Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-340007/5/Br

Linz, 09.07.1996

VwSen-340007/5/Br Linz, am 9. Juli 1996 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn F P, M, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 22. Jänner 1996, Zl.:

Agrar96-64-1995/DE/OT, wegen der Übertretung des Oö.

Jagdgesetzes, nach der am 8. Juli 1996 durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird k e i n e F o l g e gegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird mit der Maßgabe bestätigt, daß dessen Spruch in Abänderung wie folgt zu lauten hat:

"Sie haben zum Zeitraum des 12. September 1995 in Ihrem Wildgehege in V 75 Stück Rotwild gehalten, obwohl Ihnen nur eine Bewilligung zur Haltung von 50 Stück Rotwild erteilt worden war." Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, BGBl.Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl.Nr.

471/1995 - AVG iVm § 19 Abs.1 u. 2, § 24, § 51 Abs.1 und § 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz, BGBl.Nr.

52/1991, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 620/1995 VStG.

II. Zuzüglich zu den Kosten für das Verfahren in erster Instanz werden als Kosten für das Berufungsverfahren 600 S (20 % der verhängten Strafe) auferlegt.

Rechtsgrundlage:

§ 64 Abs.1 und 2 VStG Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Gmunden hat mit dem Straferkenntnis vom 22. Jänner 1996 wider den Berufungswerber eine Geldstrafe in der Höhe von 3.000 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von drei Tagen verhängt und folgenden Tatvorwurf in dessen Spruch angelastet:

"Sie haben seit längerer Zeit, jedenfalls am 12.9.1995 in Ihrem Wildgehege in V, 75 Tiere (davon sind 15 Hirsche Spießer nicht eingerechnet) gehalten, obwohl Ihnen die Bewilligung zur Haltung von nur 50 Stück Rotwild erteilt wurde." 1.1. Begründend führte die Erstbehörde in der Sache im wesentlichen aus, daß sich laut Feststellung des Amtstierarztes am 12.9.1995 "derzeit" 75 Tiere dort (davon sind Hirsche Spießer nicht eingerechnet) befunden hätten.

Ob es sich bei den nicht gezählten Stücken um Spießer oder Kälber gehandelt habe sei für das gegenständliche Verfahren unwesentlich, da diese Stücke nicht zum strafbaren Tatbestand gezählt worden wären. Die von einem Amtstierarzt festgestellten 75 Stück an Tieren hat die Erstbehörde als erwiesen angesehen. Tatsächlich habe der Berufungswerber jedoch nur eine Bewilligung für die Haltung von 50 Stück Rotwild (gemeint in diesem Gatter). Zu berücksichtigen sei für die Erstbehörde auch gewesen, daß das vom Berufungswerber gehaltene Rotwild bereits wiederholt in die freie Wildbahn entwichen sei. Wegen derselben Angelegenheit habe der Berufungswerber bereits einmal bestraft werden müssen. Die Erstbehörde verwies diesbezüglich auf das h.

Erk. VwSen 200169/2/Br v. 29.12.1994.

2. Dagegen richtet sich die vom Berufungswerber fristgerecht erhobene Berufung.

2.1. Er bestreitet darin inhaltlich auch den Tatvorwurf.

Diesbezüglich führt er aus, daß zum genannten Zeitpunkt (12.9.1995) sich natürlich ca. 25 bis 30 Stück Kälber bei den Tieren (gemeint weiblichen Tieren) befanden, die man jedoch nicht zu den Tieren zählen könne, da diese erst ab dem ersten Lebensjahr als Schmaltiere oder Spießer zu bezeichnen seien.

Zum Zeitpunkt der Bewilligung seines Hirschgatters hätten sich in seinem Gehege 50 Stück Rotwild, welche älter als ein Jahr gewesen sind, befunden. Davon waren ca. 30 trächtige Tiere, welche die nächsten Monate die Kälber setzten. Damit habe sich in der Folge eine Stückzahl von 80 ergeben.

Seiner Ansicht nach sei daher zu klären, ob der Bestand von 80 Stück inklusive der Kälber gerechtfertigt sei. Sollte dies nicht der Fall sein, würde das bedeuten, daß ein maximaler Bestand von 25 Zuchttieren die Obergrenze wäre, um nach dem Setzen der Kälber die Stückzahl von 50 nicht zu überschreiten.

