Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-340004/2/Br

Linz, 01.02.1996

VwSen-340004/2/Br Linz, am 1. Februar 1996 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn R E gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 31. Oktober 1995, Zl. Agrar96-88-1995-Pö, wegen der Übertretung des O.ö. Jagdgesetzes zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben; der angefochtene Bescheid wird aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs.1 Z1 VStG eingestellt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 des Allgemeinen Verwaltungssverfahrensgesetzes, BGBl.Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 471/1995 AVG iVm § 24, § 45 Abs.1 Z1, § 51, § 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz, BGBl.Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 620/1995 - VStG.

II. Ein Kostenbeitrag für das Berufungsverfahren wird nicht auferlegt.

Rechtsgrundlage:

§ 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land hat mit dem obgenannten Bescheid gegen den Berufungswerber gemäß § 21 VStG eine Ermahnung ausgesprochen, weil er am 25. Juni 1995 im genossenschaftlichen Jagdgebiet H einen Ier Bock (Geweihgewicht: 330 Gramm) während der Schonzeit erlegt habe.

1.1. Begründend vermeinte die Erstbehörde, daß diese Ermahnung erforderlich sei, um den Berufungswerber von derartigen Verhaltensweisen künftighin abzuhalten.

Anläßlich der am 9. Oktober 1995 stattgefundenen Trophäenschau sei von fachkundigen Personen festgestellt worden, daß dieser wohl gut entwickelte Ier-Bock mit einem Geweihgewicht von 330 Gramm vom Berufungswerber als Erleger in der freien Wildbahn nur schwer anzusprechen gewesen sei.

Trotzdem gelte für einen Ier Bock (als Träger eines Geweihs mit über 300 Gramm) die Schonzeit von 1.Oktober bis 31.Juli.

Bei Aufwendung der erforderlichen Sorgfalt wäre daher dieser Abschuß unterblieben und sei demnach der hier vorliegende Abschuß als Verwaltungsübertretung zu qualifizieren.

Dieser Bescheid wurde dem Berufungswerber am 6. November 1995 zugestellt.

2. Dagegen wendet sich die fristgerecht erhobene Berufung vom 12. November 1995. Der Berufungswerber legt darin glaubwürdig dar, daß er den Bock schon lange gekannt habe und er mit dem Abschuß durchaus bis zur Schußzeit (ab 1.

August) warten hätte können. Er legt ferner dar, daß der Bock von der Geweihmasse schon stark zurückgesetzt und sich nach unten verlagert hatte, was wiederum in der freien Wildbahn nicht zu erkennen gewesen wäre.

3. Zumal keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt worden ist, hat der unabhängige Verwaltungssenat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu erkennen. Zumal die Voraussetzungen nach § 51e Abs.1 erster Fall vorliegen, konnte von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung Abstand genommen werden.

3.1. Beweis geführt wurde durch die Einsichtnahme in den erstbehördlichen Verfahrensakt, Zl. Agrar96-88-1995-Pö. Dem Akt beigeschlossen wurde noch ein im Zuge dieser Berufungseinbringung erstellte gutachterliche Stellungnahme der Abteilung Forstdienst (vermutlich der Bezirkshauptmannschaft ) vom 28. November 1995. Aus dieser bestätigt sich aus jagdfachlicher Sicht, daß hier das Ansprechen (das Erkennen des Geweihs) in freier Wildbahn tatsächlich nur schwer möglich gewesen wäre. Diese Stellungnahme schließt mit der - den unabhängigen Verwaltungssenat wohl nicht bindenden - Empfehlung von der Ermahnung Abstand zu nehmen.

Der unabhängige Verwaltungssenat folgt dem Berufungswerber darin, daß er auch hier die von einem weidgerechten Jäger zu erwartende Sorgfalt obwalten hat lassen. Ferner ist lt.

Aktenlage davon auszugehen, daß sich der Berufungswerber in dieser Richtung noch nie etwas zu Schulden kommen hat lassen.

4. Rechtlich hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

4.1. Es trifft wohl zu, daß beim Ansprechen des Wildes ein hohes Maß an Sorgfalt zu üben ist. Das Ausmaß an Sorgfaltserwartung darf hier aber auch nicht dahingehend überzogen werden, sodaß im Ergebnis eine Bestrafung auch ohne einem Verschulden erfolgt. Zur Frage des Ausmaßes der objektiven Sorgfaltspflichten spricht der VwGH in seiner ständigen Rechtsprechung aus (s E Slg 9710 A und 28.10.1980, 2244/80), daß der hiefür geltende Maßstab ein objektiv-normativer ist. Maßfigur ist der einsichtige und besonnene Mensch, den man sich in die Lage des Täters versetzt zu denken hat. Objektiv sorgfaltswidrig hat der Täter folglich nur dann gehandelt, wenn sich ein einsichtiger und besonnener Mensch des Verkehrskreises, dem der Handelnde angehört, an seiner Stelle anders verhalten hätte (VwGH 12.6.1989, 88/10/0169). Wie der unabhängige Verwaltungssenat bereits in seinen Erk. zu VwSen 200132 v.

1.2.1994 und jüngst zu VwSen 340003 ausgesprochen hat, ergibt sich insbesondere auch aus dem derzeit erhöhten Abschußdruck, welcher zum Ergebnis führt den Jägern ein höheres Fehlerkalkül bei den Abschüssen zubilligen zu müssen bzw. von den Jägern ein solches zwangsläufig in Kauf zu nehmen ist. Eine derartige Situation kann in den Bereich einer rechtlich bedeutsamen Pflichtenkollision führen (Otto Triffterer, Österreichisches Strafrecht, Seite 237 ff und die dort zit. Literaturhinweise).

Im hier vorliegenden Fall ergibt sich kein Anhaltspunkt für die Annahme einer Fahrlässigkeit im Verhalten des Berufungswerbers. Es darf eben nicht übersehen werden, daß auch dem sorgfältigsten Jäger bei diesem Bock auf der freien Wildbahn, dessen nach unten verschobene Geweihmasse verborgen bleiben hätte können und es daher zu einer Fehleinschätzung des Geweihgewichtes kommen konnte.

Der Berufung war somit Folge zu geben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. B l e i e r

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