Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-340006/7/Br

Linz, 28.03.1996

VwSen-340006/7/Br Linz, am 28. März 1996 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn J S, G gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 15. Februar 1996, Zl.:

Agrar96-16-1995, wegen der Übertretung des Oö. Jagdgesetzes, nach der am 28. März 1996 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung und Verkündung zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird in Punkt 1. mit der Maßgabe Folge gegeben, daß gemäß § 21 VStG von der Verhängung einer Strafe abgesehen wird. Der Schuldspruch wird demnach bestätigt.

Im Punkt 2. wird das Straferkenntnis aufgehoben und diesbezüglich das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs.1 Z2 VStG eingestellt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, BGBl.Nr.

51/1991, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 471/1995 - AVG iVm § 21, § 24, § 45 Abs.1 Z2, § 51 Abs.1 und § 51e Abs.1 und § 51i Verwaltungsstrafgesetz, BGBl.Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl.Nr.620/1995 - VStG.

II. Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlage:

§ 65 VStG E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Gmunden hat mit dem Straferkenntnis vom 15. Februar 1996 wider den Berufungswerber zwei Geldstrafen in der Höhe von je 1.500 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit je zwei Tage Ersatzfreiheitsstrafe verhängt und folgenden Tatvorwurf erhoben:

"Sie haben es als Jagdausübungsberechtigter des Eigenjagdgebietes "R" zu verantworten, daß der Abschußplan im Jagdjahr 1994/95 nicht erfüllt wurde. Vom beantragten bzw. festgesetzten Abschuß wurden 1. bei Gamswild von 14 Stück nur 3 Stück 2. bei Rehwild von 30 Stück nur 22 Stück entnommen, obwohl der Abschußplan weder unter- noch überschritten werden darf." 1.1. Begründend führte die Erstbehörde aus:

'Der strafbare Tatbestand wurde dem Beschuldigten in der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 29.5.1995 vorgehalten.

Seine Rechtfertigungsangaben hiezu lauteten wie folgt:

"Der von den ÖBF eingereichte Abschußplan kann nicht erfüllt werden, da die beantragte Stückzahl nicht vorhanden ist.

Dies geht auch aus der Schlußfolgerung hervor, daß der Abschußplan im heurigen Jahr reduziert wurde. Im Pachtvertrag, abgeschlossen zwischen den Österr.

Bundesforsten und mir, ist auf Seite 21 ein Passus enthalten, daß bei Nichtvorhandensein des angegebenen Wildes sich der Pachtschilling entsprechend reduziert.

Anführen möchte ich noch, daß, wenn die männlichen Stücke nicht mehr erreicht werden können, dies ein Zeichen dafür ist, daß der Wildstand nicht mehr vorhanden ist".

Hiezu wurde eine Stellungnahme des Verpächters, der die Interessen des Grundeigentümers wahrzunehmen hat, eingeholt.

Diese Stellungnahme erging durchschriftlich auch an den Beschuldigten, sodaß Sie an dieser Stelle nicht wiederholt werden braucht.

Im wesentlichen ist dieser Stellungnahme jedoch zu entnehmen, daß beim Rehwild ein genügend hoher Wildstand vorhanden ist, was mit vorhandenen Verbißschäden verbunden ist. Die Nichterfüllung liegt in anderen Bereichen, als in dem des nicht vorhandenen Rehwildes. Hinsichtlich des Gamswildes wurde auf die Notwendigkeit einer intensiven Bejagung zur Vermeidung von Wildschäden hingewiesen.

Das eingeholte jagdfachliche Gutachten besagt, daß durch die Nichterfüllung des Abschußplanes eine Verschlechterung der Waldsituation zu erwarten ist. Aus diesen Gründen kann die dem Beschuldigten vorgehaltenen Verwaltungsübertretungen als erwiesen angesehen werden.

Die Erfüllung des Abschußplanes ist ein gesetzlicher Auftrag Die im Abschußplan für Schalenwild festgesetzten Zahlen dürfen weder unter- noch überschritten werden.

Eine Verwaltungsübertretung begeht, wer den Bestimmungen des § 50 Abs.1 o.ö. Jagdgesetz über den Abschußplan zuwiderhandelt. Verwaltungsübertretungen sind mit Geldstrafen bis zu S 30.000,- zu ahnden.

