Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-150554/2/Lg/Hue

Linz, 19.07.2007

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ewald Langeder über die Berufung des G G, 49 O, V, vertreten durch Rechtsanwälte E & P, 52 M, S, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Linz-Land vom 29. Jänner 2007, Zl. BauR96-39-2005/STU, wegen einer  Übertretung des Bundesstraßen-Mautgesetzes 2002 (BStMG) zu Recht erkannt:

 

 

I.                    Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.    

 

II.                  Es entfallen sämtliche Verfahrenskosten.  

 

Rechtsgrundlage:

Zu  I.:  § 66 Abs. 4 AVG iVm §§ 24, 45 Abs. 1 VStG.

Zu II.:  §§ 64 ff VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurden über den Berufungswerber (Bw) eine Geldstrafe von 200 Euro bzw. eine Ersatzfreiheitsstrafe von 17 Stunden verhängt, weil er am 7. Dezember 2004, 00.20 Uhr, als Lenker eines LKWs mit dem polizeilichen Kennzeichen BR die mautpflichtige A bei km 0.8 im Gemeindegebiet von A in Fahrtrichtung U benützt habe, ohne die fahrleistungsabhängige Maut vor der mautpflichtigen Straßenbenützung ordnungsgemäß entrichtet zu haben.

 

2. In der Berufung wird Folgendes vorgebracht:

 

"Auf Seite 5 der Begründung des Strafbescheides legt mir die Bezirkshauptmannschaft zur Last, dass ein sorgfältiger und pflichtbewusster Kfz-Lenker sich vor der Fahrt von der ordnungsgemäßen Einstellung der Go-Box überzeugt bzw. die eingestellte Achsanzahl kontrolliert hätte, wozu er gemäß Mautordnung verpflichtet ist und hätte vor der Fahrt gemäß Punkt 8.2.4.2 der Mautordnung die richtige Kategorie (Achsenzahl) eingestellt und somit für die ordnungsgemäße Entrichtung der fahrleistungsabhängigen Maut gesorgt hätte werden müssen.

Darin, dass ich dieser Sorgfalt nicht nachgekommen bin, liege zumindest fahrlässiges Verhalten.

 

Damit legt die Verwaltungsstrafbehörde klar, wo und wann ich handeln hätte müssen, nämlich vor Fahrtantritt und somit im Betrieb meines Arbeitgebers, der Firma H GmbH in 52 P.

Nach der Judikatur liegt bei Unterlassungsdelikten liegt der Tatort dort, wo gehandelt hätte werden müssen; wie unten noch auszuführen sein wird, stellt die Bezirkshauptmannschaft aber zu Unrecht betreffend Tatort und Tatzeit auf jenen Ort und jenen Zeitpunkt ab, an bzw. zu welchem das Mautsystem die Übertretung festgestellt hat, nämlich am 07.12.2004 um 00.20 Uhr auf der A 7 bei Kilometer 0,85 in A.

 

Die bisherigen Schriftsätze werden zur Vermeidung von Wiederholungen zum Inhalt dieses Rechtsmittels erhoben.

 

Örtlich zuständig ist die Behörde, in deren Sprengel die Verwaltungsübertretung begangen worden ist, auch wenn der zum Tatbestand gehörende Erfolg in einem anderen Sprengel eingetreten ist (§ 27 Abs. 1 VStG).

 

Als Tatort zieht die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land die mautpflichtige Bundesstraße A, km 0, im Gemeindegebiet von A, Fahrtrichtung U, heran.

 

Dies ist aber nicht der Tatort der mir zur Last gelegten Verhaltensweise, sondern jener Ort, an welchem vom Mautsystem festgestellt wurde, dass das Gerät zur elektronischen Mautentrichtung, die Go-Box, laut Anzeige der A falsch eingestellt war.

 

Die Bezirkshauptmannschaft legt mir in der Bescheidbegründung zur Last, dass ich entgegen Punkt 8.2.4.2. der Mautordnung vor der Fahrt die eingestellte Kategorie (Achsenzahl) nicht überprüft habe.

Ein sorgfältiger und pflichtbewusster Kraftfahrzeuglenker hätte sich vor der Fahrt von der  ordnungsgemäßen Einstellung der Go-Box überzeugt bzw. die eingestellte Achsenzahl kontrolliert, wonach (gemeint: wozu) er gemäß Mautordnung verpflichtet ist und hätte vor der Fahrt gemäß dem zitierten Punkt der Mautordnung die richtige Kategorie (Achsenzahl) eingestellt und somit für die ordnungsgemäße Entrichtung der fahrleistungsabhängigen Maut gesorgt.

 

Die Mautordnung, Teil B, betreffende fahrleistungsabhängige Maut für Kfz mit mehr als 3,5 t höchst zulässiges Gesamtgewicht, sieht in Punkt 8 – Pflichten der Kraftfahrzeuglenker – zur Subzahl 8.2.4.2 'vor der Fahrt' folgendes vor:

 

'Vor dem Befahren des mautpflichtigen Straßennetzes hat sich der Nutzer über die Funktionstüchtigkeit der Go-Box durch einmaliges Drücken der Bedientaste zu vergewissern (Statusabfrage).'

 

Die Mautordnung sieht als Pflicht des Kraftfahrzeuglenkers nach Punkt 8.1 die ordnungsgemäße Anbringung der Go-Box und im Punkt 8.2 deren ordnungsgemäße Bedienung vor.

Nach Punkt 8.2.2 'Deklarierung und Einstellung der Kategorie' wird bei Ausgabe der Go-Box eine Basiskategorie entsprechend der vorhandenen Achsanzahl des mautpflichtigen Kraftfahrzeuges eingestellt. Der Kraftfahrzeuglenker hat vor jedem Fahrtantritt die Kategorie entsprechend Punkt 8.2.4.2 der Mautordnung Teil B zu überprüfen.

 

Da § 20 Abs. 2 BStMG lediglich von 'ordnungsgemäßer Mautentrichtung' spricht, muss man als konkrete Verhaltensnorm – geht man nicht im Sinne meiner Ausführungen zu Art. 7 EMRK davon aus, dass es keine entsprechende, konkrete Verhaltensnorm gibt  – jene im zitierten Punkt 8.2.2. ansehen, wonach der Kfz-Lenker vor jedem Fahrtantritt die Kategorie entsprechend Punkt 8.2.4.2. zu überprüfen hat, wobei hier auffällt, dass der letztzitierte Punkt der Mautordnung nichts betreffend Achskategorie enthält, weil es darin lediglich um die Kontrolle der Funktionstüchtigkeit der Go-Box und nicht um die Feststellung bzw. Umstellung einer gewissen Achsanzahl geht. Die Funktionstüchtigkeit des Geräts steht hier aber außer Zweifel.

 

Dies bedeutet, dass der Tatort der mir zur Last gelegten Übertretung nicht auf der A liegt, sondern am Sitz des Unternehmens meines Arbeitgebers in P, Bezirk B, allenfalls im Sinne der aktenkundigen Einzelleistungsinformationen am Ort des Auffahrens an diesem Tag auf die A in H.

Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land war somit für die Durchführung des gegenständlichen Strafverfahrens und für die Erlassung des Strafbescheides örtlich nicht zuständig, weswegen das vorliegende Straferkenntnis schon aus diesem Grund rechtswidrig ist.

Dass der Erfolg der mir zur Last gelegten Unterlassung an einem anderen Ort, nämlich auf der A, eingetreten ist, ist iSd § 27 Abs. 1 VStG ohne Relevanz.

 

Zur Auslegung des iSd § 27 Abs. 1 VStG maßgebenden Begriffes des 'Ortes der Begehung' muss die Bestimmung des § 2 Abs. 2 VStG herangezogen werden.

Daraus ergibt sich, dass eine Verwaltungsübertretung regelmäßig als dort begangen anzusehen ist, wo der Täter gehandelt hat, oder (bei Unterlassungsdelikten) hätte handeln sollen (VwGH vom 26.02.1987, 86/08, 0231), wobei es nach dieser Bestimmung gleichgültig ist, wo der zum Tatbestand gehörende Erfolg eingetreten ist (90/19/0018 vom 14.05.1990 sowie 90/02/0083 vom 19.12.1990).

