Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-420490/56/BMa/Be

Linz, 28.06.2007

 

E R K E N N T N I S

 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Gerda Bergmayr-Mann aus Anlass der Beschwerden der V P, des H P und des M P, jeweils wohnhaft wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt am 21. November 2006, durch Vornahme einer Hausdurchsuchung, in Zurechnung der Bezirkshauptmannschaft Schärding zu Recht erkannt:

 

        I.      Soweit sich die Beschwerde gegen die Verletzung des Rechtes auf Achtung des Privat- und Familienlebens gemäß Art.8 MRK durch Betreten und Durchsuchen der Räumlichkeiten des H P und der V P wendet, wird dieser keine Folge gegeben und diese Maßnahme als nicht rechtswidrig festgestellt.

 

      II.      Soweit sich die Beschwerde gegen die Äußerungen eines Polizeibeamten gegenüber M P wendet, wonach dieser den Beschwerdeführer, als er zum Polizeiposten mitfahren hätte sollen, gefragt haben soll, ob er den Vater zum "Arschabwischen" brauche, wird dieser keine Folge gegeben.

 

           III.     Soweit sich die Beschwerde gegen eine Weigerung der Polizisten wendet, M P an der Hausdurchsuchung teilnehmen zu lassen, wird dieser keine Folge gegeben.

 

     IV.     Die Beschwerdeführerin V P hat dem Bund (Verfahrenspartei: Bezirkshauptmann von Schärding) Aufwendungen in Höhe von 271,80 Euro als obsiegender Partei binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Der Beschwerdeführer M P hat dem Bund (Verfahrenspartei: Bezirkshauptmann von Schärding) Aufwendungen in Höhe von 543,60 Euro als obsiegender Partei binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

 

Rechtsgrundlagen:

Art. 129a Abs.1 Z.2 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) iVm § 67a Abs.1 Z.2 und § 67c AVG 1991; § 79a AVG iVm UVS-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 334/2003.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit per Mail beim unabhängigen Verwaltungssenat am 23. November 2006 eingelangtem Schreiben wurde von der Beschwerdeführerin V P wegen einer rechtswidrig vorgenommenen Hausdurchsuchung Maßnahmenbeschwerde erhoben. In diesem Schreiben wurden von der bei der Hausdurchsuchung nicht anwesenden Beschwerdeführerin zahlreiche Handlungen beschrieben, die einen Eingriff in Rechte darstellen könnten, ohne zu präzisieren, wogegen sich die Beschwerde nun tatsächlich wendet. Nach Beschaffung des Hausdurchsuchungs- und Beschlagnahmebefehls vom Landesgericht Ried im Innkreis sowie Aufforderung an die belangte Behörde, den bezughabenden Verwaltungsakt vorzulegen und eine Gegenschrift zu erstatten, wurde Frau V P diese Gegenschrift, aus der hervorgeht, dass die Hausdurchsuchung aufgrund eines richterlichen Befehls vorgenommen wurde, zur Kenntnis gebracht.

Im Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 15. Jänner 2007, mit dem der Akt der belangten Behörde übermittelt wurde, wurde die kostenpflichtige Zurück- bzw. Abweisung der Beschwerde beantragt.

Am 7. Februar 2007 langte beim unabhängigen Verwaltungssenat ein Mail ein, in dem neuerlich, diesmal etwas detaillierter, die Durchführung der Hausdurchsuchung gerügt wurde. Angeschlossen wurden Schreiben des M P und des H P jeweils vom 6. Februar 2007, in welchen die Durchführung der Hausdurchsuchung wiederum in vielen Details kritisiert wurde. Am 8. Februar 2007 langten diese Schreiben nochmals, diesmal per Post, beim unabhängigen Verwaltungssenat ein. Angeschlossen waren Fotos vom Zimmer der V P.

Vom Bezirksgericht Schärding wurde über Ersuchen des unabhängigen Verwaltungssenates ein Auszug aus dem Akt U35/07v übermittelt, in dem die Hausdurchsuchung dokumentiert wurde. Das gerichtliche Verfahren gegen M P wurde wegen des Verdachtes gemäß § 27 Abs.1 Suchtmittelgesetz an das BG Schärding am Inn abgetreten.

