Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-150553/9/Bm/Hue

Linz, 10.07.2007

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Michaela Bismaier nach der am 28. Juni 2007 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung über die Berufung des G W, P, M, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshaupt­mannes von Urfahr-Umgebung vom 30. Jänner 2007, Zl. BauR96-19-13-2006-BroFr, wegen einer Übertretung des Bundesstraßen-Mautgesetzes 2002 (BStMG) zu Recht erkannt:

 

 

I.                    Die Berufung wird abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.

 

II.                  Der Berufungswerber hat zusätzlich zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens einen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat in der Höhe von 80 Euro zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlage:

Zu  I.:  § 66 Abs. 4 AVG iVm §§ 24, 16 Abs. 2 VStG.

Zu II.:  §§ 64 ff VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde über den Berufungswerber (Bw) eine Geldstrafe von 400 Euro bzw. eine Ersatzfreiheitsstrafe von 34 Stunden verhängt, weil er als Lenker des Pkw mit dem behördlichen Kennzeichen   zu vertreten habe, dass er am 27. Mai 2006, 13.58 Uhr, die A7 bei Strkm 25.800 in der Gemeinde Engerwitzdorf benützt habe, ohne die zeitabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben, obwohl die Benützung von Mautstrecken mit einspurigen Kraftfahrzeugen und mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstes zulässiges Gesamtgewicht nicht mehr als 3,5 t beträgt, der zeitabhängigen Maut unterliege, welche vor der Benützung von Mautstrecken durch Anbringen einer Mautvignette am Fahrzeug zu entrichten sei. Am Kfz sei eine Mautvignette nicht mit dem Originalkleber sondern mit Folie angebracht gewesen, wodurch der Selbstzerstörungseffekt bei Ablösen der Vignette verhindert werde.

 

2. In der Berufung wird vorgebracht, dass die beanstandete Vignette weder manipuliert noch ein Fremdkleber verwendet worden sei. Es würde sich ein Widerspruch in den Feststellungen der belangten Behörde ergeben, da einerseits in der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses festgestellt werde, die Originalfolie sei nicht gänzlich abgezogen, andererseits einer ASFINAG-Stellungnahme vom 8. November 2006 zu entnehmen sei, die Vignette sei mit Folie angebracht gewesen. Im Hinblick auf § 44a VStG sei zu klären, welche Tat der Bw tatsächlich begangen haben soll. Ebenfalls würden sich Unrichtigkeiten bzw. Widersprüche aus einem Schreiben der belangten Behörde an die ASFINAG und aus einem Schreiben der ASFINAG über die Ersatzmautzahlung ergeben. Weiters sei im erstbehördlichen Akt ein Telefonat mit einer Frau L dokumentiert, in der diese als Lebensgefährtin des Bw den Tatvorwurf eingestehe. Eine Frau L sei nie Lebensgefährtin des Bw gewesen, er könne nicht nachvollziehen, um welchen Anruf es sich dabei gehandelt haben soll. Zeugeneinvernahmen hätten keine stattgefunden. Zudem stelle die Mautordnung keine Verordnung aufgrund des Gesetzes dar sondern habe lediglich "Erlasscharakter".

 

Beantragt wird die zeugenschaftliche Einvernahme der Meldungslegerin, die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens, in eventu die Anwendung der §§ 20 oder 21 VStG, da das Ausmaß des Verschuldens gering sei, es keine Folgen der Übertretung gegeben habe und Unbescholtenheit vorliege.  

 

3. Aus dem Akt ist ersichtlich:

 

Dem Akt liegt eine Anzeige der ASFINAG vom 29. Mai 2006 zugrunde. Die Lenkeranzeige enthält den gegenständlichen Tatvorwurf. Als Ergänzung zur Anzeige wurde ausgeführt: "Jahresvignette Nr. 57852868 mit Folie aufgeklebt".

 

Nach Strafverfügung vom 28. Jänner 2005, in der als Tatzeit 11.58 Uhr angeführt ist, brachte der Bw im Einspruch vor, dass lt. in Kopie beiliegendem Schreiben der ASFINAG vom 19. Juni 2006 die Ersatzmaut vor Ort eingehoben worden sei.

