Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-150571/2/Re/Hue

Linz, 10.08.2007

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Werner Reichenberger über die Berufung der K M, L, S, vertreten durch Rechtsanwälte M & G, L, S, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Linz-Land vom 4. April 2007, Zl. BauR96-355-2005/Je, wegen einer Übertretung des Bundes­straßen-Mautgesetzes 2002 (BStMG) zu Recht erkannt:

 

 

I.                    Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

 

II.                  Die Berufungswerberin hat zusätzlich zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens einen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat in der Höhe von   80 Euro, d.s. 20 % der ausgesprochenen Geldstrafe, zu leisten.  

 

Rechtsgrundlage:

Zu  I.:  § 66 Abs.4 AVG iVm § 24 VStG.

Zu II.:  §§ 64 ff VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde über die Berufungswerberin (Bw) eine Geldstrafe von 400 Euro bzw. eine Ersatzfreiheitsstrafe von 34 Stunden verhängt, weil sie es als Lenkerin des Kfz mit dem polizeilichen Kennzeichen  zu vertreten habe, dass sie am 1. Mai 2005, 11.30 Uhr, die mautpflichtige A1 bei km 172.500, Raststation Ansfelden, benützt habe, ohne die zeitabhängige Maut ordnungsgemäß durch Anbringen einer Mautvignette am Kfz entrichtet zu haben. Am Kfz sei eine Mautvignette angebracht gewesen, welche abgelaufen gewesen sei.

 

2. In der Berufung wird vorgebracht, dass die Bw ohne ihr Verschulden um die Möglichkeit der Bezahlung der Ersatzmaut gebracht worden sei, da das Ersatzmautangebot in Verlust geraten sei. Die belangte Behörde stütze ihre Entscheidung auf den Aufsatz Wessely, "Zum Bundesstraßen-Mautgesetz 2002", ZVR 7/8 2004 und verweise auf VwGH 2001/08/0011 und 96/19/3393. Beide Erkenntnisse würden jedoch nicht auf Ersatzmautangebote sondern auf Zustellungen bzw. Hinterlegungen iSd Zustellgesetzes nehmen. Überdies komme der VwGH in diesen Erkenntnissen zum Ergebnis, dass dann, wenn die Unkenntnis einer Zustellung durch Hinterlegung nicht auf einem Verschulden des Empfängers beruhe, dies zur Grundlage eines Wiedereinsetzungsantrages gemacht werden könne. Eine vergleichbare Möglichkeit sei gegenständlich nicht eingeräumt worden, zumal auch die Frage des Verschuldens der Bw nicht übergangen hätte werden dürfen. Weiters habe das Unterbleiben eines Ersatzmautangebotes zur Folge, dass die Frist für die Bezahlung nicht in Gang gesetzt werde, sodass die Möglichkeit bestehe, gegebenenfalls die Ersatzmaut "fristgerecht" im Zuge des Strafverfahrens zu entrichten.

 

Beantragt wird die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens.

 

3. Aus dem Akt ist ersichtlich:

 

Dem Akt liegt eine Anzeige der ASFINAG vom 1. Mai 2005 zugrunde. Die Lenkeranzeige enthält den gegenständlichen Tatvorwurf. Demnach sei am Kfz lediglich eine abgelaufene Jahresvignette für das Jahr 2004 mit der Nr. 14406667 aufgeklebt gewesen.

 

Nach Strafverfügung vom 27. Juni 2005 rechtfertigte sich die Bw im Wesentlichen wie in der später eingebrachten Berufung, bestätigte ihre Lenkereigenschaft zur Tatzeit und brachte vor, dass am Kfz kein Ersatzmautangebot hinterlassen worden sei, was auch eine namentlich genannte Zeugin bestätigen könne. Zudem bestehe für die Bw ein Rechtanspruch auf eine Aufforderung zur Leistung der Ersatzmaut.

 

Einer zusätzlichen Stellungnahme der ASFINAG vom 15. September 2005 ist im Wesentlichen die Wiedergabe des Anzeigeninhaltes bzw. der Rechtslage zu entnehmen. Weiters erfolgte der Hinweis, dass am Kfz ein Ersatzmautangebot hinterlegt worden sei. Eine Kopie dieses Ersatzmautangebotes wurde als Beilage der Stellungnahme angeschlossen.   

 

Dazu äußerte sich die Bw im Wesentlichen wie in der bisherigen Rechtfertigung und beantragte die Anwendung der §§ 20 bzw. 21 VStG.

 

Der Akt schließt mit dem angefochtenen Straferkenntnis und der daraufhin eingebrachten Berufung.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

 

4.1. Gemäß § 10 Abs. 1 BStMG unterliegt die Benützung von Mautstrecken mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstes zulässiges Gesamtgewicht nicht mehr als 3,5 t beträgt, der zeitabhängigen Maut.

 

Gemäß § 11 Abs. 1 BStMG ist die zeitabhängige Maut vor der Benützung von Mautstrecken durch Anbringen einer Mautvignette am Fahrzeug zu entrichten.

 

Gemäß § 20 Abs. 1 BStMG ("Mautprellerei") begehen Kraftfahrzeuglenker, die Mautstrecken benützen, ohne die nach § 10 geschuldete zeitabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben, eine Verwaltungsübertretung und sind mit Geldstrafe von 400 Euro bis 4.000 Euro zu bestrafen.