In der mündlichen Verhandlung am 13. April 2007, zu der die Beschwerdeführerin V P in Begleitung ihres Vaters H P gekommen war, wurde von diesem mündlich die Vollmacht an V P erklärt. Die Vollmacht des Beschwerdeführers M P, des Bruders der Beschwerdeführerin, wurde mit Schreiben vom 14. April 2007 nachgereicht.

 

Die anwaltlich nicht vertretenen Beschwerdeführer präzisierten die Beschwerdepunkte anlässlich der mündlichen Verhandlung folgendermaßen:

1. Es wurde die Verletzung des Rechtes auf Achtung des Privat- und Familienlebens gemäß Art. 8 MRK durch Betreten und durch Durchsuchen der Räumlichkeiten des H P und der der V P geltend gemacht.

2. Darüber hinaus wurde das ungebührliche Verhalten der Polizeibeamten gegenüber M P, anlässlich der Durchführung der Hausdurchsuchung durch die Äußerung eines Polizeibeamten, in Beschwer gezogen. Denn als M P zum Posten fahren hätte sollen, wurde er vom Polizeibeamten gefragt, ob er den Vater zum "Arschabwischen" brauche.

3. Überdies wurde die Verweigerung der Teilnahme an der Hausdurchsuchung gegenüber M P in Beschwer gezogen.

 

Die mündliche Verhandlung wurde über Antrag der Beschwerdeführer wegen Ortsabwesenheit des M P erst am 15. Juni 2007 fortgesetzt.

Anlässlich dieser Verhandlung wurde vorweg der Umfang der durch M P schriftlich erteilten Vollmacht an seine Schwester V P geklärt und festgestellt, dass die Vollmacht bereits vor der ersten Eingabe bestanden hatte.

 

2. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der Bezirkshauptmannschaft Schärding zu Sich01-5-2007, der mit Schreiben vom 15. Jänner 2007 dem Oö. Verwaltungssenat vorgelegt wurde, durch Beischaffen von Aktenkopien aus dem Strafverfahren gegen M P wegen Übertretung des Suchtmittelgesetzes sowie durch Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 13. April 2007, die am 15. Juni 2007 fortgesetzt wurde. Zur Verhandlung am 13. April 2007 erschien die Beschwerdeführerin in Begleitung ihres Vaters, des Beschwerdeführers H P. Als Zeugen wurden in dieser Verhandlung MK, GI W B, RI J K und in der fortgesetzten Verhandlung am 15. Juni 2007 GI B vernommen. Ein Vertreter der belangten Behörde ist nicht erschienen.

 

3.1. In der Sache hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

3.2. Aufgrund der aktenkundigen Beweislage und der durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung geht das erkennende Mitglied des Oö. Verwaltungssenates von folgendem erwiesenen Sachverhalt aus:

 

3.2.1. Am 21. November 2006 wurde aufgrund des am 15. November 2006 vom Landesgericht Ried im Innkreis erlassenen Hausdurchsuchungs- und Beschlagnahmebefehls, mit dem die Durchsuchung der Wohnung des Beschuldigten M P in, samt aller dazugehöriger Räumlichkeiten und allenfalls vom Beschuldigten benutzter Personenkraftwagen angeordnet wurde, das Haus an der oben angeführten Adresse durchsucht. Das Haus wurde von mehreren Personen, M P, seiner Schwester V P und seinem Vater H P bewohnt. Zum Zeitpunkt der Hausdurchsuchung war kein Zimmer des Hauses versperrt. Am 21. November 2006, gegen Mittag, wurde M P, als er sich außerhalb des Hauses aufgehalten hatte, von zwei Polizeibeamten informiert, dass eine Hausdurchsuchung durchzuführen sei. Der Hausdurchsuchungs- und Beschlagnahmebefehl wurde um 12.30 Uhr von M P persönlich übernommen.

