen Räumlichkeiten ein Videospielapparat (Photo-Play), welcher unter die Bestimmungen des Oö. Spielapparategesetz 1999 fällt, aufgestellt wird.

 

Im Zuge einer routinemäßigen Spielapparatekontrolle, am 15.5.2006 von 18.30 Uhr, wurde festgestellt, dass im vorher genannten Lokal ein Videospielapparat aufgestellt wurde, für den Sie zwar eine Spielapparatebewilligung besitzen, jedoch ein Spielprogramm in Verwendung ist, für welches keine Änderung in dem erteilten Spielapparatebewilligungsbescheid bewilligt wurde.

 

Es handelt sich dabei um eine dienstliche Wahrnehmung von Überprüfungsorganen der Bezirkshauptmannschaft Freistadt."

 

Dadurch erachtete die belangte Behörde den § 3 Abs 1 Z 4 iVm § 10 Abs 2 Oö. Spielapparategesetz 1999 als verletzte Rechtsvorschriften und verhängte wegen dieser Verwaltungsübertretung gemäß § 10 Abs 2 Oö. Spielapparategesetz 1999 eine Geldstrafe von 400 Euro und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 4 Tagen. Als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens wurden 40 Euro (10 % der Strafe) vorgeschrieben.

 

1.2. Gegen dieses Straferkenntnis, das der Bwin nach zwei erfolglosen Zustellversuchen am 6. Juni 2006 durch Hinterlegung beim Postamt zugestellt worden ist, richtet sich die noch rechtzeitig am 20. Juni 2006 zur Post gegebene Eingabe vom 20. Juni 2006, deren Inhalt wie folgt lautet:

 

"Berufung gegen Straferkenntnis

Aktenzeichen Pol 96-68-2006

 

Sehr geehrter Herr Mag. H !

 

Ich erhebe gegen die Straferkenntnis vom 01.06.2006 Einspruch.

 

BERUFUNGSBEGRÜNDUNG:

Weiters wurde ich zu keiner Anhörung über den Vorfall vom 15.05.2006 vorgeladen.

Hiermit möchte ich gegen das Straferkenntnis der BH-Freistadt Berufung einlegen, da ich lediglich für die Spielapparate die von der BH Freistadt genehmigt wurden Nr.201072, 4211,5212 . zuständig bin. Da ich selbst nicht Lokalbetreiber bin, bin ich auch nicht für die im Straferkenntnis angeführten Spielapparate verantwortlich. Zeugen: A R, L, R, Hr. G G, B, S, A T, A.

 

Ich bitte dem Berufungsbegehren folge zugeben und das Strafverfahren einzustellen.

 

Mit freundlichen Grüßen

(eh. Unterschrift)

A G"

 

2. Aus der Aktenlage ergibt sich der folgende Gang des Verfahrens:

 

2.1. Im angefochtenen Straferkenntnis werden zum Sachverhalt und zur Schuldfrage folgende lapidaren Feststellungen getroffen:

 

"Es ist gemäß § 3 Abs. 1 Ziff. 4 Oö. Spielapparategesetz 1999, das Aufstellen von Spielapparaten oder die Verwendung von Spielprogrammen ohne die dafür erforderliche Spielapparatebewilligung (gemäß § 4), verboten.

Anlässlich einer Spielapparateüberprüfung durch Organe der Bezirkshauptmannschaft Freistadt (FOI. R N, Ktr. P K) wurde festgestellt, dass im 'W' in den öffentlich zugänglichen Räumlichkeiten ein Videospielapparat (Standgerät, Photo-Play, Ser.Nr. 4211, Spielprogramm World of Games) aufgestellt ist. Dieser Spielapparat ist gegen Entgelt (Münzeinwurf bzw. Papiergeldeinzug) zu betreiben.

Der gegenständliche Spielapparat war zum Zeitpunkt der Überprüfung betriebsbereit.

 

Für oben genannten Spielapparat mit der Ser.Nr. 4211, wurde am 24. August 2005 unter der Aktenzahl Pol10-5-2006 eine Bewilligung erteilt. Bei dem im Genehmigungsbescheid ausgewiesenen und beantragten Spielprogramm handelt es sich um Magig Fun, Versioen 3.0 und nicht das verwendete Spielprogramm – World of Games.

