Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-162333/2/Sch/Bb/Sta

Linz, 13.08.2007

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Schön über die Berufung der Frau L H, geb. …,
P, H, vom 28.6.2007, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis vom 19.6.2007, Zl. VerkR96-831-2007 wegen einer Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO 1960), zu Recht erkannt:

 

I.                     Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II.                   Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrens­kosten­beiträge.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu  I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 und 45 Abs.1 Z1 VStG.

zu II.: §§ 64ff VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis vom 19.6.2007,   Zl.  VerkR96-831-2007, wurde der Berufungswerberin vorgeworfen, am 3.1.2007 um 12.49 Uhr als Lenkerin des Pkw, …, auf der B141 Rieder Straße bei km 29.050 im Ortsgebiet von Mehrnbach in Fahrtrichtung Ried im Innkreis die im Ortsgebiet erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h um 27 km/h überschritten zu haben. Sie habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 20 Abs.2 StVO begangen, weshalb über sie gemäß § 99 Abs.3 lit. a StVO eine Geldstrafe in Höhe von 90 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 26 Stunden) verhängt wurde. Überdies wurde die Berufungswerberin zu einem Kostenbeitrag zum Verfahren erster Instanz in der Höhe von 9 Euro verpflichtet.

 

2. Die Rechtsmittelwerberin erhob gegen dieses Straferkenntnisses binnen offener Frist die begründete Berufung vom 28.6.2007. Darin bestritt sie im Wesentlichen ihre Lenkereigenschaft und erklärte, nicht mitteilen zu können wer zur Tatzeit am Tatort ihr Fahrzeug gelenkt habe.

 

3. Der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis hat die Berufung samt Verwaltungsstrafakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates, wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsstrafakt der Erstinstanz.

Von der Durchführung einer öffentlicher mündlichen Berufungsverhandlung wurde abgesehen, weil bereits aus der Aktenlage ersichtlich ist, dass der angefochtene Bescheid aufzuheben ist (§ 51e Abs.2 Z1 VStG).

 

5. Für die Berufungsinstanz steht nachfolgender entscheidungswesentlicher Sachverhalt fest:

 

Laut entsprechender Anzeige der Landesverkehrsabteilung Oö. der Polizei vom 11.1.2007 wurde vom unbekannten Lenker des Pkw mit dem Kennzeichen … (D) am 3.1.2007 um 12.49 Uhr in Mehrnbach auf der B141 bei km 29.050 eine Geschwindigkeitsübertretung nach § 20 Abs.2 StVO begangen. Die Messung erfolgte mittels eines fix installierten Radargerätes.

Die Berufungswerberin war im gegenständlichen Zusammenhang die Zulassungsbesitzerin des angezeigten Kraftfahrzeuges.

Die Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis als Tatortbehörde erließ am 29.1.2007 eine Strafverfügung, mit welcher der Berufungswerberin die angezeigte Verwaltungsübertretung nach § 20 Abs.2 StVO vorgeworfen wurde. Dagegen erhob sie fristgerecht mit der Begründung Einspruch, dass sie nicht mitteilen könne, wer zu dem angegebenen Zeitpunkt auf der angegebenen Stelle der Lenker ihres Fahrzeuges gewesen sei. Sie bat gleichzeitig um die Zusendung des Radarfotos, um den Lenker festzustellen.

Von der Erstbehörde wurde als nächster Verfahrensschritt die Beischaffung des Radarfotos veranlasst, das aber zur Identifizierung des Fahrzeuglenkers     ungeeignet ist.

Daraufhin begehrte die Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis bei der Zulassungsbesitzerin des relevanten Kraftfahrzeuges bezogen auf den angezeigten Deliktszeitpunkt eine Lenkerauskunft gemäß § 103 Abs.2 KFG 1967. Seitens der Fahrzeughalterin wurde in der Folge  keine Lenkerauskunft erteilt.

Sodann erfolgte die Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme mit welcher der Berufungswerberin die Übertretung nach § 20 Abs.2 StVO weiterhin zur Last gelegt wurde sowie die Anzeige und das Radarfoto mit übersandt wurden. Auf diese Verständigung hat die Berufungswerberin wiederum nicht reagiert.

 

Am 23.3.2007 erließ die belangte Behörde das nunmehr angefochtene Straferkenntnis, welches in Bezug auf die Lenkereigenschaft ausführt, dass die Berufungswerberin als Zulassungsbesitzerin selbst das Fahrzeug gelenkt habe, zumal es im Rahmen der Mitwirkungspflicht ihre Aufgabe gewesen wäre, eine andere Person zu benennen, die das Fahrzeug gelenkt habe und dazu entsprechende Beweise anzubieten. Indem sie dies unterlassen habe, könne davon ausgegangen werden, dass sie selbst die Lenkerin gewesen sei.

Gegen dieses Straferkenntnis erhob die Berufungswerberin die eingangs angeführte Berufung vom 28.6.2007.

 

6. In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich wie folgt erwogen:

 

Gemäß § 20 Abs.2 StVO darf der Lenker eines Fahrzeuges im Ortsgebiet, sofern die Behörde nicht gemäß § 43 eine geringere Höchstgeschwindigkeit erlässt oder eine höhere Geschwindigkeit erlaubt, nicht schneller als 50 km/h fahren.

 

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist die Frage, wer ein bestimmtes Kraftfahrzeug gelenkt hat, grundsätzlich eine Frage der Beweiswürdigung (vgl. z.B. VwGH 29.3.1989, 88/03/0116). Dies setzt naturgemäß voraus, dass entsprechende Beweise vorliegen.