Nach Eintreffen der Gerichtszeugin MK, eines Hundeführers und weiterer Beamten wurde die Hausdurchsuchung durchgeführt. Vor Betreten des Hauses wurde M P aufgefordert, Suchtgiftutensilien herauszugeben, dann würde sich eine Durchsuchung erübrigen. Er wurde auch gefragt, wo genau seine Räumlichkeiten situiert sind, dies hat er aber nicht bekanntgegeben. Der Beschwerdeführer hat den Polizisten mitgeteilt, er habe mit Suchtgift nichts zu tun. Er hat die Haustüre aufgesperrt und die Polizisten sind mit der Gerichtszeugin ins Haus gegangen.

Es kann nicht festgestellt werden, dass GI B, bevor er das Haus betreten hat, zu M P gesagt hat, er dürfe nicht an der Hausdurchsuchung teilnehmen.

Während das Haus durch die Ermittlungstruppe betreten wurde, bellte der Hund der Familie P in der Garage und M P hat sich zu diesem begeben, um ihn zu beruhigen. Daraufhin hat er vor dem Haus im Freien eine Zigarette geraucht. Weil ihm sichtlich kalt war, wurde er von GI B, der den Auftrag hatte, auf M P während der Hausdurchsuchung aufzupassen, eingeladen, sich in sein Auto zu setzen. M P wurde nicht mit Befehls- oder Zwangsgewalt von der Hausdurchsuchung ausgeschlossen und er wurde auch nicht mit Zwang oder unter Androhung von Zwang aufgefordert, sich ins Auto zu setzen. M P hat sich auf den Rücksitz des unversperrten Polizeiautos gesetzt und GI B auf einen der vorderen Sitze.

Der Hausdurchsuchungsbefehl vom 15. November 2006 umfasst die "Durchsuchung der Wohnung des Beschuldigten M P samt aller dazu gehöriger Räumlichkeiten und allenfalls vom Beschuldigten benutzter Personenkraftwagen"  an der angeführten Wohnadresse.

Die Räume waren unverschlossen und den einzelnen Familienmitgliedern nicht eindeutig zuordenbar.

Das eheliche Schlafzimmer des H P wurde geöffnet und eingesehen. Ob dieses auch durchsucht wurde, kann nicht festgestellt werden. 

 

Während der Hausdurchsuchung wurde M P von GI B befragt, wie der Dachboden zu öffnen sei. Er hat aber keine Anstalten gemacht, mit dem Polizisten ins Haus zu gehen.

Nachdem Hanfstengel gefunden worden waren, wurde M P unter Hinweis darauf gefragt, wo das "Gras" ist. Daraufhin hat sich M P ins Haus begeben. Dies war bereits gegen Ende der Hausdurchsuchung im Hauptgebäude. Während der Hausdurchsuchung ist die Haustüre offen gestanden.

Beim Durchsuchen der Garage ist M P auf dem Moped in dieser gesessen und hat zugewartet. Er wurde von RI S aufgefordert mitzukommen, um ein Protokoll zu verfassen. Auf seine Frage, ob er seinen Vater hinzuziehen könne, wurde er gefragt, wie alt er sei. Nachdem festgestellt worden war, dass er volljährig war, haben sich die Beamten darüber lustig gemacht, dass ein Volljähriger seinen Vater bei der Protokollierung dabei haben will. Es kann nicht festgestellt werden, dass M P gefragt wurde, ob er seinen Vater zum "Arschabwischen" brauche.

Die Unterzeichnung des Protokolls über die Hausdurchsuchung wurde von M P verweigert.

M P war im Anschluss an die Hausdurchsuchung, nachdem die Polizisten wieder weggefahren waren, alleine im Haus.

Im Obergeschoss des Hauses war bereits vor der Hausdurchsuchung eine große Unordnung. Es kann nicht festgestellt werden, das diese aufgrund der Hausdurchsuchung wesentlich anders war. Es kann auch nicht festgestellt werden, dass Beschädigungen im Haus auf die Hausdurchsuchung zurückzuführen sind. Die behauptete Beschädigung des Bettes vor dem Küchenkastl im ersten Stock bestand im Beiseiteräumen einer auf Ziegelsteinen platzierten Matratze, weil dort der Suchtmittelspürhund angeschlagen hat.

