Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-240223/12/Gf/Pe

Linz, 12.05.2003

 

 

 VwSen-240223/12/Gf/Pe Linz, am 12. Mai 2003

DVR.0690392
 

 

 

E R K E N N T N I S
 
 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Grof über die Berufung des MD, vertreten durch RA Dr. RH-B, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Kirchdorf vom 28. November 1996, Zl. SanRB96-30-1996-SJ, wegen Übertretungen des Lebensmittelgesetzes zu Recht erkannt:

 

I. Der Berufung wird insoweit stattgegeben, als Spruchpunkt 2.b aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren diesbezüglich eingestellt wird sowie die zu Spruchpunkt 1. und Spruchpunkt Pkt. 2.a verhängten Geldstrafen jeweils mit 145,34 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafen jeweils mit 27 Stunden festgesetzt werden; im Übrigen wird diese hingegen abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, dass es in dessen Spruch anstelle von "Ballas" jeweils richtig "BALLAST" zu heißen hat.


II. Der Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde ermäßigt sich auf insgesamt 29,06 Euro; für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat ist kein Kostenbeitrag zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlage:
§ 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG; § 45 Abs. Z. 1 VStG; § 16 Abs. 2 VStG; § 64 Abs. 1 und 2 VStG; § 65 VStG; § 66 Abs. 1 VStG..

 

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Kirchdorf vom 28. November 1996, Zl. SanRB96-30-1996-SJ, wurden über den Beschwerdeführer zwei Geldstrafen in Höhe von je 3.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe: je 3 Tage) bzw. eine Geldstrafe in Höhe von 1.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe: 1 Tag) verhängt, weil er ein diätetisches Lebensmittel bzw. ein Verzehrprodukt ohne vorangehende Anmeldung beim Bundesminister für Gesundheit und Umweltschutz verkauft und dadurch in Verkehr gebracht habe, wobei letzteres überdies mit einem verbotenen gesundheitsbezogenen Hinweis versehen gewesen sei; dadurch habe er eine Übertretung des § 74 Abs. 5 Z. 3 i.V.m. § 17 Abs. 2, des § 74 Abs. 5 Z. 3 i.V.m. § 18 Abs. 1 sowie des § 74 Abs. 1 i.V.m. § 7 Abs. 1 lit. c und § 9 Abs. 1 lit. a des Lebensmittelgesetzes, BGBl.Nr. 86/1975, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 756/1992 (im folgenden: LMG), begangen, weshalb er nach § 74 Abs. 5 Z. 3 bzw. § 74 Abs. 1 LMG zu bestrafen gewesen sei.

 

1.2. Gegen dieses ihm am 5. Dezember 1996 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 6. Dezember 1996 - und damit rechtzeitig - zur Post gegebene Berufung.

 

2.1. Im angefochtenen Straferkenntnis führt die belangte Behörde im Wesentlichen begründend aus, dass der dem Beschwerdeführer zur Last gelegte Tatbestand durch dienstliche Wahrnehmungen eines Lebensmittelaufsichtsorganes sowie durch entsprechende Gutachten der Bundesanstalt für Lebensmitteluntersuchung Linz als erwiesen anzusehen sei.

 

Bei der Strafbemessung seien der Umstand, dass dem Beschwerdeführer die verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit nicht mehr zugute komme, sowie das Ausmaß der Übertretungen als erschwerend zu werten gewesen, während Milderungsgründe nicht hervorgekommen seien; die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse seien mangels entsprechender Mitwirkung von Amts wegen zu schätzen gewesen.

 

2.2. Dagegen bringt der Berufungswerber zunächst vor, dass die durch ihn vorgenommene Bezeichnung der verfahrensgegenständlichen Produkte ("diätetische Saftkomposition"; "Nahrungsergänzung") nichts über deren tatsächliche Qualifikation als diätetisches Lebensmittel bzw. als ein Verzehrprodukt auszusagen vermöge. De facto liege jedenfalls weder eine besondere Beschaffenheit im Sinne eines diätetischen Lebensmittels noch eine bloße Nahrungsergänzung vor. Daher sei auch eine entsprechende Anmeldung beim Bundesminister für Gesundheit und Umweltschutz entbehrlich gewesen.

 

Im Übrigen widerspreche die Bestimmung des § 9 Abs. 3 LMG ohnedies insofern dem Recht auf freien Warenverkehr, als dadurch verunmöglicht werde, ein in Deutschland hergestelltes und unbeanstandet vertriebenes Produkt in gleicher Weise auch in Österreich in Verkehr zu bringen.

