Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-400894/4/Ste/Wb

Linz, 06.08.2007

 

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Vizepräsident Mag.Dr. Wolfgang Steiner über die Beschwerde des R A, Staatsangehöriger der Russischen Föderation, derzeit Polizeianhaltezentrum Linz, wegen Anhaltung in Schubhaft durch den Bezirkshauptmann des Bezirks Vöcklabruck, zu Recht erkannt:

 

 

I.              Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen; gleichzeitig wird festgestellt, dass die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen weiterhin vorliegen.

 

II.            Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Verfahrenspartei: Bezirkshauptmann von Vöcklabruck) den Verfahrensaufwand in Höhe von 271,80 Euro binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 82 Abs. 1 und 83 Abs. 2 und 4 Fremdenpolizeigesetz – FPG (BGBl. I Nr. 100/2005, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 99/2006) iVm §§ 67c und 79a Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG und der UVS-Aufwandsersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 334/2003.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit Bescheid des Bezirkshauptmanns von Vöcklabruck vom 14. Juni 2007, Zl. Sich 40-1994-2007, wurde über den Beschwerdeführer (im Folgenden: Bf) auf der Basis des § 76 Abs 2 Z. 2 und 4 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 – FPG, BGBl. I Nr. 99/2006, iVm § 80 Abs 5 FPG und iVm § 57 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 – AVG zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung sowie zur Sicherung der Abschiebung die Schubhaft verhängt und durch Überstellung in das Polizeianhaltezentrum Linz am selben Tag vollzogen.

 

Die belangte Behörde geht dabei von folgendem Sachverhalt aus:

 

Der Bf und seine Gattin haben am 6. Juni 2007 beim Bundesasylamt, Erstaufnahmestelle West (EASt West), einen Antrag auf Gewährung von internationalem Schutz in Österreich eingebracht.

 

Im Zuge der weiteren geführten Ermittlungen sei mittels Abgleich der Fingerabdrücke des Bf in Erfahrung gebracht worden, dass er - ebenso wie die Ehegattin - eher illegal in das Bundesgebiet der Republik Österreich eingereist sei – bereits am 26. April 2007 in der Slowakei und demzufolge in einem Mitgliedsstaat der Europäischen Union, einen Asylantrag eingebracht habe.

 

Im Zuge der niederschriftlichen Erstbefragung des Bf zu seinem Asylantrag am 8. Juni 2007 – im Beisein eines Dolmetschers für die Sprache Russisch - habe dieser gegenüber Beamten der PI S ausgeführt, dass er am 21. April 2007 seinen Herkunftsstaat verlassen habe und schlepperunterstützt per PKW in Richtung Österreich gefahren sei. In der Slowakei habe ihn der Schlepper aus dem Fahrzeug aussteigen lassen und ihm zu verstehen gegeben, dass er in Österreich sei. Für die illegale Schleusung des Bf und seiner Gattin von Tschetschenien in die Slowakei hätte er einen Betrag in der Höhe von US-Dollar 4.000 an den Schlepper bezahlt. Nachdem der Bf und seine Gattin in weiterer Folge in der Slowakei festgenommen worden seien, hätte er sich rund 40 Tage lang in einem Flüchtlingslager in der Slowakei aufgehalten. Die im Rahmen der Erstbefragung an den Bf herangetragene Frage, ob er in einem anderen Land um Asyl angesucht habe, verneinte dieser. Der Bf führte ausdrücklich an, dass er in der Slowakei nie um Asyl angesucht habe. Er sei zwar von den slowakischen Behörden gefragt worden, ob er in der Slowakei Asyl möchte, hätte diese Frage aber verneint. Was die Behörden bzw. zuständigen Organe danach eingetragen hätten, würde er nicht wissen. Am 4. Juni 2007 sei der Bf gemeinsam mit seiner Gattin – versteckt auf der Ladefläche eines LKWs – von der Slowakei kommend, mit Schlepperunterstützung, illegal in das Bundesgebiet der Republik Österreich eingereist. Für diese illegale Schleusung des Bf und seiner Gattin von der Slowakei nach Österreich hätte er nach eigenen Angaben einen Betrag von 1.000 Euro bezahlt. Befragt nach dem Verbleib seines Reisepasses führte der Bf an, dass ihm nie ein Reisepass ausgestellt worden sei. Auf die Frage, was dagegen sprechen würde, wenn der Bf in die Slowakei zurückkehren müsste und sein Asylverfahren dort weitergeführt würde, führte der Bf wörtlich an: "Ich möchte aber nicht in die Slowakei. Ich möchte in der Nähe von meinen Brüdern bleiben". Sonstige familiäre und/oder soziale Bezugspunkte habe der Bf – abgesehen von den zwei in Österreich wohnhaften Brüdern – nicht ins Treffen gebracht.