 

3.2.2. Der festgestellte Sachverhalt wurde aus dem Akteninhalt, den Zeugenaussagen und den Angaben der Beschwerdeführer abgeleitet, wobei die Zeugenaussagen in wesentlichen Punkten in sich schlüssig waren und keine Widersprüchlichkeiten aufgewiesen haben.

Die Angaben der Beschwerdeführer V P und H P, die bei der Hausdurchsuchung selbst nicht anwesend waren, beruhen überwiegend nur auf Auskünften, die sie von M P erhalten haben.

Von den Zeugen wurde übereinstimmend angegeben, es habe bereits vor der Hausdurchsuchung Unordnung im Großteil des Hauses geherrscht und Beschädigungen seien keine wahrgenommen worden. Die davon abweichenden  Aussagen der Beschwerdeführer, die durch zwei Mails der V P, denen nicht unterzeichnete Erklärungen ihrer Bekannten angeschlossen waren, gestützt hätten werden sollen, vermögen diese Angaben nicht zu erschüttern. 

Die Aussage des M P, die sich auf die Situation vor Betreten des Hauses bezog, wonach GI B ihm gesagt habe, er dürfe nicht an der Hausdurchsuchung teilnehmen, wurde nicht durch Zeugenaussagen belegt. Zwar war M P der Meinung, dass das jeder gehört habe. Die vernommenen Zeugen (GI B, Seite 4, MK, Seite 6, RI K, Seite 9 der Verhandlungsschrift vom 13. April 2007 und GI B, Seite 6 der Verhandlungsschrift vom 15. Juni 2007) haben aber übereinstimmend angegeben, Beobachtungen, wonach M P von der Hausdurchsuchung ausgeschlossen wurde, nicht gemacht zu haben. Diesbezüglich ist den übereinstimmenden und glaubwürdigen Zeugenaussagen zu folgen.

Anhaltspunkte für die Anwendung von Zwangsgewalt oder Erteilung eines Befehls unter Androhung von unmittelbarer Zwangsgewalt durch die Polizeibeamten zur Verhinderung der Teilnahme des M P an der Hausdurchsuchung haben sich im gesamten Verfahren nicht ergeben.

 

Vom Beschwerdeführer H P wurde in seiner abschließenden Stellungnahme auf Seite 8 und 9 der Niederschrift vom 15. Juni 2007 dargestellt, die Aussagen der Zeugen vor dem UVS seien hinsichtlich der durchsuchten Räumlichkeiten konform gewesen. GI B hat aber in einem Schreiben an das LG Ried im Innkreis vom 21. November 2006 angegeben, dass alle Zimmer durchsucht wurden, und RI M hat in seiner Niederschrift vom 24. November 2005 ausgesagt, dass sämtliche Räume ohne Rücksichtnahme auf die Besitzverhältnisse durchsucht wurden.

In der mündlichen Verhandlung hingegen wurde von GI B und der Zeugin K übereinstimmend ausgesagt, das Schlafzimmer des Herrn P, in dem das Ehebett gestanden ist, sei nicht durchsucht worden. Die Zeugin K gab dazu an, dass ein Blick hineingeworfen wurde, das Zimmer als Schlafzimmer des Herrn P erkannt und sogleich wieder die Türe geschlossen wurde.

Aufgrund der den Zeugenaussagen widersprechenden Angabe des J M in der Niederschrift vom 24.11.2006 und der Mitteilung des GI B an das Landesgericht Ried vom 21.11.2006, wonach sämtliche Räumlichkeiten des Wohnhauses nach eventuellen Suchtmittelutensilien durchsucht worden waren, konnte nicht festgestellt werden, ob auch das Schlafzimmer des H P, in dem sich das Ehebett befindet, nur eingesehen oder auch durchsucht wurde.

