Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-521663/2/Zo/Jo

Linz, 09.07.2007

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Zöbl über die Berufung der Frau A E, geboren 19.., R, vom 04.06.2007, gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Steyr-Land vom 18.05.2007, Zl. VerkR21-78-2007, wegen Anordnung eines Fahrsicherheitstrainings zu Recht erkannt:

 

 

Der Berufung wird stattgegeben, der angefochtene Bescheid aufgehoben und das Verwaltungsverfahren eingestellt.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 66 Abs.4 und 67a AVG, 30b FSG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Die Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land hat die Berufungswerberin mit dem angefochtenen Bescheid verpflichtet, innerhalb von drei Monaten ein Fahrsicherheitstraining gemäß § 13b Führerscheingesetz-Durchführungsverordnung zu absolvieren sowie eine Bestätigung jener Einrichtung, bei welcher sie dieses Fahrsicherheitstraining absolviert hat, der Behörde vorzulegen.

 

2. In der dagegen rechtzeitig eingebrachten Berufung machte die Berufungswerberin geltend, dass die Ausführungen in der Gendarmerieanzeige, wonach drei der vier mitgefahrenen Kinder nicht ordnungsgemäß gesichert gewesen seien, nicht stimmen würden. In Wahrheit seien drei Kinder ordnungsgemäß angegurtet gewesen, lediglich ihre ältere Tochter sei nicht angegurtet gewesen, weil sich der Gurt während der Fahrt gelöst habe. Die Geldstrafe in Höhe von 198 Euro sei für sie angemessen und die Polizei habe ihr gesagt, dass ein Punkt im Führerscheinsystem vorgemerkt werde.

 

Sie sei keine Raserin und würde auch im Straßenverkehr andere Verkehrsteilnehmer nicht gefährden, weshalb die Anordnung eines Fahrsicherheitstrainings nicht angebracht sei. Sie erwarte ihr 4. Kind, weshalb es ihr derzeit auch nicht möglich sei, das Fahrsicherheitstraining zu absolvieren. Sie sei alleinerziehende Mutter und könne die Kosten für diese Anordnung nicht aufbringen. Aufgrund ihres Wohnsitzes sei sie auf den Führerschein angewiesen, es gebe keine andere Möglichkeit als das Auto, um in den Ort zu gelangen. Es möge berücksichtigt werden, dass sie keinerlei Vorstrafen habe und nicht betrunken mit dem Auto gefahren sei. Es sei ohnedies schon schwierig genug, die Kinder durchzubringen.

 

3. Der Bezirkshauptmann von Steyr-Land hat den Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates, wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 67a Abs.1 AVG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt. Bereits aus diesem ergibt sich, dass der angefochtene Bescheid aufzuheben war, weshalb eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung entfallen kann.

 

4.1. Folgender Sachverhalt steht fest:

 

Die BPD Steyr hat über die Berufungswerberin drei rechtskräftige Geldstrafen in Höhe von jeweils 60 Euro verhängt, weil diese am 28.01.2007 um 13.58 Uhr in Steyr auf der Eisenstraße als Lenkerin des PKW mit dem Kennzeichen  drei Kinder unter 14 Jahren, welche kleiner als 150 cm sind, auf dem Rücksitz beförderte und dabei keine geeigneten, der Größe und dem Gewicht der Kinder entsprechende Rückhalteeinrichtung (Kindersitz bzw. Sitzkissen) verwendete.

 

In der entsprechenden Strafverfügung wurde die Berufungswerberin darauf hingewiesen, dass die Begehung dieser drei Delikte in das Führerscheinregister eingetragen wird und aufgrund der Begehung von zumindest zwei in Tateinheit begangener Vormerkdelikte die Führerscheinbehörde eine besondere Maßnahme anordnen werde.

 

In weiterer Folge wurde die Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land als Wohnsitzbehörde über die rechtskräftige Bestrafung informiert und hat diese den nunmehr angefochtenen Bescheid erlassen.

 

5. Darüber hat der UVS des Landes Oberösterreich in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:

 

5.1. Gemäß § 30a Abs.2 FSG sind unter anderem Übertretungen des § 106 Abs.5 Z1 und 2, § 106 Abs.5 3. Satz und § 106 Abs.6 letzter Satz KFG 1967 als Vormerkdelikte im Führerscheinregister einzutragen.

 

Gemäß § 30a Abs.3 FSG zählt die Eintragung in das örtliche Führerscheinregister als eine Vormerkung, wenn zwei oder mehrere der in Abs.2 angeführten Delikte in Tateinheit begangen werden.

 

Gemäß § 30b Abs.1 FSG ist unbeschadet einer etwaigen Entziehung der Lenkberechtigung eine besondere Maßnahme gemäß Abs.3 anzuordnen,

1)     wenn zwei oder mehrere der in § 30a Abs.2 genannten Delikte in Tateinheit
(§ 30a Abs.3) begangen werden oder

2)     anlässlich einer zweiten zu berücksichtigenden Vormerkung (§ 30a Abs.4) wegen eines der in § 30a Abs.2 genannten Delikte, sofern wegen des ersten Deliktes nicht bereits eine Maßnahme gemäß Z1 angeordnet wurde.

 

5.2. Die Berufungswerberin wurde rechtskräftig bestraft, weil sie bei einer Fahrt drei Kinder nicht ordnungsgemäß gesichert hatte. Aufgrund der Rechtskraft dieser Bestrafung steht auch für die Führerscheinbehörde verbindlich fest, dass tatsächlich drei Kinder nicht gesichert waren. Ihr Vorbringen, wonach lediglich ein Kind nicht ordnungsgemäß gesichert war, kann im Führerscheinverfahren nicht mehr geprüft werden. Die Eintragung einer Vormerkung ins Führerscheinregister erfolgte damit zu Recht. In diesem Zusammenhang ist aber auf den Erlass des Verkehrsministeriums vom 10.02.2006, Zl. BMVIT-179716/0001-II/ST4/2006 zur Frage der Kindersicherung hinzuweisen. In diesem Erlass ist im Punkt 7.3 geregelt, wie die Behörden vorzugehen haben, wenn mehrere Kinder nicht entsprechend gesichert sind. Dementsprechend ist auch dann, wenn mehrere Bestrafungen erfolgt sind, nur eine Vormerkung vorzunehmen. In einem solchen Fall ist auch nicht von Deliktsbegehung in Tateinheit im Sinne von § 30a Abs.3 und § 30b Abs.1 Z1 FSG auszugehen und deshalb nicht sofort eine besondere Maßnahme anzuordnen. Unter Berücksichtigung dieser Auslegung durch das Verkehrsministerium kann im gegenständlichen Fall von der Anordnung einer besonderen Maßnahme, also konkret des Fahrsicherheitstrainings, Abstand genommen werden. Es war daher der Berufung stattzugeben.

 

Die Berufungswerberin ist aber darauf hinzuweisen, dass wegen des Vorfalles eine Vormerkung gegen sie im Führerscheinregister eingetragen ist. Sollte die Berufungswerberin in den nächsten zwei Jahren ein weiteres Vormerkdelikt begehen, so müsste jedenfalls eine besondere Maßnahme angeordnet werden. Die von ihr in der Berufung geltend gemachten schwierigen sozialen Verhältnisse sind zwar durchaus nachvollziehbar, diese würden aber keine andere Entscheidung ermöglichen, weil im Interesse der Verkehrssicherheit auf wirtschaftliche Probleme der betroffenen Personen nicht Rücksicht genommen werden kann.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

1.   Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

2.   Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13 Euro angefallen.

 

 

 

Mag. Gottfried  Z ö b l

 

 

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