Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-521622/11/Zo/Jo

Linz, 23.07.2007

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Zöbl über die Berufung des Herrn E E, geb. , vom 02.05.2007, gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Linz-Land vom 02.05.2007, Zl. 302820-2006, wegen Abweisung eines Antrages auf Erteilung der Lenkberechtigung, zu Recht erkannt:

 

         I.      Der Berufung wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid aufgehoben.

 

       II.      Es wird festgestellt, dass der Berufungswerber befristet für die Dauer von 18 Monaten gesundheitlich geeignet ist, Kraftfahrzeuge der Klasse B zu lenken.

 

Rechtsgrundlagen:

Zu I. und II.: § 66 Abs.4 iVm § 3 Abs.1 Z3 FSG und § 17 Abs.3 Z4 FSG-GV.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Der Bezirkshauptmann von Linz-Land hat mit dem angefochtenen Bescheid den Antrag des Berufungswerbers vom 17.01.2006 auf Erteilung der Lenkberechtigung für die Klasse B wegen mangelnder gesundheitlicher Eignung abgewiesen.

 

2. In der dagegen rechtzeitig eingebrachten Berufung brachte der Berufungswerber vor, dass er seiner Meinung nach sehr wohl gesundheitlich geeignet sei, führerscheinpflichtige Kraftfahrzeuge zu lenken.

 

3. Der Bezirkshauptmann von Linz-Land hat den Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt, eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Dieser hat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied (§ 67a Abs.1 AVG) zu entscheiden.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt sowie Einholung einer weiteren verkehrspsychologischen Stellungnahme und eines amtsärztlichen Gutachtens vom 02.07.2007 sowie Wahrung des Parteiengehörs zu diesem.

 

4.1. Daraus ergibt sich folgender für die Entscheidung wesentliche Sachverhalt:

 

Der Berufungswerber beantragte am 17.01.2006 die Erteilung der Lenkberechtigung für die Klasse B. Anzuführen ist, dass der bereits 47-jährige Berufungswerber afghanischer Staatsbürger ist und nach seinen eigenen Angaben nur sehr eingeschränkt deutsch spricht. Dazu ist aber festzustellen, dass er letztlich am 24.08.2006 die theoretische Fahrprüfung in deutsch ohne Dolmetsch beim dritten Versuch bestanden hat. In weiterer Folge ist der Berufungswerber zwischen 24.11.2006 und 16.02.2007 viermal zur praktischen Fahrprüfung angetreten, wobei er diese allerdings viermal nicht bestanden hat. Er wurde daraufhin amtsärztlich untersucht und zu einer verkehrspsychologischen Stellungnahme aufgefordert. Diese verkehrspsychologische Untersuchung ergab am 05.04.2007 starke Einschränkungen der kraftfahrspezifischen Leistungen und auch Zweifel an der Bereitschaft zur Verkehrsanpassung. Dementsprechend lautete das amtsärztliche Gutachten dahingehend, dass der Berufungswerber nicht geeignet zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Gruppe B ist.

 

Im Rahmen des Berufungsverfahrens wurde dem Berufungswerber die Möglichkeit eingeräumt, eine neuerliche verkehrspsychologische Stellungnahme vorzulegen. Diese Untersuchung vom 25.05.2007 ergab zusammengefasst, dass die kraftfahrspezifischen Leistungsfunktionen in unterschiedlichem, insgesamt knapp ausreichendem Ausmaß gegeben sind. Gegenüber der Voruntersuchung ist eine Leistungssteigerung erkennbar. Leistungsschwächen zeigten sich noch in den Bereichen der visuellen Auffassung und der Sensomotorik. Die intellektuelle Leistungsfähigkeit sowie das Erinnerungsvermögen waren wiederum nur in vermindertem Ausmaß gegeben.

 

Im Persönlichkeitsbereich ergab sich nunmehr kein unmittelbarer eignungsausschließender Zweifel an der Bereitschaft zur Verkehrsanpassung. Demgemäß war der Berufungswerber nach dem Ergebnis der verkehrspsychologischen Untersuchung zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Klasse B bedingt geeignet. Von der Verkehrspsychologin wurde im Hinblick auf die grenzwertige kraftfahrspezifische Leistungsfähigkeit und eine mögliche Verschlechterung derselben empfohlen, die Fahrerlaubnis vorerst befristet zu erteilen und eine Verlängerung nur bei eindeutiger Bewährung im Straßenverkehr zu veranlassen.

 

Auf der Grundlage dieser verkehrspsychologischen Stellungnahme lautete das amtsärztliche Gutachten dahingehend, dass der Berufungswerber befristet geeignet ist, wobei eine Nachuntersuchung nach 18 Monaten mit einer weiteren verkehrspsychologischen Stellungnahme unter Miteinbeziehung der Bewährung im Straßenverkehr erforderlich sei. Dem Berufungswerber wurde dieses Gutachten zur Kenntnis gebracht und er erklärte sich mit der vorgeschlagenen Einschränkung einverstanden.