 

Hinsichtlich der angeblichen Äußerung eines Polizisten gegenüber M P, ob er seinen Vater zum "Arschabwischen" benötige, liegen ebenfalls divergierende Aussagen des Beschwerdeführers M P und der Zeugen MK, GI B und RI K vor. Während M P vermeinte, alle außer GI B hätten diese Äußerung gehört (Seite 5 der Verhandlungsschrift vom 15. Juni 2007), wurde diese Äußerung von keinem der vernommenen Zeugen bestätigt.

Zwar gab die Zeugin K an, die Polizisten hätten sich darüber lustig gemacht, dass ein Volljähriger nun plötzlich seinen Vater beiziehen möchte (Seite 8 der Verhandlungsschrift). Sie vermeinte jedoch weiters, dass das sicher niemand böse gemeint habe, dies entspreche ihrer Mentalität am Land. Auch sie konnte die in Beschwer gezogene Äußerung nicht bestätigen.

Anlässlich der Verhandlung entstand der Eindruck, dass der Beschwerdeführer M P dazu neigt, den Sachverhalt zu überzeichnen. So hat er angegeben, die Polizisten hätten sein Auto "zerlegt" (Seite 5 der Verhandlungsschrift vom 15. Juni 2007). Sie hätten anlässlich der Durchsuchung des Autos den Kühler entfernt  und er habe den Tankdeckel öffnen müssen. Auch bezeichnete er das Suchen der Beamten in der Garage als "Herumwühlen" (ebenfalls Seite 5 der Verhandlungsschrift vom 15. Juni 2007). M P neigt auch dazu, den Sachverhalt zu seinen Gunsten darzustellen. Dies ergibt sich aus seinen Aussagen, es sei keine Anzeige wegen Suchtgifts gegen ihn erstattet worden und es sei nichts gefunden worden (gemeint bei der Hausdurchsuchung), das mit Suchtgift zu tun habe. Denn es ist aktenkundig, dass M P – ebenso wie sein Vater – Kenntnis von dem gegen ihn geführten Gerichtsverfahren hatte und bei der Hausdurchsuchung u.a. Hanf beschlagnahmt wurde.

Insgesamt ist daher den übereinstimmenden Aussagen der Zeugen mehr Glauben zu schenken als jenen des Beschwerdeführers M P und seiner Schwester oder seines Vaters, wobei letztere den Sachverhalt im Wesentlichen nur aufgrund der Schilderung des Bruders bzw. Sohnes kannten.

 

3.3. Der Oö. Verwaltungssenat hat in rechtlicher Hinsicht erwogen:

 

Gemäß Art. 129a Abs.1 Z.2 B-VG iVm § 67a Abs.1 Z.2 AVG erkennen die unabhängigen Verwaltungssenate über Beschwerden von Personen, die behaupten, durch die Ausübung unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt in ihren Rechten verletzt zu sein (sogenannte Maßnahmenbeschwerden), ausgenommen Finanzstrafsachen des Bundes.

 

Die Ausübung unmittelbarer behördlicher Befehls- und Zwangsgewalt liegt dann vor, wenn ein Verwaltungsorgan im Rahmen der Hoheitsverwaltung einseitig einen Befehl erteilt oder Zwang ausübt und dieser Akt gegen individuell bestimmte Adressaten gerichtet ist. Dem gegenüber können Akte von Verwaltungsbehörden, die in Durchführung richterlicher Befehle gesetzt werden, gemäß herrschender Lehre und Rechtsprechung nicht dem Bereich der Hoheitsverwaltung zugeordnet werden. Vielmehr sind der richterliche Befehl und dessen tatsächliche Ausführung, auch wenn diese durch Verwaltungsorgane vorgenommen wird, als Einheit zu sehen. Demgemäß sind die aufgrund eines richterlichen Befehls von Verwaltungsorganen vorgenommenen Akte zur Durchführung dieses Befehls – solange die Verwaltungsorgane den ihnen durch den richterlichen Befehl gestellten Ermächtigungsrahmen nicht überschreiten – funktionell der Gerichtsbarkeit zuzurechnen. Im Fall einer offenkundigen Überschreitung des richterlichen Befehls liegt hingegen insoweit ein der Verwaltung zuzurechnendes Organhandeln vor (VwGH vom 23. September 1998, 97/01/1084).