Gegenständlich handelt es sich um Unterlassungsdelikte, welche dort begangen werden, wo gehandelt hätte werden sollen, (2006/04/0100 vom 15.12.2006, 2000/03/0069 und 2001/03/0452 vom 30.04.2003, 2001/03/0256 vom 28.04.2004, 2002/03/0318 vom 18.10.2005* sowie 2003/03/0033 vom 30.06.2006 sowie UVS des Landes vom 13.02.2007, VwSen-110748) also vor der Auffahrt auf das mautpflichtige Straßennetz.

Eine Norm im Sinne des § 27 Abs. 7 GGBG betreffend Tatort gibt es im BStMG nicht.

 

Die Verfolgung einer Person ist unzulässig, wenn gegen sie binnen der Verjährungsfrist von der Behörde keine Verfolgungshandlung vorgenommen ist. Die Verjährungsfrist beträgt sechs Monate (§ 31 Abs. 1 und Abs. 2 1. Satz VStG).

 

Im Sinne obiger Ausführungen zur örtlichen Unzuständigkeit der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat die (zuständige) Verwaltungsstrafbehörde bislang – die sechsmonatige Verfolgungsverjährungsfrist ist längst abgelaufen – keine taugliche Verfolgungshandlung, welche den Eintritt der Verfolgungsverjährung hintanhalten könnte, gesetzt. zumal weder der richtige Tatort noch die richtige Tatzeit Eingang in eine Verfolgungshandlung gefunden hat.

Die Unrichtigkeit des von der Bezirkshauptmannschaft angenommenen Tatortes führt auch dazu, dass der Tatzeitpunkt nicht auf das mir zur Last gelegte Unterlassungsdelikt angestellt wurde. Die von der Behörde angenommene Tatzeit weicht aber nicht nur geringfügig vom richtigen Tatzeitpunkt ab, zumal die Fahrzeit zwischen dem Auffahren auf die mautpflichtige Autobahn und dem Erreichen des km 0, der A eine 3/4 bis eine Stunde beträgt.

 

Verfolgungsverjährung ist aber auch aus einem weiteren Grund eingetreten.

 

Eine Übertretung des § 20 Abs.2 BStMG kann nur mit einem Kfz mit einem höchst zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 3,5t begangen werden (§ 6 BStMG sowie Teil B der Mautordnung).

Da dieses Tatbestandsmerkmal aber nicht Eingang in eine rechtzeitige Verfolgungshandlung der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land gefunden hat, ist in den gegenständlichen Fällen Verfolgungsverjährung eingetreten, weswegen diesem Rechtsmittel auch aus diesem formalrechtlichen Grund Erfolg beschieden sein wird (vgl. etwa UVS des Landes Oberösterreich vom 27.08.1999, VwSen-110108/2/Ki/Rd.) Die Richtigkeit dieser Rechtsansicht belegen auch die im Verwaltungsstrafverfahren gegen M F, BauR96-19-2005/STU, zitierten Straferkenntnisse der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn und Wels-Land, in welchem sich diese Tatbestandsmerkmale finden.

 

Die über mich verhängten Bestrafungen verletzten mich in den nachstehend angeführten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten:

 

I. Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz nach Art. 7 Abs. 1 B-VG und Art. 2 StGG:

 

In der Judikatur des VfGH hat der Gleichheitsgrundsatz in mehrfacher Hinsicht eine über den Wortlaut hinausgehende Bedeutung erhalten und wird von VfGH dem Gleichheitsgrundsatz große Bedeutung zugemessen.

Der Gleichheitssatz verbietet dem Gesetzgeber, Gleiches ungleich zu behandeln, sachlich gerechtfertigte Differenzierungen sind zulässig.

Die Frage, ob ein Gesetz gleichheitskonform ist, ist nach der objektiven Rechtslage, nach dem Inhalt des Gesetzes zu beurteilen, das 'Bemühen' des Gesetzgebers um eine sachgerechte Lösung genügt nicht (Adamovich-Funk-Holzinger, Österreichisches Staatsrecht, Band 3, Rz. 42.002,42.013 und 42.015).

Eine Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz liegt nach der ständigen Rechtsprechung (vgI. VfSlg. 10.413) vor, wenn der angefochtene Bescheid auf einer dem Gleichheitsgebot widersprechenden Rechtsgrundlage beruht, wenn die Behörde der angewendeten Rechtsvorschrift fälschlicherweise einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt oder wenn sie bei Erlassung des Bescheides Willkür geübt hat.

 

Ein Gesetz entspricht dann nicht dem Gleichheitssatz wenn die in Betracht kommende Regelung sachlich nicht gerechtfertigt ist. Jede sachliche Entscheidung ist unter dem Blickwinkel des Gleichheitssatzes verfassungswidrig (vgl. VfSlg. 11.013). Nicht jeder Unterschied im Tatsächlichen rechtfertigt eine rechtliche Differenzierung, vielmehr muss die Ungleichheit einer im Bezug auf die rechtliche Regelung wesentliche sein (vgl. VfSlg. 5397 und 11.190).

 

Der Gleichheitsgrundsatz richtet sich auch an den Gesetzgeber. Er setzt ihm insofern inhaltliche Schranken, als er verbietet, sachlich nicht begründbare Regelungen zu treffen (vgl. VfSlg. 8457, 10.064 und 10.084).

 

Wenn das Gesetz für das vorliegende Delikt eine Mindestgeldstrafe von € 400,-- vorsieht, so ist dies exzessiv und damit gleichheitswidrig (vgl. G 312/97 vom 16.03.2000, G 121/02 vom 03.03.2003, G 181/01 vom 14.12.2001 u.a).

 

In G 312/97 vom 16.03.2000 hebt der Verfassungsgerichtshof hervor, dass die Strafe auch dann in einem angemessenen Verhältnis zum Grad des Verschuldens und zur Höhe des durch das Vergehen bewirkten Schadens stehen muss, wenn aus Gründen der General- und Spezialprävention vom Gesetzgeber strenge Strafen intendiert sind (VfSlg. 9901 und 11.785).

 

Auf den gegenständlichen Fall abgestellt bedeutet dies, dass eine gesetzliche Mindeststrafe von € 400,-- dem Grad des Verschuldens (leichte Fahrlässigkeit durch Unterlassen der Überprüfung der eingestellten Achskategorie an der Go-Box, nachdem diese vom Beschuldigten richtig eingestellt und niemals verändert worden ist) und zur Höhe des durch das Vergehen bewirkten Schadens (sehr geringe Mindermaut) in keinem angemessenen Verhältnis steht.

In diesem Zusammenhang darf auch nicht übersehen werden, dass es wider jede Vernunft wäre, wenn ein Lkw-Lenker die Kategorie falsch einstellt, weil dieser regelrecht damit rechnen muss, betreten zu werden.

 

Es ist gar nicht möglich, die Autobahn als mautpflichtiges Straßennetz von einer Auffahrt bis zur nächsten Abfahrt zu benutzen, ohne registriert zu werden, was jedem Lkw-Lenker bekannt ist; dieser hat somit fix damit zu rechnen, sich einem Verwaltungsstrafverfahren mit einer Geldstrafe von zumindest € 400,-- auszusetzen, sofern er die Achskategorie falsch einstellt.

Aus diesen Gründen vermögen spezial- und generalpräventive Erwägungen eine derart hohe gesetzliche Mindestgeldstrafe nicht zu tragen.

In diesem Zusammenhang sei auch auf § 10 des deutschen Autobahnmautgesetzes (Bußgeldvorschriften) hinzuweisen, welcher in Abs. 2 Geldstrafen je nach Delikt von bis zu € 10.000,-- und € 20.000,-- vorsieht, ohne eine gesetzliche Mindeststrafe zu normieren (BGBl I 2004, 3122).

 

Kraftfahrzeuglenker, die Mautstrecken benützen, ohne die nach § 6 geschuldete fahrleistungsabhängige Maut ordnungsgemäß zu entrichten, begehen eine Verwaltungsübertretung und sind mit Geldstrafen von 400,-- € bis 4.000,-- € zu bestrafen (§ 20 Abs. 2 BStMG).

 

Gegenständlich liegt mir nicht etwa zur Last, eine Mautprellerei (Überschrift zu dieser Strafbestimmung) dadurch begangen zu haben, dass etwa beim Lenken dieses Lkw gar keine Maut bezahlt wurde, vielmehr hätte ich die fahrleistungsabhängige Maut nicht 'ordnungsgemäß' entrichtet, der Grund hierfür findet sich aber im Strafbescheid nicht.

