Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-310301/14/Kü/Hu

Linz, 10.07.2007

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine X. Kammer (Vorsitzende: Dr. Ilse Klempt, Berichter: Mag. Thomas Kühberger, Beisitzer: Dr. Leopold Wimmer) über die Berufung des Herrn H W, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. C S, K, W, vom 28. April 2006 gegen Faktum 1) des Straferkenntnisses der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 12. April 2006, Zl. UR96-17-2-2005, wegen einer Übertretung des Abfallwirtschaftsgesetzes 2002 (AWG 2002), nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 16. Mai 2007 zu Recht erkannt:

 

 

I.                    Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II.                  Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.:    § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z2 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr.52/1991 idgF.

zu II.: § 66 VStG.

 

Entscheidungsgründe:

 

1.   Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 12. April 2006, Zl. UR96-17-2-2005 (Faktum1) wurde über den Berufungswerber wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 79 Abs.1 Z12 iVm § 52 Abfallwirtschaftsgesetz 2002 (AWG 2002) und der Verordnung über mobile Anlagen zur Behandlung von Abfällen, eine Geldstrafe von 3.630 Euro, im Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 34 Stunden verhängt, weil er es als gemäß § 9 VStG 1991 verwaltungsstrafrechtlich verantwortlicher handelsrechtlicher Geschäftsführer der „P E GmbH“ im Standort L, W, zu vertreten hat, dass, wie anlässlich einer behördlichen Überprüfung am 7. Oktober 2005 auf dem Firmengelände der Firma "P E GmbH" festgestellt wurde, in einer Lagerbox Gewerbeabfälle mit einem „Müllzerkleinerungsgerät“ (Marke „Eigenbau“) zerkleinert wurden, obwohl für diese Behandlungsanlage weder eine Typengenehmigung, noch eine Genehmigung nach § 52 Abs.1 AWG 2002 iVm § 1 Z5 der Verordnung über mobile Anlagen zur Behandlung von Abfällen vorlag.

 

Begründend wurde nach Wiedergabe der Rechtsgrundlagen und des Verfahrensganges ausgeführt, dass bei einer Überprüfung am 7. Oktober 2005 festgestellt worden sei, dass in einer Lagerbox Gewerbeabfälle mit einem nicht typisierten „Müllzerkleinerungsgerät“ zerkleinert worden seien, obwohl für diese Behandlungsanlage keine Genehmigung nach § 52 AWG 2002 vorgelegen sei. Anlässlich einer neuerlichen Überprüfung der Betriebsanlage am 17. Jänner 2006 habe der Beschuldigte mitgeteilt, dass es sich beim gegenständlichen Zerkleinerungsgerät und einen Shredder des Typs Satrind F615, Herkunft Firma M, handle. Der Beschuldigte habe auch zugegeben, dass dieses Müllzerkleinerungsgerät zum Überprüfungszeitpunkt in Betrieb gewesen sei. Der Beschuldigte habe darauf hingewiesen, dass nur über einen kurzen Zeitraum ein „Versuchsbetrieb“ erfolgt sei.

 

Der Beschuldigte habe nicht glaubhaft machen können, dass ihn hinsichtlich der Verletzung dieser Verwaltungsvorschrift kein Verschulden treffe. Ein fahrlässiges Verhalten könne daher ohne Zweifel angenommen werden.

 

Erschwerungsgründe hätten keine vorgefunden werden können. Als mildernd sei be­wertet worden, dass der Beschuldigte keine relevanten Verwaltungsvorstrafen habe und es sich um die erste Übertretung dieser Art handle. Nach Abwägung der er­schwerenden und mildernden Umstände sowie Berücksichtigung der Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse erscheine der Behörde der festgelegte Strafbetrag, zumal es sich um die Mindeststrafe handle, als angemessen und ausreichend, dem Gesetzesübertreter eine entsprechende Präventionswirkung spürbar zu machen.

 

2.   Dagegen wurde rechtzeitig vom Vertreter des Berufungswerbers Berufung erhoben und das Straferkenntnis seinem gesamten Inhalt und Umfang nach angefochten.

 

Begründend wurde ausgeführt, dass der Bescheid keinen Ausspruch über den Zeitpunkt (Zeitraum) enthalte, indem dem Berufungswerber von Seiten der Behörde ein tatbestandsmäßiges Handeln vorgeworfen würde. Die Behörde habe es weiter unterlassen, zu einer Individualisierung des Gerätes unbedingt erforderliche nähere Beschreibung des Müllzerkleinerungsgerätes vorzunehmen; dies wäre auch wiederum erforderlich gewesen, um das Gerät von anderen zu unterscheiden und verwaltungsstrafrechtlich entsprechend abzugrenzen.