Im gegenständlichen Fall liegt unbestritten ein Hausdurchsuchungsbefehl vor, mit dem die Durchsuchung der Wohnung des M P in, samt aller dazugehöriger Räumlichkeiten und allenfalls vom Beschuldigten benutzter Personenkraftwagen, angeordnet wurde.

Die Beschwerdeführer V P und H P vermeinen, dass sie durch die Durchsuchung ihrer Räumlichkeiten in dem Haus, auf dessen Adresse sich der Hausdurchsuchungsbefehl bezieht, in ihrem Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens beeinträchtigt sind.

Aus seinem Wortlaut alleine ergibt sich schon, dass neben der Wohnung des M P alle dazu gehörigen Räumlichkeiten an dieser Adresse vom Hausdurchsuchungsbefehl umfasst sind. Wie sich aus den Darstellungen der bei der Hausdurchsuchung anwesenden Zeugen ergibt, waren die einzelnen Räume nicht zuordenbar. Keiner der Räume war versperrt, woraus geschlossen werden kann, dass im Familienverband jeder Raum für jedes Familienmitglied frei zugänglich ist. Eine klare Abgrenzung einzelner Wohn- und Lebensbereiche der im Familienverband lebenden Angehörigen war nicht vorhanden.  Überdies waren zum Zeitpunkt der Hausdurchsuchung die Wohnverhältnisse nicht eindeutig erkennbar; so benutzte H P offensichtlich eine Notschlafstelle und V P kam nur in mehrwöchigen Abständen zur durchsuchten Örtlichkeit. Die Zimmer waren abgedunkelt und es herrschte überall, mit Ausnahme eines Zimmers im Erdgeschoss, Unordnung.

Von M P wurden die ihm eindeutig zuordenbaren Räumlichkeiten vor Beginn der Hausdurchsuchung nicht benannt.

Aufgrund der örtlichen Situation im Hause geht das erkennende Mitglied des unabhängigen Verwaltungssenates davon aus, dass alle Räumlichkeiten des Hauses vom Hausdurchsuchungsbefehl umfasst waren.

Selbst wenn man zugunsten der Beschwerdeführer davon ausginge, der richterliche Befehl sei einschränkend zu interpretieren, so war es den einschreitenden Beamten an Ort und Stelle durch Befragen des M P nicht möglich, eine sichere Aufklärung über die Wohnverhältnisse zu erzielen. Damit sind auch unklare Bereiche (z.B. das eheliche Schlafzimmer im Erdgeschoss) als von der gerichtlichen Anordnung gedeckt anzusehen (VwGH vom 23.9.1998, Zl. 97/01/1086).

 

Damit kann aber im  Betreten und Durchsuchen der Räumlichkeiten des H P und der V P keine Überschreitung des richterlichen Befehls gesehen werden. Somit liegt auch keine Verletzung des Rechtes auf Achtung des Privat- und Familienlebens aufgrund der Durchführung der Hausdurchsuchung in Befolgung des gerichtlichen Befehls vom 15. November 2006 vor.

 

Die diesbezüglichen Beschwerden der V und des H P waren daher abzuweisen.

 

Gemäß VwGH-Erkenntnis vom 23. September 1998 (Zl. 97/01/1084) sind die Modalitäten und näheren Umstände, unter denen eine Hausdurchsuchung erfolgte, keine vor dem UVS bekämpfbaren Maßnahmen. Bei einer aufgrund eines richterlichen Befehls durchgeführten Hausdurchsuchung ist auch die Vorgangsweise bezüglich eines Hausdurchsuchungsbefehls dem Gericht zuzurechnen. Allfällige Verletzungen der Bestimmung der §§ 141 und 142 StPO können damit nicht im Wege einer Maßnahmenbeschwerde aufgegriffen werden.