 

Durch die erfolgte Anwendung dieser unsachlichen und somit gleichheitswidrigen gesetzlichen Mindeststrafe bin ich im Gleichheitsrecht verletzt.

 

Im zitierten sowie im Ablehnungsbeschluss vom 26.09.2006, B 1020/06 (betreffend das Erkenntnis des UVS Tirol vom 18.04.2006, UVS-2006/27/068-4) verweist der Verfassungsgerichtshof zur in § 20 BStMG vorgesehenen Mindestgeldstrafe von € 400,-- auf dessen Erkenntnis vom 01.12.2005, G 197/04.

Dieses Judikat ist meines Erachtens mit dem gegenständlichen Fall nicht vergleichbar, weil die in § 79 AWG enthaltene Mindestgeldstrafe gefährliche Abfälle betrifft und sich nur auf Personen bezieht, die gewerbsmäßig im Bereich der Abfallwirtschaft tätig sind. Unter derartigen Umständen ist es zulässig, die absolute Höhe von Geldstrafen vor allem am Strafzweck zu orientieren.

Im Gegensatz zur zitierten Bestimmung bezweckt die im BStMG vorgesehene Strafdrohung des § 20 Abs. 2 nicht die Hintanhaltung von Gefahren für Umwelt und Bevölkerung sondern soll die ordnungsgemäße Entrichtung der fahrleistungsabhängigen Autobahnmaut die Erhaltung eines funktionstüchtigen Straßennetzes in Österreich sicherstellen, die Intentionen dieser beiden Strafbestimmungen sind miteinander nicht vergleichbar.

 

Diese gesetzliche Strafdrohung sowie die gegenständlich verhängte Geldstrafe steht mit dem mir zur Last liegenden Fahrlässigkeitsdelikt in keinem sachlichen Verhältnis, weswegen diese Strafe auch mein verfassungsgesetzlich gewährleistetes Recht auf ein faires Verfahren nach Art. 6 Abs. 1 EMRK verletzt.

Zur Auslegung dieser Verfassungsbestimmung kann auch Art. 49 Abs. 3 der Karta der Grundrechte der EU herangezogen werden, wonach das Strafmaß gegenüber der Straftat nicht unverhältnismäßig sein darf.

Auch diese Bestimmung belegt die Richtigkeit meiner Rechtsansicht.

Bei einer Mautverkürzung – wie gegenständlich – von wenigen Euro eine derartig drakonische Strafe von zumindest € 400,-- im Gesetz vorzusehen, ist unfair, es ist auch kein sachliches Verhältnis zwischen Straftat und Strafe (€ 200,--) gegeben.

 

Jede Strafe muss in einem gerechten Verhältnis zur Schwere der Straftat und zum Verschulden des Täters stehen (EMRK/GG – Konkordanzkommentar, S. 510 ff zu Art. 3 EMRK).

 

II) Gesetzliche Mindeststrafe von € 400.--:

 

Meiner Rechtsansicht nach ist der Passus 'von 400 €' in § 20 Abs. 2 leg.cit. unsachlich und somit gleichheitswidrig.

 

Kraftfahrzeuglenker, die Mautstrecken benützen, ohne die nach § 6 geschuldete fahrleistungsabhängige Maut ordnungsgemäß zu entrichten, begehen eine Verwaltungsübertretung und sind mit Geldstrafen von 400,-- € bis 4.000,-- € zu bestrafen (§ 20 Abs. 2 BStMG).

 

Abgesehen von Organstrafverfügungen ist mindestens eine Geldstrafe von € 7,-- zu verhängen (§ 13 VStG).

 

Das StGB sieht in § 19 Abs. 1 eine Mindestgeldstrafe von zwei Tagessätzen vor.

 

Abweichend von § 13 VStG hat der Gesetzgeber hier eine Mindeststrafe von € 400,-- vorgesehen, wofür es keine tatsächliche Notwendigkeit und keine sachliche Rechtfertigung gibt.

 

Im Erkenntnis vom 16.03.2000, G 312/97 u.a., hat der Verfassungsgerichtshof die Wortfolge 'von 50.000' im § 39 Abs. 1lit.a AWG als gleichheitswidrig aufgehoben.

Begründend wird darin ausgeführt, dass selbst dann, wenn aus Gründen der General- und Spezialprävention vom Gesetzgeber strengen Strafen intendiert sind, auch in diesen Fällen die Strafe in einem angemessenen Verhältnis zum Grad des Verschuldens und zur Höhe des durch das Vergehen bewirkten Schadens stehen muß (vgl. VfSlg. 9901 und 11.785).

Ein aus präventiven Erwägungen für erforderlich befundenes Strafausmaß kann aber auch ohne die angefochtene Mindestgeldstrafe erreicht werden. Die angefochtene Mindestgeldstrafe könnte allenfalls für einen eingeschränkten Personenkreis gerechtfertigt sein.

 

Auch in einem Fall wie den vorliegenden ist es nicht notwendig, den präventiven Erwägungen mit einer derart hohen Mindestgeldstrafe zum Durchbruch zu verhelfen, auch ein Strafrahmen von bis zu € 4.000,-- (ohne Mindestgeldstrafe) ist geeignet, eine entsprechende abschreckende Wirkung zu erzeugen, wie dies auch bei den meisten Verwaltungsstraftatbeständen der Fall ist, welche ohne Mindestgeldstrafe auskommen.

 

Im Erkenntnis G 121/02 vom 03.03.2003 hat der Verfassungsgerichtshof keine sachliche Rechtfertigung einer Mindestgeldstrafe von ATS 20.000,-- für Lenker von LKW wegen Beförderungen ohne erforderliche Bewilligungen (Kontingenterlaubnis) nach dem Güterbeförderungsgesetz gesehen und diese als verfassungswidrig aufgehoben, dies mit Verweis auf das Erkenntnis vom 14.12.2001, G 181/01 u.a.

 

Die über mich verhängte Geldstrafe von € 200,-- kommt einem Sechstel meines monatlichen Nettoverdienstes gleich, was ebenfalls zeigt, dass die vom Gesetz vorgesehene Mindeststrafe von € 400,-- einer sachlichen Rechtfertigung entbehrt.

 

Die 'Mautverkürzung' war in den gegenständlichen Fällen mit wenigen Euro sehr gering, dies Strafe macht das Vielfache der Mautverkürzung aus.

Dazu kommt, dass (anders als bei der Funktionsstörung) das Gerät keinen Warnton (Piepsen) aussendet, wenn die Achsanzahl zu gering eingestellt ist, dies im Gegensatz zu einer Funktionsstörung.

Im Erkenntnis vom 03.12.1999, G 102 und 106/96 hatte der Verfassungsgerichtshof keine Bedenken gegen die im Gasölbesteuerungs-Begünstigungsgesetz vorgesehene Mindestgeldstrafe von ATS 20.000,--, weil dort nur vorsätzliches Handeln unter Strafe gestellt wird.

Gegenständlich geht es um ein Fahrlässigkeitsdelikt und kommt dazu, dass es in der Praxis wohl in den allermeisten Fällen nur deshalb zu einer derartigen Übertretung kommt, weil der Fahrer nach dem Aufnehmen des Anhängers oder eines Sattelaufliegers 'vergisst' die Kategorie an der Go-Box umzustellen. Eine derart geringe Fehlleistung mit solch drakonischen Strafen zu belegen, ist ungerecht und einer sachlichen Begründung nicht zugänglich.

 

Die Normierung einer gesetzlichen Mindeststrafe führt zum Ergebnis, dass die behördliche Strafbemessung, welche auf der Grundlage des § 19 VStG vorzunehmen ist, verbietet, Geldstrafen zwischen € 7 ,-- (§ 13 VStG) und € 200,-- zu verhängen, was keinen sachlichen Grund haben kann. Gerade in Anbetracht der Preise der Zehntages- Zweimonats- und Jahresvignette erscheint dieser Rahmen für die Bemessung einer Geldstrafe praktisch bedeutsam, der Verwaltungsstrafbehörde ist es aber wegen der im Gesetz enthaltenen Mindestgeldstrafe von € 400,-- verwehrt, Strafen zwischen € 7,-- und € 200,-- zu verhängen, was einerseits mit dem

Sachlichkeitsgebot (Gleichheitssatz) nicht in Einklang zu bringen ist, andererseits aber auch der Strafzumessungsvorschrift des § 19 VStG widerspricht, nach welcher Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen ist, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Nach Abs. 2 leg.cit. ist im ordentlichen Verfahren auf das Ausmaß des Verschuldens besonders Bedacht zu nehmen und unter sinngemäßer Anwendung der §§ 32 bis 35 StGB die in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe abzuwägen.