 

Dazu teilte die ASFINAG auf Anfrage der Erstbehörde am 4. September 2006 schriftlich und am 26. September 2006 telefonisch mit, dass es sich bei der oben angeführten Äußerung um einen Irrtum gehandelt habe und die angebotene Ersatzmaut vom Bw nicht bezahlt worden sei, weshalb es zur Anzeige gekommen sei.

 

Der "Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme" vom 27. September 2006 folgte ein Aktenvermerk der Erstbehörde vom 13. Oktober 2006. Diesem ist Folgendes zu entnehmen:

"Die Lebensgefährtin des Herrn W rief am gestrigen Tag, dem 12.12.2006 (sic!) und erkundigte sich darüber, was mit der VvEdBA gemeint sei. Ihr wurde erklärt, dass Sie bzw. ihr Lebensgefährte die Möglichkeit hätten, noch eine Stellungnahme einzubringen. Die deshalb, da sich im Zuge des Verfahrens herausstellte, dass Herr W die Ersatzmaut tatsächlich nicht bezahlt hat - die auch nicht ausdrücklich angab – und lediglich im Schreiben der ASFINAG ein Fehler unterlaufen ist. Frau L (?) gab an, dass tatsächlich 1-2 mm Folie unter der Vignette waren. Das Hauptproblem für sie bestand aber im Verhalten der Organe der ASFINAG. Daraufhin wurde Ihr erklärt, dass das Verhalten der Organe der ASFINAG z.B. ob Sie sich ausgewiesen haben oder ob Sie das Auto aus dem fließenden Verkehr gewinkt hab ) keine Auswirkung auf die Übertretung an sich hätten. Dies deshalb, da Sie erklärte , dass tatsächlich etwas Folie unter der Vignette war und dies von der ASFINAG beanstandet wurde. Da die Ersatzmaut nicht bezahlt wurde, gelangte die Übertretung zur Anzeige."

 

Der Bw brachte in einem Schreiben vom 23. Oktober 2006 vor, dass er die Vignette nach bestem Wissen und Gewissen gekauft und aufgeklebt habe. Der Bw sei am Tattag auf der A7 in Fahrtrichtung Freistadt unterwegs gewesen, allerdings nicht um 11.58 Uhr, wie in der Strafverfügung angegeben. Möglicherweise liege hier eine Verwechslung mit einem anderen Lenker (Kfz) vor. Außerdem habe sich die Meldungslegerin auf Verlangen nicht ausgewiesen und vermeint: "Haha, es ist Fasching, wir sind verkleidet". Darüber habe sich der Bw bei der ASFINAG beschwert, worauf diese u.a. mitgeteilt habe, dass die Ersatzmaut bezahlt worden sei. Die ASFINAG möge Beweis erbringen (Foto mit Datum und Uhrzeit), dass es sich tatsächlich um das Kfz des Bw um 11.58 Uhr gehandelt habe.

 

Aufgrund einer weiteren Anfrage durch die Erstbehörde teilte die ASFINAG am 8. November 2006 mit, dass die gegenständliche Kontrolle am 27. Mai 2006 um 13.58 Uhr, gewesen sei, wie auch in der Anzeige angeführt worden sei. Weiters wurde nochmals auf das Schreiben vom 4. September 2006 und darauf hingewiesen, dass es sich bei der Auskunft vom 19. Juni 2006 an den Bw betreffend einer bezahlten Ersatzmaut um einen Irrtum gehandelt habe.

 

Nach einer weiteren "Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme" vom 14. November 2006, in der die vorgeworfene Tatzeit auf 13.58 Uhr richtig gestellt wurde, rechtfertigte sich der Bw im Wesentlichen wie in den bisherigen Stellungnahmen.

 

Der Akt schließt mit dem angefochtenen Straferkenntnis und der daraufhin eingebrachten Berufung. 