 

§ 19 BStMG ("Ersatzmaut") bestimmt, dass in der Mautordnung für den Fall der nicht ordnungsgemäßen Entrichtung der Maut eine Ersatzmaut festzusetzen ist, die den Betrag von 300 Euro einschließlich Umsatzsteuer nicht übersteigen darf (Abs. 1).

Kann wegen einer von einem Organ der öffentlichen Aufsicht dienstlich wahrgenommene Verwaltungsübertretung gem. § 20 Abs. 1 keine bestimmte Person beanstandet werden, so ist nach Möglichkeit am Fahrzeug eine schriftliche Aufforderung zur Zahlung der  Ersatzmaut zu hinterlassen. Die Aufforderung hat eine Identifikationsnummer und eine Kontonummer zu enthalten. Ihr wird entsprochen, wenn die Ersatzmaut binnen zwei Wochen ab Hinterlassung der Aufforderung dem angegebenen Konto gutgeschrieben wird und der Überweisungsauftrag die automationsunterstützt lesbare, vollständige und richtige Identifikationsnummer enthält (Abs. 3).

 

Gemäß § 3 Bundesstraßengesetz 1971 gelten u.a. Parkflächen als Bestandteile der Bundesstraße.

 

Gemäß § 64 VStG ist in jedem Straferkenntnis und in jeder Entscheidung eines unabhängigen Verwaltungssenates, mit der ein Straferkenntnis bestätigt wird, auszusprechen, dass der Bestrafte einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu leisten hat (Abs. 1).

Dieser Beitrag ist für das Verfahren erster Instanz mit 10 % der verhängten Strafe, für das Berufungsverfahren mit weiteren 20 % der verhängten Strafe, mindestens jedoch mit je 1,50 Euro zu bemessen; bei Freiheitsstrafen ist zur Berechnung der Kosten ein Tag Freiheitsstrafe gleich 15 Euro anzurechnen. Der Kostenbeitrag fließt der Gebietskörperschaft zu, die den Aufwand der Behörde zu tragen hat (Abs. 2).

 

4.2. Unbestritten ist, dass die Bw gegenständlich die Lenkerin war, der gegenständliche Parkplatz mautpflichtig ist und am Kfz zum Zeitpunkt der Kontrolle – mithin zur vorgeworfenen Tatzeit – keine gültige Mautvignette angebracht war.

 

Die Bw behauptet, das Ersatzmautangebot (Zahlschein) an ihrem Fahrzeug nicht (mehr) vorgefunden zu haben. Der Unabhängige Verwaltungssenat geht zugunsten der Bw davon aus, dass die Zahlungsaufforderung ohne Verschulden der Bw in Verlust geraten war, sodass diese von ihr nicht Kenntnis nehmen konnte. Da dieser Sachverhalt vom Unabhängigen Verwaltungssenat nicht angezweifelt wird, war die Einvernahme der beantragten Zeugin entbehrlich.

In diesem Zusammenhang ist aber darauf hinzuweisen, dass weder dem Fahrzeuglenker noch dem Zulassungsbesitzer das Recht auf Übermittlung einer Aufforderung zur Zahlung einer Ersatzmaut zukommt und es sich bei den beiden Alternativen bei der Zustellung von Aufforderungen zur Zahlung der Ersatzmaut (mündlich oder schriftlich) um gleichwertige Alternativen handelt (vgl. dazu klarstellend die EB, 1262 Blg. NR 22 GP, Seite 5). Aus diesem Grund war auf die in der Begründung des angefochtenen Bescheides zitierte Wessely-Passage zum Bundesstraßen-Mautgesetz 2002, ZVR 7/8 2004, und die damit in Verbindung stehende Judikatur des Verwaltungsgerichthofes nicht mehr näher einzugehen, da somit feststeht, dass der von der Bw vermeinte Rechtsanspruch auf ein Angebot zur Entrichtung einer Ersatzmaut nicht besteht.

 

Die Tat ist daher der Bw in objektiver – und da keine Entschuldigungs­gründe ersichtlich sind – auch in subjektiver Hinsicht zuzurechnen. Im Zweifel ist zugunsten der Bw von Fahrlässigkeit auszugehen, nämlich in dem Sinne, dass ihr die Mautpflicht des gegenständlichen Parkplatzes nicht zu Bewusstsein kam bzw. sie über die Rechtslage nicht ausreichend informiert war.  

 

Zur Bemessung der Strafhöhe ist zu bemerken, dass ohnehin die gesetzlich vorgesehene Mindestgeldstrafe (und eine entsprechende Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt wurde. Mildernd wirkt lediglich die Unbescholtenheit. Überwiegende Milderungsgründe im Sinne des § 20 VStG sind nicht ersichtlich. Die Tat bleibt auch nicht so weit hinter dem deliktstypischen Unrechts- und Schuldgehalt zurück, dass eine Anwendung des § 21 Abs. 1 VStG gerechtfertigt wäre. Insbesondere ist der Schuldgehalt als nicht geringfügig anzusehen, da der Bw bei entsprechender Aufmerksamkeit die Mautpflicht des gegenständlichen Parkplatzes nicht entgehen hätte dürfen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichts­hof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Reichenberger

 

 

 

Beschlagwortung

Tatort; § 44a VStG

 

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