 

Eine Änderung der bestehenden Bewilligung für die Verwendung des gegenständlichen Spielprogramms konnte nicht vorgewiesen werden bzw. war eine derartige Änderung nicht vorhanden.

 

Von der Beschuldigten wurden keine Rechtfertigungsgründe vorgebracht.

 

Seitens der zuständigen Bezirksverwaltungsbehörde wurde für das betreffende Spielprogramm keine Änderung im gültigen Spielapparatebescheid bewilligt, da um kein Änderung angesucht wurde.

 

Es steht somit einwandfrei fest, dass die Beschuldigte den in ihrem Lokal aufgestellten und bewilligten Videospielapparat, ein Spielprogramm ohne die hierfür erforderliche Bewilligung nach dem Oö. Spielapparategesetz 1999, verwendet hat."

 

Weitere Tatsachenfeststellungen gehen aus dem angefochtenen Straferkenntnis nicht hervor. Die weiteren Ausführungen befassen sich mit der Strafbemessung.

 

2.2. In dem von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsstrafakt befindet sich ein zur Zahl Pol 96-68-2006 handschriftlich mittels Formulars verfasster Aktenvermerk vom 15. Mai 2006 betreffend eine Überprüfung nach dem Oö. Spielapparategesetz 1999 im Lokal "W" in F, L. Die Angaben zum Spielapparat erfolgten wie in der Bescheidbegründung. Als "Pächter" und "Verantwortlich für die Aufstellung und den Betrieb des Automaten" wird nunmehr im Gegensatz zu früheren erstbehördlichen Strafverfahren, in denen noch ein gewisser A K, geb., A, F, angeführt und zunächst mit Aufforderung zur Rechtfertigung verfolgt wurde (vgl dazu h. Erkenntnisse VwSen-300718 vom 13.03.2007 = Pol 96-157-2005; VwSen-300719 vom 16.03.2007 = Pol 96-159-2005; VwSen-300720 vom 16.03.2007 = Pol 96-158-2005 300721; VwSen-300721 vom 14.03.2007 = Pol 96-160-2005), die Bwin angegeben.

 

Von einer Bewilligung dieses Spielapparates der Marke Photo Play mit einem bestimmten Programm ist im Aktenvermerk noch keine Rede. Die nicht anwesende Bwin hat die vorgedruckte Erklärung, wonach sie keine Bewilligung für den gegenständlichen Spielapparat besitze, nicht unterschrieben.

 

Auf der Rückseite befindet sich ein handschriftlich verfasster Aktenvermerk vom 16. Mai 2006, dessen Inhalt wie folgt lautet:

 

"Lt. Angaben von T M, geb., wh. F, H, ('Geschäftsführer' des G S W) stehen alle Spielapparate seit dem er im Jänner 2006 dort zu arbeiten begonnen hat. Es waren auch immer die gleichen Spielversionen installiert, auch beim ggst. Spielapparat. Der Spielapparat war auch lfd in Betrieb."

 

2.3. Mit Aufforderung zur Rechtfertigung vom 17. Mai 2006, eigenhändig zugestellt am 19. Mai 2006, hat die belangte Behörde der Bwin angelastet:

 

"Die Duldung des Wechsels des Spielprogrammes und der damit verbundenen Verwendung in einem genehmigten Spielapparat (Ser.Nr. 4211, Standgerät – grau, Photo-Play, World of Games), ohne die erteilte Bewilligung entsprechend ändern zu lassen, in F, L, 'W';

Wahrnehmung der Übertretung 15.5.2006"

 

Mit am 29. Mai 2006 per Telefax eingelangten Schreiben gab die Bwin der belangten Behörde bekannt, dass sie den heutigen Termin nicht einhalten könnte, weil sie ihren kranken Mann, der mit Fieber im Bett läge, vertreten müsste. Ihr ehester Termin wäre Donnerstag der 1. Juni 2006 um 11.00 Uhr. Sie ersuchte um ein kurzes Fax dazu. Die belangte Behörde antwortete mit Telefaxschreiben vom 29. Mai 2006, dass die Bwin nach der Aufforderung zur Rechtfertigung zwei Möglichkeiten hätte, entweder zum angeführten Termin vorzusprechen oder ein schriftliche Rechtfertigung abzugeben. Sollte beides nicht geschehen, werde das Strafverfahren ohne ihre Anhörung durchgeführt.

