Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-162142/16/Fra/Ri

Linz, 12.07.2007

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Johann Fragner über die Berufung des Herrn J B, B, 41 A, vertreten durch Herrn Dr. L P, G, 40 L, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach vom 21. März 2007, VerkR 96-1623-2006, betreffend Übertretungen der Straßenverkehrsordnung 1960, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 6. Juni 2007, zu Recht erkannt:

 

Der Berufung wird stattgegeben. Das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt; der Berufungswerber hat keine Verfahrenskostenbeiträge zu entrichten.

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24 und 45 Abs.1 Z1 VStG; § 66 Abs.1 VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Die Bezirkshauptmannschaft Rohrbach hat mit dem in der Präambel angeführten Straferkenntnis über den Berufungswerber (Bw)

 

a)     wegen Übertretung des § 11 Abs.1 StVO 1960 gemäß § 99 Abs.3 lit.a leg.cit. eine Geldstrafe von 90 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 2 Tage),

b)     wegen Übertretung des § 4 Abs.1 lit.a StVO 1960 gemäß § 99 Abs.2 lit.a leg.cit eine Geldstrafe von 250 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 5 Tage) und

c)      wegen Übertretung des § 4 Abs.5 StVO 1960 gemäß § 99 Abs.3 leg.cit. eine Geldstrafe von 200 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 4 Tage)

verhängt, weil er

a) am 27.4.2006 um ca. 18.15 Uhr bei der Kreuzung Auffahrt zur N von der U kommend – Ausfahrt H, 40 L, als Lenker des Fahrzeuges mit dem amtlichen Kennzeichen SE (A) den Fahrstreifen gewechselt hat, ohne sich davon zu überzeugen, dass dies ohne Gefährdung oder Behinderung anderer Straßenbenützer möglich ist,

b) am 27.4.2006 um ca. 18.15 Uhr bei der Kreuzung Auffahrt zur N von der U kommend – Ausfahrt H, 40 L, als Lenker des Fahrzeuges mit dem amtlichen Kennzeichen SE (A) mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang gestanden ist und sein Fahrzeug nicht sofort angehalten hat,

c) am 27.4.2006 um ca. 18.15 Uhr bei der Kreuzung Auffahrt zur N von der U kommend – Ausfahrt H 40 L, als Lenker des Fahrzeuges mit dem amtlichen Kennzeichen SE (A) mit einem Verkehrsunfall mit Sachschaden in ursächlichem Zusammenhang gestanden ist und weder ohne unnötigen Aufschub die nächste Polizeidienststelle verständig hat, noch den anderen Beteiligten bzw dem Geschädigten seinen Namen und seine Anschrift nachgewiesen hat.

 

Ferner wurde gemäß § 64 VStG ein Verfahrenskostenbeitrag in Höhe von 10 % der verhängten Geldstrafen vorgeschrieben.

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig durch den ausgewiesenen Vertreter eingebrachte Berufung. Die Bezirkshauptmannschaft  Rohrbach - als nunmehr belangte Behörde - legte das Rechtsmittel samt bezughabendem Verwaltungsstrafakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vor, der, weil jeweils 2.000  Euro nicht übersteigende Geldstrafen verhängt wurden, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c erster Satz VStG).

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis aufgenommen durch Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung. Bei dieser wurden Herr D L, B, 41 B, sowie Herr D S, geb. , beschäftigt bei der Firma A GesmbH, H, 40 L, zeugenschaftlich sowie der Berufungswerber als Beschuldigter einvernommen. Der Amtssachverständige für Verkehrstechnik hat unter Zugrundelegung dieser Aussagen ein verkehrstechnisches Gutachten erstellt.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich ist nach dem Ergebnis dieser Beweisaufnahme zu dem Ergebnis gelangt, dass dem Bw die inkriminierten Verwaltungsübertretungen nicht nachgewiesen werden können.

 

Das Gutachten des Sachverständigen für Verkehrstechnik Ing. R H lautet wie folgt:

 

"Zu der ersten Frage, ob die erkennbaren Schäden am gegenständlichen Audi A4 vom gegenständlichen Fahrmanöver stammen können, ist aus technischer Sicht Folgendes festzustellen:

Auf den vorgelegten Fotos sind beim Audi im Bereich des vorderen linken Radlaufes knapp oberhalb der vorderen Stoßstange eine Abriebspur und Kratzspuren erkennbar. Weiters sind im Bereich des vorderen linken Stoßstangeneckes Auftragsspuren erkennbar, die sich in der Krümmung des vorderen Stoßstangeneckes befinden und deren Kratzspuren sogar bis in den "geraden Teil" der Stoßstange verlaufen. Diese Kratzspur hört in etwa dort auf, wo der Hauptscheinwerfer des Audi A4 beginnt. Beim Opel Zafira beim Unfallsgegner sind an der rechten hinteren Türe etwa parallel verlaufende Kratzspuren erkennbar. Auf Grund des vorgelegten Fotos ist die Menge der Kratzspuren nicht eindeutig feststellbar, da auf den Spuren auch Verschmutzungsanträge auf der Fahrertür erkennbar sind. Aber es ist erkennbar, dass die Kratzspuren in etwa parallel zur Fahrbahn verlaufen. Nach Aussage des Berufungswerbers ist keine Deformation des Türblattes aufgetreten und der Schaden war derart, dass die vorhandenen Kratzspuren durch Polieren beseitigt werden konnten. Auf Grund der vorliegenden Schadensfoto beim Opel Zafira kann keine Deformation festgestellt werden.

