Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-162287/2/Bi/Se

Linz, 20.07.2007

 

 

                                              

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn C R, Bgasse R-T, vertreten durch die Dr. J P Rechtsanwalt GesmbH, L, vom 13. Juni 2007 gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Freistadt vom 22. Mai 2007, VerkR96-1891-2005, wegen Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

 

I.   Der Berufung wird insofern teilweise Folge gegeben, als das Straferkenntnis im Schuldspruch bestätigt, die Geldstrafe jedoch auf 109 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 24 Stunden herabgesetzt werden.

 

II.  Der Verfahrenskostenbeitrag der Erstinstanz ermäßigt sich auf 10,90 Euro; ein Kostenbeitrag zum Rechtsmittelverfahren entfällt.

 

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 19 und 20 VStG

zu II.: §§ 64f VStG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis wurde über den Beschuldigten wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß §§ 42 Abs.6 iVm 99 Abs.2a StVO 1960 und § 20 VStG eine Geldstrafe von 110 Euro (36 Stunden EFS) verhängt, weil er am 12. Mai 2005, 4.20 Uhr, ein Sattelkraftfahrzeug, bestehend aus dem Sattelzugfahrzeug ...... und dem Sattelanhänger ....., auf der B310 bei Strkm 55.270 bei der Grenzkontroll­stelle Wullowitz, Gemeinde Leopoldschlag, Richtung Österreich und somit später als zwei Stunden nach Beginn des zitierten Verbotes gelenkt habe, obwohl das Fahren mit Lastkraftfahrzeugen mit einem höchstzulässigen Gesamt­gewicht von mehr als 7,5 t in der Zeit von 22.00 Uhr bis 5.00 Uhr verboten sei. Ausgenommen von diesem Fahrverbot seien Fahrten mit lärmarmen Kraftfahr­zeugen, bei denen eine Bestäti­gung nach § 8b Abs.4 KDV 1967 mitgeführt werde. Eine solche Bestätigung habe er nicht mitgeführt.

Gleichzeitig wurde ihm ein Verfahrenskostenbeitrag von 11 Euro auferlegt.

 

2. Dagegen hat der Berufungswerber (Bw) fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Ver­wal­tungs­senat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 2.000 Euro über­steigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsver­teilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung erübrigte sich (§ 51e Abs.3 Z3 VStG). 

 

3. Der Bw macht im Wesentlichen geltend, das Straferkenntnis sei unzureichend begründet. Die Erstinstanz habe sich zwar mit den Angaben des Meldungslegers auseinandergesetzt, jedoch die weiteren Beweise nicht gewürdigt. Auf den Beweis­antrag vom 21. Juni 2005 sei nicht eingegangen, das Schreiben der Zulassungs­besitzerin vom 20. Juni 2005 nicht erwähnt worden. Die Erstinstanz habe nicht gewürdigt, dass seine Arbeitgeberin im Verkehr mit Österreich und Italien nur lärmarme Fahrzeuge einsetze, sodass er grundsätzlich davon ausgehen habe können, dass er ein lärmarmes Fahrzeug bewege. Erst durch seine Mitwirkung habe aufgeklärt werden können, dass das von ihm gelenkte Fahrzeug zum Tatzeitpunkt nicht über ein entsprechendes Zertifikat verfügt habe. Das sei aber erst im Verfahren durch die Anfrage der Transportfirma beim Hersteller bekannt geworden, wobei auch die Transportfirma davon ausgegangen sei, dass das Fahr­zeug lärmarm sei. Er habe von Anfang an zugestanden, das Zertifkat nicht mitgeführt zu haben.

Als unrichtige rechtliche Beurteilung macht der Bw geltend, die Überlegungen der Erstinstanz zur Strafbemessung seien unrichtig. Das Nichtmitführen des Zertifikates sei natürlich strafbar; es habe sich aber erst im Verfahren herausgestellt, dass das Fahrzeug über kein solches verfüge. Er sei davon überzeugt gewesen, ein lärm­armes Fahrzeug zu lenken. Die Fahrt sei um 4.20 Uhr erfolgt, dh 20 Minuten vor Ende des Verbots, und nur über eine geringfügige Wegstrecke. Seine Schuld sei insgesamt geringfügig gewesen und die Folgen der Übertretung unbedeutend, sodass § 21 VStG anzuwenden sei. Die Erstinstanz habe sein Tatsachengeständnis nicht mildernd gewertet. Sie sei unverzüglich von der Auskunft des Herstellers benachrichtigt worden und er habe auch selbst an der Aufklärung des Sachverhalts mitgewirkt, was auch mildernd sei. Seit der Tat am 12. Mai 2005 sei schon längere Zeit vergangen und er habe sich inzwischen wohlverhalten. Die Erstinstanz habe auch seine Unbescholtenheit nicht mildernd gewertet. Beantragt wurde daher der Ausspruch einer Ermahnung.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz.