 

Die belangte Behörde erließ daraufhin das angefochtene Straferkenntnis vom 1. Juni 2006, ohne die Bwin zu hören und ohne den Sachverhalt durch weitere Ermittlungen aufzuklären.

 

3. Der erkennende Verwaltungssenat hat nach Einsicht in den vorgelegten Verwaltungsstrafakt unter Berücksichtigung des Berufungsvorbringens festgestellt, dass das angefochtene Straferkenntnis schon auf Grund der Aktenlage aufzuheben ist.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

 

4.1. Gemäß § 3 Abs 1 Oö. Spielapparategesetz 1999 ist verboten

 

1.    das Aufstellen von Geldspielapparaten;

 

2.        die Durchführung von Geld- oder Warenausspielungen mit Spielapparaten;

 

3.        das Aufstellen von Spielapparaten im unmittelbaren Wartebereich von Haltestellen öffentlicher Verkehrsmittel, Schulbushaltestellen sowie in Kindergärten und Schulen;

 

4.        das Aufstellen von Spielapparaten oder die Verwendung von Spielprogrammen ohne die dafür erforderliche Spielapparatebewilligung (§ 4)

 

Nach den Strafbestimmungen des § 10 Abs 1 Oö. Spielapparategesetz 1999 begeht eine Verwaltungsübertretung,

 

1.        wer gegen ein Verbot gemäß § 3 Abs 1 Z 1 und Z 2 verstößt;

 

2.        wer gegen ein Verbot gemäß § 3 Abs 1 Z 3 und Z 4 verstößt;

 

3.        wer als Verfügungsberechtigter über den Aufstellort einen Verstoß gegen ein Verbot gemäß § 3 duldet;

 

4.        ...

 

Nach § 10 Abs 2 Oö. Spielapparategesetz 1999 ist eine Verwaltungsübertretung gemäß § 10 Abs 1 Z 1, 3, 4, 5 oder 8 leg. cit. mit einer Geldstrafe von 2000 bis zu 20.000,-- Euro, eine Verwaltungsübertretung nach Abs 1 Z 2 oder Z 7 mit einer Geldstrafe von 400 bis zu 4.000 Euro zu bestrafen, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet

 

4.2. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu den Sprucherfordernissen nach § 44a Z 1 VStG ist die Tat so weit zu konkretisieren, dass eine eindeutige Zuordnung zu den Tatbestandsmerkmalen ermöglicht wird und die Identität der Tat unverwechselbar feststeht (stRsp seit den verst. Senaten VwSlg 11.466 A/1984 und VwSlg 11.894 A/1985). Dabei sind die Anforderungen an Tatort- und Tatzeitumschreibung von Delikt zu Delikt und je nach den Begleitumständen verschieden und an Rechtsschutzüberlegungen zu messen (vgl u.a. im Anschluss an verst. Senat VwSlg 11.894 A/1985; VwGH 29.9.1993, 93/02/0046; VwGH 31.1.1995, 95/05/0008; VwGH 9.9.1998, 97/04/0031). Im Spruch sind alle wesentlichen Tatbestandsmerkmale anzuführen, die zur Individualisierung und Konkretisierung des inkriminierten Verhaltens notwendig sind. Eine Umschreibung bloß in der Begründung reicht im Verwaltungsstrafrecht nicht aus (vgl mwN Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens6 [2003] Anm 2 zu § 44a VStG)

 

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat die Rechtsmittelbehörde nach § 66 Abs 4 AVG (iVm § 24 VStG) nicht die Befugnis, dem Beschuldigten eine andere Tat als die Erstbehörde anzulasten und damit die Tat auszuwechseln (vgl allgemein VwGH 25.3.1994, 93/02/0228; VwGH 19.5.1993, 92/09/0360; VwGH 28.2.1997, 95/02/0601). Die Entscheidungsbefugnis der Berufungsbehörde ist durch den Abspruchsgegenstand des angefochtenen Bescheides beschränkt (vgl VwGH 23.11.1993, 93/04/0169). Eine Abänderungsermächtigung besteht nur im Rahmen der Sache iSd § 66 Abs 4 AVG (vgl etwa VwGH 25.9.1992, 92/09/0178; VwGH 8.2.1995, 94/03/0072; VwGH 3.9.1996, 96/04/0080). Dabei ist Sache des Berufungsverfahrens die Angelegenheit, die den Inhalt des Spruchs im Bescheid der Unterbehörde bildet (vgl u.a. VwGH 24.3.1994, 92/18/0356; VwGH 23.10.1995, 94/04/0080; VwGH 29.10.1996, 96/07/0103; VwGH 19.3.1997, 93/11/0107). Ein Austausch wesentlicher Tatbestandsmerkmale führt zur Anlastung einer anderen Tat und ist daher unzulässig (vgl VwGH 20.11.1997, 97/06/0170).