 

Aufgrund der vorliegenden Ergebnisse der Befragung des Bf, der Durchsuchung und seiner erkennungsdienstlichen Behandlung sei die Annahme gerechtfertigt, dass der Antrag des Bf auf internationalen Schutz – nach Abschluss des Konsultationsverfahrens gem. den Bestimmungen des Dubliner Übereinkommens mit der Slowakei – mangels Zuständigkeit Österreichs zur Prüfung zurückgewiesen werde.

 

Mit Schreiben des EASt West vom 12. Juni 2007, Zl. 07 05.181, wurde dem Bf gem. § 29 Abs. 3 Z. 4 AsylG 2005 mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, seinen Asylantrag v. 6. Juni 2007 gem. § 5 AsylG zurückzuweisen. Gleichgehend wurde dem Bf zur Kenntnis gebracht, dass ein Konsultationsverfahren seit 12. Juni 2007 mit der Slowakei geführt werde. Dieses Schreiben wurde dem Bf nachweislich ausgefolgt. Gleichzeitig wurde gegen den Bf ein Verfahren zur Erlassung einer Ausweisung gemäß § 10 AsylG eingeleitet.

 

Die Behörde führt weiters an, dass sich der Bf nicht im Besitze eines Nationalreisedokuments befinde und über keinen polizeilich gemeldeten Wohnsitz im Bundesgebiet verfüge. Zudem sei der Bf auch – bis auf einen Bargeldbetrag in Höhe von Euro 109,40 - mittellos.

 

Nach Ansicht der belangten Behörde habe der Bf bereits in der Vergangenheit infolge seines illegalen Grenzübertrittes in das Bundesgebiet der Republik Österreich zu erkennen gegeben, dass er nicht gewillt sei, die Rechtsordnung seines Gastlandes im Bereich des Fremdenrechtes zu respektieren.

 

Der Bf zeige durch sein Verhalten, dass er offensichtlich kein Interesse an einem rechtsstaatlichen Abschluss seines in der Slowakei angestrengten Asylbegehrens habe und dass der er einen illegalen Grenzübertritt innerhalb der Mitgliedsstaaten der Europäischen Union – welcher unter objektiv betrachteten Umständen jedenfalls nicht mit der Gefahr der Verfolgung rechtfertigen lässt – ganz bewusst in Kauf genommen hätte.

 

Der Bf hat trotz einer angespannter finanziellen Situation für einen zusätzlichen illegalen Grenzübertritt von der Slowakei nach Österreich ein Schlepperentgelt in Höhe von 1.000,- Euro entrichtet und somit – nach Ansicht der belangten Behörde – zusätzlich zu seinem gezeigten Verhalten und seinen Äußerungen im Rahmen der Erstbefragung gezeigt, dass er keinesfalls bereit sei, die Erledigung seines Asylbegehrens in der Slowakei abzuwarten.

 

Nach Ansicht der belangten Behörde könne daher angenommen werden, dass er sich den fremdenpolizeilichen Maßnahmen zu entziehen versuchen werde, um den Einsatz der finanziellen Mittel für seine wunschgemäße Verbringung nach Österreich nicht als ertraglose Aufwendung abschreiben zu müssen.