 

Nach der übereinstimmenden Schilderung der Unfallbeteiligten ereignete sich die Berührung in etwa im Scheitelpunkt der gegenständlichen Kurve. Aus Fahrtrichtung der beiden Beteiligten handelt es sich um eine Rechtskurve. Wenn man das Schadensbild des Audi zu Grunde legt und man den Schaden im Bereich der Krümmung des linken vorderen Stoßstangeneckes der gegenständlichen Streifkollision zuordnen will,  so ist aus technischer Sicht festzustellen, dass das nur möglich wäre, wenn seitens des Zafira die Längsachse gegenüber dem Audi A4 um etwa 25 Grad geneigt wäre, das heißt, man müsste von einer Streifkollision unter einem Winkel von 25 vielleicht von 30 Grad ausgehen. Wenn man diese Stoßkonstellation zu Grunde legt,  so ist das geringe Schadensbild beim Opel Zafira nicht erklärbar. In diesem Fall wäre es aus technischer Sicht zu einer Kollision gekommen, die zu einem Ausbeulen oder zu einer Deformation der Tür führen hätte müssen. Wenn man diesen Schaden außer Acht lässt (es ist nicht bekannt, ob es beim vorstehend beschriebenen Schaden sich nicht um einen Vorschaden handelt, auf Befragen hat der Lenker des Audi A4 darüber keine Angaben machen können bzw. hat die Möglichkeit eines Vorschadens in diesem Bereich nicht ausschließen können) wenn man diesen Schaden außer Acht lässt, dann ergeben sich Kratzspuren im Bereich des linken vorderen Radlaufes. Diese Spuren können von einer spitzwinkeligen Streifkollision verursacht worden sein. Im Hinblick auf die Höhe der Kratzspuren beim Opel Zafira ist aber auch unter Berücksichtigung fahrdynamischer Wankvorgänge und damit leichte Höhenverschiebungen bei der Seitenkontur eine Korrespondenz dieser Spuren nicht sicher feststellbar. Weiters ist auch die Anstoßkonstellation fragwürdig, da der Anstoß beim Opfel Zafira an der rechten hinteren Türe erfolgt und das müsste bedeuten, wenn der Zafira einen Spurwechsel oder einen leichten Seitenversatz eingeleitet hat, dass er zuerst das Fahrzeug zumindest zu zwei Drittel überholt hat, bevor er dann den Seitenversatz oder den beabsichtigten Spurwechsel nach rechts durchgeführt hätte. In diesem Fall hätte der Lenker des Opel Zafira über einen Blick in den rechten Außenspiegel die Anstoßsituation erkennen können. Er hätte zumindest einen ungewöhnlich geringen Abstand zwischen den beiden Fahrzeugen feststellen müssen. Wenn man von einem derartigen Szenario ausgeht, dass die Streifung unter einem sehr geringen Winkel passiert, so wäre grundsätzlich die Entstehung der vorhandenen Kratzspuren denkbar. In Bezug auf die fehlende Korrespondenz kann aber nicht festgestellt werden, dass die Schäden am Opel Zafira durch den Audi verursacht worden sind. Weiters wurde vom Berufungswerber ein Schadensgutachten von der Firma E vorlegt, aus dem unter anderem hervorgeht, dass beim gegenständlichen Audi im Bereich der B-Säule und im Bereich der Seitenschutzleiste rechts Streifspuren vorhanden sind. Laut diesem Schadensgutachten kann dabei ebenfalls die Möglichkeit eines Vorschadens nicht ausgeschlossen werden. Ob dieser Schaden von der gegenständlichen Streifkollision verursacht wurde, kann nicht beurteilt werden. Zusammenfassend ist aus technischer Sicht daher festzustellen, dass, wenn man alle erkennbaren Schäden im Bereich des Audi links vorne zu Grunde legt, der geschilderte Kollisionsverlauf nicht plausibel ist, da dabei starke Deformationen beim Opel Zafira zu erwarten sein müssten. Wenn andererseits die Streifkollision unter einem sehr flachen Winkel erfolgt ist, aus dem dann die Kratzspuren beim Opel Zafira erklärbar wären (die Korrespondenz der Schäden mit dem Audi ist aber nicht gegeben) so sind aber die Auftragsspuren im Bereich des linken vorderen Stoßstangenecks des Audi nicht erklärbar und wären daher als Vorschäden einzustufen".

 

Dieses Gutachten, welches schlüssig ist und unter Zugrundelegung der Aussagen der Beteiligten erstattet wurde, ist daher der Entscheidung zugrunde zu legen. Daraus ergibt sich einerseits in rechtlicher Hinsicht, dass dem Bw das Tatbild des § 11 Abs. 1 StVO 1960 nicht zur Last gelegt werden kann und weiters, dass die laut Anzeige der Polizeiinspektion Rohrbach vom 27. 4. 2006 beschriebenen Schadensbilder wie folgt: "Kotflügel und Stoßstange links vorne eingedrückt bzw zerkratzt" am von Herrn Leitner gelenkten PKW nicht von der gegenständlichen Fahrzeugberührung stammen müssen bzw. darüber kein schlüssiger Beweis geführt werden kann. Die weitere Frage, ob dem Bw bei gehöriger Aufmerksamkeit auffallen hätte müssen, dass durch die Fahrzeugberührung am PKW mit dem Kennzeichen RO ein allfälliger Sachschaden verursacht wurde, war daher nicht mehr zu beantworten.

 

Aus den obgenannten Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.

 

4. Die Kostenentscheidung ist gesetzlich begründet.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss  - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. F r a g n e r

 

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