 

4.3. Schon der Spruch des Straferkenntnisses erscheint derart mangelhaft, dass er einer zulässigen Korrektur durch den unabhängigen Verwaltungssenat nicht zugänglich ist. Dieser ist nämlich nach § 66 Abs 4 AVG nicht befugt, den Tatvorwurf auszutauschen. Eine Konkretisierung der Tat iSd § 44a Z 1 VStG muss zeitlich und örtlich in Abhängigkeit vom herangezogenen Verwaltungsdelikt so präzise vorgenommen werden, dass der Tatvorwurf unverwechselbar erscheint.

 

Die belangte Behörde hat zunächst schon verkannt, dass § 3 Abs 1 Z 4 iVm § 10 Abs 2 Oö. Spielapparategesetz 1999 nicht als verletzte Rechtsvorschriften anzusehen sind. Nach dem Inhalt des Spruchs hätte sie vielmehr auf die Strafnorm des § 10 Abs 1 Z 3 Oö. Spielapparategesetz 1999 in Verbindung mit einem Verbot nach § 3 leg.cit. abstellen müssen. Dies hat die belangte Behörde offenbar übersehen, wenn sie von der Bwin als "Verantwortliche für Spielapparate des W" spricht und ihr vorwirft: "Sie haben ... geduldet, dass in den öffentlich zugänglichen Räumlichkeiten ein Videospielapparat (Photo-Play), ..., aufgestellt wird".

 

Die Formulierung des Spruchs ist in mehrfacher Hinsicht verfehlt. Der Tatvorwurf der belangten Behörde orientiert sich nicht am Wortlaut des Straftatbestands nach § 10 Abs 1 Z 3 (iVm § 3 ) Oö. Spielapparategesetz 1999 und ist deshalb aus rechtlicher Sicht unschlüssig. Auch sprachlich ist sie weitgehend unbestimmt und als misslungen anzusehen ("Sie haben .... geduldet, dass ... aufgestellt wird."). Die entscheidenden Fragen nach dem Wann und Wie bleiben nämlich offen! Der zitierte Straftatbestand kennt außerdem keinen "Verantwortlichen für Spielapparate", sondern einen "Verfügungsberechtigten über den Aufstellort", von dem allein erwartet werden kann, dass er Verstöße gegen ein Verbot gemäß § 3 Oö. Spielapparategesetz 1999 nicht duldet. Dieses wesentliche Tatbestandsmerkmal kommt im gesamten Strafverfahren der belangten Behörde nicht vor, weshalb allein schon deshalb ein unbehebbarer Spruchmangel vorliegt, der zur Einstellung des Strafverfahrens führen muss.

 

Abgesehen davon ist auch aus der Aktenlage nicht belegbar, dass die Bwin über den Aufstellort verfügungsberechtigt sein könnte. Wie sie in der Berufung betont, sei sie selbst nicht Lokalbetreiberin und deshalb nicht für die im Straferkenntnis angeführten Spielapparate verantwortlich. Da die belangte Behörde nur ein unzureichendes Ermittlungsverfahren durchgeführt hat, kann diese Einlassung aus der dürftigen Aktenlage nicht widerlegt werden. Dass die Bwin im Aktenvermerk vom 15. Mai 2006 im Gegensatz zur Behauptung der Bwin, sie wäre nicht Lokalbetreiberin, nunmehr als Pächterin bezeichnet wird, entbehrt jeder aktenkundigen Beweisgrundlage. Eine ausdrückliche Feststellung dazu ist der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses auch nicht zu entnehmen.