 

Die Behörde führt weiters an, dass es sich nach ihrer Ansicht beim Verhalten des Bf um einen Asyltourismus handle und diesem mit aller Entschiedenheit entgegen zu treten sei, um dadurch für ein geordnetes Fremdenwesen zu sorgen. Die Verhaltensweise des Bf (Illegale Einreise – aus einem Mitgliedsstaat der EU kommend; kategorischer Ausschluss der Möglichkeit in den EU-Mitgliedsstaat Slowakei zwecks Prüfung seines Asylbegehrens zurückzukehren; hohe Schlepperentlohnung für einen zusätzlichen illegalen Grenzübertritt von der Slowakei nach Österreich) zeigt auf, dass er nicht gewillt sei, in jenen Mitgliedsstaat der Europäischen Union, über welchen er illegal ins Bundesgebiet der Republik Österreich eingereist sei bzw. welcher offensichtlich für die Prüfung seines Asylantrages gemäß den Bestimmungen des Dubliner Abkommens zuständig wäre, zurückzukehren.

 

Aufgrund des bisherigen Verhaltens des Bf sei zu befürchten, dass er sich – auf freiem Fuß belassen – dem weiteren Zugriff der Behörde entziehen werde. Zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung nach dem Asylgesetz, sowie zur Sicherung der Abschiebung sei daher die Verhängung der Schubhaft unbedingt erforderlich. Die angeführten Tatsachen rechtfertigten – nach eingehender Prüfung – im übrigen eine Ermessensentscheidung dahingehend, die Schubhaft anstelle gelinderer Mittel zu verhängen.

 

1.2. Der Bf befindet sich seit 14. Juni 2007 und auch zum Zeitpunkt der Entscheidung des Unabhängigen Verwaltungssenats in Schubhaft.

 

2.1. Gegen seine Anhaltung in Schubhaft richtet sich die vorliegende, am 31. Juli 2007 beim Oö. Verwaltungssenat eingelangte Beschwerde.

 

Begründend wurde darin das Grundrecht zum Schutz der persönlichen Freiheit angeführt und die Unverhältnismäßigkeit der Haft geltend gemacht. In diesem Zusammenhang wurde auch angeführt, dass neben dem Vorliegen eines "schwebenden" Ausweisungs- bzw. Auslieferungsverfahrens und der aufgrund bestimmter Tatsachen gerechtfertigten Annahme, der Antrag des Fremden auf internationalen Schutz werde mangels Zuständigkeit Österreichs zur Prüfung zurückgewiesen, die Verhängung der Schubhaft über einen Asylwerber gemäß § 76 Abs. 2 Z. 4 FPG nur zulässig wäre, wenn die zuständige Fremdenpolizeibehörde von dem ihr eingeräumten Ermessen (arg.: "kann") im Lichte des in Art.1 Abs.3 des Bundesverfassungsgesetzes vom 29. November 1988 über den Schutz der persönlichen Freiheit festgelegten Gebotes der Verhältnismäßigkeit Gebrauch mache.

 

In einem weiteren Punkt wird die Verfassungswidrigkeit des § 76 Abs. 2 Z. 4 FPG behauptet und auch angeführt, die Anhaltung verstoße gegen das Recht auf eine wirksame Beschwerde und gegen Art. 4 4. ZPMRK, der eine Kollektivausweisung von Fremden verbiete.

Überdies sei durch die Verhängung der Schubhaft ein Widerspruch zur Verordnung (EG) Nr. 1560/2003 erkennbar, wonach dem Asylwerber zunächst die Möglichkeit der freiwilligen Ausreise zu geben sei. Erst wenn sich herausstelle, dass der Asylwerber nicht freiwillig ausreise bzw. zu verstehen gebe, dass er dies nicht tun werde, sei eine Haftverhängung zulässig. Auch ein Widerspruch zur UNHCR-Richtlinie sei durch die Schubhaftverhängung erkennbar. Denn angesichts der negativen Auswirkungen der Haft auf die psychische Verfassung der Inhaftierten solle aktiv nach Alternativen zur Haft gesucht werden, bevor gegen Asylsuchende folgender Kategorien besonders schutzbedürftiger Personen ein Haftbefehl erlassen werde: Unbegleitete ältere Personen, Opfer von Folter oder Trauma, Personen mit geistiger oder körperlicher Behinderung.