Abschließend beantragt der Berufungswerber den Bescheid (gemeint offenbar den Bewilligungsbescheid betreffend des Wildgeheges) dahingehend abzuändern, bzw zu ergänzen, sodaß 50 Stück Zuchttiere älter als ein Jahr zuzüglich der Kälber gehalten werden dürften.

3. Da keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt worden ist, ist der unabhängige Verwaltungssenat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zur Entscheidung berufen. Zumal in der Berufung neben einer unrichtigen rechtlichen Beurteilung zumindest andeutungsweise auch Sachfragen bestritten werden, war die Anberaumung bzw. Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung erforderlich (§ 51e Abs.1 VStG).

3.1. Beweis geführt wurde durch die Einsichtnahme bzw.

Erörterung des Verwaltungsstrafaktes der Erstbehörde im Zuge der öffentlichen mündlichen Verhandlung, Zl.:

Agrar96-64-1995/DE/OT. Diesem Akt beigeschafft und auszugsweise verlesen wurden die Bescheide vom 28. September 1989, Zl. Agrar-308-1989 (über die Bewilligung des gegenständlichen Wildgeheges) und vom 13. Juli 1995, Zl.

Agrar - 407 - 1994 (die Ablehnung des Ansuchens vom 14.12.1994 um Aufstockung des Wildbestandes im Gatter).

Verlesen wurde ebenfalls das h. Vorerkenntnis, VwSen 200169/2/Br, vom 29. Dezember 1994. Schließlich wurde Beweis aufgenommen durch die zeugenschaftliche Vernehmung des Herrn Bezirkshauptmannes, W.Hofrat Mag. H der Herren Amtstierärzte Dres. G u. G und des Berufungswerbers als Beschuldigten.

4. Folgender Sachverhalt ist erwiesen:

4.1. Der Berufungswerber ist Halter des in V gelegenen und die im Bewilligungsbescheid vom 28. September 1989 genannten Parzellennummern, 12,5 Hektar umfassenden Wildgeheges. Mit dem obgenannten Bewilligungsbescheid wurde in dessen Punkt I. die Haltung von 50 Stück Rotwild bewilligt. Im Punkt 4.

ist u.a. ausdrücklich darauf hingewiesen, daß der bewilligte Rotwildbestand auf der in diesem Gatter zur Verfügung stehenden Fläche an der Obergrenze liegt, welcher keinesfalls weiter erhöht werden darf. Dieser Bescheid ist rechtskräftig. Anläßlich einer Zählung durch den Amtstierarzt Dr. G am 12. September 1995 wurde eine Stückzahl von 75 Tieren (ohne Zuzählung von 15 Spießern) im Gatter festgestellt.

4.1.1. Mit dem Bescheid vom 13. Juli 1995 wurde dem Berufungswerber die beantragte Aufstockung des Gatterbestandes von 50 auf 80 Stück, inhaltlich aus veterinärmedizinischen Gründen, abgelehnt. Auch dieser Bescheid blieb unangefochten und ist in Rechtskraft erwachsen.

Durch das obzit. h. Vorerkenntnis wurde dem Berufungswerber dargelegt, daß eine "strikte Bindung" an rechtskräftige Bescheide bestehe. Die bloße Einrechnung des sogenannten Standwildes wurde dem Berufungswerber deshalb nicht als entschuldigender Rechtsirrtum anerkannt, weil ihm, im Falle eines diesbezüglichen Zweifels, eine Anfrage bei der Behörde zur Klärung zuzumuten gewesen wäre. Ebenfalls wurde der Berufungswerber bereits in diesem Erkenntnis darauf hingewiesen, daß er allenfalls den entsprechenden Bewilligungsbescheid - welcher in der Folge für den Berufungswerber nicht positiv beschieden wurde - anfechten könne. Dieser blieb vom Berufungswerber wieder unangefochten.