 

Einem zusätzlichen Aktenvermerk der belangten Behörde vom 15. Februar 2007 ist zu entnehmen, dass an diesem Tag von einer mit einer entsprechenden Vollmacht ausgestatteten (namentlich genannten) Vertreterin des Bw Akteneinsicht genommen wurde und Kopien von Teilen des Aktes von ihr angefertigt wurden.

 

4. In der öffentlichen mündlichen Verhandlung brachte der Bw zunächst vor, dass es richtig sei, dass er von Mitarbeitern der ASFINAG am Tattag um 13.58 Uhr auf der A7, Gemeinde Engerwitzdorf, am Pannenstreifen angehalten worden sei. Zu bemerken sei jedoch, dass sich etwa einen Kilometer vor der Anhaltestelle ein ASFINAG-Parkplatz befunden habe. Nach der Anhaltung sei durch einen ASFINAG-Mitarbeiter die Vignettenanbringung überprüft worden, wobei die erste Aussage gewesen sei, dass die Vignette falsch geklebt sei und die Möglichkeit der Bezahlung einer Ersatzmaut bestünde. Bei Nichtbezahlung würde es zu einer Anzeige kommen. Nachdem der Bw um Vorweisung seines Führerscheines aufgefordert worden sei, habe er auch nach dem Dienstausweis des ASFINAG-Mitarbeiters gebeten. Die Antwort sei gewesen : "Hahaha, es ist Fasching und wir sind verkleidet". Ein Dienstausweis der beteiligten Dame von der ASFINAG sei nicht vorgelegt, dieser nur widerwillig vom Herrn vorgelegt worden. Zur gleichen Zeit habe auch eine Kontrolle eines weiteren Fahrzeugs am Pannenstreifen stattgefunden. Dabei habe es sich um eine nicht deutschsprachige Familie gehandelt, wobei an diesem Kfz offenbar keine Vignette angebracht gewesen sei. Die Kommunikation zwischen dieser Familie und den ASFINAG-Mitarbeitern hätte sich augenscheinlich als etwas schwierig gestaltet, weshalb der ASFINAG-Mitarbeiter immer zwischen den beiden Autos hin und her gelaufen sei und auch die Polizei gerufen habe. Die Polizei habe auch den Bw gefragt, ob alles in Ordnung sei, was vom Bw bejaht worden sei.

Zum Vorwurf, die Mautvignette sei nicht mit dem Originalkleber angebracht gewesen, gab der Bw an, dass er rein nur "ASFINAG-Material" und keinerlei Fremdkleber verwendet habe. Es könne jedoch sein, dass eine Falte oder ein Luftbläschen vorhanden gewesen sei. Zum Aktenvermerk der belangten Behörde vom 13. Oktober 2006, wonach die Lebensgefährtin des Bw (nunmehr als Frau H bekannt) in einem Telefonat angegeben habe, dass tatsächlich 1 – 2 Millimeter Folie unter der Vignette gewesen seien, könne der Bw nichts sagen. Der Bw betonte, dass er die Vignette schon Jahr für Jahr geklebt und bisher keine Probleme damit gehabt habe.

 

Die als Zeugin einvernommene Charlotte H sagte aus, dass sie bei der Überprüfung durch die ASFINAG-Organe über die Anbringung der Mautvignette am 27. Mai 2006 um 13.58 Uhr dabei gewesen sei. Auf der Fahrt auf der A7 in Richtung Freistadt sei plötzlich ein Mann auf die Fahrbahn gesprungen und hätte den Bw auf den Pannenstreifen gelotst, worauf sowohl der Bw als auch die Zeugin ausgestiegen wären. Der ASFINAG-Mitarbeiter habe dann die Vignette überprüft. Während dieser Überprüfung sei die Zeugin zum ASFINAG-Auto gegangen, währenddessen der ASFINAG-Mitarbeiter zum nächsten Auto gelaufen sei, welches im Hinblick auf die Anbringung der Vignette ebenfalls überprüft worden sei. Dann habe er zur Mitarbeiterin der ASFINAG gesagt, sie solle die Daten (des Bw) aufnehmen. Der Aufforderung der Zeugin sich auszuweisen, sei der ASFINAG-Mitarbeiter zunächst nicht nachgekommen. Erst nach Einlangen der Polizei habe sich der ASFINAG-Mitarbeiter nur sehr flüchtig, seine Kollegin überhaupt nicht ausgewiesen. Die ASFINAG-Mitarbeiterin habe nur gesagt: "Hahaha, es ist Fasching, wir sind verkleidet", worauf Frau H gesagt habe, dass die Polizei freundlicher sei. Auf den Hinweis, dass die Polizisten Namensschilder trügen, habe die Meldungslegerin gesagt: "Sie können ja die Polizei von der Feuerwehr nicht unterscheiden". Die Zeugin habe nicht mitbekommen, ob der ASFINAG-Mitarbeiter irgend etwas zur Mautvignette gesagt habe, ob diese eben richtig oder falsch geklebt gewesen sei. Darüber habe die Zeugin mit den ASFINAG-Mitarbeitern nicht gesprochen. Sie habe lediglich gesehen, dass die Vignette wie jedes Jahr geklebt gewesen sei.