 

Aus diesen Gründen wird die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses beantragt.

 

3. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt der BH Kirchdorf zu Zl. SanRB96-30-1996; da bereits aus diesem der entscheidungswesentliche Sachverhalt hinreichend zu klären war und mit dem angefochtenen Straferkenntnis lediglich drei jeweils 500 Euro nicht übersteigende Geldstrafen verhängt wurden sowie ein entsprechender Antrag nicht gestellt, sondern nur eine unrichtige rechtliche Beurteilung durch die belangte Behörde geltend gemacht wurde, konnte im Übrigen gemäß § 51e Abs. 3 Z. 3 VStG von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

 

4. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

4.1. Gemäß § 74 Abs. 5 Z. 3 i.V.m. § 17 Abs. 2 LMG beging derjenige eine Verwaltungsübertretung und war mit Geldstrafe bis zu 25.000 S zu bestrafen, der Lebensmittel unter einer Aufmachung oder unter Verwendung von Bezeichnungen, die die Eignung als ein diätetisches Lebensmittel - d.i. ein Lebensmittel besonderer Beschaffenheit, das für bestimmte Gruppen von Verbrauchern zu dem Zweck hergestellt wurde, um entweder die Zufuhr bestimmter Nährstoffe oder anderer ernährungsphysiologisch wirkender Stoffe zu steigern bzw. zu verringern oder zu dem Zweck, um besonderen Ernährungsbedürfnissen bei Krankheiten, Mangelerscheinungen, Funktionsanomalien und bei Überempfindlichkeit gegen einzelne Lebensmittel oder deren Bestandteile, während der Schwangerschaft und Stillzeit sowie des Säuglings oder Kleinkindes Rechnung zu tragen - dartun, vor ihrer Anmeldung beim Bundesminister für Gesundheit und Umweltschutz in Verkehr brachte.

 

Nach § 74 Abs. 5 Z. 3 i.V.m. § 18 Abs. 1 LMG beging derjenige eine Verwaltungsübertretung und war mit Geldstrafe bis zu 25.000 S zu bestrafen, der Verzehrprodukte - d.s. Stoffe, die dazu bestimmt sind, von Menschen gegessen, gekaut oder getrunken zu werden, ohne überwiegend Ernährungs- oder Genusszwecken zu dienen oder Arzneimittel zu sein - in Verkehr bringt.

 

Gemäß § 74 Abs. 1 i.V.m. § 7 Abs. 1 lit. c und i.V.m. § 9 Abs. 1 lit. a LMG beging derjenige eine Verwaltungsübertretung und war mit Geldstrafe bis zu 50.000 S zu bestrafen, der insofern falsch bezeichnete Verzehrprodukte in Verkehr brachte, als sich diese Bezeichnung auf die Verhütung, Linderung oder Heilung von Krankheiten oder Krankheitssymptomen oder auf physiologische oder pharmakologische, insbesondere jungerhaltende, Alterserscheinungen hemmende, schlankmachende oder gesunderhaltende Wirkungen bezog oder den Eindruck einer derartigen Wirkung erweckte.

 

4.2.1. Hinsichtlich des vom Beschwerdeführer in Verkehr gebrachten Produktes "E", das mit der Beschreibung "Diätetische Saftkomposition mit Eisen" versehen war, unterliegt dieser insofern einem Rechtsirrtum, als es in Bezug auf die in § 17 Abs. 2 LMG statuierte Anmeldepflicht nicht darauf ankommt, dass tatsächlich diätetische Lebensmittel in Verkehr gebracht wurden, sondern - nach dem insoweit eindeutigen Gesetzeswortlaut - nur darauf, dass ein Lebensmittel unter einer Aufmachung, die dessen Eignung als ein diätetisches Lebensmittel dartut, angeboten wird.

 

Dieser Anschein ist aber zweifellos dann gegeben, wenn das Produkt - wie im gegenständlichen Fall - mit der expliziten Umschreibung "Diätetische Saftkomposition" in Verkehr gebracht wurde.

 

Insofern hat daher der Rechtsmittelwerber offenkundig tatbestandsmäßig i.S.d. § 74 Abs. 5 Z. 3 i.V.m. § 17 Abs. 2 LMG und - weil ihm als Gewerbetreibendem die entsprechenden Rechtsvorschriften auch bekannt sein mussten - zumindest fahrlässig und damit auch schuldhaft gehandelt.