 

Im gegenständlichen Fall liegen derartige Beweismittel aber nicht vor, da weder ein Radarfoto vorhanden ist, das allenfalls eine Lenkeridentifizierung zuließe, noch eine Anhaltung stattgefunden hat, bei der der Fahrzeuglenker festgestellt worden wäre. Ferner finden sich im vorliegenden Verfahrensakt auch keinerlei Unterlagen, welche über die Tatsache hinaus, dass die Berufungswerberin Zulassungsbesitzerin des gegenständlichen Fahrzeuges war, einen Nachweis für ihre Lenkereigenschaft erbringen könnten.

 

Im vorliegenden Fall kann damit bloß mit Sicherheit festgestellt werden, dass es sich bei jenem Fahrzeug, welches zur vorgeworfenen Tatzeit im Bereich des vorgeworfenen Tatortes unterwegs war und dessen Geschwindigkeit gemessen wurde, um jenes handelt, dessen Zulassungsbesitzerin die Berufungswerberin ist.

 

Gestützt auf die Anzeige hat die Behörde erster Instanz gegen die Berufungswerberin eine Strafverfügung nach § 20 Abs.2 StVO erlassen. Von Gesetzes wegen bedarf es bei der Ergreifung eines Rechtsmittels gegen eine Strafverfügung keiner Begründung, die Berufungswerberin hat aber diese erste für sie sich bietende Möglichkeit (Einspruch) genutzt, um ihre Lenkereigenschaft in Abrede zu stellen. Zu diesem Zeitpunkt bestand keine Verpflichtung bekannt zu geben, wer den gegenständlichen Pkw am Tatort gelenkt hat.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinen Entscheidungen mehrfach ausgeführt, dass der Verfahrensgrundsatz, dass die Verwaltungsstrafbehörde von Amts wegen vorzugehen hat, die Partei nicht von der Verpflichtung befreit, zur Ermittlung des maßgeblichen Sachverhaltes beizutragen. Es entspricht ebenfalls der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass die Verwaltungsstrafbehörde ohne Verletzung von Verfahrensvorschriften aus dem Untätigbleiben des Zulassungsbesitzers im Verwaltungsstrafverfahren gegenüber dem Vorwurf eines bestimmten strafbaren Verhaltens im Rahmen ihrer freien Beweiswürdigung den Schluss ableiten kann, der Zulassungsbesitzer selbst sei der Täter gewesen, wobei es nicht relevant ist, ob es zu einer auf § 103 Abs.2 KFG 1967 gestützten Lenkeranfrage gekommen ist.

 

Mangels entsprechender Beweise ist aber im konkreten Fall nicht davon auszugehen, dass die Behörde erster Instanz auf Grund freier Beweiswürdigung zu ihrem Ergebnis gekommen ist.

Der Berufungswerberin kann weder der Vorwurf der Nichtmitwirkung bei der Ermittlung des maßgeblichen Sachverhaltes gemacht werden, wenn der Gesetzgeber die Einbringung eines Rechtsmittels (Einspruch) ohne Begründung für ausreichend erachtet, noch ist gegenständlich eine Verweigerung der Mitwirkung alleine damit zu begründen, dass die Berufungswerberin die Lenkerauskunft verweigert hat.

Zwar sieht die Bestimmung des § 103 Abs.2 KFG 1967 vor, dass im Falle einer Überlassung eines Kraftfahrzeuges durch den Zulassungsbesitzer entsprechende Aufzeichnungen zu führen sind, dieser Umstand kann jedoch im vorliegenden Verfahren betreffend das Grunddelikt nicht berücksichtigt werden.

Durch die Nichterteilung der verlangten Auskunft im Sinne des § 103 Abs.2 KFG 1967 hätte die Berufungswerberin im konkreten Fall wohl ein Delikt nach § 103 Abs.2 KFG 1967, das aber nicht verfahrensgegenständlich ist, zu verantworten.

 

Der alleinige Hinweis auf die Mitwirkungspflicht einer Partei in einem Verwaltungsstrafverfahren, auf welchen sich die Erstbehörde in der Begründung ihres Straferkenntnisses zurückgezogen hat, reicht nach Ansicht der Berufungsinstanz nicht aus, wenn ein Beschuldigter – wie dies auch die Berufungswerberin getan hat - von Anfang an die Täterschaft in Abrede stellt. Die Berufungswerberin hat von Beginn des Verfahrens an zum Ausdruck gebracht, dass es ihr nicht möglich sei, zu eruieren, wer das Fahrzeug gelenkt habe (vgl. dazu VwGH 16.11.1988, 88/02/0145). Vielmehr ist es Aufgabe der Behörde, den Nachweis der Täterschaft eines Beschuldigten zu erbringen, das heißt, dass er auf eine schlüssige Beweiswürdigung im Sinne des § 45 Abs.2 AVG gestützt werden kann.

 

Angesichts der nicht zu widerlegenden Verantwortung der Berufungswerberin und mangels eines Beweises für die Lenkereigenschaft der Berufungswerberin, konnte nicht mit der für im Strafverfahren erforderlichen Sicherheit von der Täterschaft der Berufungswerberin ausgegangen werden, weshalb der Berufung Folge zu geben und das Verwaltungsverfahren einzustellen war.

 

 

Zu II.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

S c h ö n

 

 

 

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