 

4.4. Ein weiterer wesentlicher Spruchmangel liegt darin, dass der Vorwurf der Duldung des Aufstellens in zeitlicher Hinsicht nicht konkretisiert wurde. Es genügt nicht, den Zeitpunkt der Spielapparatekontrolle anzugeben, weil dieser regelmäßig ein ganz anderer ist als der des Aufstellens. Die belangte Behörde hat diesen Kontrollzeitpunkt wohl nur deshalb ersatzweise angeführt, weil sie nicht geklärt hat, wann der Videospielapparat mit angeblicher Duldung von einer verfügungsberechtigten Person tatsächlich im "W" öffentlich zugänglich aufgestellt worden ist. Das gesetzliche Verbot des Aufstellens eines Spielapparates betrifft ein aktives Verhalten des Täters, während das Dulden ein bloßes "Gewährenlassen" durch eine verfügungsberechtigten Person meint, die etwas dagegen unternehmen müsste. Diese beiden Tatbestände sind streng auseinander zu halten. Die belangte Behörde hat sie dagegen in eigenartiger Weise vermengt und damit einen eigenständigen, dem Oö. Spielapparategesetz 1999 aber nicht entsprechenden Tatvorwurf erhoben.

 

Nach ständiger Rechtsprechung des Oö. Verwaltungssenats wird vom gesetzlichen Verbot des Aufstellens nach § 3 Abs 1 Z 1 oder Z 4 (1. Fall) Oö. Spielapparategesetz 1999 der zeitlich und örtlich spezifizierte Vorgang des Aufstellens von Spielapparaten, nicht aber der Zustand des "Aufgestelltseins" in einem bestimmten Zeitpunkt erfasst (vgl ua. VwSen-300371 vom 27.09.2001; VwSen-300378 vom 12.11.2001; VwSen-300435 vom 23.10.2001; VwSen-300388 vom 14.03.2002; VwSen-300528 und 300535 je vom 20.01.2004; VwSen-300653 und 300654 je vom 22.12.2005).

 

4.5. Für die der Bwin in der Aufforderung zur Rechtfertigung angelastete Duldung des Wechsels des Spielprogramms und der damit verbundenen Verwendung in einem genehmigten Spielapparat gibt es keine aktenkundigen Hinweise, geschweige denn irgendwelche Beweise. Die belangte Behörde hat keinen konkreten Sachverhalt dazu ermittelt. weshalb dieser Vorwurf offenbar im angefochtenen Straferkenntnis auch nicht aufrecht erhalten worden ist. Obwohl im Spruch von der Verwendung eines Spielprogramms die Rede ist, für welches keine Änderung in dem erteilten Spielapparatebewilligungsbescheid bewilligt worden sei, wurde aber die Duldung dieser Verwendung nicht mehr angelastet. Vermutlich sollte nur zum Ausdruck gebracht werden, dass ein Spielapparat mit einem nicht bewilligten Spielprogramm aufgestellt worden ist. Jedenfalls befindet sich nicht einmal der Bewilligungsbescheid im Akt, weshalb die erstbehördlichen Überlegungen weder nachvollziehbar, noch nachkontrollierbar erscheinen.

 

Gemäß § 4 Abs 2 Oö Spielapparategesetz 1999 ist die Spielapparatebewilligung iSd § 4 Abs 1 leg.cit. (bewilligungspflichtig sind das Aufstellen von Spielapparaten oder die Verwendung von Spielprogrammen) auf Antrag des Betreibers unter bestimmten Voraussetzungen zu erteilen. Betreiber ist jene Person, die über den Aufstellort verfügungsberechtigt ist (vgl Begriffsbestimmung im § 2 Abs 4 leg.cit.). Demnach hätte die belangte Behörde wiederum den Betreiber bzw die bezeichnete verfügungsberechtigte Person ermitteln und zur Verantwortung zu ziehen gehabt. Dies hat sie nach der Aktenlage offenbar nicht getan.

 

4.6. Schließlich erscheint auch der im Spruch ganz allgemein als "Videospielapparat (Photo-Play)" bezeichnete Spielapparat nur unzulänglich umschrieben, weil damit dessen Identität keinesfalls unverwechselbar feststeht. Mit einer derart mangelhaften Bezeichnung des Tatobjekts erscheint eine Verwechslungsgefahr geradezu vorgezeichnet, weil das Gerät jederzeit austauschbar wäre. Spielapparate sind grundsätzlich unter Angabe von Art und/oder Type und gegebenenfalls nach Marke und Erzeuger mit den in Betracht kommenden Identifikationsnummern (Serien-, Geräte- und/oder Anlagennummer) zu bezeichnen. "Photo-Play" ist eine Markenbezeichnung für einen Spielapparat, aber noch keine exakte Bezeichnung für ein Spielprogramm. Viel wichtiger ist die Kenntnis der genauen Bezeichnung des im Gerät verwendeten Spielprogramms und seiner Funktionsweise. In der Begründung hat die belangte Behörde zwar durch Angabe der Seriennummer eine ausreichende Spezifikation des Spielapparates vorgenommen. Diese Umschreibung bloß in der Begründung reicht aber im Verwaltungsstrafrecht nach herrschender Rechtsprechung nicht aus (vgl Nachw bei Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens6, 1522, Anm 2 zu § 44a VStG).