 

Im Finanzstrafverfahren ist nach § 16 FinStrG eine Geldstrafe von mindestens € 7,25 zu verhängen, was den Gesetzgeber allenfalls dazu animiert hat, das in Rede stehende Verhalten des Straßenbenützers zur Verwaltungsübertretung zu erklären, um die Normierung einer hohen Mindestgeldstrafe zu ermöglichen.

 

Aus den genannten Gründen ist meiner Rechtsansicht nach der Passus 'von 400 €'  unsachlich und somit gleichheitswidrig, weswegen ich mich wegen Anwendung einer gleichheitswidrigen Bestimmung im Sinne des Art. 144 Abs. 1 B-VG in meinen Rechten verletzt erachte.

 

III) Verletzung im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht nach Art. 1 des 4. ZP zur EMRK und Art. 2 Abs. 2 PersFrG:

 

Niemandem darf die Freiheit alleine deshalb entzogen werden, weil er nicht in der Lage ist, eine vertragliche Verpflichtung zu erfüllen (Verbot der 'exekutiven Schuldhaft;' Walter – Mayer, Bundesverfassungsrecht 9, Rz.1396).

 

Diese Verfassungsbestimmung (Verbot der Freiheitsentziehung wegen Schulden) ist im gegenständlichen Fall deshalb verletzt worden, weil die BH eine Ersatzfreiheitsstrafe im Ausmaß von 17 Stunden verhängt.

 

Die Strafbestimmung des § 20 Abs. 2 sieht selbst eine Ersatzfreiheitsstrafe nicht vor, weswegen die Verwaltungsstrafbehörden offenkundig auf der Grundlage des § 16 Abs. 1 VStG die Ersatzfreiheitsstrafe verhängt haben.

 

Ist der Bestrafte nicht in der Lage, die über ihn verhängte Geldstrafe zu leisten, muß er die Ersatzfreiheitsstrafe antreten und wird ihm dadurch die Freiheit entzogen, was nur bei Verwaltungsstrafdelikten zulässig ist, welche ihre Grundlage in öffentlich rechtlichen Normen haben, nicht aber – wie gegenständlich – in einer konkludenten privatrechtlichen Vereinbarung über die Benützung mautpflichtiger Straßen.

 

Der Oberste Gerichtshof hat in seinem Beschluss vom 22.02.2001, 2 Ob 33/01v, ausgesprochen, dass die 'Autobahnmaut' keine öffentliche Abgabe ist, sondern ein festes Entgelt, das für die Benützung bestimmter Straßen zu leisten ist.

Die seit 01.01.1997 für die Benützung von Bundesautobahnen und Bundesschnellstraßen zu entrichtende zeitabhängige Maut (Vignettenmaut) gem. § 7 Bundesstraßenfinanzierungsgesetz 1996 (Art. 20 Strukturanpassungsgesetz 1996) ist keine Abgabe, sondern ein privatrechtliches Entgelt (VwGH 98/06/0002 und ZVR 1999, Sonderheft 5a, 17). Der OGH hat auch auf den kompetenzrechtlichen Hinweis auf die Regelung zivilrechtlicher Bestimmungen im Rahmen des Art. 10 Abs. 1 Z. 9 B-VG in den Gesetzesmaterialien 72 BlgNR 20. GP, 199 Bezug genommen. Danach hat der Mautstraßenerhalter auf der Grundlage eines mit dem Straßenbenützer entgeltlich geschlossenen Vertrages bei Erfüllung seiner vertraglich übernommenen Schutz- und Sorgfaltspflichten für jedes Verschulden einzustehen. Die Haftungseinschränkung auf grobe Fahrlässigkeit nach § 1319a ABGB ist demnach im Fall der Vignettenmaut nicht anwendbar. Auch aus der umsatzsteuerrechtlichen Behandlung der Maut ergäbe sich nichts anderes und spricht auch § 1 Abs. 1 des Bundesstraßenfinanzierungsgesetzes von einem Entgelt, was die Benützer bestimmter Bundesstraßen zu leisten haben.

Dieselben Argumente gelten im Hinblick auf die Verfassungsbestimmung des Art. 2 Abs. 2 PersFrG.

Auf diese Rechtsverletzung geht der VfGH in den Ablehnungsbeschlüssen betreffend Bescheidbeschwerden meines Rechtsvertreters in völlig gleich gelagerten Fällen (vgl. B1910/06 vom 28.11.2006) mit keinem Wort ein.

 

Die Verhängung einer Ersatzfreiheitsstrafe verletzt mich somit im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht nach Art. 1 des 4. ZP zur EMRK und Art. 2 Abs. 2 PersFrG.

 

IV) Verstoß gegen Art. 83 Abs. 2 B-VG:

 

Nach dieser Verfassungsbestimmung darf niemand seinem gesetzlichen Richter entzogen werden.

 

Der Verfassungsgerichtshof interpretiert dieses Recht extensiv und versteht unter dem 'gesetzlichen Richter' jede staatliche Behörde (VfSlg. 1443 und 2048) woraus ein verfassungsgesetzlich gewährleistetes Recht auf den Schutz und die Wahrung der gesetzlich begründenden Behördenzuständigkeit schlecht hin besteht (VfSlg. 2536 und 12.11).

 

Diese Verfassungsbestimmung bindet auch den Gesetzgeber (VfSlg. 6675) welcher die Behördenzuständigkeit nach objektiven Kriterien (VfSlg. 3156 und 8349), exakt (VfSlg. 9937 und 10.311) klar und eindeutig (VfSlg. 11.288) Frist legen muß (VfSlg. 10.311 und 12.788).

 

In seiner Judikatur leitet der Verfassungsgerichtshof aus der in Art. 91 B-VG vorgesehenen Aufteilung der Gerichtskompetenzen auf verschiedene Gerichtstypen nach der Schwere der Delikte ab, dass schwere Strafen nur von den Gerichten, nicht aber von Verwaltungsbehörden verhängt werden dürfen, diesbezüglich ist es unzulässig, Verwaltungsstrafen vorzusehen, die bereits das Ausmaß der von Gerichten zu verhängenden Strafen übersteigen (VfSlg. 12.151, 12.389 und 12.471 sowie 12.546).

 

Verfassungsgerichtliche Judikatur betreffend die verfassungsrechtlichen Grenzen des Verwaltungsstrafrechtes und des Verwaltungsstrafverfahrens im Bezug auf die Abgrenzung zu den Zivilgerichten ist dem Beschwerdeführer nicht geläufig.

 

Im Bereich des Verwaltungsstrafrechtes ist der Bundesgesetzgeber nach Art. 11 Abs. 2 B-VG bei einem Bedarf nach Erlassung einheitlicher Vorschriften ermächtigt, nicht nur das Verwaltungsstrafverfahren, sondern auch die allgemeinen Bestimmungen des Verwaltungsstrafrechtes, also auch das materielle Recht, zu regeln.

 

Nach der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes ist eine Bedarfsgesetzgebung als abweichende Regelung in einem Materiengesetz nur dann zulässig, wenn dies 'unerläßlich' ist (VfSlg. 11.564,14.153 und 15.351).

 

Das Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter bezieht sich auf das Verhältnis zwischen Justiz und Verwaltung und wird dieses verletzt, wenn eine gerichtliche Zuständigkeit durch Verwaltungsbehörden wahrgenommen (Walter –Mayer, Bundesverfassungsrecht 9, Rz.1405).

 

§ 20 Abs. 1 leg.cit. sieht vor, dass gegen denjenigen, der die Maut nicht ordnungsgemäß entrichtet ein Verwaltungsstrafverfahren zu führen ist.

 

Nun hat der Oberste Gerichtshof im bereits zitierten Beschluß vom 22.02.2001, 2 Ob 33/01 v ausgesprochen, dass die 'Autobahnmaut' keine öffentliche Abgabe sondern ein festes Entgelt ist, welches für die Benützung bestimmter Straßen zu leisten ist.

Die seit 01.01.1997 zu entrichtende Maut gemäß § 7 Ieg.cit. ist keine Abgabe sondern ein privatrechtliches Entgelt (vgl. auch VwGH 98/06/0002 und ZVR 1999, Sonderheft 5a, 17).