Betreffend des erstbehördlichen Aktenvermerks vom 13. Oktober 2006 bestätigte die Zeugin, angerufen zu haben. Vorrangig sei es jedoch um eine Fristerstreckung für die Abgabe einer Stellungnahme gegangen. Frau H sei selbst beim Amt der Oö. Landesregierung, Abt. Verkehrstechnik, beschäftigt und habe um eine Fristerstreckung gebeten. Diese Frage sei positiv beantwortet und gefragt worden, was eigentlich gewesen sei. Von der Zeugin sei dann der Vorfall geschildert worden, wobei sie sich wie bei einem Verhör vorgekommen sei. Die Mitarbeiterin der belangten Behörde habe gesagt, dass das Verhalten der Kontrollorgane niemanden interessiere. Auf die Frage, ob der Bw die Vignette richtig geklebt habe, habe die Zeugin geantwortet, dass sie das nicht wisse, vielleicht sei irgendwo ein Millimeter "Fuzerl" Folie gewesen.

Bei der (später erfolgten) Akteneinsicht habe die Zeugin auch diesen Aktenvermerk gesehen und gegenüber der Sachbearbeiterin der Erstbehörde geäußert, dass der Inhalt dieses Aktenvermerks so nicht richtig, das Telefonat darüber hinaus "nur ein Gespräch unter Kollegen" gewesen sei und außerdem ein falsches Datum aufweise, da das Telefonat am 12. Oktober 2006 gewesen sei. Mehr könne die Zeugin zum Vorfall nicht sagen.

 

Die zeugenschaftlich einvernommene Meldungslegerin sagte aus, dass sie sich an die gegenständliche Überprüfung, die durch einen Kollegen der Zeugin durchgeführt worden sei, wobei sie selbst die Daten eingegeben habe, erinnern könne. Da üblich sei, dass beide Organe eine Vignette überprüfen, habe die Zeugin auch die gegenständliche Mautvignette gesehen und festgestellt, dass die Deckfolie noch auf der Vignette gewesen und oben und unten abgeschnitten worden sei, sodass man sie mehrfach verwenden könnte. Eine Fremdfolie sei nicht beobachtet worden. Der Kollege der Meldungslegerin habe die Vignette vom Kfz des Bw abgelöst und ihr diese zur Aufnahme der Daten übergeben. Die Sicherheitsmerkmale der Vignette, welche normalerweise bei Ablösen der Vignette an der Scheibe haften bleiben, seien nicht hervorgetreten. Dies habe die Zeugin persönlich beobachtet. Die anwesenden zwei Polizisten, die die Vignette auch überprüft hätten, hätten dies auch gesehen und dem Bw gesagt, dass dies nicht in Ordnung sei. Die Vignette sei wieder an den Bw zurückgestellt worden.

 

Über Vorhalt der Verhandlungsleiterin, dass die Zeugin den Vorfall anders darstelle, antwortete der Bw, dass richtig sei, dass die Vignette abgelöst worden sei. Er könne zu den Sicherheitsmerkmalen nichts sagen, da er sich dabei nicht auskenne.