 

Gemäß § 142 Abs.2 StPO ist der Inhaber der Räumlichkeiten, die durchsucht werden sollen, aufzufordern, der Durchsuchung beizuwohnen. Ist er verhindert oder nicht anwesend, so muss die Aufforderung an ein erwachsenes Mitglied seiner Familie oder in dessen Ermangelung an einen Hausgenossen oder Nachbarn ergehen.

 

Wie sich aus den Feststellungen ergibt, wurde der Beschwerdeführer nicht durch Befehls- oder Zwangsgewalt am Beisein bei der Hausdurchsuchung gehindert.

Selbst für den Fall, dass die Polizisten M P die Anwesenheit bei der aufgrund eines richterlichen Befehls durchgeführten Hausdurchsuchung verweigert hätten, ist eine Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenats nicht gegeben. Die diesbezügliche Beschwerde war daher zurückzuweisen.

 

Mit der Beschwerde, wonach M P sich anlässlich der Durchführung der Hausdurchsuchung durch die Äußerung eines Polizeibeamten, ob er den Vater zum "Arschabwischen" brauche, durch unmittelbare verwaltungsbehördliche Befehls- und Zwangsgewalt in seinen Rechten verletzt erachtet, wurde offensichtlich Art. 3 EMRK (unmenschliche und erniedrigende Behandlung) angesprochen.

Nach den Feststellungen wurde jedoch keine solche Äußerung getätigt. Darüber hinaus sprach der Verfassungsgerichtshof bereits wiederholt aus, dass rein verbale Entgleisungen (eines behördlichen Organes) als solche und für sich allein nicht als Akte unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt iS des Artikel 144 Abs.1 B-VG gewertet werden können. Daran ändert auch nichts, dass es laut Angabe des Beschwerdeführers zu einem derartigen Übergriff aus Anlass einer Amtshandlung gekommen sein soll (VfGH-Erkenntnis vom 28.11.1989, VfSlg12213).

Die diesbezügliche Beschwerde des M P war daher ebenfalls wegen Unzuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenats zurückzuweisen. 

 

4. Ergänzend wird festgehalten, dass aufgrund der gegenständlichen Hausdurchsuchung ein Verfahren wegen Richtlinienverletzung durchgeführt wurde (die Beschwerde wurde vom Verwaltungssenat bereits Anfang Dezember gem. § 6 AVG an das Landespolizeikommando für Oberösterreich weitergeleitet). Diesbezüglich ist keine Berufung beim unabhängigen Verwaltungssenat eingelangt.

 

5. Gemäß § 79a Abs.1 AVG hat die im Verfahren nach § 67c obsiegende Partei Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei. Wenn die Beschwerde zurückgewiesen oder abgewiesen wird oder vom Beschwerdeführer vor der Entscheidung durch den unabhängigen Verwaltungssenat zurückgezogen wird, dann ist gemäß § 79a Abs.3 AVG die belangte Behörde die obsiegende und der Beschwerdeführer die unterlegene Partei.

 

Nach § 79a Abs.4 AVG gelten als Aufwendungen gemäß Abs.1 neben Stempel- und Kommissionsgebühren sowie Barauslagen, für die der Beschwerdeführer aufzukommen hat, vor allem die durch Verordnung des Bundeskanzlers festgesetzten Pauschbeträge für den Schriftsatz-, den Verhandlungs- und den Vorlageaufwand.

 

Nach § 79a Abs.6 AVG ist Aufwandersatz auf Antrag der Partei zu leisten. Einen solchen allgemeinen Antrag hat die belangte Behörde gestellt.

 

Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes sind nach dem Zweck der behördlichen Akte trennbare Anfechtungsgegenstände zu unterscheiden, hinsichtlich derer jeweils eine gesonderte Kostenentscheidung zu ergehen hat (vgl. dazu etwa VwGH 22.10.1999, 98/02/0142, 0143; VwGH 28.2.1997, 96/02/0481; VwGH 17.12.1996, 94/01/0714; VwGH 6.5.1992, 91/01/0200).