Daraus geht hervor, dass der Bw als Lenker der genannten Sattelkombination am 12. Mai 2005 um 4.20 Uhr zur Grenzkontrollstelle kam und nach Österreich einreisen wollte. Aufgrund der Uhrzeit – das Nachtfahrverbot endet erst um 5.00 Uhr früh – verlangte der Meldungsleger BI A K (Ml) das Lärmzertifikat, um das Sattel­zug­fahrzeug als lärmarm und damit unter die Ausnahme des § 42 Abs.6 StVO fallend qualifizieren zu können. Dabei stellte sich heraus, dass der Bw ein solches Lärm­zertifikat nicht in seinen Papieren finden konnte, wobei er auch zugestand, er kenne diese Bestimmung hinsichtlich Nachfahrverbot in Österreich nicht. Seine Firma habe ihm sämtliche Papiere für diesen Transport mitgegeben, aber ein Lärmzertifikat sei nicht dabei. Ihm wurde eine Anzeige bei der Erstinstanz angekündigt.

 

Die Strafverfügung der Erstinstanz vom 17. Mai 2005 wurde fristgerecht beeinsprucht und mit Schriftsatz vom 21. Juni 2005 eine schriftliche Erklärung des Arbeitgebers des Bw, K S, M, an den Rechtsvertreter vorgelegt, wonach sich bei einer Überprüfung des Lärmarmzertifikates am 16. Juni 2005 heraus­gestellt habe, dass das Fahrzeug ........., Hersteller Daimler Chrysler, keine gültige Genehmi­gung besitze. Grundsätzlich verfüge aber jedes vom Unternehmen im Verkehr mit Öster­reich und Italien eingesetzte Fahrzeug über ein Doc-Dokument als lärmarm; davon habe auch der Bw ausgehen können.

Nach  der Zeugeneinvernahme des Ml am 28. Juli 2005 wiederholte der Bw in seiner Stellungnahme vom 13. April 2006 seine Argumente und beantragte aufgrund seiner Geständigkeit und Mitwirkung den Ausspruch einer Ermahnung, zumindest aber Strafherabsetzung. Sodann erging das angefochtene Straferkenntnis.

 

In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 42 Abs.6 StVO 1960 ist seit 1. Jänner 1995 das Fahren mit Lastkraft­fahrzeugen mit einem höchsten zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 7,5 t in der Zeit von 22 Uhr bis 5 Uhr verboten. Ausgenommen sind von diesem Fahrverbot ua gemäß lit.c Fahrten mit lärmarmen Kraftfahrzeugen, bei denen eine Bestätigung nach § 8b Abs.4 Kraftfahrgesetz-Durchführungsverordnung – KDV 1967 mitgeführt wird.

Zufolge § 8b Abs.1 KDV gilt als lärmarmes Kraftfahrzeug ein Kraftwagen mit einer Bauart­geschwindigkeit von mehr als 50 km/h und einem höchsten zulässigen Gesamt­gewicht von mehr als 3.500 kg, bei dem

  1. der A-bewertete Schallpegel des Fahrgeräusches und des Motorbremsge­räusches, gemessen nach der Anlage 1g, nicht übersteigt:

     a) bei einer Motorleistung, die 150 kW nicht überschreitet ..................... 78 dB(A)

     b) bei einer Motorleistung, die 150 kW überschreitet  ............................. 80 dB(A);

  2. der höchste Wert des Schallpegels des Druckluftgeräusches, gemessen nach der Anlage 1g, 72 dB(A) nicht überschreitet. ...

(4) Zum Nachweis der Voraussetzungen gemäß Abs.1 ist die Bestätigung des Herstellers oder seines Bevollmächtigten im Zulassungsstaat gemäß Abs.2 auf Fahrten mitzuführen und den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes oder der Straßenaufsicht auf Verlangen zur Überprüfung auszuhändigen. Die Behörde und die ihr zur Verfügung stehenden Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes können gemäß § 58 Abs.2 und 3 KFG 1967 jederzeit überprüfen, ob die Voraussetzungen gemäß Abs.1 erfüllt sind.

Gemäß § 99 Abs.2a StVO 1960 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist zu bestrafen, wer als Lenker eines Fahrzeuges gegen die Fahrverbote des § 42 oder einer aufgrund des § 42 erlassenen Fahrverbotes verstößt.

 

Unbestritten ist, dass der Bw um 4.20 Uhr des 13. Mai 2005 bei der Grenz­kontrollstelle Wullowitz nach Österreich einreisen wollte, die sich bereits auf öster­reichischem Staatsgebiet befindet, weshalb die Bestimmungen der Straßen­verkehrs­ordnung anzuwenden sind. Um 5 Uhr früh endet das Nachtfahrverbot für Lkw über 7,5 t höchst zulässigem Gesamtgewicht. Der Bw hat die Ausnahme gemäß § 42 Abs.6 lit.c StVO für sich in Anspruch genommen, ohne die Voraussetzungen dafür zu erfüllen. Er wäre nämlich als Lenker des von ihm gelenkten Kraftfahrzeuges verpflichtet gewesen, sich über ein von ihm in Österreich eventuell zu beachtendes Fahrverbot vorher zu informieren und die Dokumente, die er benötigt, rechtzeitig zu besorgen. Diesbezüglich ist fahrlässige Begehung anzunehmen.