 

Vorgehalten wurde eine Mustervignette, bei der ersichtlich war, welche Sicherheitsmerkmale überhaupt bestehen und auf der Scheibe haften bleiben, wenn man sie zuvor ordnungsgemäß aufgeklebt und später wieder abgelöst hat.

 

Der Bw sagte dazu, dass er eigentlich nie genau verfolgt habe, was bei Ablösen der Vignette an der Scheibe kleben bleibe. Jedenfalls hätten die Polizisten keine Vignette angeschaut und seien wegen des anderen Fahrzeuges gerufen worden. Überhaupt sei so getan worden, als ob der Bw überhaupt keine Vignette gehabt habe.

 

Die Meldungslegerin sagt weiters aus, dass die Polizei nicht extra gerufen worden sondern zufällig vorbeigekommen und von den ASFINAG-Mitarbeitern aufgehalten worden sei. Außerdem wiege es schwerwiegender, wenn man eine manipulierte anstatt gar keiner Vignette habe. Weiters habe die Beifahrerin des Bw geäußert, dass sie "eh keine Strafe bezahlen" müsse, da sie den Vorstand der ASFINAG kenne.

Es sei möglich, dass sich jetzt die gegenständliche Vignette wieder auf dem Kfz des Bw befinde, da man lediglich die Originalfolie abziehen müsse, um die Vignette (ordnungsgemäß) aufkleben zu können.       

 

Der Bw gab an, dass richtig sei, dass er die Folie nicht zur Gänze herunter genommen habe, da Vignetten sehr schlecht zu lösen seien, wenn man sie nach Ablauf der Gültigkeit entfernen wolle.

 

Beantragt wurde die Aufhebung des Straferkenntnisses und die Einstellung des Verfahrens.

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

 

5.1. Gemäß § 10 Abs. 1 BStMG unterliegt die Benützung von Mautstrecken mit einspurigen Kraftfahrzeugen und mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstes zulässiges Gesamtgewicht nicht mehr als 3,5 t beträgt, der zeitabhängigen Maut.

 

Gemäß § 11 Abs. 1 BStMG ist die zeitabhängige Maut vor der Benützung von Mautstrecken durch Anbringen einer Mautvignette am Fahrzeug zu entrichten.

 

Gemäß Punkt 7.1 der Mautordnung ist an jedem mautpflichtigen Kraftfahrzeug vor Benützung des mautpflichtigen Straßennetzes eine gültige Vignette ordnungsgemäß (unter Verwendung des originären Vignettenklebers) anzubringen. Die Vignette ist – nach Ablösen von der Trägerfolie – unbeschädigt und direkt so auf die Innenseite der Windschutzscheibe anzukleben, dass sie von außen gut sicht- und kontrollierbar ist. Die Maut ist im Sinne des § 15 Abs. 1 Ziffer 9 BStMG nur dann vorschriftsmäßig entrichtet, wenn vor Benützung des mautpflichtigen Straßennetzes eine gültige Vignette unter Verwendung des originären Vignettenklebers angebracht worden ist.

 

Gemäß § 20 Abs. 1 BStMG ("Mautprellerei") begehen Kraftfahrzeuglenker, die Mautstrecken benützen, ohne die nach § 10 geschuldete zeitabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben, eine Verwaltungsübertretung und sind mit Geldstrafe von 400 Euro bis 4.000 Euro zu bestrafen.

 

