Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-280939/12/Kl/Pe

Linz, 27.07.2007

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ilse Klempt über die Berufung der Frau S L, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 19.6.2006, Ge96-28-2006, wegen einer Verwaltungsübertretungen nach dem ArbeitnehmerInnenschutzgesetz (ASchG) nach öffentlicher mündlicher Verhandlung am 21.9.2006 zu Recht erkannt:

 

 

I.      Der Berufung wird keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis vollinhaltlich bestätigt.

 

II.     Die Berufungswerberin hat zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat einen Kostenbeitrag von 20 % der verhängten Geldstrafe, das sind 300 Euro, zu leisten.

 

Rechtsgrundlagen:

zu  I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 5, 19 und 51 VStG.

zu II.: § 64 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 19.6.2006, Ge96-28-2006, wurde über die Berufungswerberin eine Geldstrafe von 1.500 Euro, Ersatzfreiheitsstrafe von 70 Stunden, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 130 Abs.5 Z1 und § 118 Abs.3 ASchG iVm § 7 Abs.1 und § 7 Abs.2 Z4 Bauarbeiterschutzverordnung – BauV verhängt, weil sie als handelsrechtliche Geschäftsführerin und somit gemäß § 9 Abs.1 VStG zur Vertretung nach außen Berufene der W L I m.b.H. mit dem Sitz in, es als solche zu verantworten hat, dass ihre Arbeitnehmer Herr R, Herr J sowie Herr M am 14.4.2006 bei der Baustelle der V, auf einem Arbeitsplatz in einer Höhe von 35 m, auf welchem somit Absturzgefahr vorgelegen ist, zu Installationsarbeiten herangezogen worden sind, ohne dass Absturzsicherungen, Abgrenzungen oder Schutzeinrichtungen gemäß §§ 8 bis 10 BauV angebracht waren.

 

2. Dagegen wurde – nach rechtzeitigem Verbesserungsauftrag – fristgerecht Berufung eingebracht und in dieser ausgeführt, dass an Ort und Stelle eine Geldstrafe von 800 Euro genannt worden sei. Darüber hinaus sei Herr Ing. F als Bauleiter auf der Baustelle verantwortlich gewesen und hat sämtliche Sicherheitsausrüstungen an die Monteure übergeben und bei Baustellenbesprechungen die Monteure auch gesichert vorgefunden. Auch haben die Monteure an der „SAPRE –Schulung“ in der V teilgenommen. Auf dem Gerüst befanden sich nur die Monteure J und R, nicht jedoch Herr M, da dieser zum Bodenpersonal gehörte. Es werde daher um Aufhebung der Strafe bzw. Absehen von einer Strafe ersucht.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Schärding als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme, insbesondere in die Anzeige samt aufgenommenem Foto zum Tatzeitpunkt.

Weiters wurde Beweis erhoben durch Anberaumung und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 21.9.2006, zu welcher der Ehegatte der Berufungswerberin als Vertreter der Berufungswerberin erschienen ist und teilgenommen hat. Die belangte Behörde hat sich entschuldigt. Weiters hat ein Vertreter des Arbeitsinspektorates Linz teilgenommen. Es wurde der geladene Zeuge AI Ing. K P einvernommen; der Zeuge M konnte nicht geladen werden, da er sich im Ausland unbekannten Aufenthalts befindet.

 

4.1. Es steht als erwiesen fest, dass die Berufungswerberin seit 2002 handelsrechtliche Geschäftsführerin der W L I m.b.H. mit dem Sitz in, ist. Sie führt wie schon vorher die Buchhaltung durch, mit den technischen Belangen ist sie nicht vertraut. Die fachlich technischen Belange führen der Ehegatte und der Sohn der Berufungswerberin durch.

Die Baustelle in der V, wurde als Subauftrag von der Firma F übernommen. Als Bauleiter wurde auf der Baustelle Herr Ing. P F eingesetzt. Dieser kam etwa zweimal in der Woche auf die Baustelle. Er bestimmt die notwendigen Sicherheitseinrichtungen. Er ist sehr selbständig tätig. Die Schulungen im Betrieb werden vom Sohn der Berufungswerberin durchgeführt. Ob der Bauleiter Schulungen für Sicherheitseinrichtungen hat, kann nicht gesagt werden. Der Bauleiter muss die Schulung der Monteure hinsichtlich Sicherheit vornehmen. Eine Kontrolle des Bauleiters vor Ort an der Baustelle findet nicht statt. Das Unternehmen verfügt über etwa 120 Mitarbeiter und es ist daher eine Kontrolle nicht möglich. Die Berufungswerberin selbst kam nie auf die Baustelle, der Ehegatte der Berufungswerberin war ein- oder zweimal auf der Baustelle.

Die Baustelle wurde drei bis vier Wochen vor dem 14.4.2006 begonnen.