Nach seinen vom Ml glaubhaft wiedergegebenen Angaben bei der Bean­standung hatte der Bw offenbar keine Kenntnis vom Nachfahrverbot in Österreich und kannte auch kein L-Zertifikat. Bei Durchsicht seiner Papiere stellte er bei der Grenzkontrolle fest, dass er ein solches Lärmarmzertifikat nicht mithatte. Das in der Berufung geltend gemachte Geständnis bezog sich daher auf das Zugestehen einer vom Bw selbst herausgefundenen Tatsache, wobei anzuerkennen ist, dass er von seinem in dieser Hinsicht etwas sorglosen Arbeit­geber offenbar fälschlich in den Glauben versetzt wurde, das Kraftfahrzeug entspreche den in Österreich geltenden Vor­schriften, zumal er ansonsten sicher bis 5.00 Uhr mit der Einreise gewartet hätte – dass "grundsätzlich" alle in Österreich eingesetzten Fahrzeuge seines Arbeitgebers den österreichischen Bestimmungen entsprechen würden und sich der Bw darauf "grundsätzlich" verlassen konnte, ist eine im Verfahren unbewiesene Behauptung seines Arbeitgebers, für deren Richtigkeit sich im Verfahren keine Anhalts­punkte ergeben haben.   

Dass der Bw den ihm zur Last gelegten Tatbestand zweifellos erfüllt und sein Verhalten als Verwaltungsübertretung zu verantworten hat, weil ihm die Glaubhaft­machung (gänzlich) mangelnden Verschuldens nicht gelungen ist, liegt auf der Hand und wird von ihm auch nicht bestritten.

 

Die Voraussetzungen des § 21 Abs.1 VStG liegen nach Auffassung des UVS jedoch nicht vor, weil zum einen ein geringfügiges Verschulden nicht zu erblicken ist, wenn auch die Übertretung tatsächlich in Bezug auf Lärm keine Folgen hatte, weil das vom Bw im Zuge der B310 aus Richtung Tschechien bis zur Grenzkontrollstelle Wullowitz befahrene Staatsgebiet weitgehend unbewohnt ist. Der Bw hat offensichtlich das Vorhandensein eines gültigen Lärmarmzertifikates nicht überprüft, obwohl er dazu als Lenker schon vor Fahrtantritt verpflichtet gewesen wäre. Dabei ist auch zu bedenken, dass hier nicht zB ein L-Zertifikat über eine vernachlässigbar kurze Zeitspanne abgelaufen war, sondern der Bw hatte schlichtweg keines dabei – dass sich später herausstellte, dass ein solches gar nicht existiert, mindert das Verschulden des Bw nicht. Bestätigungen seines Arbeit­gebers und Zulassungs­besitzers (Halters) des Sattelzugfahrzeuges, alle in Österreich eingesetzten Kraft­fahrzeuge seien lärmarm, befreien den Lenker nicht von seiner Verpflichtung, sich selbst von der Richtigkeit dieser Bestätigung zu über­zeugen. Ein geringfügiges Verschulden im Sinne einer vernachlässigbaren Verfehlung kann der UVS daher hier nicht erkennen.

 

Wohl aber liegen die Voraussetzungen des § 20 VStG vor, weil hier zweifellos die Milderungsgründe die (im Grunde nicht vorhandenen) Erschwerungsgründe beträcht­lich überwiegen. Zu bemerken ist, dass die Erstinstanz laut Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses die verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit des Bw als mildernd berücksichtigt hat. Eine unverhältnismäßig lange Verfahrens­dauer vermag der UVS jedoch (noch) nicht zu erkennen, verkennt jedoch nicht, dass die Erstinstanz zwischen der Stellungnahme des Bw vom April 2006 bis zum Straferkenntnis vom 22. Mai 2007 untätig war. Im übrigen ist den Darlegungen des Bw hinsichtlich weiterer mildernder Umstände nichts entgegenzuhalten.

Der Strafrahmen des § 99 Abs.2a StVO sieht eine Mindeststrafe von 218 Euro bzw im Fall der Uneinbringlichkeit von 48 Stunden EFS vor, die bei Anwendung des § 20 VStG bis zur Hälfte unterschritten werden können, sodass von einer Strafuntergrenze von 109 Euro Geldstrafe (24 Stunden EFS) auszugehen ist. Die Erstinstanz hat diese Herabsetzung ohne entsprechende Begründung nur ansatz­weise durchgeführt. Gegen eine gänzliche Ausschöpfung des gesetzlichen Rahmens findet sich kein Argument, sodass spruchgemäß zu entscheiden war.

 

zu II.:

Der Ausspruch über den Verfahrenskostenersatz bzw dessen Entfall ist gesetzlich begründet.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsge­richtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

Mag. Bissenberger

 

 

Beschlagwortung:

Kein Lärmarmzertifikat, Einreise 40 Minuten vor Ende des Nachtfahrverbotes -> kein geringfügiges Verschulden iSd § 21 VStG, wohl aber Anwendung d. § 20 VStG -> Herabsetzung der Strafe

 

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