5.2. Strittig ist im vorliegenden Fall, ob die Vignette ordnungsgemäß – das heißt, unter Ablösung der Trägerfolie mit dem Originalkleber – an der Windschutzscheibe befestigt war.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat geht in sachverhaltsmäßiger Hinsicht von der Richtigkeit der Darstellung der Meldungslegerin aus, wonach gegenständlich die Mautvignette nicht ordnungsgemäß (iSd Aufklebens unter Verwendung des originären Vignettenklebers), sondern ohne Ablösung der Trägerfolie an der Windschutzscheibe angebracht war. Die Meldungslegerin unterliegt nicht nur besonderen Sanktionen sondern war auch nach dem persönlichen Auftreten in der öffentlichen mündlichen Verhandlung vertrauenswürdig und in ihren Darstellungen widerspruchsfrei. So konnte sie sich aus eigener Beobachtung daran erinnern, dass die Trägerfolie auf der beanstandeten Vignette noch vorhanden war, aus diesem Grund bei Ablösen der Vignette von der Windschutzscheibe keine Sicherheitsmerkmale hervorgetreten sind und auch Schnittränder erkennbar waren. Das Erscheinungsbild von Schnitträndern an der Vignette schließt ein Abziehen der Trägerfolie logisch aus, da bei Abziehen der Trägerfolie genau der Stanzrand eingehalten wird. Die als Zeugin einvernommene Lebensgefährtin des Bw konnte hinsichtlich der genauen Anbringungsart der Vignette keine Angaben machen und beschränkte sich auf den Hinweis, dass die Vignette "wie jedes Jahr" geklebt habe. Der Sachverhalt einer nicht abgelösten Trägerfolie wurde zusätzlich gegen Ende der öffentlichen mündlichen Verhandlung vom Bw auch eingeräumt. Damit ist das Vorbringen des Bw hinsichtlich einer ordnungsgemäß aufgeklebten Vignette widerlegt.   

 

Wenn sowohl der Bw als auch seine Lebensgefährtin das Verhalten der kontrollierenden Mautaufsichtsorgane kritisieren ist zu erwidern, dass ein (hier behauptetes) massives unfreundliches Auftreten der Organe einen Kraftfahrzeuglenker nicht von seinen Verpflichtungen (wie im gegenständlichen Fall: das ordnungsgemäße Anbringen einer gültigen Mautvignette vor Befahren einer Mautstrecke) befreien kann (vgl. zu einem ähnlich gelagerten Fall VwGH 89/18/0152  vom 11.5.1990)

 

Der Ansicht des Bw, die Mautordnung sei nicht als Durchführungsverordnung anzusehen sondern habe lediglich "Erlasscharakter", ist § 11 Abs. 5 BStMG entgegenzuhalten, wonach die ASFINAG in der Mautordnung nähere Bestimmungen über die Beschaffenheit der Mautvignetten, über ihre Anbringung an den Fahrzeugen und über das Mitführen der Mautvignetten an Stelle der Anbringung zu treffen hat. Aus dieser Gesetzesstelle ergibt sich somit in einer für den Gesetzesanwender eindeutigen Weise, dass es weiterer Festlegungen u.a. über die Anbringung von Mautvignetten bedurfte und hierfür die Erlassung einer Mautordnung vorgesehen war, aus welcher ersehen werden könne, was unter einer "ordnungsgemäß" entrichteten Maut iSd § 20 BStMG zu verstehen ist. Die ASFINAG wurde somit im Rahmen der im Gesetz angeführten Regelungen zur Erlassung einer Verordnung zwecks Schaffung einheitlicher Bedingungen für die Benützung der Mautstrecken ermächtigt. Insoweit wurde die ASFINAG mit einer hoheitlichen Aufgabe betraut und ist in diesem Umfange als sogenanntes "beliehenes Unternehmen" zu qualifizieren. Die von der ASFINAG iSd Verordnungsermächtigung erlassene Mautordnung trifft für den allgemein bestimmten Adressatenkreis der Benützer mautpflichtiger Bundesstraßen unmittelbar verbindliche Regelungen und ist damit – insbesondere im Hinblick auf den Wortlaut der sie betreffenden gesetzlichen Regelungen – als Durchführungsverordnung im Sinne des Art. 18 Abs. 2 B-VG zu qualifizieren (siehe zur vergleichbaren Rechtsprechung  u.a. VwGH 2001/06/0173 vom 18.6.2003).