 

Dies sei im Fall des Beschwerdeführers unterlassen worden, denn der Beschwerdeführer habe in seiner Heimat schlimme Erlebnisse gehabt und sei derzeit durch die Schubhaft in einer sehr schlechten psychischen Verfassung. Die Behörde hätte als Alternative zur Schubhaft ein gelinderes Mittel anwenden müssen. Durch die Haftverhängung bestehe die Gefahr der Retraumatisierung des Beschwerdeführers.

 

Daher wird beantragt, den Schubhaftbescheid, die Festnahme und die Anhaltung in Schubhaft für rechtswidrig zu erklären sowie die Verfahrenskosten zu ersetzen.

 

2.2. Die belangte Behörde hat den bezughabenden Akt vorgelegt und beantragt, die Schubhaftbeschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

 

3.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck; da sich bereits aus diesem der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ, konnte im Übrigen gemäß § 83 Abs. 2 Z. 1 FPG von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden, da der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt ist.

 

3.2. Der Unabhängige Verwaltungssenat geht bei seiner Entscheidung von folgendem entscheidungswesentlichen Sachverhalt aus:

 

Der Bf hat gemeinsam mit seiner Ehefrau am 21. April 2007 sein Heimatland verlassen und ist gegen ein Entgelt von 4.000,- US-Dollar schlepperunterstützt über eine angeblich unbekannte Reiseroute in die Slowakei – obwohl ihm der Schlepper zu verstehen gegeben habe in Österreich zu sein - verbracht worden.

 

Nachdem der Bf und seine Ehegattin am 26. April 2007 in der Slowakei, und demzufolge in einem Mitgliedsstaat der Europäischen Union, einen Asylantrag eingebracht hatten, sind beide am 4. Juni 2007 schlepperunterstützt – auf der Ladefläche eines LKW – gegen ein Schlepperentgelt von 1.000 Euro illegal in das Bundesgebiet der Republik Österreich eingereist, ohne im Besitz von gültigen Reisedokumenten sowie eines Aufenthaltstitels zu sein.

 

Am 6. Juni 2007 stellten der Bf und seine Gattin beim Bundesasylamt, Erstaufnahmestelle West, T, 48 S einen Asylantrag, den er im Zuge einer niederschriftlichen Erstbefragung am 8. Juni 2007 gegenüber Beamten der Polizeiinspektion S – im Beisein eines Dolmetschers für die Sprache Russisch – im Wesentlichen mit einer Verfolgung durch "Männer", die seinen Bruder Risvan suchen, begründete. Weiters führte der Bf in dieser Einvernahme aus, dass er nicht in die Slowakei wolle und in der Nähe von seinen Brüdern bleiben wolle.

 

Mit Bescheid des Bezirkshauptmanns des Bezirks Vöcklabruck, AZ: Sich40-1994-2007, wurde am 14. Juni 2007 über den Bf auf Basis des § 76 Abs 2 Z. 2 und 4 FPG, iVm. § 80 Abs 5 FPG und iVm. § 57 AVG zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung sowie zur Sicherung der Abschiebung die Schubhaft verhängt und durch Überstellung in das Polizeianhaltezentrum der Bundespolizeidirektion Linz am 14. Juni 2007 vollzogen.

 

Mit Schriftsatz des BAA, EASt West, vom 12. Juni 2007, Zl: 0705.181, wurde dem Bf gemäß § 29 Abs. 3 Z 4 AsylG 2005 mitgeteilt, dass beabsichtigt ist, den Asylantrag des Bf gemäß § 5 AsylG 2005 zurückzuweisen, und Konsultationen gemäß dem Dublin-Abkommen mit Slowakei geführt werden. Gleichzeitig wurde gegen den Bf ein Verfahren zur Erlassung einer Ausweisung gemäß § 10 AsylG eingeleitet. Im Zuge des Verfahrens hat sich herausgestellt, dass die Slowakei der Übernahme des Bf und seiner Gattin im Rahmen des Konsultationsmechanismus die Zustimmung erteilte.