 

Dies ergibt sich auch aus dem Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 06.03.2001, VfSIg. 16.107, worin der Verfassungsgerichtshof seine Unzuständigkeit für eine Klage gegen den Bund nach Art. 137 B-VG in Bezug auf die Einhebung der Maut im Wege der Privatwirtschaftsverwaltung bzw. als privatrechtsförmiges Handeln eines ausgegliederten Rechtsträgers (A) ausgesprochen hat, da der ordentliche Rechtsweg zulässig ist; vgl. auch G 26/05 und V 18/05 vom 13.10.2005. Die A hebt im Sinne des § 6 des A-Ermächtigungsgesetzes als Fruchtnießer die Maut im eigenen Namen und auf eigene Rechnung ein, sie wird zum Vertragspartner des Straßenbenützers (ZVR 2001/53, ZVR 2001/90). Es entsteht ein entgeltlicher Benützungsvertrag nach Privatrecht.

Die Qualifikation der dort mit Klage nach Art. 137 B-VG erhobenen Ansprüche als solche bereicherungsrechtlicher oder schadenersatzrechtlicher Judikatur wurde vom VfGH gerade mit der Begründung bejaht, dass seit dem Abschluss des Fruchtgenußvertrages die Benützungsentgelte von der A im eigenen Namen eingehoben werden. Daraus hat der Verfassungsgerichtshof gefolgert, dass die Einhebung der Mautentgelte stets als Akt der Privatwirtschaftsverwaltung des Staates bzw. einer privatrechtsförmigen Tätigkeit eines ausgegliederten Rechtsträgers zu qualifizieren ist, weswegen die für die ordentlichen Gerichte zuständig sind.

Nach Art. 104 Abs. 1 B-VG sind die Bestimmungen des Art. 102 – mittelbare Bundesverwaltung – auf Einrichtungen zur Besorgung der in Art. 17 bezeichneten Geschäfte des Bundes nicht anzuwenden- Ob Art. 17 B-VG für die monopolhafte Betreibung aller Mautstrecken in Österreich bei gleichzeitiger Kontroll -und Strafbefugnis eine ausreichende und tragfähige verfassungsrechtliche Legitimation darstellt, erscheint zumindest fraglich, für verfassungswidrig hält die private Mauteinhebungs- und Kontrollbefungnis auch Raschauer (ÖZW 2000 62).

In ÖZW 2000, 46 wir auf die durch Art. 77 B-VG vorgegebene Grenze hingewiesen und das quantitative Kriterium der Übertragung plus einzelner Aufgaben und der qualitative Gesichtspunkt der Art der Angelegenheit hervorgehoben. Beide Kriterien sprechen gegen ein hoheitliche Beurteilung der Mauteinhebung, zumal die Fruchtgenuß-Konstruktion dazu führt, Bundesstraßen dem Gemeingebrauch zu entziehen.

 

Der OGH hat auf den kompetenzrechtlichen Hinweis auf die Regelung zivilrechtlicher Bestimmungen im Rahmen des Art. 10 Abs. 1 Z.9 B-VG in den Gesetzesmaterialen Bezug genommen.

Benützt ein Kfz-Lenker vignettenpflichtige Straßen, kommt konkludent ein Vertrag zwischen Straßenerhalter- und benützer zustande.

 

Bei dieser Maut (Vignettenpflicht) handelt es sich, somit um eine Angelegenheit des Zivilrechtswesens im Sinne des Art. 10 Abs. 1 Z.6 B-VG.

 

Nach der Verfassungsbestimmung des Art. 6 Abs. 1 EMRK sind in Zivil- und Strafsache die auf Gesetz beruhenden Gerichte zur Entscheidung berufen (Walter –Mayer, Bundesverfassungsrecht 9, Rz.1403).

 

Welche Behörde, Gericht- oder Verwaltungsbehörde der Gesetzgeber für zuständig erklärt, wird durch Art. 83 Abs. 2 B-VG nicht festgelegt. Eine diesbezügliche Bindung des Gesetzgebers kann sich allerdings aus anderen Verfassungsbestimmungen –etwa aus Art. 6 EMRK – ergeben (Adamovich – Funk- Holzinger, österreichisches Staatsrecht, Band 3, Rz.42.111). Dieses Grundrecht bindet auch den Gesetzgeber (Rz. 42.108).

 

Die Verletzung dieses verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechts auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter leite ich auch aus einem Verstoß gegen Art. 10 B-VG ab.

 

Es liegt gegenständlich nicht eine Materie des Kraftfahrwesen (Z.9) vor, sondern eine solche des Zivilrechtswesen (Z.6).

 

Wenn im Sinne der zitierten Judikatur das Grundrecht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter nach Art. 83 Abs, 2 B-VG auch den Gesetzgeber bindet, muß daraus abgeleitet werden, dass der einfache Gesetzgeber bei Bestimmung, ob ein Gericht oder eine Verwaltungsbehörde zur Vollziehung des Gesetzes berufen ist, an die verfassungsgesetzlich normierten Kompetenzbestimmungen gebunden ist. Auf der Grundlage des zitierten OGH-Judikates ist die Autobahnmaut keine 'Abgabe', sondern ein 'privatrechtliches Entgelt', durch die Benützung eines mautpflichtigen Verkehrsweges kommt iSd § 863 ABGB konkludent ein Vertrag zwischen dem Straßenbenützer und dem Straßenerhalter dahingehend zustande, dass Ersterer stillschweigend (konkludent) durch das Benützen dieses Verkehrsweges erklärt, mit der Benützung der Straße gegen Entgelt einverstanden zu sein, weswegen eine Materie des Zivilrechtswesens iSd Art. 10 Abs. 1 Z. 6 B-VG und nicht eine solche des Verkehrswesens (Z. 9) gegeben ist.

 

Unter 'Zivilrechtswesen' werden jene Materien verstanden, die nach der Systematik der Rechtsordnung, wie sie zur Zeit des Wirksamkeitsbeginnes der Kompetenzverteilung der Bundesverfassung bestanden hat, als Angelegenheit des Zivilrechtes, des Prozessrechtes und des Exekutionsrechtes anzusehen waren (Versteinerungstheorie). Es können auch neue Regelungen unter diesen Kompetenztatbestand fallen, sofern sie nach ihrem Gehalt systematisch diesen Rechtsbereichen angehören (VfSlg. 2658, 3121, 4615, 5521, 5666 und 12.470).

 

Unter den Kompetenztatbestand 'Kraftfahrwesen' fallen Angelegenheiten, die Kraftfahrzeuge und deren Lenker betreffen (VfSlg. 2977, 4243, 4381 und 11.493).

Unter den Kompetenztatbestand der 'Straßenpolizei' nach Art. 11 Abs. 1 Z. 4 B-VG fallen Maßnahmen zur Gewährleistung der Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs (VfSlg. 5619, 11.493 und 12.187 sowie Maßnahmen unter dem Gesichtspunkt der Verkehrsregelung und Verkehrssicherheit (VfSlg. 4605 und 11.493).

 

Das B-VG knüpft die Kompetenzaufteilung an die verschiedenen Staatsfunktionen (Gesetzgebung, Verwaltung und Gerichtsbarkeit) und teilt die Kompetenzen zur Gesetzgebung und zur Verwaltung, die Gerichtsbarkeit hat hingegen ausschließlich vom Bund auszugehen (Art. 82 Abs. 1 B-VG). Daneben regelt das B-VG auch die Verteilung der Kompetenzen zwischen den verschiedenen Staatsfunktionen, einerseits zwischen Gesetzgebung und Vollziehung (Art. 18 B-VG) und andererseits – innerhalb der Vollziehung – zwischen Verwaltung und Gerichtsbarkeit (Art. 91 Abs. 2 und 3 B-VG; Art. 6 EMRK).

 

Aus den zitierten verfassungsgesetzlichen Bestimmungen ist abzuleiten, dass die Einbringlichmachung des vom Vertragspartner nicht entrichteten Entgeltes in die Zuständigkeit der ordentlichen Gerichtsbarkeit, der Zivilgerichte, fällt.

 

Nach § 1 JN wir die Gerichtsbarkeit in bürgerlichen Rechtssachen, soweit dieselben nicht durch besondere Gesetze vor andere Behörden oder Organe verwiesen sind, durch die in dieser Bestimmung genannten Gerichte (ordentliche Gerichte) ausgeübt.

