Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-161975/8/Zo/Se

Linz, 26.07.2007

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Zöbl über die Berufung des Herrn A D, vertreten durch Rechtsanwälte M O, H G, C, vom 17.1.2007, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Freistadt vom 6.12.2006, Zl. VerkR96-2269-2006, wegen drei Übertretungen des GGBG zu Recht erkannt:

 

        I.      Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

      II.      Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

Rechtsgrundlagen:

Zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1 und 45 Abs.1 Z1 VStG.

Zu II.: §§ 64 ff VStG.

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Freistadt hat dem Berufungswerber im angefochtenen Straferkenntnis vorgeworfen, dass er als außenvertretungsbefugtes Organ des Transportfirma A D als Beförderer des gefährlichen Gutes:

Vorheriges Ladegut UN 3257 erwärmter flüssiger Stoff, n.a.g Klasse 9, VG III, leeres ungereinigtes Tankfahrzeug, Tanktemperatur 138°C, am 20.6.2006 um 11:30 Uhr auf der B 310 bei Strkm. 55,250 mit der Beförderungseinheit , , ein leeres ungereinigtes Tankfahrzeug befördert und es unterlassen habe, sich im Rahmen des § 7 Abs.1 GGBG zu vergewissern, dass

1. die für die Fahrzeuge vorgeschriebenen

a) Großzettel (Placards) der Klasse 9 und die Kennzeichnung für Stoffe, die in erwärmten Zustand befördert werden angebracht sind und

b) die vorgeschriebenen orangefarbenen Tafeln mit Zahl angebracht sind und

2. die vorgeschriebenen Unterlagen in der Beförderungseinheit mitgeführt werden. Es sei ein Beförderungspapier für den gefährlichen Stoff mit dem Vermerk leeres Tankfahrzeug und der Ergänzung des letzten Ladegutes mitgeführt worden.

 

Der Berufungswerber habe dadurch zu den Punkten 1a und 1b jeweils eine Übertretung des § 13 Abs.1a Z6 GGBG und zu Punkt 2 eine Übertretung nach § 7 Abs.1 iVm § 13 Abs.1a Z2 GGBG begangen. Es wurden deshalb über ihn zu den Punkten 1a und 1.2 jeweils Geldstrafen in Höhe von 750 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 15 Stunden) sowie zu Punkt 2 eine Strafe in Höhe von 100 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 25 Stunden) verhängt. Weiters wurde er zur Zahlung eines Verfahrenskostenbeitrages in Höhe von 160 Euro verpflichtet.

 

2. In der dagegen rechtzeitig eingebrachten Berufung machte der Berufungswerber geltend, dass das Fahrzeug damals ungereinigt leer war und dabei Produktanhaftungen des gefährlichen Stoffes mit der UN 3257, erwärmter flüssiger Stoff, n.a.g. Klasse 9, VG III, aufwies. Zum Zeitpunkt der Kontrolle betrug die Temperatur 138°C. Daraus ergebe sich aber kein Verstoß gegen das GGBG bzw. das ADR, weil für diesen Transport die Sondervorschrift TU 35 anzuwenden sei. Dementsprechend unterliegen ungereinigte leere fest verbundene Tanks (Tankfahrzeuge), die diese Stoffe (UN 3257) enthalten haben, nicht den Vorschriften des ADR, wenn geeignete Maßnahmen ergriffen wurden, um mögliche Gefährdungen auszuschließen. Es habe sich bis zur Entladung um einen Gefahrguttransport gehandelt und das Fahrzeug sei entsprechend gekennzeichnet gewesen. Nach der Entladung bestand aufgrund der Sondervorschrift der TU 35 keine Notwendigkeit und auch keine rechtliche Verpflichtung, das Fahrzeug mittels Großzettels sowie orangefarbener Tafel zu kennzeichnen bzw. Unterlagen mitzuführen. Daran würde auch die Temperatur von 138°C nichts ändern. Nach der Entleerung des Tanks lagern sich Produktanhaftungen des zuvor transportierten Gutes im Innenraum des Tanks ab, weshalb der Innenraum nur langsam abkühlt. Eine Gefahr besteht jedoch aufgrund der Isolation der Fahrzeuge nicht und es seien die Vorschriften des ADR nicht anzuwenden. Diese Auffassung sei auch gängige Praxis der deutschen Behörden. Da es sich bei der ADR um ein europäisches Übereinkommen handelt, könne auch in Österreich kein anderer Maßstab angelegt werden.

 

3. Der Bezirkshauptmann von Freistadt hat den Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates, wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt sowie Einholung einer Stellungnahme eines Sachverständigen für Verkehrstechnik und Wahrung des Parteiengehörs. Bereits daraus ergibt sich, dass das gegenständliche Straferkenntnis aufzuheben ist, weshalb eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung nicht erforderlich ist.