 

Mit Bescheid des BAA, EASt West vom 19. Juli 2007 wurden sowohl der Asylantrag des Bf als auch der seiner Ehegattin gemäß § 5 AsylG zurückgewiesen und beide mit gleichem Bescheid gemäß § 10 Abs. 1 Z. 1 AsylG durchsetzbar aus dem Bundesgebiet der Republik Österreich in die Slowakei ausgewiesen.

 

3.3. Der Sachverhalt ergibt sich widerspruchsfrei aus den vorliegenden Dokumenten.

 

4. Über die vorliegende Beschwerde hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

4.1. Gemäß § 82 Abs. 1 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 – FPG, BGBl. I Nr. 100/2005, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 99/2006, hat der Fremde das Recht, den Unabhängigen Verwaltungssenat mit der Behauptung der Rechts­widrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen,

1.      wenn er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist;

2.      wenn er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz oder das Asylgesetz 2005 angehalten wird oder wurde, oder

3.      wenn gegen ihn die Schubhaft angeordnet wurde.

 

Gemäß § 83 Abs. 4 FPG hat der Unabhängige Verwaltungssenat, sofern die Anhaltung noch andauert, jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen. Im Übrigen hat er im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte zu entscheiden.

 

4.2. Es ist unbestritten, dass der Bf aufgrund des Bescheides des Bezirkshauptmannes des Bezirks Vöcklabruck vom 14. Juni 2007 zur Zeit in Schubhaft angehalten wird, weshalb der Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung berufen ist.

 

4.3. Gemäß § 76 Abs. 2 FPG kann die örtlich zuständige Fremdenpolizeibehörde über einen Asylwerber oder einen Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, Schubhaft zum Zwecke der Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung gemäß § 10 AsylG 2005 oder zur Sicherung der Abschiebung anordnen, wenn

1.      gegen ihn eine durchsetzbare – wenn auch nicht rechtskräftige – Ausweisung (§ 10 AsylG 2005) erlassen wurde;

2.      gegen ihn nach den Bestimmungen des AsylG 2005 ein Ausweisungsverfahren eingeleitet wurde;

3.      gegen ihn vor Stellung des Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare Ausweisung (§§ 53 oder 54) oder ein durchsetzbares Aufenthaltsverbot (§ 60) verhängt worden ist oder

4.      aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung und der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass der Antrag des Fremden auf internationalen Schutz mangels Zuständigkeit Österreichs zur Prüfung zurückgewiesen werden wird.

Die Schubhaft ist nach dem § 76 Abs. 3 FPG grundsätzlich mit Mandatsbescheid gemäß § 57 AVG anzuordnen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zur Erlassung des Bescheides aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft.

 

Aufgrund des Asylantrags vom 6. Juni 2007 ist der Bf Asylwerber, weshalb die Bestimmung des § 76 Abs. 2 FPG grundsätzlich zur Anwendung kommen kann. Der Bf reiste – wie aus dem Sachverhalt eindeutig hervorgeht – von der Slowakei kommend – somit von einem sicheren Drittstaat – nach Österreich ein, weshalb die belangte Behörde aufgrund der Mitteilung des BAA, EASt West, gemäß § 29 Abs. 3 Z. 4 AsylG vom 12. Juni 2007 zu Recht von der Anwendbarkeit des § 76 Abs. 2 Z. 4 FPG ausging, nämlich dass der Antrag des Bf auf internationalen Schutz mangels Zuständigkeit Österreichs zur Prüfung zurückgewiesen wird. Dies wird mit dem Bescheid des BAA vom 19. Juli 2007 deutlich, mit dem auch der Asylantrag des Bf als unzulässig gemäß § 5 AsylG zurückgewiesen wurde. Die Slowakei hat der Übernahme des Bf zugestimmt, weshalb sowohl § 76 Abs. 2 Z. 2 als auch Z. 4 FPG grundsätzlich zur Anwendung kommen können.