 

Wenn der Bw vorbringt, dass in der Begründung des angefochtenen Erkenntnisses davon die Rede sei, die Originalfolie sei nicht gänzlich abgezogen und ein Folienrest auf der Vignette verblieben, dies in Widerspruch zur ASFINAG-Stellungnahme vom 8. November 2006 stehe, wonach die Vignette mittels Folie angebracht worden sei, wobei auch aus dem Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses nicht zu entnehmen sei, welche Tat konkret vorgeworfen werde und dieser somit den Anforderungen des § 44a VStG nicht entspreche, ist zunächst zu erwidern, dass das Aufzählen von Gültigkeitsvoraussetzungen für die Anbringung einer Mautvignette keine Spruchvoraussetzung darstellt und der Tatvorwurf sowohl in der Verfolgungshandlung vom 14. November 2006 ("Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme") als auch im angefochtenen Erkenntnis im Hinblick auf § 44a VStG alle Tatbestandsmerkmale der einschlägigen Strafnorm, nämlich des § 20 Abs. 1 BStMG, anspricht und ausreichend konkretisiert. Einer Aufnahme von Elementen weiterer Tatbestände bedarf es deshalb nicht. Weiters ist zu entgegnen, dass ein in der Begründung des bekämpften Bescheides gelegener Mangel bei Zutreffen des Spruches der Entscheidung im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unbeachtlich ist. Selbst eine unrichtige Begründung macht einen dem Gesetz entsprechenden Spruch nicht rechtswidrig (vgl. VwGH 86/10/103 v. 6.10.1986, VwGH 92/05/0340 v. 16.3.1993 und VwGH 94/17/0148 v. 13.4.1994). Die diesbezüglichen Vorbringen des Bw gehen deshalb ins Leere, zumal auch aus dem vom Unabhängigen Verwaltungssenat in der öffentlichen mündlichen Verhandlung festgestellten Sachverhalt hervorgeht, dass sowohl die Feststellungen in der ASFINAG-Stellungnahme vom 8. November 2006 als auch jene in der Begründung des bekämpften Bescheides zutreffend sind.   

 

Zu dem vom Bw hingewiesenen Irrtum der ASFINAG in ihrem Schreiben vom 19. Juni 2006 hinsichtlich einer Bezahlung der Ersatzmaut ist festzuhalten, dass die ASFINAG diesen Irrtum in zwei Schreiben an die belangte Behörde korrigiert hat und vom Bw auch in der öffentlichen mündlichen Verhandlung nicht in Abrede gestellt wurde, die Ersatzmaut nicht bezahlt zu haben. Die Nichtbezahlung der Ersatzmaut ließ den Strafausschließungsgrund des § 20 Abs. 3 BStMG nicht zustande kommen.     

 

Die Tat ist daher dem Bw in objektiver und – da keine Entschuldigungsgründe ersichtlich sind – auch in subjektiver Hinsicht zuzurechnen. Obwohl der ermittelte Sachverhalt wenig Anhaltspunkte dafür bietet, sei zugunsten des Bw von Fahrlässigkeit ausgegangen und zwar in dem Sinne, dass er sich über die gesetzlichen Bestimmungen bzw. über die Anbringungsvorschriften für Vignetten nicht ausreichend informiert hat.

 

Zur Bemessung der Strafhöhe ist zu bemerken, dass im angefochtenen Straferkenntnis ohnehin die gesetzlich vorgesehene Mindestgeldstrafe (und eine entsprechende Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt wurde, wodurch die konkreten Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Bw unerheblich sind. Mildernd wirkt lediglich die Unbescholtenheit und die sehr spät eingeräumte Verwirklichung der vorgeworfenen Tat, die in Anbetracht der Beweislage auch nicht allzu stark ins Gewicht fällt. Überwiegende Milderungsgründe im Sinne des § 20 VStG sind nicht ersichtlich. Die Tat bleibt auch nicht so weit hinter dem deliktstypischen Unrechts- und Schuldgehalt zurück, dass eine Anwendung des § 21 Abs. 1 VStG gerechtfertigt wäre. Die Verwendung einer von den einschlägigen Vorschriften verpönten "Befestigungs­technik" schließt die Annahme unbedeutender Folgen der Tat aus.

 

Aus den oben angeführten Sach- und Rechtsgründen war somit spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichts­hof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. Bismaier

 

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