Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-280834/33/Wim/Be

Linz, 31.07.2007

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Leopold Wimmer über die Berufung des Herrn Ing. E I, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. H M, vom 16.5.2005 gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Gmunden vom 21.4.2005, Ge96-244-2004 nach öffentlichen mündlichen Verhandlungen am 16.1., 28.2. und 2.7.2007, zu Recht erkannt:

 

I.     Der Berufung wird keine Folge gegeben und das erstinstanzliche Straferkenntnis vollinhaltlich bestätigt.

 

II.    Der Berufungswerber hat als Beitrag zu den Kosten des zweitinstanzlichen Strafverfahrens einen Betrag von 600 Euro (d.s. 20 % der verhängten Strafe) zu leisten.

 

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG iVm §§ 19, 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG.

zu II.: § 64 Abs.1 und 2 VStG.

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde über den Berufungswerber eine Geldstrafe in der Höhe von 3 x 1.000 Euro, Ersatzfreiheitsstrafe von insgesamt 228 Stunden, wegen Übertretungen des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes (ASchG) in Verbindung mit der Bauarbeiterschutzverordnung (BauV) verhängt.

 

Im Einzelnen wurde ihm vorgeworfen:

 

"Sie haben es als das zur Vertretung nach außen berufene Organ und damit gemäß § 9 VStG strafrechtlich verantwortlicher handelsrechtlicher Geschäftsführer der I Gesellschaft m.b.H., welche wiederum persönlich haftende Gesellschafterin der I Gesellschaft m.b.H. KG. mit Sitz in Vorchdorf ist, zu verantworten, dass bei einer am 02.11.2004 vom Arbeitsinspektorat Vöcklabruck durchgeführten Kontrolle der Baustelle in Gmunden, Fichtenweg 3, Neubau der Betriebshalle Rauch, folgendes festgestellt wurde:

 

1)     Der bei obiger Gesellschaft beschäftigte Arbeitnehmer C V (Vorarbeiter) war mit der Montage von Verblechungen an der Attika direkt an der Absturzkante und

2)     die bei obiger Gesellschaft beschäftigten Arbeitnehmer M A M und E Ö waren mit dem Verlegen von Sikkenfüllern direkt an den ungesicherten Öffnungen für die Lichtkuppel beschäftigt.

 

Absturzsicherungen oder Schutzeinrichtungen waren am gesamten Bauprojekt nicht vorhanden, obwohl bei Arbeiten auf Dächern mit einer Neigung bis 20 Grad und einer Traufenhöhe von mehr als 3 m Absturzsicherungen oder Schutzeinrichtungen gemäß §§ 7-10 Bauarbeiterschutzverordnung vorhanden sein müssen.

 

Die Dienstnehmer trugen keine Sicherheitsgeschirre und waren nicht angeseilt.

 

Die Traufenhöhe des Gebäudes betrug 10 Meter, das Dach wurde als Flachdach ausgebildet. Die mögliche Absturzhöhe ins Innere des Gebäudes betrug ca. 10 Meter."

 

2. Dagegen hat der Berufungswerber rechtzeitig Berufung eingebracht und den genannten Bescheid zur Gänze angefochten, wobei als Berufungsgründe Nichtigkeit, wesentliche Verfahrensmängel, unrichtige Sachverhaltsfeststellung sowie unrichtige rechtliche Beurteilung geltend gemacht wurden.

 

Zusammengefasst wurde im Wesentlichen vorgebracht, dass seitens des Beschuldigten ein ausreichend dichtes und zulänglich organisiertes Netz an Kontrolleinrichtungen entwickelt worden sei.