Der Beschuldigte ist Pächter des Eigenjagdgebietes "Raschberg-Leisling" mit einem jährlichen Pachtschilling von ca. S 63.000,--, sodaß daraus ein entsprechendes Einkommen abgeleitet werden kann. Bei der Strafbemessung wurde die bisherige Unbescholtenheit mildern gewertet. Erschwerende Umstände lagen nicht vor.

Es darf davon ausgegangen werden, daß die verhängte Strafe ausreicht, den Beschuldigten den Unrechtsgehalt seines Handelns vor Augen zu führen, sodaß er in Hinkunft alles in seiner Macht stehende unternimmt, um eine Verschlechterung des Waldzustandes hintanzuhalten. Der Umstand, daß der Abschußplanerfüllung beim weiblichen Rehwild relativ gut war, wurde bei der Strafbemessung als mildernd gewertet.

Im Wiederholungsfall müßte jedoch mit einer weitaus härteren Strafe gerechnet werden.' 2. Dagegen richtet sich die vom Berufungswerber fristgerecht erhobene Berufung. Er führt sinngemäß aus wie folgt:

"Ich berufe gegen den Bescheid Agrar 96-16-1995 Zur Berufung führe ich folgenden Beweis an. Ich war seit 1980 in diesen Jagdrevier R als Mitpächter tätig. Da ich die Jagdaufsicht mit sämtlichen Revierarbeiten gemacht habe, kenne ich dieses Revier von allen Seiten.

Im Jahre 1990 wurde dieses Revier neu ausgeschrieben, jedoch hat niemand angeboten außer mir. Ich habe nach langen Verhandlungen das Revier neu gepachtet, jedoch mit folgenden Vereinbarungen. Ich verlangte, das der Abschußplan erst nach einer Wildzählung für jedes Jagdjahr neu erstellt wird, was jedoch nie geschah. Der Abschußplan wurde so wie in den letzten Jahren immer vom Vorjahr abgeschrieben, und hatte dadurch immer überhöhte Abschußzahlen. Bei Beanstandung gabs immer die selben Argumente, da es der Herr Oberforstmeister so wünsche, sie Beilage 1.

Weiters verweise ich auf den Jagdpachtvertrag, wo festgehalten wurde, das durch die ständig sinkenden Schalenwildeinheiten auch der Pachtzins reduziert wird. Sie (gemeint wohl: siehe) Beilage II.

Auf Seite 23 des Pachtvertrages wurde festgehalten das der Verpächter jeder Zeit berechtigt ist, den fehlenden Abschuß zu tätigen, siehe Beilage III.

Keines der beiden Auflagen wurde von der Forstverwaltung eingehalten. Ein weiterer Grund warum die Abschußpläne immer vom Vorjahr abgeschrieben wurde ist, das seit 1990 3 Forstmeister ausgewechselt wurden, wo jeder keine Ahnung vom Revier hatte. Keiner der 3 Forstmeister nahm zur Kenntnis, das seit 1980 eine Verminderung des Wildstandes durch überhöhten Abschuß erfolgt ist. Seit 1990 wurde nur noch vom Wildstand herunter geschossen, wobei jedes Jahr schlechter wurde, siehe Beilage IV.

Beim Gamswild gibt es überhaupt kein Standwild mehr nur noch Wechselwild aus angrenzenden Revieren. Zur Stellungnahme des Forstmeisters K kann ich nur feststellen daß der Genannte erst seit einem Jahr in der Forstverwaltung B tätig ist, und daher das Revier nicht kennen kann. Seine Stellungnahme stimmen nicht mit den Rundschreiben und den Pachtvertrag überein. Sie (gemeint wohl: siehe) Beilage V.

Weites hat niemand beachtet das im Jagdrevier R etwa 50 Stück Weidevieh weiden (Heimweide N) und bis zu 200 Stück Schafe von Frühjahr bis Herbst alles abweiden und verbeißen.

Sollten Sie noch mehr Beweismaterial zur Unschuldsbeweisung brauchen, kann ich noch mehr einbringen.

Brief und Beilagen ergeht an Agrar G Landesjängermeister Herr R W S Hochachtungsvoll (e.h. Unterschrift)" 3. Zumal keine 10.000 S übersteigende Geldstrafen verhängt worden sind, ist der unabhängige Verwaltungssenat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zur Entscheidung berufen. Zumal sich die Berufung im Ergebnis auch gegen Tatsachenannahmen richtet war, eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen gewesen (§ 51e Abs.1 VStG).