 

Gemäß § 79a Abs 7 AVG gelten die §§ 52 bis 54 VwGG auch für den Aufwandersatz im Maßnahmenbeschwerdeverfahren nach § 79a Abs 1 AVG.

 

Nach § 52 Abs 1 VwGG ist im Fall der Anfechtung mehrerer Verwaltungsakte durch einen oder mehrere Beschwerdeführer in einer Beschwerde die Frage des Anspruchs auf Aufwandersatz so zu beurteilen, wie wenn jeder der Verwaltungsakte in einer gesonderten Beschwerde angefochten worden wäre.

 

Gemäß § 53 Abs.1 VwGG ist für mehrere Beschwerdeführer, die gemeinsam einen Verwaltungsakt in einer Beschwerde angefochten haben, vorgesehen, dass die Frage des Anspruchs auf Aufwandersatz so zu beurteilen ist, wie wenn die Beschwerde nur von dem in der Beschwerde erstangeführten Beschwerdeführer eingebracht worden wäre. Diese Regelung gilt zur Vermeidung von Kostenkumulierungen für Fälle einer einheitlichen Prozesspartei, soweit sich Beschwerdeführer in derselben prozessualen Situation befinden und ihre Beschwerden dasselbe rechtliche Schicksal haben (vgl Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3 [1987], 709 Rechtsprechung zu § 53 VwGG).

 

Im vorliegenden Fall waren die Beschwerdeführer V und H P von der Hausdurchsuchung gleichermaßen betroffen und nicht in ihrem Recht auf Achtung der teilweise gemeinsam genutzten Wohnung verletzt worden. Die gemeinsam erhobene Beschwerde gegen diesen Verwaltungsakt teilt das gleiche rechtliche Schicksal, weshalb die Regel des § 53 Abs.1 VwGG zur Anwendung gelangt und Aufwandersatz nur von der erstangeführten Beschwerdeführerin (V P) beansprucht werden kann. Damit besteht nur Anspruch auf einmaligen Aufwandersatz durch die Erstbeschwerdeführerin.

 

Von der behaupteten Weigerung der Teilnahme an der Hausdurchsuchung und der behaupteten erniedrigenden Behandlung durch eine Äußerung eines Polizisten war nur M P betroffen. Da diese Verwaltungsakte als nicht rechtswidrige Eingriffe in dessen Rechte zu beurteilen waren, hatte dieser insofern auch den Aufwandersatz nach der Regel des § 52 Abs.1 VwGG zu zahlen.

 

Im vorliegenden Fall waren daher nach der geltenden UVS-Aufwandersatzverordnung 2003 (BGBl. II Nr. 334/2003) V P ein Vorlageaufwand von 51,50 Euro und ein Schriftsatzaufwand in Höhe von 220,30 Euro (§ 1 Z.3 und 4 UVS-AufwandersatzV) und M P der Vorlage- und Schriftsatzaufwand in Höhe von 543,60 Euro, für zwei Beschwerden vorzuschreiben.

 

An Stempelgebühren nach dem Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957 idF BGBl. I Nr. 24/2007, waren für V und H P die Eingabengebühr für die Beschwerden je 1 x 13 Euro sowie für V P einmal für 9 Bögen als Beilagen 21,80 Euro, und  für M P 2 x 13 Euro (Eingabegebühr), zugunsten des Bundes, als Rechtsträger der belangten Behörde, vorzuschreiben. Darüber hinaus hat M P zur Vergebührung seiner schriftlich erteilten Vollmacht 13 Euro zu zahlen .

 

Analog dem § 59 Abs.4 VwGG 1985 war eine Leistungsfrist von 2 Wochen festzusetzen, zumal das Schweigen des § 79a AVG 1991 nur als planwidrige Lücke aufgefasst werden kann, sollte doch die Neuregelung idF BGBl. Nr. 471/1995 im Wesentlichen eine Angleichung der Kostentragungsbestimmungen an das VwGG bringen (vgl Erl zur RV, 130 Blg NR 19. GP, 14 f).

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweise:

1.      Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

2.      Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 60,80 Euro angefallen. Ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

 

Mag. Bergmayr-Mann

 

 

 

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