 

Die Behörde werte das „Müllzerkleinerungsgerät“ als mobile Anlage zur Behandlung von Abfällen im Sinne des § 52 AWG 2002. Unstrittig sei aber, dass das Müllzerkleinerungsgerät, wenn überhaupt, nur am Standort der Firma "P E GmbH" betrieben worden sei, für den jedoch ein rechtskräftiger Genehmigungsbescheid vorliege, somit die Bestrafung nach der von der Behörde herangezogenen Gesetzesbestimmung ausgeschlossen sei.

 

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Freistadt hat mit Schreiben vom 3. Mai 2006 die gegenständliche Berufung samt Verwaltungsstrafakt zur Entscheidung vorgelegt.

 

Da eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der Unabhängige Verwaltungssenat zur Entscheidung durch die nach der Geschäftsverteilung zuständige Kammer, bestehend aus drei Mitgliedern, berufen.

 

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 16. Mai 2007. An dieser mündlichen Verhandlung haben der Berufungswerber und sein Rechtsvertreter teilgenommen und wurden dabei zwei Mitarbeiter des Berufungswerbers als Zeugen einvernommen.

 

4.1. Folgender Sachverhalt steht fest:

Der Bw ist handelsrechtlicher und abfallrechtlicher Geschäftsführer der "P E GmbH" mit dem Sitz in  L, W.

 

Die Betriebsanlage der "P E GmbH" am Standort L wurde mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 19. Jänner 2000, Ge21-10-2-1999, gewerbebehördlich und mit Bescheid der Oö. Landesregierung vom 10. August 1999, UR-305222/14-1999, nach dem Oö. Abfallwirtschaftsgesetz genehmigt.

 

Beiden Anlagengenehmigungen ist gemein, dass am Standort eine Zwischenlagerung von nicht gefährlichen bzw. gefährlichen Abfällen samt Nebenanlagen wie Brückenwaage, Betriebstankstelle sowie befestigte Freiflächen und maschinelle Einrichtungen genehmigt wurden. Gemäß der Anlagenbeschreibung der gewerbebehördlichen Genehmigung Punkt 5.1.1. ist vorgesehen, dass manche Abfälle einer Behandlung in Form von Verpressen, Zerkleinern und Sieben unterzogen werden. An Maschinen sollen dafür eine Kanalballenpresse, ein Doppelwellenschneider und eine Siebmaschine, welche in der Genehmigung näher bezeichnet wurden, eingesetzt werden.

 

Am 7. Oktober 2005 wurde von der Abfallbehörde unter Beiziehung eines Sachverständigen ein Lokalaugenschein durchgeführt. Im Zuge des Lokalaugenscheins wurde vom Sachverständigen festgestellt, dass in einer Lagerbox ein Müllzerkleinerungsgerät aufgestellt wurde. Während des Lokalaugenscheins wurden mit diesem Zerkleinerungsgerät Gewerbeabfälle zerkleinert.

 

Bei diesem Müllzerkleinerungsgerät handelt es sich um einen Shredder, den der Berufungswerber im Jahr 2005 um einen Euro gekauft hat. In der Folge wurden immer wieder Gewerbeabfälle damit zerkleinert, um das Transportvolumen dieser Abfälle zu reduzieren. Der Müllzerkleinerer wurde nie an einem anderen Standort als in Liebenau betrieben.

 

4.2. Dieser Sachverhalt ergibt sich aus den Ausführungen des Berufungswerbers selbst sowie dem einvernommenen Zeugen T W. Dieser gibt glaubwürdig an, dass der Müllzerkleinerer funktioniert hat und immer wieder zum Einsatz gelangt ist, um das Volumen der Abfälle für den Transport zu reduzieren. Dass der Müllzerkleinerer betriebsbereit gewesen ist und keine Defekte aufgewiesen hat, ergibt sich auch aus den Feststellungen des Sachverständigen im Zuge der Überprüfung der Betriebsanlage am 7. Oktober 2005.