3.1. Beweis geführt wurde durch die Einsichtnahme bzw.

Erörterung des Verwaltungsstrafaktes der Erstbehörde im Zuge der öffentlichen mündlichen Verhandlung, Zl.:

Agrar96-16-1995/DE/OT. Dem Akt angeschlossen bzw.

beigeschafft wurden die Abschußpläne und Abschußmeldungen hinsichtlich der Vorjahre. Im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung wurde ferner Beweis erhoben durch die Vernehmung des Forstmeisters der Bundesforste, Dipl.Ing. K und des F. M als Zeugen sowie des Berufungswerbers als Beschuldigten und durch die gutachterliche Stellungnahme des Sachverständigen für das Jagdwesen des Amtes der Oö.

Landesregierung, ROFR Dipl.Ing. Z, im Rahmen der öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung.

3.2. Die Erstbehörde stützte ihre Entscheidung auf zwei jagdfachliche Gutachten ihrer Agrarabteilung.

Diese haben nachfolgenden Inhalt:

" Jagdfachliches Gutachten (vom 23.10.1995) Der Abschußplan für das Jagdjahr 1994/95 für die R wurde vorallem beim Gamswild, aber auch beim Rehwild nicht erfüllt.

Besonders krass ist die Nichterfüllung hinsichtlich des weiblichen Gamswildes, nämlich von 8 Stück war nur 1 Stück als Abgang zu verzeichnen.

Zweifellos ist die Bejagung des Gamswildes im R schwierig, da es sich um ein fast ausschließliches Waldrevier handelt.

Aus forstfachlicher Sicht ist jedoch zweifellos durch die Nichterfüllung sowohl beim Gams als auch beim Rehwild eine Schlechterstellung der Waldsituation zu erwarten, sodaß es auf Grund des Mißverhältnis zwischen genehmigtem Abschußplan und Abgang beider angeführter Schalenwildarten zu einer Verschlechterung der Wald- Wildsituation kommen wird.

Aus forst- aber auch jagdfachlicher Sicht wird bei einer derartigen Unterschreitung des Abschußplanes für beide Schalenwildarten anzunehmen sein, daß 1. eine Verschlechterung des Verjüngungszustandes des Waldes eintreten wird und 2. die Bejagungsmethoden nicht entsprechend erfolgten." Jagdfachliches Gutachten (vom 8.11.1995):

"Im Jagdjahr 1994/95 wurde für das betreffende Eigenjagdgebiet der Abschußplan wie folgt nicht erfüllt:

bei Gamswild männlich von 6 Stück nur 2 Stück = 33 % weiblich von 8 Stück nur 1 Stück = 13 % bei Rehwild männlich von 13 Stück nur 7 Stück = 54 % weiblich von 17 Stück nur 14 Stück = 82 % Vom Forstdienst der Bezirkshauptmannschaft wurden entsprechende Vergleichsflächen angelegt, eine Auswertung erfolgte nicht.

Gemäß Stellungnahme der Forstverwaltung G der ÖBF. sind Verbißschäden vorhanden, die die Notwendigkeit der intensiven Bejagung erfordern.

Beim Gamswild handelt es sich zweifellos ausschließlich um Waldgams. In einem solchen Waldrevier kann es nicht Zweck sein, eine Anhebung des Gamswildbestandes durch Nichterfüllung des Abschusses zu fordern.

Aus forstfachlicher Sicht ist jedoch zweifellos durch die Nichterfüllung sowohl beim Gams als auch beim Rehwild eine Verschlechterung der Waldsituation zu erwarten, sodaß es auf Grund des Mißverhältnisses zwischen genehmigtem Abschußplan und Abgang beider angeführter Schalenwildarten zu einer Verschlechterung der Wald- Wildsituation kommen wird.

Aus forst- aber auch jagdfachlicher Sicht wird bei einer derartigen Unterschreitung des Abschußplanes für beide Schalenwildarten anzunehmen sein, daß 1. eine Verschlechterung des Verjüngungszustandes des Waldes eintreten wird und 2. die Bejagungsmethoden nicht entsprechend erfolgten.