 

Die belangte Behörde behauptet begründend, zwar ohne näher Beschreibung und ohne dies aktenkundig belegt zu haben, dass im gegenständliche Spielapparat das Spielprogramm "World of Games" und nicht das im Genehmigungsbescheid ausgewiesene "Magic Fun, Version 3.0" verwendet worden sei. Dazu kann das erkennende Mitglied nur anmerken, dass es beim Oö. Verwaltungssenat aus zahlreichen Verfahren amtsbekannt ist, dass Spielapparate mit fast beliebiger Bezeichnung immer wieder mit Spielprogrammen wie "Magic Card", "Magic Card Quiz" oder "Magic Fun" in verschiedenen Programmversionen ausgestattet werden, bei denen es sich aber um Geldspielprogramme (Pokerspiele) oder Apparate im Sinne des Glücksspielgesetzes handeln könnte. In diesem Zusammenhang käme entweder eine Übertretung nach § 52 Abs 1 Z 5 Glücksspielgesetz des Bundes oder die Übertretung nach § 3 Abs 1 Z 1 und Z 2 iVm § 10 Abs 2 Z 1 Oö. Spielapparategesetz 1999 in Betracht. Jedenfalls muss auch das Verbot des Aufstellens von Geldspielapparaten nach § 3 Abs 1 Z 1 Oö. Spielapparategesetz in Betracht gezogen werden. Ein Geldspielapparat iSd § 2 Abs 2 Oö. Spielapparategesetz 1999 wäre von vornherein nicht bewilligungsfähig. Diese Vorfragen hätte die belangte Behörde daher zwingend aufklären müssen, bevor sie einen Tatvorwurf nach § 3 Abs 1 Z 4 Oö. Spielapparategesetz 1999 erhebt.

 

4.7. Die Organe der belangten Behörde haben im Rahmen ihrer "routinemäßigen Spielapparatekontrolle" offenbar nur oberflächlich ermittelt und auch keinerlei Probespiele durchgeführt. Eine nachvollziehbare Beschreibung der Funktionsweise des im Spielapparat verwendeten Spielprogramms wurde weder erstattet, noch existieren zur Funktionsweise des beanstandeten Spielapparates überhaupt gesicherte und gut nachvollziehbaren Beweisergebnisse. In dem formularmäßig vorbereiteten Aktenvermerk über die Spielapparatekontrolle sind von den Prüfungsorganen nur die oben erwähnten handschriftlichen Eintragungen in knapper Form vorgenommen worden.

 

Auf Grund der wesentlichen Erhebungs- und Feststellungsmängel des erstbehördlichen Verfahrens ist es dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich nicht einmal möglich zu beurteilen, ob ein nach § 4 Oö. Spielapparategesetz 1999 bewilligungspflichtiger Spielapparat oder unter Umständen ein verbotener Geldspielapparat vorliegen könnte. Auch die Abgrenzung zwischen dem Oö. Spielapparategesetz 1999 und dem Glücksspielgesetz des Bundes setzt ausreichende Tatsachenfeststellungen zur Funktionsweise des Spielapparates, die mitunter nur mit Hilfe von geeigneten Sachverständigen möglich sind, voraus.

 

5. Zusammenfassend ist auf die dargelegten Spruchmängel hinzuweisen, die schon für sich allein das angefochtene Straferkenntnis mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belasten und zu seiner Aufhebung führen müssen. Unabhängig davon hat die belangte Behörde auch weder hinreichende Erhebungen durchgeführt, noch ausreichende Tatsachenfeststellungen getroffen, um die entscheidungswesentlichen Fragen lösen zu können.

 

Im Ergebnis war aus all den genannten Gründen das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Strafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG einzustellen. Bei diesem Ergebnis entfällt auch gemäß § 66 Abs 1 VStG die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

Dr. W e i ß

 

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