 

5. Darüber hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:

 

5.1. Gemäß § 3 Abs.1 FSG darf die Lenkberechtigung nur Personen erteilt werden, die

1)     das für die angestrebte Klasse erforderliche Mindestalter erreicht haben,

2)     verkehrszuverlässig sind,

3)     gesundheitlich geeignet sind, ein Kraftfahrzeug zu lenken,

4)     fachlich zum Lenken eines Kraftfahrzeuges befähigt sind und

5)     den Nachweis erbracht haben, in lebensrettenden Sofortmaßnahmen bei einem Verkehrsunfall unterwiesen worden zu sein.

 

Gemäß § 17 Abs.3 Z4 FSG ist eine verkehrspsychologische Stellungnahme von Bewerbern um eine Lenkberechtigung zu erbringen, die fünfmal den theoretischen Teil der Fahrprüfung oder viermal den praktischen Teil der Fahrprüfung nicht bestanden haben und bei denen aufgrund einer ergänzenden amtsärztlichen Untersuchung Zweifel an deren kraftfahrspezifischer Leistungsfähigkeit, insbesondere an der Intelligenz und am Erinnerungsvermögen bestehen.

 

5.2. Der Berufungswerber ist viermal bei der praktischen Fahrprüfung durchgefallen, weshalb nach einer amtsärztlichen Untersuchung die Veranlassung der verkehrspsychologischen Untersuchung durch die Erstinstanz zu Recht erfolgte. Diese ergab vorerst eine Nichteignung, bei einer weiteren verkehrspsychologischen Untersuchung ergab sich jedoch, dass eine ausreichende Bereitschaft zur Verkehrsanpassung gegeben ist und die kraftfahrspezifischen Leistungsfunktionen insgesamt in einem knapp ausreichenden Maß gegeben sind. Im Hinblick auf das insgesamt nur knappe Erreichen der erforderlichen Leistungsfähigkeit erachtete die Psychologin jedoch eine Verschlechterung der Befundlage in der Zukunft für möglich, weshalb sie lediglich eine bedingte Eignung aussprach. Die Lenkberechtigung sollte nur bei eindeutiger Bewährung im Straßenverkehr verlängert werden. Die Amtsärztin legte diesbezüglich einen Beobachtungszeitraum von 18 Monaten fest und verlangte zusätzlich eine weitere verkehrspsychologische Untersuchung nach Ablauf dieser Frist.

 

Festzuhalten ist, dass der Berufungswerber derzeit – wenn auch nur knapp – die erforderliche kraftfahrspezifische Leistungsfähigkeit besitzt. Eine Verschlechterung ist natürlich möglich, weshalb die Befristung der Lenkberechtigung durchaus naheliegend ist. Der Berufungswerber erklärte sich mit dieser Einschränkung auch einverstanden. Allerdings ist nach Ablauf dieser Befristungszeit eine neuerliche verkehrspsychologische Untersuchung nicht zwingend erforderlich. Sollte der Berufungswerber tatsächlich 18 Monate lang unauffällig am Straßenverkehr teilnehmen, so hat er damit eindrucksvoll bewiesen, dass er über ausreichende kraftfahrspezifische Leistungsfähigkeiten verfügt. Nur für den Fall, dass sein Fahrverhalten tatsächliche Zweifel an seiner kraftfahrspezifischen Leistungsfähigkeit begründet, erscheint nach Ablauf der Befristung eine weitere verkehrspsychologische Stellungnahme notwendig. Diese von der Amtsärztin vorgeschlagene Einschränkung, welche sich auch aus der verkehrspsychologischen Stellungnahme vom 25.05.2007 nicht zwingend ergibt, war daher nicht vorzuschreiben.

 

Der Berufungswerber erfüllt derzeit noch nicht alle Voraussetzungen zur Erteilung der Lenkberechtigung, insbesondere hat er die praktische Fahrprüfung noch nicht bestanden. Die erforderlichen Veranlassungen dazu sind zweckmäßigerweise durch die Erstinstanz als Führerscheinbehörde in Zusammenarbeit mit der Fahrschule durchzuführen. Es war daher lediglich der angefochtene Bescheid aufzuheben und die gesundheitliche Eignung mit der notwendigen Einschränkung festzustellen, ohne dass über den Antrag des Berufungswerbers auf Erteilung der Lenkberechtigung endgültig entschieden werden konnte.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweise:

 

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­gerichts­­­hof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13,20 Euro angefallen.

 

 

 

Mag. Gottfried  Z ö b l

 

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