 

Nachdem die Slowakei der Übernahme des Bf bereits zustimmte, ist auch das Erfordernis der Erreichbarkeit des Ziels der Schubhaft gegeben.

 

4.4. Aus der "Kann-Bestimmung" des § 76 Abs. 2 FPG wird deutlich, dass es sich bei der Verhängung der Schubhaft um eine Ermessensentscheidung handelt. Es müssen daher im konkreten Fall Umstände in der Person des Bf gelegen sein, die erwarten lassen, dass sich der Bf dem Verfahren gemäß § 76 Abs. 2 FPG entziehen wird.

 

Wie unter Pkt. 1.1 dargestellt, wendete der Bf seine gesamten Ressourcen sowohl persönlich als auch wohl finanziell dafür auf, um in einen für ihn wirtschaftlich attraktiven Staat der Europäischen Union zu gelangen, um dort aufhältig zu sein. Dass es ihm nicht auf die Erlangung bloß seines Asyls ankam, bewies er dadurch, dass er in der Slowakei einen Asylantrag stellte, um sich zumindest kurzfristig einen dortigen Aufenthalt zu sichern, der wohl allerdings nur der Organisation der Weiterreise diente. Wäre es dem Bf nur auf die Sicherheit für sich uns seine Ehegattin angekommen, hätte er zweifellos das Asylverfahren in der Slowakei, das gerade im "Anfangsstadium" war, abgewartet. Ginge es nur um die Erlangung von Asyl würde auch die doch erhebliche Summe von 1.000 Euro für den Bf als frustrierte Aufwendung anzusehen gewesen sein. Es ist davon auszugehen, dass der Schlepperlohn jedoch als "Eintrittspreis" in einen wirtschaftlich attraktiven Staat der Europäischen Union diente. Die Tatsache, dass die beiden Brüder des Bf in Österreich untergekommen sind, dürfte ausschlaggebend für die Wahl Österreichs als Zielland gewesen sein, da der Bf sich anscheinend hier den gewünschten Lebensstandard erhoffte. Aus den verschiedenen Niederschriften, die mit dem Bf und seiner Gattin aufgenommen wurden, geht eindeutig hervor, dass er auf keinen Fall in die Slowakei überstellt werden will. Von einer sozialen und beruflichen Integration kann im Falle des Bf nicht ausgegangen werden. Der Bf hat schon in der Vergangenheit – durch sein Untertauchen während des laufenden Asylverfahrens in der Slowakei – bewiesen, dass er nicht bereit ist, sich an die Rechtsordnung seines Gastlandes zu halten. Sohin sind die möglichen Maßnahmen im Rahmen gelinderer Mittel als nicht ausreichend zu sehen, um den Bf an einem Untertauchen zu hindern und die Durchführung der Abschiebung zu gewährleisten. Seit der Mitteilung über die Bereitschaft der Slowakei über die "Rückübernahme" des Bf und seiner Gattin besteht – der belangten Behörde folgend – ein extrem hoher Sicherheitsbedarf.

 

Es muss im Falle des Bf daher von einem hohen Sicherungsbedarf ausgegangen werden.

 

4.5. Die Verhängung der Schubhaft ist verhältnismäßig, denn dem Recht des Bf auf Schutz der persönlichen Freiheit steht das dieses überwiegende Interesse des Staates an einem geordneten Fremdenwesen und damit am Schutz und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung gegenüber. Um diese Ziele zu gewährleisten, war der Eingriff in das Recht des Bf auf den Schutz der persönlichen Freiheit notwendig.

 

4.6. Gemäß § 77 Abs. 1 FPG kann die Behörde von der Anordnung der Schubhaft Abstand nehmen, wenn sie Grund zur Annahme hat, dass deren Zweck durch die Anwendung gelinderer Mittel erreicht werden kann. Gegen Minderjährige hat die Behörde gelindere Mittel anzuwenden, es sei denn, sie hätte Grund zur Annahme, dass der Zweck der Schubhaft damit nicht erreicht werden kann. Auch vor Anordnung der Schubhaft gemäß § 76 Abs. 2 FPG hat die Fremdenbehörde auf § 77 Abs. 5 FPG Bedacht zu nehmen und darf die Schubhaft nur bei konkretem Sicherungsbedarf anordnen.