Hinsichtlich der Abschußdurchführung werden die Wochensummen beigefügt." 4. Folgender Sachverhalt wurde als erwiesen angenommen:

4.1. Der Berufungswerber ist Jagdausübungsberechtigter des Eigenjagdgebietes "R". Dieses Jagdgebiet umfaßt eine Fläche von 680 ha. An Reviereinrichtungen bestehen 30 Hochstände und drei Fütterungen. Im Jagdrevier werden 200 Schafe und 40 Stück Weidevieh aufgetrieben. In der Jagdausschreibung war bereits darauf hingewiesen worden, daß im Revier mit Mountainbiker und Schwammerlsucher zu rechnen sei. Den hier verfahrensbezogenen Abschußplan, welcher seit 1980 hinsichtlich der Abschußziffern immer fortgeschrieben wurde, hat der Berufungswerber in Rechtskraft erwachsen lassen.

Dies offenbar schon im Bewußtsein ihn nicht erfüllen werden zu können. Dies angeblich deshalb, weil eine Berufung dagegen seitens des damaligen Oberforstmeisters Langer nicht erlaubt gewesen wäre. Die Verbißschäden sind eher gering.

Der Berufungswerber hat seit 1988 keinen "Ier-Gams" mehr erlegt. Insgesamt gehen im Revier des Berufungswerbers drei Personen aus, wobei der Bruder des Berufungswerbers, der Zeuge F. M ist. Ein weiterer Ausgeher ist zwischenzeitig verstorben. Im wesentlichen werden keine weiteren Personen zur Jagd eingeladen.

Der Berufungswerber hat lediglich im Dezember drei Gemsen erlegt. Bei diesem Revier ist die Gemse nicht als Standsondern lediglich als Wechselwild vertreten. Es handelt sich um kein Gamsrevier. Erhöhte, auf Wild zurückzuführende Verbißschäden im Hinblick auf die Mindererfüllung des Gamswildabschusses können angesichts der hohen Anzahl von dort aufgetriebenen Schafen und Weidevieh als nicht substanzierbar angenommen werden.

4.2. Der Zeuge, Forstmeister Dipl.Ing. K, legte in seiner recht anschaulichen Zeugenaussage dar, daß ab 1987 fünf Jahre hintereinander die Abschußplanziele mit 17 Stück fortgeschrieben wurden und diese in der Regel bis zu 80% erfüllt werden hätten können. Gelegentlich wurden von diesen gleichbleibenden Zahlen aber auch nur sechs, sieben oder acht Gemsen erreicht bzw. erlegt. Der Wildstand (bei der Gemse) hätte sich nach Beobachtungen des Revierpersonals reduziert.

Bei den Rehen wurden bis zum Jagdjahr 1994/95 hohe Abschußziffern, nämlich 30 Stück vorgeschrieben, welche immer weniger erfüllt werden haben können. Zwischenzeitig ist der Abschußplan reduziert worden. Die Verbißsituation könnte auch von den Schafen herrühren. Der Zeuge räumt auch ein, daß die Abschußquoten seitens der Bundesforste durchaus hoch gehalten werden, um möglichst geringe Wildschäden zu haben und es dadurch seiner Ansicht nach zur Unerfüllbarkeit von Abschußplänen kommen konnte.

Ebenso führt der Zeuge F. M aus, daß er etwa 300 Tage im Jahr im Revier draußen ist. Er legt glaubhaft dar, daß er im vorigen Jahr etwa keinen Rehbock erlegen habe können. Der Zeuge verweist auf die zahlreichen Schwammerlsucher und Mountainbiker im Revier. Er macht glaubhaft, daß nur selten ein Reh zu sehen ist. Ferner legt dieser Zeuge nachvollziehbar dar, daß er es nicht sinnvoll erachte Jagdgäste einzuladen wenn nicht einmal er in der Lage ist hinreichend Abschüsse zu tätigen. Ebenfalls nachvollziehbar ist, daß die umliegenden Gemeindejagden eher die männlichen Rehe erlegen und daher die in diesem Revier höheren weiblichen Rehabschüsse herrühren.

Daraus zieht der Verwaltungssenat den Schluß, daß im Hinblick auf das Rehwild keine unausreichende Bejagung stattgefunden hat und daher die Mindererfüllung auf objektive Unmöglichkeit zurückzuführen ist.

Beim Gamswild weist der jagdfachliche Sachverständige wohl auch auf den Umstand hin, daß es sich um kein Gamsrevier handelt und die Abschußziele zu hoch angesetzt gewesen sein dürften. Weil jedoch die Abschüsse in einem sehr kurzen Zeitraum erfolgten, hätte eine bessere Ausnützung der Schußzeit einen höheren Erfolg erwarten lassen. Der Sachverständige verweist auch auf die zusätzliche Schwierigkeit, insbesondere hinsichtlich des Schafauftriebes, im Revier. Einen Schluß auf einen ökologischen Nachteil durch die Mindererfüllung bei der Gemse haben die sachverständigen Äußerungen nicht zugelassen.