Dies bedeutet, dass der Straßenerhalter (die A) seine Ansprüche auf das Benützungsentgelt (hier: fahrleistungsabhängige Maut) vor den ordentlichen Gerichten durchsetzen muss, welches diesem aufgrund des konkludent zustande gekommenen Benützungsvertrages zusteht.

 

Für diesen Rechtsstandpunkt spricht auch die Möglichkeit der Bezahlung der 'Ersatzmaut' iSd § 19 leg.cit., welche als erhöhtes Entgelt für die Straßenbenützung anzusehen ist.

 

Die auf der Grundlage des § 14 Abs. 1 Bundesstraßen-Mautgesetz 2002 ergangene Mautordnung für die Autobahnen und Schnellstraßen Österreiches, Teil B-Kraftfahrzeuge über 3,5 t höchstzulässiges Gesamtgewicht enthält in deren Punkt 12. 'Gerichtsstand und anwendbares Recht' folgendes:

 

'Für alle Streitigkeiten im Zusammenhang mit dieser Mautordnung bzw. der Benutzung des mautpflichtigen Straßennetzes ist – subsidiär zu den Verwaltungsbehörden – das sachlich zuständige Gericht in Wien ausschließlich zuständig. Es gilt ausschließlich österreichisches Recht unter Ausschluss der Kollisionsnormen des internationalen Privatrechtes.'

 

Die Bestimmung des § 19 verstößt somit gegen die zitierte bundesverfassungsrechtlichen Kompetenzbestimmungen, ebenso gegen Art. 82, 83, 90 und 94 B-VG.

 

Nach Art. 87a Abs. 1 B-VG kann durch Bundesgesetz die Besorgung einzelner, genau zu bezeichnenden Arten von Geschäften der Gerichtsbarkeit erster Instanz in Zivilrechtssachen besonders ausgebildeten nicht richterlichen Bundesangestellten übertragen werden.

 

Diese Verfassungsbestimmung zeigt meiner Rechtsansicht nach, dass die Besorgung einzelner Geschäfte der Gerichtsbarkeit erster Instanz in Zivilrechtssachen nur an Rechtspfleger übertragen werden darf, womit es ausgeschlossen ist, eine zivilrechtliche Materie den Verwaltungsbehörden zu übertragen.

 

Selbst wenn man die Rechtsansicht vertreten sollte, dass es sich bei der Autobahnmaut um eine Abgabe iSd § 2 Abs. 1 lit.a FinStrG handelt, wären zum Vollzug bzw. der Durchführung des Strafverfahrens nach den §§ 33 und 58 leg.cit. die Finanzstrafbehörden zuständig (vgl. VfSlg. 16.564).

 

Diese Verfassungswidrigkeit bewirkt, dass wegen Nichteinhaltung einer privatrechtlichen Vereinbarung ein Verwaltungsstrafverfahren abgeführt und eine Verwaltungsstrafe samt Ersatzfreiheitsstrafe verhängt wird.

Die Verhängung einer Ersatzfreiheitsstrafe ist im zivilgerichtlichen Verfahren nicht möglich, sondern sind aufgrund eines zivilrechtlichen Titels lediglich Exekutionsmaßnahmen zulässig, weswegen im gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren mit einem unzulässigen Druckmittel, nämlich mit einer Ersatzfreiheitsstrafe, die Bezahlung eines Ersatzes für die nicht entrichtete Maut, erzwungen wird.

 

Es ist somit die gesamte Bestimmung des § 20 leg.cit. verfassungswidrig, welche die nicht ordnungsgemäße Entrichtung der Maut zur Verwaltungsübertretung erklärt.

 

V) Verletzung im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht nach Art. 7 EMRK (keine Strafe ohne Gesetz):

 

Nach dieser Verfassungsbestimmung kann niemand wegen einer Handlung oder Unterlassung verurteilt werden, die zur Zeit ihrer Begehung nach inländischem oder internationalem Recht nicht strafbar war.

 

Die Judikatur des VfGH leitet aus dieser Verfassungsbestimmung das sogenannte Klarheitsgebot ab (VfSlg. 11.776, 13.012, 13.233, 14.606 sowie ÖJZ 1994,529).

 

Damit wird das bereits aus Art. 18 Abs. 1 B-VG erfließende Gebot ausreichender Bestimmtheit gesetzlicher Regelungen für Strafbestimmungen auch auf Art. 7 Abs. 1 EMRK gestützt.

 

Kraftfahrzeuglenker, die Mautstrecken benützen, ohne die nach § 6 geschuldete fahrleistungsabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben, begehen eine Verwaltungsübertretung und sind mit Geldstrafen von 400,-- € bis zu 4.000,-- € zu bestrafen (Mautprellerei nach § 20 Abs. 2 BStMG).

 

Was unter 'ordnungsgemäßer Mautentrichtung' zu verstehen ist, führt diese Strafbestimmung nicht aus, die von der Erstbehörde weiters zitierte Bestimmung des § 6 BStMG normiert lediglich, dass die Benützung von Mautstrecken mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchst zulässiges Gesamtgewicht mehr als 3,5 t beträgt, der fahrleistungsabhängigen Maut unterliegt.

Nach § 7 Abs. 1 leg.cit. ist die Maut durch Einsatz zugelassener Geräte zur elektronischen Entrichtung der Maut im Wege der Abbuchung von Mautguthaben oder der zugelassenen Verrechnung im Nachhinein zu entrichten.

 

Diese Bestimmung verpflichtet in deren ersten Fall zur Mautentrichtung 'durch Einsatz zugelassener Geräte' zur elektronischen Entrichtung der Maut.

Ein solches Gerät habe ich damals verwendet und ist somit ein zugelassenes Gerät zur elektronischen Mautentrichtung eingesetzt worden, eine Übertretung des § 7 Abs. 1 leg.cit. liegt somit ebenfalls nicht vor.

 

§ 8 BStMG regelt die Pflichten der Fahrzeuglenker. Nach Abs. 1 haben die Lenker vor Benützung von Mautstrecken ihr Fahrzeug mit Geräten zur elektronischen Entrichtung der Maut auszustatten, was gegenständlich der Fall war und haben sie sich nach Abs. 2 Verwendung von solchen Geräten vor, während und nach jeder Fahrt auf Mautstrecken der Funktionsfähigkeil dieser Geräte zu vergewissern und Funktionsstörungen unverzüglich zu melden; es liegt deshalb auch kein Verstoß gegen diese Bestimmung vor, die Go-Box hat einwandfrei funktioniert.

Betreffend Einstellung der Achsanzahl normiert das Gesetz nichts.

 

Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land steht im angefochtenen Erkenntnis auf dem Standpunkt, dass ich die Einstellung der (Achs)kategorie überprüfen hätte müssen.

 

Das BStMG enthält keine Norm, welche regelt, wie die Achskategorie einzustellen ist und auf welche Art und Weise und wann diese Einstellung zu überprüfen ist, schon aus diesem Grund fehlt es dem Gesetz an der notwendigen Klarheit.

 

Anders wie in vielen anderen Verwaltungsgesetzen (vgl. etwa StVO und KFG) stellt das Gesetz nicht unter Strafe, dass der Normadressat den Bestimmungen dieses Gesetzes oder aufgrund dieses Gesetzes erlassenen Verordnungen zuwiderhandelt, sondern spricht nur von der 'ordnungsgemäßen Mautentrichtung'.

Selbst wenn man die Ansicht vertreten sollte, dass die Mautordnung eine Rechtsverordnung ist und diesbezüglich Verhaltenspflichten der Lkw-Lenker vorsieht, hat das BStMG mit dieser Formulierung des Straftatbestandes Verstöße gegen die Mautordnung nicht sanktioniert.

 

Da nach Art. 18 Abs. 2 B-VG Verordnungen nur von einer Verwaltungsbehörde erlassen werden können und die A keine Verwaltungsbehörde im Sinne der Bundesverfassung darstellt, ist meines Erachtens auch die Mautordnung keine Verordnung im Rechtssinn.

 

§ 8 Abs. 1 BStMG normiert die Verpflichtung, das Fahrzeug mit Geräten zur elektronischen Entrichtung der Maut auszustatten, sofern der Lenker nicht von anderen in der Mautordnung vorgesehenen Formen der Mautentrichtung Gebrauch macht, Abs. 2 verpflichtet die Lenker, sich bei Verwendung von solchen Geräten während uns nach jeder Fahrt auf Mautstrecken der Funktionstüchtigkeit dieser Geräte zu vergewissern und Funktionsstörungen unverzüglich zu melden, nach Abs. 3 sind die näheren Bestimmungen über die Überprüfung der Geräte und die Pflichten im Fall von Funktionsstörungen in der Mautordnung zu treffen.