4.1.2. In diesem Verfahren stützt der Berufungswerber seine Verantwortung im wesentlichen darauf, daß der jeweilige (jährliche) Nachwuchs in den "Tierbestand" nicht einzurechnen sei. Er verweist sinngemäß auf den Stand zum Zeitpunkt der Bewilligung in der Höhe von 50 Stück. Damals habe ihm die Behörde nicht mitgeteilt, daß dieser Stand auch bedingt durch den zu erwartenden Nachwuchs, welcher ja auch der Behörde bekannt gewesen sein müßte, nicht überschritten werden dürfte. Zur Präzisierung wird festgestellt, daß der Begriff "Tier" hier nicht im jagdlichen Sinn (weibliches Stück Rotwild ab dem zweiten Lebensjahr), sondern rein als zahlenmäßige Bezeichnung der dieser Gattung gehaltenen Tiere (als einzelnes Lebewesen), verwendet wird. Es geht daher auch das Vorbringen des Berufungswerbers im Hinblick auf die vom allgemeinen Sprachgebrauch abweichenden Bedeutung des jagdlichen Sprachgebrauches ins Leere.

4.2. Der Berufungswerber hat vor einigen Jahren im Zusammenhang mit einem an ihn behördlicherseits ergangenen Reduzierungsauftrag beim Herrn Bezirkshauptmann von sein Anliegen vorgetragen. Der Konsens dieses Gespräches lag darin, daß eine Regelungsbasis im Wege des Administrativverfahrens gefunden werden müßte. Das Ergebnis dieser Verfahren war - wie oben dargelegt - für den Berufungswerber jedoch negativ.

5. Es ist daher nicht nachvollziehbar, daß der Berufungswerber auch in diesem Verfahren abermals den Unterschied zwischen dem Bewilligungsbescheid und dem Strafverfahren nicht zur Kenntnis zu nehmen scheint, wenn er abschließend in seiner Berufung vermeint, daß der Bescheid dahingehend abgeändert werden möge, daß in der Stückzahl von 50 Stück eine gewisse Klasse nicht inbegriffen wird.

5.1.1. Spätestens bereits durch die Vorsprache beim Herrn Bezirkshauptmann, welcher gemäß dessen zeugenschaftlichen Aussage für das Anliegen des Berufungswerbers Verständnis finden konnte, ihn aber in zutreffender Weise letztlich auf eine "entsprechende Regelung im Rahmen eines Verfahrens" verwies, mußte der Berufungswerber die Bedeutung des Bewilligungsbescheides im Hinblick auf dessen objektiven Inhalt gekannt haben. Ein weiterer zwingender Schluß, daß ein vorgeblicher Irrtum über die Bedeutung des Bescheides nicht vorliegt ist insbesondere in der Ablehnung seines Antrages vom 14. September 1994 (Aufstockung von 50 auf 80 Stück) zu erblicken. Schließlich aber auch im h. Erkenntnis vom 29. Dezember 1994, wo ihm dieser vorgebliche Irrtum nicht als solcher anerkannt wurde. Umso weniger kann er sich im Lichte dieser Vorgänge nun mit eben derselben Verantwortung Erfolg verschaffen.

6. Rechtlich war wie folgt zu erwägen:

6.1. Nach § 93 Abs.1 lit.b O.ö. JagdG begeht u.a. eine Verwaltungsübertretung wer ein Wildgehege oder einen Tiergarten ohne Bewilligung errichtet oder ändert oder in Bescheiden verfügte Bedingungen, Befristungen oder Auflagen nicht erfüllt oder unbefugt Abschüsse durchführt.

6.1.1. Nach § 6a Abs.1 O.ö. JagdG ist ein Wildgehege eine eingezäunte Fläche, auf der Wild im Sinne des § 3 Abs. 1 gezüchtet oder zur Gewinnung von Fleisch oder sonstigen tierischen Produkten oder zu wissenschaftlichen Zwecken gehalten wird.

(2) Die Errichtung eines Wildgeheges bedarf, sofern die Fläche 4 Hektar überschreitet oder sofern Schwarzwild oder sonstiges für die Sicherheit von Menschen gefährliches oder schädliches Wild gehalten wird, der Bewilligung der Bezirksverwaltungsbehörde.