Im Betrieb sei eine eigene Sicherheitsfachkraft damit beschäftigt ein Kontrollsystem aufgebaut zu haben und dessen Funktionieren zu überwachen. Es werde schon bei Einstellungsgesprächen darauf hingewiesen, dass die Arbeitnehmerschutz­bestimmungen unbedingt einzuhalten seien. Auch in zahlreichen Rundschreiben und Dienstanweisungen würden die Arbeitnehmer auf die verpflichtende Einhaltung der Arbeitnehmerschutzbestimmungen hingewiesen werden. Weites würden regelmäßig intern Schulungen für Mitarbeiter veranstaltet werden und Vorarbeiter und Bauleiter auf diesbezügliche externe Schulungen geschickt. Auch der an der gegenständlichen Baustelle nicht gesicherte Vorarbeiter C V sei unlängst auf einer derartigen Schulung gewesen. Diese Personen hätten firmenintern die Aufgabe auch alle anderen Vorarbeiter und auch alle Arbeiter auf die Arbeitnehmerschutz­bestimmungen hinzuweisen. Es würden seitens des Beschuldigten bzw. von den Vorarbeitern firmenintern regelmäßig Kontrollen durchgeführt um überprüfen zu können, ob sich die Arbeitnehmer an die Dienstanweisungen halten würden. Dem Beschuldigten sei daher nicht erklärlich weshalb sich gerade bei der gegenständlichen Baustelle die drei erwähnten Personen ungesichert auf dem Dach aufgehalten hätten, da diese drei Personen alle zum Thema Absturzgefahr unterwiesen waren und auf die Einhaltung der Arbeitnehmerschutzbestimmungen seitens des Beschuldigten bestanden wurde. Der Beschuldigte habe am 29.10.2004 persönlich auf der Baustelle eine Kontrolle durchgeführt und es waren bei dieser sämtliche Arbeiter angeschnallt. Es seien auch geeignete Schutzausrüstungen in Form von Absturzsicherungen auf der Baustelle vorhanden gewesen und hätten Sekkuranten existiert als Anschlagpunkte für die Absturzsicherungen.

 

Der Beschuldigte beschäftige etwa 120 Mitarbeiter und habe im Rahmen des Möglichen dafür gesorgt, dass die firmeninternen Weisungen auf Einhaltung der Arbeitnehmerschutzbestimmungen auch regelmäßig und durch ein ausreichend dichtes und zulänglich organisiertes Netz kontrolliert werden, sodass im Einzelfall die Einhaltung der Arbeitnehmerschutzvorschriften gewährleistet sei. So hätte der Beschuldigte in Form von Herrn P M sogar eine eigene Sicherheitsfachkraft im Betrieb beschäftigt.

 

Mangels Verschulden sei daher das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben, in eventu wurde beantragt unter Anwendung des § 21 VStG von der Verhängung einer Strafe abzusehen bzw. § 20 VStG eine außerordentliche Milderung der Strafe vorzunehmen.

 

Vom Beschuldigten wurde neben der Einvernahme von Zeugen beantragt ein arbeitstechnisches Gutachten zur Frage der firmeninternen Struktur der Organisation und Kontrolle der Einhaltung der Arbeitnehmerschutzvorschriften einzuholen.

 

3.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsicht in den erstinstanzlichen Verfahrensakt sowie Anberaumung und Durchführung von öffentlichen mündlichen Verhandlung am 16.1., 28.2. und 2.7.2007, an denen neben dem Berufungswerber auch als Zeugen der Sicherheitsbeauftragte Herr P M, der tätige Vorarbeiter C V und der Bauleiter O S einvernommen wurden.

3.2. Für den Unabhängigen Verwaltungssenat steht der im Spruch des erstinstanzlichen Straferkenntnisses angeführte Sachverhalt fest.

 

Dies ergibt sich aus dem erstinstanzlichen Verfahrensakt sowie aus einer Zusammenschau der Einvernahmen des Berufungswerbers und der befragten Zeugen. Er wurde im Rahmen der gemachten Feststellungen auch nicht bestritten.

 

Nicht eindeutig festgestellt werden konnte, - jedoch für den Tatvorwurf auch nicht unmittelbar relevant -  ob auf dem Dach Sekkuranten, das heißt Anschlagspunkte für das Einhängen von Sicherungsvorrichtungen, vorhanden waren und ob überhaupt auf der Baustelle zum Beispiel im Firmenbus oder dergleichen Absicherungsmaterial vorrätig war. Am Bauobjekt selbst war dieses aber nicht vorhanden.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

4.1. Zu den rechtlichen Grundlagen und zur Begründung kann zunächst auf die umfassenden Ausführungen des erstinstanzlichen Strafverfahrens verwiesen werden.