Da letztgenannte Bestimmung lediglich von der 'Überprüfung' der Geräte spricht und von Pflichten im Fall von Funktionsstörungen, kann auch aus diesem Absatz keine entsprechende gesetzliche Grundlage für Regelungen in der Mautordnung abgeleitet werden, welche Kategorie an der Go-Box einzustellen ist. Einer Mautordnung, welche Pflichten betreffend der Einstellung der Achsanzahl enthielte, würde somit die gesetzliche Grundlage fehlen, diese wäre somit gesetzwidrig.

 

Im Gegensatz etwa zu § 134 Abs. 1 KFG enthält die Strafbestimmung des § 20 BStMG auch keinen Verweis auf Verordnungen bzw. konkret auf die Mautordnung und stellt auch deren Übertretung nicht unter Strafe.

Die Strafbestimmung reduziert sich somit darauf, dass der Kraftfahrzeuglenker, der Mautstrecken benützt, ohne die nach § 6 geschuldete fahrleistungsabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben.

Nur dann, wenn die Mautordnung entsprechend Gebote bzw. Verbote enthält und die Übertretung von Bestimmungen der Mautordnung im Gesetz unter Strafe gestellt werden, könnte von einer entsprechend determinierten Strafbestimmung gesprochen werden, was gegenständlich nicht der Fall ist.

 

Im Sinne des A-Ermächtigungsgesetzes ist diese Gesellschaft Fruchtnießerin des österreichischen mautpflichtigen Autobahnnetzes und somit Begünstigte des Bundesstraßen-Mautgesetzes 2002 und der (von ihr selbst erlassenen) Mautordnung.

Da – wie oben dargestellt – die Autobahnmaut keine hoheitliche Abgabe sondern ein privatrechtliches Entgelt für die Benützung des mautpflichtigen Straßennetzes darstellt, welches aufgrund eines konkludent zwischen dem Straßenerhalter und dem Benutzer dieser Verkehrswege zustande gekommenen Vertrages fällig wird, ist die 'Mautordnung' keine Rechtsverordnung im Sinne des Art. 18 Abs. 2 B-VG sondern stellt diese allgemeine Geschäftsbedingungen betreffend diesen Vertrag dar (Reischauer in Rummel3 Rz25b zu § 1319a ABGB).

Nach den §§ 2 und 6 des A-Ermächtigungsgesetzes BGBl. I Nr. 113/1997 in der Fassung BGBl.Nr. 107/1999 war der A mit Wirkung vom 01.01.1997 als Fruchtgenussberechtigten das Recht der Fruchtnießung (§ 509 ABGB) einzuräumen. Die A hebt als Fruchtnießer Mauten im eigenen Namen und auf eigene Rechnung ein (RV 698 BlgNR 21. GP), sie wird zum Vertragspartner des Straßenbenützers (ZVR 2001/53 und 90 sowie RdU 2002/58 und 59).

Die – oben dargestellte – Verfassungswidrigkeit des § 20 BStMG stützt sich auf den Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 06.03.2001, VfSlg. 16.107, wonach der Verfassungsgerichtshof wegen Einhebung der Maut im Wege der Privatwirtschaftsverwaltung bzw. als privatrechtsförmiges Handeln eines ausgegliederten Rechtsträgers (A) für Klagen gegen den Bund nach Art. 137 B-VG auf Rückzahlung zu unrecht entrichteten Benützungsentgelts unzuständig ist, zumal der ordentliche Rechtsweg zulässig ist.

 

Die Qualifikation der dort erhobenen Ansprüche als bereicherungsrechtlicher oder schadenersatzrechtlicher Natur wurde vom VfGH gerade mit der Begründung bejaht, dass seit dem Abschluss des Fruchtgenussvertrages mit Wirkung 01.01.1997 die Benützungsentgelte von der A im eigenen Namen eingehoben werden. Daraus folgert der Verfassungsgerichtshof, dass die Einhebung der Mautentgelte stets als Akt der Privatwirtschaftsverwaltung des Staates bzw. einer privatwirtschaftlichen Tätigkeit eines ausgegliederten Rechtsträgers zu qualifizieren ist und angesichts dessen die ordentliche Gerichte zuständig sind.

Auch dieses Judikat belegt die Richtigkeit meiner Rechtsansicht, wonach es sich bei der Autobahnmaut nicht um eine hoheitliche Abgabe sondern um ein privatrechtliches Entgelt handelt und die Mautordnung keine Rechtsverordnung im Sinne des Art. 18 B-VG ist sondern handelt es sich dabei um allgemeine, privatrechtliche Geschäftsbedingungen für diesen konkludent abgeschlossenen Vertrag zwischen Straßenbenützer und Erhalter, der A.

 

Damit schließt sich die Argumentationskette dahingehend, dass keine hoheitliche Norm (Gesetz oder Verordnung) besteht, welche ausführt, was § 20 BStMG unter 'ordnungsgemäßer Mautentrichtung' versteht sondern lediglich Allgemeine Geschäftsbedingungen, weswegen ein Verstoß gegen das Klarheitsgebot des Art. 7 EMRK vorliegt.

 

Es gibt somit keine Norm, welche unter Strafe stellt, dass die eingestellte Achsanzahl nicht der tatsächlichen Achsanzahl entspricht, die über mich verhängte Strafe verletzt mich somit im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht nach Art. 7 EMRK.

 

VI) Kundmachung der Mautordnung:

 

Im Zusammenhang mit der Frage der Rechtsqualität der Mautordnung als Verordnung im Sinne des Art. 18 Abs. 2 B-VG stellt sich auch die Frage, ob die Mautordnung entsprechend kundgemacht ist.

 

Nach § 16 Abs. 1 BStMG ist die Mautordnung von der A im Internet zu verlautbaren und muss frei von Sondergebühren jederzeit ohne Identitätsnachweis zugänglich sein. Die A hat die Mautordnung auf Verlangen jedermann gegen angemessenen Kostenersatz zuzusenden.

 

Der Kundmachung von Rechtsvorschriften kommt aus rechtsstaatlicher Sicht besondere Bedeutung zu. In VfSlg. 3130 hat der Verfassungsgerichtshof klargestellt, dass den Vorschriften über die Publikation der Gesetzes der rechtsstaatliche Gedanke der Publizität des Gesetzesinhaltes zugrundeliegt und daraus gefolgert, dass der Gesetzgeber der Öffentlichkeit die Inhalte seiner Gesetzesbeschlüsse in klarer und erschöpfender Weise zur Kenntnis bringen muss. Wenn der Zweck der Rechtsordnung darin besteht, den Menschen durch die Vorstellung der Norm zu einem normgemäßen Verhalten zu veranlassen, so ist der Gesetzgeber gehalten, die Möglichkeit einer solchen Vorstellung zu geben. Die entsprechende Kundmachung soll dem Normadressaten nicht nur Rechtssicherheit vermitteln sondern ihn auch vor staatlicher Willkür schützen.

Diesem rechtsstaatlichen Gebot entspricht § 16 BStMG nicht, weil sich einerseits daraus kein klar bestimmbarer Kundmachungsort (URL) ergibt, andererseits wann die Mautordnung ihre rechtliche Verbindlichkeit erlangt und somit als 'gehörig kundgemacht' angesehen werden kann (Art. 18 Abs. 1, Art. 89 Abs. 1 und Art. 139 Abs. 3 lit.c B-VG).

Da das Bundesstraßenmautgesetz am 01.01.2003 in Kraft getreten ist, bedarf es auch eines Blicks auf das erst am 01.01.2004 in Kraft getretene Kundmachungsreformgesetz 2004, BGBl. I Nr. 100/2003.

Dessen § 7 Abs. 1 (Verlautbarung und Bekanntmachung der Rechtsvorschriften) sieht vor, dass die im Bundesgesetzblatt zu verlautbarenden Rechtsvorschriften im Internet unter der Adresse www.ris.bka.gv.at zur Abfrage bereitzuhalten sind, jede Nummer des Bundesgesetzblattes hat auf diese Adresse hinzuweisen. Wenn und solange die Bereitstellung oder Bereithaltung zur Abfrage im Internet nicht bloß vorübergehend nicht möglich ist, hat deren Verlautbarung in anderer dem Art. 49 Abs. 3 B-VG entsprechender Weise zu erfolgen.