 

Wie oben dargestellt, besteht im Fall des Bf eindeutig ein konkreter Sicherungsbedarf, weshalb auch die Anwendung gelinderer Mittel auszuschließen war.

 

4.7. Soweit der Beschwerdeführer in der Verhängung der Schubhaft einen Verstoß gegen das Recht auf eine wirksame Beschwerde geltend macht, wird auf dieses Verfahren hingewiesen, wonach es ihm offensichtlich nicht verunmöglicht wurde, eine Schubhaftbeschwerde zu erheben. Auch kann im konkreten Fall nicht von einer Kollektivausweisung von Fremden und damit von einem Verstoß gegen Art. 4 4. ZPMRK gesprochen werden, weil die konkreten Verhältnisse des Beschwerdeführers geprüft und erwogen wurden.

 

4.8. Sofern in der Schubhaftverhängung ein Widerspruch zur Verordnung (EG) Nr. 1560/2003 gesehen wird, ist dem entgegen zu halten, dass im konkreten Fall, wie oben dargestellt, die Annahme gerechtfertigt ist, der Beschwerdeführer werde sich dem fremdenpolizeilichen Verfahren entziehen. Aus diesem Grund konnte auch nicht angenommen werden, dass der Asylwerber freiwillig ausreisen werde. Deshalb konnte auch kein gelinderes Mittel angewandt werden und die Verhängung einer Haft war unumgänglich.

 

4.9. § 80 Abs. 5 FPG bringt eindeutig zum Ausdruck, dass die Schubhaft bis zum Ablauf der vierten Woche nach rechtskräftiger Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz aufrecht erhalten werden kann, wenn die Schubhaft gemäß § 76 Abs. 2 leg. cit. verhängt wurde.

 

Im vorliegenden Fall ist unbestritten, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung durch den Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich, die Slowakei der Übernahme des Bf zugestimmt hat und somit eine rasche Durchführung der Abschiebung in die Slowakei, nach Eintritt der Durchführbarkeit der bereits erlassenen durchsetzbaren Ausweisungsentscheidung, als sichergestellt gilt. Der mit der Schubhaft intendierte Zweck ist somit innerhalb der Zweimonatsfrist des § 80 Abs. 2 FPG zu erreichen.

 

Zum Zeitpunkt der Entscheidung des Oö. Verwaltungssenates ist überdies noch nicht einmal die gemäß § 80 Abs. 2 FPG normierte Frist von zwei Monaten verstrichen, weshalb auf die Dauer der Anhaltung hier nicht weiter einzugehen ist.

 

Wie oben dargestellt, wurde die Schubhaft gemäß § 76 Abs. 2 Z. 2 FPG verhängt. Unter diesem Gesichtspunkt ist auch eine weitere Anhaltung bis zu dem im Gesetz normierten Zeitpunkt zulässig.

 

Im Ergebnis ist nach einer konkreten Einzelfallprüfung festzustellen, dass die Schubhaft gemäß § 76 Abs. 2 FPG zurecht erfolgte und auch eine weitere Anhaltung des Bf in Schubhaft rechtmäßig ist.

 

5. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Bund als Rechtsträger, für den die belangte Behörde eingeschritten ist, nach § 79a Abs. 1, Abs. 3 und Abs. 4 Z 3 AVG iVm. § 1 Z 3 und 4 der UVS-Aufwandsersatzverordnung (BGBl. II Nr. 334/2003) ein Aufwandersatz in Höhe von insgesamt 271,80 Euro (Vorlageaufwand: 51,50 Euro, Schriftsatzaufwand: 220,30 Euro) zuzusprechen.

 

Im Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13,20 Euro angefallen; ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Wolfgang Steiner

 

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