4.2.1. Die Verantwortung des Berufungswerber im Rahmen des Berufungsverfahrens hat sich im Ergebnis mit den Ausführungen der Zeugen in Einklang bringen lassen. Dem standen auch nicht die Ausführungen des Sachverständigen gegenüber. Selbst vom Berufungswerber blieb unbestritten, daß die Bejagung der Gemse in zeitlicher Hinsicht mehr Möglichkeiten eröffnet hätte, sodaß wohl sicherlich nicht annähernd das Planziel erreichbar gewesen wäre, jedoch allenfalls noch das eine oder andere Stück erlegt werden hätte können.

4.2.2. Demgegenüber konnten die im wesentlichen die erstbehördliche Entscheidung stützenden gutachterlichen Äußerungen im Rahmen dieses Beweisverfahrens letztlich weitgehend nicht überzeugen. Diesen ist einerseits eine originäre Befundaufnahme nicht zu entnehmen. Der Befund reduziert sich im Ergebnis lediglich auf "das Vorhandensein von Verbißschäden laut einer Stellungnahme der Forstverwaltung Goisern". Andererseits beschränkt sich der Befund auf die ledigliche Feststellung "der krassen Unterschreitung des Abschußplanes 1994/95". Diese gutachterlichen Stellungnahmen stellen keinen empirischen Bezug her und setzt sich etwa überhaupt nicht mit dem Faktor "Weidevieh" auseinander.

Der im Rahmen der unmittelbaren Beweisaufnahme gewonnene Tatsacheneindruck führt hier zu doch einer wesentlich anderen Beurteilungsgrundlage. Insbesondere in der Aussage, daß sich laut den Beobachtungen des Personals der Bundesforste der Gamswildbestand in letzter Zeit doch reduziert hätte und es auch seitens des ortskundigen Forstmeisters für möglich gehalten wird, daß eine Nichterfüllbarkeit der (hoch angesetzten) Abschußpläne denkbar erachtet wird. Auch die Verbißursache durch Schafe wurde als realistisch gehalten. Dem wurde schließlich nun auch durch die Reduzierung des Planziels Rechnung getragen.

5. Rechtlich war wie folgt zu erwägen:

5.1. Der Abschuß von Schalenwild (mit Ausnahme des Schwarzwildes), von Auer- und Birkwild ist nur auf Grund und im Rahmen eines von der Bezirksverwaltungsbehörde genehmigten Abschußplanes zulässig. Die im Abschußplan für Schalenwild festgesetzten Abschußzahlen dürfen weder unternoch überschritten werden. Die im Abschußplan für Auer- und Birkwild festgesetzten Abschußzahlen dürfen unterschritten werden (§ 50 Abs.1 Oö. JagdG).

Die Nichterfüllung des Abschußplanes ist ein Ungehorsamsdelikt im Sinne des § 5 Abs.1 VStG, und es obliegt in einem solchen Fall auch dem Beschuldigten alles initiativ darzulegen, was gegen sein Verschulden spricht.

Im Sinne einer verfassungskonformen Interpretation dieser Bestimmung geht der Verfassungsgerichtshof davon aus, daß § 5 Abs.1 zweiter Satz VStG nicht etwa bewirkt, daß ein Verdächtiger seine Unschuld nachzuweisen hat (VfSlg.

11195/1986). Vielmehr hat die Behörde die Verwirklichung des (objektiven) Tatbestandes durch den Beschuldigten nachzuweisen und bei Vorliegen von Anhaltspunkten, die an seinem Verschulden zweifeln lassen, auch die Verschuldensfrage von Amts wegen zu klären. Das Gesetz befreit die Behörde in Anbetracht der regelmäßigen Sachlage nur insoweit von weiteren Nachforschungen über die subjektive Tatseite, als das entgegen dem Anschein behauptete Fehlen des Verschuldens nicht glaubhaft ist. Nur eine solche, der Lebenserfahrung Rechnung tragende Regelung, ist nicht von vornherein durch Art. 6 Abs.2 EMRK ausgeschlossen. Daher wäre eine bloß plakative jedoch inhaltsleere Annahme eines Verschuldens im Falle einer Nichterfüllung einer normativen Anordnung (hier Abschußpflicht), quasi immer den Normadressaten zur Last fallend, rechtswidrig (vgl. EKMR 19116/91 vom 13. Oktober 1993, Newsletter 1993/6, S 19 f).