 

4.1. Folgender Sachverhalt steht fest:

 

Am 20.6.2006 um 11:30 Uhr wurde auf der B 310 bei Strkm. 55,200 die Beförderungseinheit   mit dem Tankfahrzeug  kontrolliert. Bei der Kontrolle wurde festgestellt, dass es sich um ein ungereinigtes leeres Tankfahrzeug handelte, wobei als letztes befördertes Gefahrgut Bitumen geladen war. Dabei handelt es sich um Gefahrgut mit der UN 3257, erwärmter flüssiger Stoff, n.a.g., Klasse 9, VT III. Laut dem am Tankfahrzeug befindlichen Thermometer betrug die Innentemperatur im Tank 138°C. Der gegenständliche Transport war nicht als Gefahrguttransport gekennzeichnet (orangefarbene Tafel sowie Placards waren nicht angebracht) und der Lenker führte kein Beförderungspapier für den ungereinigt leeren Tank mit. Er wurde deshalb wegen des Verdachts von Übertretungen des GGBG angezeigt und von der Bezirkshauptmannschaft Freistadt ein entsprechendes Verwaltungsstrafverfahren durchgeführt. In diesem gab der Berufungswerber keine Stellungnahme ab, sodass das nunmehr angefochtene Straferkenntnis erlassen wurde.

 

Aufgrund des Berufungsvorbringens wurde eine Stellungnahme eines Sachverständigen für Verkehrstechnik eingeholt, welche zusammengefasst dahingehend lautete, dass im Fall eines ungereinigten leeren Tankes dieser im konkreten Fall dann als Gefahrgut anzusehen ist, wenn seine Temperatur 100 Grad oder mehr beträgt. Die Anbringung einer Isolierung würde keine geeignete Maßnahme im Sinne der TU 35 darstellen, weil es sich dabei um eine Erfordernis bei der Bauart derartiger Tanks handle. Derartige Maßnahmen könnten das Abkühlen des Tanks unter 100°C bzw. einer Reinigung darstellen.

 

Dazu führte der Berufungswerber aus, dass für den gegenständlichen ungereinigten leeren Tank die TU 35 anzuwenden ist. Bitumen bzw. der ungereinigte leere Tank unterliegt ab einer Beförderungstemperatur von 100 Grad dem Gefahrgutrecht. Bei einer Temperatur unter 100 Grad handle es sich gar nicht um Gefahrgut, weshalb auch die TU 35 in diesem Fall nicht notwendig wäre. Gase und Dämpfe ziehen sich bei Abkühlung stark zusammen, weshalb bei einem Tankkessel beim Abkühlen ein starker Unterdruck entstehen würde, der eine Gefahr des Implodierens des Tankkessels in sich berge. Deshalb gäbe es eben die Ausnahmeregelung der TU 35.

 

Diese Stellungnahme wurde nochmals mit dem Sachverständigen für Verkehrstechnik erörtert und er führte dazu aus, dass aus technischer Sicht beim Transport von leeren ungereinigten Bitumentanks der Domdeckel des Tankfahrzeuges geöffnet sein muss, weil sonst beim Abkühlen der Luft der Tank implodieren würde. Es seien war Lüftungsventile vorhanden, diese seien in der Praxis durch das vorher transportierte Bitumen jedoch verklebt. Dieses Öffnen des Domdeckels stelle eine geeignete Maßnahme im Sinne der TU 35 dar und es sei davon auszugehen, dass der Domdeckel auch im gegenständlichen Fall geöffnet war.

 

5. Darüber hat der UVS des Landes Oberösterreich in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:

 

5.1. Erwärmter flüssiger Stoff, n.a.g., bei oder über 100°C und bei Stoffen mit einem Flammpunkt, unter seinem Flammpunkt (einschließlich geschmolzenes Metall, geschmolzenes Salz, usw.) ist ein Gefahrgut mit der UN-Nummer 3257, Klasse 9, Verpackungsgruppe III. Dies gilt auch für ungereinigte leere Tanks, welche vorher ein entsprechendes Gefahrgut befördert hatten.

 

Für diese Gefahrgüter ist die Sondervorschrift TU 35 des Abschnittes 4.3.5. ADR anzuwenden. Dieser lautet wie folgt:

Ungereinigte leere fest verbundene Tanks (Tankfahrzeuge), Aufsetztanks und Tankcontainer, die diese Stoffe enthalten haben, unterliegen nicht den Vorschriften des ADR, wenn geeignete Maßnahmen ergriffen wurden, um mögliche Gefährdungen auszuschließen.

 

Wie sich aus der nunmehrigen Stellungnahme des Sachverständigen ergibt ist beim konkreten Transport davon auszugehen, dass der Domdeckel geöffnet war, weil ansonsten beim Abkühlen tatsächlich die Gefahr besteht, dass der Tank implodieren würde. Dieses Öffnen des Domdeckels stellt nach den schlüssigen und nachvollziehbaren Angaben des Sachverständigen eine geeignete Maßnahme dar, um Gefährdungen bei der Beförderung des ungereinigten leeren Tanks zu verhindern. Dementsprechend hat der Bw bei der Beförderung dieses ungereinigten leeren Tanks die erforderlichen Maßnahmen eingehalten, um der Sondervorschrift TU 35 zu entsprechen. Es sind daher für den gesamten Transport die Bestimmungen des ADR nicht anzuwenden, weshalb er die ihm vorgeworfenen Verwaltungsübertretungen nicht begangen hat. Es war daher seiner Berufung statt zu geben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

 

Zu II.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

Mag. Gottfried  Z ö b l

 

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