 

4.2.2. Hinsichtlich des Tatvorwurfes zu § 74 Abs. 5 Z. 3 i.V.m. § 18 Abs. 1 LMG trifft hingegen die Argumentation des Berufungswerbers, dass es nicht auf die Bezeichnung, sondern nur darauf ankommt, dass tatsächlich nicht ein Lebensmittel, sondern bloß ein Verzehrprodukt vorliegen muss, zu.

 

Doch ist auch bezüglich des Produktes "PB" insbesondere aufgrund der Produktbeschreibung ("Verzehrsempfehlung: Morgens oder abends je 1 - 2 Eßlöffel [ca. 20 ml] vor der Mahlzeit; bei Bedarf kann PB längere Zeit zur Nahrungsergänzung genommen werden") sowie des Preises (159,- S [entspricht 11,55 Euro] für 0,2 l) - offenkundig, dass es sich insoweit i.S.d. § 3 LMG um eine Flüssigkeit, die dazu bestimmt ist, von Menschen getrunken zu werden, ohne überwiegend Ernährungs- oder Genusszwecken zu dienen oder ein Arzneimittel zu sein, und damit lediglich um ein Verzehrprodukt und nicht um ein Lebensmittel handelt.

 

Da aber Verzehrprodukte im Gegensatz zu Lebensmitteln gemäß § 18 Abs. 1 LMG generell der Meldepflicht unterliegen und eine entsprechende Anmeldung vorliegendenfalls unstrittig nicht vorgenommen wurde, hat der Beschwerdeführer somit auch insofern tatbestandsmäßig und schuldhaft gehandelt.

 

4.3. Im Zuge der Strafbemessung ist der belangten Behörde hingegen zunächst offenkundig insofern ein Rechtsirrtum unterlaufen, als diese das Nichtvorliegen des Milderungsgrundes der Unbescholtenheit als erschwerend gewertet hat, ohne in der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses gleichzeitig andere einschlägige rechtskräftige Vormerkungen anzuführen, geschweige denn belegen zu können.

 

Im Übrigen wurde auch verabsäumt, das in der Begründung angesprochene "Ausmaß der Übertretungen" insofern näher zu konkretisieren, als dieses tatsächlich einen Erschwerungsgrund hätte bilden können (wobei sich hiefür auch im Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat keine Anhaltspunkte ergaben).

 

Ist daher im Ergebnis sowohl vom Nichtvorliegen von Erschwerungs- als auch von Milderungsgründen auszugehen, findet es der Oö. Verwaltungssenat in gleicher Weise als tat- und schuldangemessen, die Geldstrafen wegen der Übertretung des § 17 Abs. 2 LMG bzw. des § 18 Abs. 1 LMG mit jeweils 145,34 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: jeweils 27 Stunden) festzusetzen.

 

4.4. Hinsichtlich dieser beiden Tatanlastungen ist einer vom Rechtsmittelwerber an den Verwaltungsgerichtshof erhobenen Beschwerde auch der Erfolg versagt geblieben.

 

Demgegenüber hat der VwGH im Erkenntnis vom 31. März 2003, Zl. 2003/10/0026, ausgesprochen, dass einem generellen Verbot gesundheitsbezogener Angaben die RL 79/112 entgegensteht; dies führt dazu, dass der bloße Vorwurf des Inverkehrbringens von Lebensmitteln mit gesundheitsbezogenen Angaben keinen Verwaltungsstraftatbestand darstellt.

 

Unter Bindung an diese Rechtsansicht war daher Spruchpunkt 2.b des angefochtenen Straferkenntnisses aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren diesbezüglich einzustellen.

 

4.5. Insoweit sowie bezüglich des Strafausmaßes war daher der gegenständlichen Berufung gemäß § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG stattzugeben; im Übrigen war diese hingegen abzuweisen und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe zu bestätigen, dass es in dessen Spruch anstelle von "Ballas" jeweils richtig "BLLAST" zu heißen hat.

5. Bei diesem Verfahrensergebnis ermäßigt sich der Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde gemäß § 64 Abs. 1 und 2 VStG auf jeweils 14,53 Euro, insgesamt sohin auf 29,06 Euro; für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat ist gemäß § 65 VStG kein Kostenbeitrag zu leisten.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.


Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.


Dr. G r o f

 
 

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