 

Aufgrund der Aussagen des Berufungswerbers und den diesbezüglich übereinstimmenden Aussagen des Zeugen wurde das Müllzerkleinerungsgerät über den Zeitraum von einem Jahr immer wieder am Standort in L zum Einsatz gebracht und jedenfalls nicht mit dem Lkw zu anderen Einsatzorten transportiert. Dass dieses Gerät auch an anderen Orten zum Einsatz gelangt wäre, wird vom Sachverständigen im Zuge seiner schriftlichen Ausführungen über die Überprüfung am 7.10.2005 nicht erklärt. Insofern steht es als erwiesen fest, dass dieses Zerkleinerungsgerät am Standort L längere Zeit im Einsatz gewesen ist, allerdings nie an anderen Standorten, etwa bei Kunden der "P E GmbH" zum Einsatz gebracht wurde.

 

 

5.  Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 2 Abs.7 Z2 AWG 2002, BFBl I Nr. 102/2002 idF BGBl I Nr. 181/2004, gelten als „mobile Behandlungsanlagen“ Einrichtungen, die an verschiedenen Standorten vorübergehend betrieben und in denen Abfälle behandelt werden. Nicht als mobile Behandlungsanlagen gelten ihrer Natur nach zwar bewegliche Einrichtungen, die länger als sechs Monate an einem Standort betrieben werden, ausgenommen Behandlungsanlagen zur Sanierung von kontaminierten Standorten.

 

Gemäß § 52 Abs.1 AWG 2002 ist eine mobile Behandlungsanlage, die in einer Verordnung gemäß § 65 Abs. 3 genannt ist, oder eine wesentliche Änderung einer solchen mobilen Behandlungsanlage von der Behörde zu genehmigen.

 

Gemäß § 79 Abs.1 Z12 AWG 2002 begeht, wer eine mobile Behandlungsanlage ohne erforderliche Genehmigung nach § 52 Abs. 1 oder entgegen 53 Abs. 1 betreibt, – sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet oder nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist – eine Verwaltungs­übertretung, die mit Geldstrafe von 730 € bis 36 340 € zu bestrafen ist; wer jedoch gewerbsmäßig im Bereich der Abfallwirtschaft tätig ist, ist mit einer Mindeststrafe von 3 630 € bedroht.

 

5.2. Nach den Ergebnissen der durchgeführten mündlichen Verhandlung steht fest, dass das Müllzerkleinerungsgerät vom Berufungswerber zwar nicht nur versuchsweise zur Zerkleinerung von Gewerbeabfällen eingesetzt wurde, sondern dies mehr oder minder in regelmäßigen Abständen innerhalb eines Jahres erfolgt ist. Feststeht allerdings auch, dass diese Einrichtung ausschließlich am Standort in L betrieben wurde. Aus diesem Grund erfüllt daher das gegenständliche Müllzerkleinerungsgerät nicht die Definition der mobilen Behandlungsanlage im Sinne des § 2 Abs.7 Z2 AWG 2002. Zu bemerken ist auch, dass im Rahmen der Überprüfung am 7. Oktober 2005 dieses Müllzerkleinerungsgerät, ohne weitere Erhebungen durchgeführt zu haben, vom Sachverständigen als mobile Anlage bezeichnet wurde. Diese Bezeichnung wurde auch von der Erstinstanz ohne weitere Ermittlungstätigkeit übernommen. Bei dieser Einschätzung wird allerdings verkannt, dass auch eine an sich technisch mobile Anlage im rechtlichen Sinne dann als stationäre Anlage zu gelten hat, wenn die Absicht des Betreibers darin besteht, diese Anlage ausschließlich an einem Standort zu betrieben. In diesem Zusammenhang ist zu erwähnen, dass Zerkleinerungstätigkeiten am Standort L sowohl von der Gewerbebehörde als auch der Abfallbehörde genehmigt wurden.

 

Im Hinblick auf diese Rechtslage ist daher festzustellen, dass der Berufungswerber die ihm angelastete Verwaltungsübertretung nach § 79 Abs.1 Z12 AWG 2002 jedenfalls nicht begangen hat, zumal von diesem keine mobile Behandlungsanlage am Standort betrieben wurde. Inwieweit das am 7.10.2005 zum Einsatz gebrachte Müllzerkleinerungsgerät den bestehenden Anlagengenehmigungen nach der Gewerbeordnung bzw. dem Oö. Abfallwirtschaftsgesetz entspricht, war im Rahmen des Verwaltungsstrafverfahrens nicht zu klären, zumal hinsichtlich des Tatvorwurfes Verfolgungsverjährung eingetreten ist. Aus diesen Gründen war daher das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs.1 Z2 VStG einzustellen.

 

6. Da das gegenständliche Strafverfahren einzustellen war, entfällt gemäß § 66 Abs.1 VStG damit auch die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsge­richts­hof erhoben werden; diese muss von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Ilse Klempt

 

 

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