 

Der objektive Tatbestand des Verstoßes gegen Arbeitnehmerschutzvorschriften wurde nicht bestritten ist auf Grund der Beweisergebnisse als erfüllt anzusehen.

 

Gemäß § 5 Abs.1 VStG hat der Berufungswerber zur Widerlegung seines Verschuldens initiativ alles darzulegende, was seiner Entlastung dient. Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes muss ein wirksames und effizientes Überwachungs- und Kontrollsystem eingerichtet sein. Zu diesem Kontrollsystem ist zu sagen, dass nach den Aussagen von Herrn M zwar ein Sicherheitssystem eingerichtet wurde mit entsprechenden Schulungen, jedoch nur durchschnittlich 2 Baustellenkontrollen pro Monat erfolgten bei jährlich ca. 2000 abgewickelten Baustellen nach Angaben des Berufungswerbers. Bereits dies erfüllt nicht die Anforderungen an ein effizientes und wirksames Kontrollsystem, wie es in der ständigen Judikatur der Höchstgerichte verlangt wird.

Auch die konkrete Arbeitspartie wurde während der Durchführung ihrer Tätigkeiten nicht kontrolliert, sondern wurden erst augrund des Einschreitens des Arbeitsinspektorates entsprechende Kontrollen und Sicherheitsmaßnahmen veranlasst.

 

Da sich bereits aufgrund dieser Umstände eindeutig ergibt, dass dieses Kontrollsystem nicht ausreichend war, erwies sich auch das geforderte arbeitstechnische Gutachten als entbehrlich.

 

Der Berufungswerber hat daher die Übertretung auch in subjektiver Hinsicht zu verantworten.

 

4.3. Zur Strafbemessung ist auszuführen, dass der Berufungswerber bereits mehrere einschlägige Vorstrafen wegen Übertretungen des Arbeitnehmerschutzgesetzes aufweist. Bei einem Strafrahmen zwischen 145 Euro und 7.260 Euro bzw. im Wiederholungsfall sogar von 290 Euro bis 14.530 Euro liegt die verhängte Strafe von jeweils 1.000 Euro pro Arbeitnehmer noch immer im unteren Bereich, wobei auch wie von der Erstbehörde angegeben bei Annahme von bescheidensten Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnissen sie in jedem Fall nicht als überhöht anzusehen ist und mangels konkreter Angaben des Berufungswerbers durchaus von durchschnittlichen Verhältnissen diesbezüglich ausgegangen werden musste.

Angesichts der einschlägigen Verwaltungsvorstrafen waren sie auch aus spezialpräventiven Gründen erforderlich um den Berufungswerber in Zukunft von ähnlichen Übertretungen abzuhalten.

 

Ein beträchtliches Überwiegen der Milderungsgründe gegenüber den Erschwerungsgründen gemäß § 20 VStG liegt nicht vor. So scheinen gar keine Milderungsgründe auf, während die zahlreichen einschlägigen Verwaltungsvorstrafen zu Recht schon von der Erstbehörde als erschwerend herangezogen wurden. Angesichts der Umstände der Übertretung und der davon ausgehenden Gefährdungssituation der Arbeitnehmer bei einem Absturz vom Dach bei einer Traufenhöhe von 10 Metern, sowie dem Fehlen eines bloß geringfügigen Verschuldens, für das sich aus dem Verfahren keine Anhaltspunkte ergaben, gelangt auch die Bestimmung des § 21 VStG nicht zur Anwendung und war spruchgemäß zu entscheiden.

 

Der Beschuldigte hat bereits mehrere einschlägige Verwaltungsvorstrafen, so dass ihm ein Rechtsirrtum bezüglich der Einhaltung der Arbeitnehmerschutzvorschriften nicht zugute kommen kann. Weiters sind auch noch weitere Berufungsverfahren wegen Übertretungen von Arbeitnehmerschutzvorschriften anhängig, sodass auch ein anschließendes Wohlverhalten nicht ohne Weiteres zugebilligt werden kann.

 

5. Die Höhe des Kostenbeitrages zum Berufungsverfahren ergibt sich aus den zitierten gesetzlichen Bestimmungen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsge­richts­hof erhoben werden; diese muss von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

Dr.  Wimmer

 

 

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