(5) Die Bewilligung ist unter Bedingungen, befristet oder mit Auflagen zu erteilen, soweit dies erforderlich ist, um den im Abs.3 leg.cit. enthaltenen Bewilligungsvoraussetzungen zu entsprechen. Eine Bewilligung kann auch ohne Vorliegen der Voraussetzung gemäß Abs.3 lit.a erteilt werden, wenn das Wildgehege wissenschaftlichen Zwecken oder solchen, die im Zusammenhang mit der Walderhaltung stehen, dienen soll. Bei der Festlegung einer Wildbestandsobergrenze ist auch auf die Gesunderhaltung des Wildes Bedacht zu nehmen.

6.2. Gemäß dem auf Grund dieses Gesetzes erlassenen rechtskräftigen Bescheid vom 28. September 1989, Agrar-3081989 wurde wie oben festgestellt die Haltung von 50 Stück Rotwild bewilligt. Eine über den klaren Wortlaut des Bescheides (hier durch die Festlegung einer numerischen Größe) hinausgehende Auslegung ist nicht zulässig; dh: die Grenze der Auslegung einer Norm muß noch in ihrem Wortsinn Deckung finden (vgl VwGH 14.6.1988, 88/04/0035). Der Wortsinn findet hier seine Grenze im Ausdruck der Stückzahl, wobei diese eben als oberste Grenze unter Einbeziehung auch des anhand der vorhandenen weiblichen Stücke zu erwartenden Nachwuchses beinhaltend zu deuten ist.

6.2.1. Der Bewilligungsbescheid wurde vom Berufungswerber offenkundig in schuldhafter Weise und in der Schuldform des Vorsatzes nicht beachtet. Eine derartige Zahl der Überschreitung läßt nur unschwer auf Absichtlichkeit der Nichteinhaltung des Bescheidinhaltes schließen.

6.2.2. Im Sinne der Funktionserhaltung der rechtsstaatlichen Ordnung, muß eine strikte Bindung an rechtskräftige Bescheide selbst dann eingefordert werden, wenn diese später etwa als rechtswidrig aufgehoben würden. Es kann daher keine Rechtswidrigkeit vorliegen, wenn sich die Erstbehörde auf einen aufgrund des Gesetzes erlassenen, rechtskräftigen, Bescheid gestützt hat, welchem unbestrittenerweise zuwidergehandelt worden ist. Von einem entschuldbaren Rechtsirrtum - im Hinblick auf vorgeblich der Bewilligungszahl nicht zuzuzählenden Jungtieren - kann schon deshalb nicht ausgegangen werden, weil - wie ebenfalls oben ausführlicher dargelegt dem Berufungswerber die Rechtslage zwischenzeitig schon mehrfach durch die zuständigen Behörden in Form von Entscheidungen (Erkenntnisse u. abweisenden Bescheid) übermittelt wurde.

6.3. Die Spruchänderung erfolgte im Sinne des § 44a Abs.1 VStG zur Präzisierung des Tatvorwurfes.

7. Bei der Strafzumessung ist gemäß § 19 VStG Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 - 35 StGB (Strafgesetzbuch) sinngemäß anzuwenden.

7.1.1. Konkret ist zur Strafzumessung auszuführen, daß die Erstbehörde im Straferkenntnis an sich eine dem objektiven Unwertgehalt der Übertretung durchaus als niedrig anzusehende Strafe verhängt hat. Es ist grundsätzlich festzuhalten, daß mit der zu hohen Stückzahl das im Bescheid genehmigte Bewilligungsziel beträchtlich und nachhaltig verletzt worden ist. Durch immer wieder in die freie Wildbahn gelangendes Wild werden auch Interessen Dritter nachteilig beeinträchtigt. Es sind ferner für eine artgerechte Haltung von Wild wohl nicht bloß geringfügige nachteilige Folgen verbunden. Zutreffend war die zwischenzeitig bestehende einschlägige Vormerkung als straferschwerend zu werten. Angesichts des doch erheblich über dem Durchschnitt liegenden Einkommens des Berufungswerbers konnte auch der verhängten Strafe keinesfalls mit Erfolg entgegengetreten werden. Auf den bis zu 30.000 S reichenden Strafrahmen sei auch an dieser Stelle nochmals hingewiesen.

8. Die Kostenentscheidung gründet in den unter II. bezogenen Gesetzesstellen.

Rechtsmittelbelehrung Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Dr. B l e i e r

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