Diesen Anforderungen wird § 16 BStMG nicht gerecht; diese Bestimmung widerspricht somit meines Erachtens dem Legalitätsprinzip (Rechtsstaatprinzip).

 

Vertritt man die Rechtsansicht, dass die Kundmachung einer Verordnung im Internet ausreicht, so muss aus dem genannten Grund verlangt werden, dass das Gesetz angibt, unter welcher Internetadresse (URL) die Verordnung zu finden ist.

 

Ein weiteres Rechtsproblem stellt sich im Zusammenhang mit dem Geltungsbeginn der Verordnung, deren Inkrafttreten. Das Gesetz gibt dazu keine Auskunft. weswegen der Normadressat in regelmäßigen Abständen, wenn nicht überhaupt tagtäglich, im Internet nachschauen muss, ob nun die Mautordnung schon gilt oder ob diese allenfalls novelliert wurde.

Das Gesetz trifft auch keine Vorkehrungen für den Fall, dass eine Abfrage der Mautordnung im Internet allenfalls vorübergehend aufgrund technischer Gebrechen seitens des von der A verwendeten Servers etc. nicht möglich ist.

Das Gesetz sieht keine andere (zusätzliche) Form der Kundmachung, etwa im Amtsblatt zur Wiener Zeitung vor, wie dies das Bundesstraßen-Finanzierungsgesetz als Vorgängergesetz vorgesehen hatte und was auch z.B. in § 7 Abs. 2 des Kundmachungsreformgesetzes 2004 der Fall ist.

 

Die österreichische Bundesverfassung sieht keine ausdrücklichen Festlegungen über die Kundmachung von Verordnungen vor, aus Art. 89 Abs. 1 und Art. 139 Abs. 3 lit.c B-VG ergibt sich lediglich, dass diese 'gehörig' und 'gesetzesgemäß' kundzumachen sind.

Unter 'ortsüblicher Kundmachung' ist die Kundmachung in einer solchen Art und Weise zu verstehen, dass jeder Normadressat von der Verordnung problemlos Kenntnis erlangen kann (vgl. etwa VfSlg. 12.346 und 15.171).

Seit dem Umstieg auf das gedruckte Gesetzblatt herrscht in Österreich das Prinzip der formellen Publikation von Rechtsvorschriften.

Danach wird die Zugänglichkeit des Rechtes gefordert. Fraglich ist, inwieweit das Internet als (alleiniges) Kundmachungsmedium geeignet ist, jeden Normadressaten das problemlose Auffinden der Rechtsvorschrift zu gewährleisten.

Die Nutzung des Internets erfordert gewisse technische Vorkehrungen, die mit finanziellen Belastungen wie Verbindungsentgelt, Kosten für die technische Ausrüstung, etc. verbunden sind.

Aus dem Rechtsstaatsprinzip nach Art. 18 B-VG ist abzuleiten, dass das staatliche Handeln für den Bürger vorhersehbar und berechenbar sein muss. Jene Menschen, die nicht über moderne Kommunikationstechnologien wie das Internet verfügen, können derartiges staatliches Handeln nicht vorhersehen und – wie oben ausgeführt –insbesondere nicht verlässlich feststellen, wann eine Bestimmung in Kraft getreten ist und wann diese allenfalls in Form einer Novellierung eine Änderung erfahren hat. Wie ausgeführt, besitze ich keinen PC und müsste ich mir entweder einen solchen anschaffen oder einen fremden PC benutzen, um im Internet in die Mautordnung Einsicht nehmen zu können. Darüber hinaus muss der Normadressat der Mautordnung eine gewisse Vertrautheit und Übung mit dem Internet und mit dem PC selbst aufweisen, um diese Technologien nutzen und so von der Mautordnung Kenntnis erlangen zu können.

Zusammengefasst vertrete ich die Rechtsansicht, dass die alleinige Kundmachung der Mautordnung im Internet keine gehörige bzw. ortsübliche Kundmachung ist und § 16 BStMG somit dem Rechtsstaatsprinzip zuwiderläuft.

 

Ist die Mautordnung nicht ordnungsgemäß kundmacht, ist sie nicht Bestandteil der Rechtsordnung und kann damit zur Auslegung des Begriffes 'ordnungsgemäße Mautentrichtung' in § 20 Abs. 2 BStMG nicht herangezogen werden, was den schon in der Bescheidbeschwerde relevierten Verstoß gegen Art. 7 EMRK (keine Strafe ohne Gesetz – Klarheitsgebot) unterstreicht.

 

Im Sinne der teils verfassungsändernden Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG BGBl I Nr. 35/1999 ist für das BStMG das Konsultationsverfahren vorgesehen.

Ob das BStMG dieses Verfahren vor Kundmachung durchschritten hat, entzieht sich meiner Kenntnis. Ist dies nicht der Fall, ist das BStMG nicht gesetz- bzw. verfassungskonform zustande gekommen.

 

Mein monatliches Nettoeinkommen beträgt nicht, wie von der Bezirkshauptmannschaft im vorliegenden Strafbescheid angenommen, € 2.000,-- netto monatlich, sondern € 1.300,--.

 

Aus den genannten Gründen stelle ich höflich den

 

A N T R A G ,

 

der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich möge dieser Berufung Folge geben, das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 29.01.2007 aufheben und das Verwaltungsstrafverfahren einstellen."

 

3. Aus dem Akt ist ersichtlich:

 

Dem Akt liegt eine Anzeige der A vom 18. Jänner 2005 zugrunde. Die Lenkeranzeige enthält den gegenständlichen Tatvorwurf. Die Achsenzahl des Kraftfahrzeuges (4) sei höher gewesen als die eingestellten Kategorien/Achsenzahlen am Fahrzeuggerät (3). Der Zulassungsbesitzer sei gem. § 19 Abs. 4 BStMG am 9. Dezember 2004 zur Zahlung einer Ersatzmaut aufgefordert worden, dieser Aufforderung sei jedoch nicht entsprochen worden.

 

Gegen die Strafverfügung vom 10. Februar 2005 wurde Einspruch erhoben.

 

Einer zusätzlichen Stellungnahme der A vom 25. März 2005 sind im Wesentlichen Wiedergaben der Rechtsgrundlagen und die Angaben in der Anzeige zu entnehmen. Als Beilage sind zwei Beweisfotos und eine Einzelleistungsinformation angeschlossen.

 

Dazu wurde vom Bw – trotz eingeräumter Möglichkeit – keine Stellungnahme abgegeben.

 

Der Akt schließt mit dem angefochtenen Straferkenntnis und der daraufhin eingebrachten Berufung.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

 

Gem. § 6 BStMG unterliegt die Benützung von Mautstrecken mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren hochzulässiges Gesamtgewicht mehr als 3,5 Tonnen beträgt, der fahrleistungsabhängigen Maut.

 

Gem. § 20 Abs. 2 leg.cit. begehen Kraftfahrzeuglenker, die Mautstrecken benützen, ohne die nach § 6 geschuldete fahrleistungsabhängige Maut ordnungsgemäß zu entrichten, eine Verwaltungsübertretung und sind mit Geldstrafe von 400 Euro bis zu 4.000 Euro zu bestrafen.

 

Nach § 44a Ziffer 1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Das damit verbundene Konkretisierungsgebot verlangt die Umschreibung sämtlicher Tatbestandsmerkmale. Dieses Erfordernis ist gegenständlich nicht erfüllt.

 

Der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses (und ebenfalls bereits in der verfolgungsverjährungsunterbrechenden Strafverfügung) leidet unter dem Blickwinkel des § 44a VStG unter dem Mangel, dass daraus nicht hervorgeht, dass der Bw eine Mautstrecke mit einem mehrspurigen Kfz mit einem höchstzulässigen Gesamtgewicht von mehr als 3,5 Tonnen (§ 6 BStMG) benützt hat, da nur diese Fahrzeuge der fahrleistungsabhängigen Maut unterliegen. Da deshalb der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses den Anforderungen des § 44a VStG nicht genügt, war unter dem Blickwinkel der Rechtssicherheit und eines geordneten Gesetzesvollzugs spruchgemäß zu entscheiden.    

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichts­hof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Langeder

 

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