Die unverschuldete Nichterfüllung war hier hinsichtlich des Rehwildes als gegeben anzusehen. Bei den Gemsen mußte jedoch ein zurechenbares Manko hinsichtlich der zeitlichen Minderaktivität der Bejagung erblickt werden, wenngleich auch dort von einer objektiven Nichterfüllbarkeit hinsichtlich des quantitativen Planzieles ausgegangen werden muß.

Für die Glaubhaftmachung i.S. § 5 Abs.1 VStG ist es ferner rechtlich auch unerheblich, daß der Berufungswerber gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Gmunden Abschußplan für das Jahr 1994/95 - kein Rechtsmittel ergriffen hat (VwGH 12. November 1992, Zl. 91/19/0160). Das hier unter Bezugnahme auf die jagdfachlichen gutachterlichen Erörterungen im Zuge des durchgeführten Beweisverfahrens in Verbindung mit den eigenen Angaben des Berufungswerbers vorliegende Beweisergebnis läßt zum Schluß kommen, daß hier die Zeit für die Bejagung der Gemse in zeitlicher Hinsicht mehr ausgeschöpft werden hätte müssen und dies zumindest theoretisch einen (Mehr-)Erfolg - wenn auch nur einen geringen - hätte erwarten lassen. Hiefür bedarf es (auch zeitlich) der Heranziehung aller zumutbaren jagdlichen Einsätze und Kräfte.

Wenngleich nicht übersehen wird, daß nicht die bloße Nichterfüllung schon ein zwingender Hinweis auf ein "schuldhaftes Untätigsein" ist, so ist hier, wenn auch aus der Sicht des Berufungswerbers sachlich begründet, doch ein Manko aufgezeigt worden, welcher bei objektiv gebotener und subjektiv zumutbarer Anstrengung unterbleiben hätte müssen.

Die Rechtsordnung sieht eine Strafsanktion für die Verletzung solcher Sorgfaltspflichten, welche sie nach den gesamten Umständen des Falles vernünftigerweise auferlegt werden dürfen, vor.

Schließlich muß insbesondere in dieser Materie darauf hingewiesen werden, daß wegen der diesem Fachgebiet inhärenten "vielen unbekannten und vom Menschen nicht handhabbaren Faktoren" auch eine Fehlertoleranz zugunsten des Normadressaten einzukalkulieren ist.

Die Behörde kann gemäß § 21 Abs.1 VStG ohne weiteres Verfahren von der Verhängung einer Strafe absehen, wenn das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind. Sie kann den Beschuldigten jedoch gleichzeitig unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid ermahnen, sofern dies erforderlich ist, um den Beschuldigten von weiteren strafbaren Handlungen gleicher Art abzuhalten.

In der - objektiv besehen - besseren Ausnützungsmöglichkeit der Schußzeit hätte der gesetzlichen Intention noch mehr Rechnung getragen werden müssen, wenngleich das Beweisverfahren als sehr wahrscheinlich scheinen hat lassen, daß wohl auch damit das Planziel nie erreicht worden wäre.

Daher konnten beide Voraussetzungen für die Anwendung des § 21 Abs.1 (erster Satz) VStG als anwendbar erachtet werden.

Das Verschulden wird insbesondere darin als unbedeutend erachtet, weil dem Berufungswerber letztlich doch zugebilligt werden muß die Bejagung seines Reviers selbst zu beurteilen und ihm letztlich auch gefolgt werden konnte, daß er durchaus alle Anstrengungen unternahm die ihm bei sachgerechter Sicht der Jagd auch zumutbar sind. Angesichts des infolge der Weidetiere nicht zuzuordnenden Verbisses können hier in einer fiktiv um die eine oder andere - nicht als Standwild vorkommende - "unerlegt gebliebenen Gemse" keine nachteiligen Folgen abgeleitet werden.

An dieser Stelle sei jedoch ausdrücklich darauf hingewiesen, daß in aller Regel mit einer Mindererfüllung einer Abschußverpflichtung sehr wohl nachteilige Folgen verbunden sind.

Rechtsmittelbelehrung Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. B l e i e r

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