Allerdings haben die Monteure in der V selbst eine Schulung gehabt, welche von der V verlangt wird. Es waren an Ausrüstung für die Monteure Sicherheitsgurte und -seile vorhanden. Die Sicherheitsausrüstung wird vom Unternehmen der Berufungswerberin zur Verfügung gestellt und befindet sich im Container auf der Baustelle.

Es steht weiters fest, dass am 14.4.2006 auf der Baustelle drei Arbeitnehmer, nämlich Herr R, Herr J und Herr M, vom Unternehmen der Berufungswerberin mit Installationsarbeiten beschäftigt waren, wobei Arbeiten in einer Höhe von 35 m, von welchem Arbeitsplatz aus Absturzgefahr vorgelegen ist, vorgenommen wurden, ohne dass Absturzsicherungen, Abgrenzungen oder Schutzeinrichtungen angebracht waren. Die Arbeitnehmer hatten zwar ein Sicherheitsgeschirr an, sie waren aber nicht angeseilt. Da ein Sicherungsseil zum Einhaken nicht gespannt war, war auch das Einhängen des Seiles nicht möglich.

 

4.2. Dieser Sachverhalt ergibt sich einerseits aus den Angaben des Vertreters der Berufungswerberin sowie auch aus den Aussagen des zeugenschaftlich einvernommenen Arbeitsinspektors. Es kann daher dieser Sachverhalt als erwiesen zugrunde gelegt werden.

Hingegen kann das Vorbringen des Vertreters der Berufungswerberin, dass Herr M nur zum Bodenpersonal gehörte und keine Vorbereitungsarbeiten durchführte, nicht verifiziert werden. Die Einvernahme des anzeigenden Arbeitsinspektors hat hingegen ergeben, dass auch Herr M das Geschirr anhatte und auf ausdrückliches Befragen angab, dass auch er oben war, wenngleich er auch zum Zeitpunkt der Kontrolle sich am Boden befand.

Die Einvernahme des Arbeitnehmers M war hingegen mangels der Kenntnis des weiteren Aufenthaltes des Arbeitnehmers nicht möglich.

 

Auch gab der Vertreter der Berufungswerberin in der mündlichen Verhandlung an, dass der Vorwurf an sich nicht bestritten wird, sondern die Strafhöhe bekämpft wird.

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 7 Abs.1 Bauarbeiterschutzverordnung – BauV sind bei Absturzgefahr Absturzsicherungen (§ 8), Abgrenzungen (§ 9) oder Schutzeinrichtungen (§ 10) anzubringen.

 

Gemäß § 7 Abs.2 Z4 BauV liegt Absturzgefahr vor an sonstigen Arbeitsstätten, Standplätzen und Verkehrswegen bei mehr als 2,00 m Absturzhöhe.

 

Gemäß § 118 Abs.3 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz – ASchG gilt die Bauarbeiterschutzverordnung (BauV) nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen als Verordnung nach diesem Bundesgesetz.

 

Gemäß § 130 Abs.5 Z1 ASchG begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 145 Euro bis 7.260 Euro zu bestrafen ist, wer als Arbeitgeber/in den nach dem 9. Abschnitt weitergeltenden Bestimmungen zuwiderhandelt.

 

5.2. Im Grunde des erwiesenen und auch von der Berufungswerberin bestätigten Sachverhaltes war daher der objektive Tatbestand der Verwaltungsübertretung erfüllt. Es waren keine technischen Absicherungen vorhanden. Weil jeglicher technischer Arbeitnehmerschutz fehlte, war auch die Zahl der Arbeitnehmer für den Tatvorwurf nicht relevant. Auch waren die Arbeitnehmer nicht angeseilt.

Die Berufungswerberin hat die Tat aber auch subjektiv zu verantworten.

Gemäß § 5 Abs.1 VStG genügt nämlich, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten und ist Fahrlässigkeit bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung stellt ein Ungehorsamsdelikt dar, wobei zur Strafbarkeit bereits Fahrlässigkeit ausreicht und Fahrlässigkeit im Sinne der zitierten Bestimmungen ohne weiteres anzunehmen ist, sofern vom Berufungswerber kein Entlastungsnachweis erbracht wird. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der Beschuldigte dabei initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Dies hat in erster Linie durch ein geeignetes Tatsachenvorbringen und durch Beibringen von Beweismitteln und die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen. Bloßes Leugnen oder allgemein gehaltene Behauptungen reichen für die Glaubhaftmachung nicht.

 

Ein solches Entlastungssystem wurde von der Berufungswerberin weder im Verfahren erster Instanz noch in der Berufung noch in der mündlichen Verhandlung vorgebracht. Vielmehr zeigte sich, dass die Berufungswerberin die Baustellen überhaupt nicht kennt, aber auch der Vertreter der Berufungswerberin, welcher die technischen Belange in dem Unternehmen ausführt, nur selten auf die Baustelle kommt und den eingesetzten Bauleiter praktisch nicht kontrolliert. Auch wurde zur Kontrolle der einzelnen Arbeitnehmer nichts vorgebracht. Es wurde daher auch die Tat eingestanden. Aufgrund eines mangelnden Kontrollsystems war daher jedenfalls auch vom Verschulden der Berufungswerberin auszugehen. Hingegen können die Darstellungen, dass der Bauleiter die Arbeitnehmer einschult bzw. die Arbeitnehmer eine Schulung direkt in der V erhalten haben, die Berufungswerberin nicht entlasten, da bloße Unterweisungen und Anweisungen allein nicht geeignet sind ein Kontrollsystem darzulegen. Vielmehr hätte es eines Vorbringens bedurft, welche Maßnahmen von der Berufungswerberin getroffen werden, die unter vorhersehbaren Umständen die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften gewährleisten können.

 

Darüber hinaus war besonders hervorzuheben, dass neben dem Fehlen von technischen Sicherheitseinrichtungen gegen Absturz auch persönliche Schutzausrüstungen nicht verwendet wurden und auch nicht Vorsorge getroffen wurde, dass ein Verwenden möglich ist.

Auch der Einwand, dass die Arbeitnehmer Eigenverantwortlichkeit treffe und sie daher die Strafe zu begleichen hätten, ist verfehlt, weil nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes gerade bei Verstößen gegen Arbeitnehmerschutzvorschriften aufgrund eigenmächtiger Handlungen das entsprechende vom Arbeitgeber eingerichtete Kontrollsystem Platz zu greifen hat.

 

5.3. Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat (Abs.1).

Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des StGB sinngemäß anzuwenden.

Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Die belangte Behörde hat zu den objektiven Strafbemessungsgründen gemäß § 19 Abs.1 VStG darauf hingewiesen, dass Schutzzweck der Norm, die übertreten wurde, der Schutz des Lebens und der Gesundheit der Arbeitnehmer ist und daher die entsprechenden Verstöße mit einem besonderen Unrechtsgehalt der Tat behaftet sind, zumal genau jene Gefährdungen herbeigeführt werden, denen die genannten Bestimmungen entgegenwirken sollen. Insbesondere im Hinblick auf die doch erhebliche Absturzhöhe von 35 m ist ein besonderer Unrechtsgehalt der Tat festzustellen. Es war daher eine erhebliche Gefährdung für Gesundheit und Leben der Arbeitnehmer gegeben. Zu den subjektiven Strafbemessungsgründen hat bereits die belangte Behörde gewertet, dass Milderungsgründe, wie z.B. Unbescholtenheit, nicht vorliegen. Allerdings wurden auch keine Erschwerungsgründe gewertet. Auch die Berufungswerberin brachte keine Milderungsgründe vor und traten solche auch während des Verfahrens nicht hervor. Die persönlichen Verhältnisse wurden mangels Angaben durch die Berufungswerberin von der belangten Behörde geschätzt mit einem monatlichen Nettoeinkommen von 1.500 Euro, kein Vermögen und keine Sorgepflichten. Diesen Ausführungen wurde von der Berufungswerberin nichts entgegengesetzt. Seitens des Oö. Verwaltungssenates erscheint allerdings diese Annahme als sehr gering, zumal es sich nach den Ausführungen in der mündlichen Verhandlung um ein größeres Unternehmen mit 120 Mitarbeitern handelt. Unter diesen zugrunde gelegten Umständen und insbesondere unter Bedachtnahme auf den Unrechtsgehalt der Tat war daher die verhängte Geldstrafe nicht überhöht. Sie bildet etwa 1/5 des gesetzlich vorgesehenen Strafrahmens. Im Übrigen war die Strafe auch erforderlich um die Berufungswerberin von einer weiteren Tatbegehung abzuhalten. Auch ist die Bestrafung geeignet um andere von einer Tatbegehung abzuschrecken.

Schließlich war auch zu berücksichtigen, dass die Arbeiten schon zwei Wochen auf der Baustelle in Gang waren und daher genügend Zeit zur Verfügung stand Vorsorge für eine notwendige Absicherung zu treffen.

 

Da es sich bei der Strafbemessung innerhalb des gesetzlichen Strafrahmens nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes um eine Ermessensentscheidung handelt, liegt Rechtswidrigkeit dann nicht vor, wenn die Behörde von diesem im Sinn des Gesetzes Gebrauch macht. Ein gesetzwidriger Gebrauch konnte hingegen nicht festgestellt werden. Es war daher auch die Strafbemessung zu bestätigen.

Von einer Strafe konnte nicht gemäß § 21 VStG abgesehen werden, weil schon die Voraussetzung eines geringfügigen Verschuldens nicht vorlag.

 

6. Weil die Berufung keinen Erfolg hatte, war ein Verfahrenskostenbeitrag in der Höhe von 20 % der verhängten Geldstrafe gemäß § 64 VStG aufzuerlegen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs-gerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

Dr. Klempt

 

Beschlagwortung:

Kontrollsystem

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum