Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-230984/2/Gf/Mu/Ri

Linz, 13.08.2007

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Grof über die Berufung der H A, vertreten durch RA Dr. B, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshaupt­manns von Kirchdorf an der Krems vom 11. Juli 2007, Zl. Sich96-32-2007-Sk, wegen einer Übertretung des Fremdenpolizeigesetzes zu Recht erkannt:

 

I.    Der Berufung wird insoweit stattgegeben, dass das angefochtene Straf­erkenntnis aufge­hoben  wird.

 

II.   Die Berufungswerberin hat weder einen Beitrag zu den Kosten des Straf­verfahrens vor der belangten Behörde noch einen Kostenbeitrag für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungs­senat zu leisten.

 

Rechtsgrundlagen:

§ 24 VStG iVm. § 66 Abs. 4 AVG; § 66 Abs. 1 VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1.1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmanns von Kirchdorf vom 11. Juli 2007, Zl. Sich96-32-2007-Sk, wurde über die Rechtsmittelwerberin eine Geldstrafe in Höhe von 400 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 4 Tage) verhängt, weil sie sich seit dem 9. August 2004 als Fremde nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufge­halten habe, da ihre Aufenthaltsbewilligung nach einem mehr als sechs­jährigen stän­digen Aufenthalt in der Türkei mit ihrer Familie gegen­standslos geworden sei. Dadurch habe sie eine Übertretung des § 120 i.V.m. § 31 des Fremden­polizei­gesetzes, BGBl. Nr.I 100/2005 (im Folgenden: FPG), be­gangen, weshalb sie nach der erstgenannten Bestimmung zu bestrafen gewesen sei.

 

Begründend wurde dazu im Wesentlichen ausgeführt, dass der ihr zur Last gelegte Sachverhalt auf Grund des Ergebnisses des Ermittlungs­verfahrens als erwiesen anzusehen sei.

 

Im Zuge der Strafbemessung seien keine Milderungsgründe hervorgekommen, während ihre hartnäckige Weigerung, das Bundesgebiet freiwillig zu verlassen, als erschwerend zu werten gewesen sei. Ihre Einkommens-, Vermögens- und Familien­verhältnisse seien mangels entspre­chender Mitwirkung und unter Berücksichtigung, dass bekannt gewesen sei, dass ihr Gatte seit 12. April 2006 als Leasingarbeiter beschäftigt gewesen sei, von Amts wegen zu schätzen gewesen.

 

1.2. Gegen dieses ihr am 16. Juli 2007 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 27. Juli 2007 – und damit rechtzeitig – zur Post gegebene Berufung.

 

Darin bringt die Beschwerdeführerin vor, dass ignoriert worden sei, dass ihr bis zum Abschluss des noch anhängigen Verfahrens vor dem Verfassungs­gerichtshof, in dem die aus ihrer Sicht verfassungswidrige Bestim­mung des § 10 Abs. 3 Z. 4 des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes beseitigt werden soll, ein Aufenthaltsrecht zu komme. Im Übrigen sei die verhängte Strafe überhöht.

 

Aus diesen Gründen wird die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens, in eventu Erteilung einer bloßen Ermahnung beantragt.

 

2. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf zu Zl. Sich96-32-2007; da sich bereits aus diesem der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ, konnte im Übrigen gemäß § 51e Abs. 2 Z. 1 VStG von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

 

 

3. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

 

3.1. Gemäß § 120 Abs. 1 Z. 2 i.V.m. § 31 FPG begeht u.a. derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 2.180 Euro zu bestrafen, der sich als Fremder ohne gültigen Aufenthaltstitel und somit nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält.

 

Gemäß § 44a Z. 1 VStG muss der Spruch die als erwiesen angenommene Tat enthalten; eine in diesem Zusammenhang unabdingbare Voraussetzung ist nach der insoweit ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes die Festlegung der Tat­zeit und des Tatorts.

 

3.2.1 Diesem Erfordernis wird der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses nicht gerecht, weil es, wie es sich aus dem von der belangten Behörde vorgelegten Akt ergibt, für den Tag der Wiedereinreise in Österreich keine objektiv nachvollzieh­baren Feststellungen gibt.

 

In diesem Zusammenhang hat die Erstbehörde nämlich nur an Hand einer ZMR-Anfrage (aus der ersichtlich ist, dass die Rechtsmittelwerberin am 9. August 2004 ihren Wohnsitz in der Gemeinde Grünburg angemeldet hat) und auf Grund des Beschlusses des Verfassungsgerichtshofes vom 21. November 2006, Zl. B 1794/06-4 (mit dem ihrem Antrag, einer Beschwerde die aufschiebende Wirkung zukommen zu lassen, keine Folge gegeben wurde) geschlossen, dass die Beschwerdeführerin offenbar mit dem Tag der Meldungs­legung wieder nach Österreich zurückgekehrt ist.

 

Dem gegenüber hätte die belangte Behörde aber vielmehr zielgerichtet zu ermitteln gehabt, an welchem Tag die Beschwerdeführerin tatsächlich wieder ins Bundesgebiet eingereist ist (z.B. in dem sie Feststellungen darüber trifft, ob sie sich tatsächlich an der gemeldeten Wohnsitzadresse aufhält; im Zweifelsfall wäre sodann nur der Tag dieser Kontrolle als Tatzeitpunkt anzulasten gewesen).

 

3.2.2. Selbst wenn die zuvor aufgezeigten Mängel nicht bestanden hätten, wäre aber der Spruch des gegenständlichen Straferkenntnisses auch in Bezug auf § 44a Z. 2 VStG mangelhaft geblieben, weil jegliche formelle und inhaltliche Bezugnahme auf § 31 FPG fehlt.

 

In diesem Zusammenhang hat der Verwaltungsgerichtshof schon zur insoweit inhaltlich und systematisch vergleichbaren Vorgängerbestimmung des § 107 Abs. 1 Z. 4 des Fremdengesetzes, BGBl.Nr. I 75/1997 (im Folgenden: FrG), bereits mehr­fach ausge­sprochen, dass unter dem Aspekt des § 44a Abs. 1 VStG eine Bestrafung wegen unrechtmäßigen Aufenthalts im Bundesgebiet nur dann in Betracht kommt, wenn im Spruch des Straferkenntnisses sämtliche der im § 31 Abs. 1 FrG (nunmehr: § 31 Abs. 1 FPG) angeführten Voraussetzungen eines rechtmäßigen Aufenthalts nicht gegeben sind; im Spruch des Straferkenntnisses ist die als erwiesen ange­nommene Tat daher – um den Anforderungen des Konkretisierungsgebotes zu entsprechen – stets durch explizite Verneinung aller in § 31 Abs. 1 FPG genannten alternativen Voraussetzungen für eine Rechtmäßigkeit des Aufenthalts zu umschreiben (vgl. in diesem Sinne zuletzt z.B. VwGH vom 23. November 2004, Zl. 2003/21/0142, m.w.N.).

 

Im Ergebnis wurde damit aber der Beschwerdeführerin eine Tat angelastet, die sie jedenfalls so nicht begangen hat.

 

3.3. Der gegenständlichen Berufung war daher schon aus diesen formalen Gründen gemäß § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 VStG stattzugeben und das angefochtene Straf­erkenntnis aufzuheben. Eine entsprechende Spruchkorrektur – nämlich insbesondere wegen dessen Nichtentsprechung zu § 44a Z. 1 und Z. 2 VStG – kam hingegen schon von vornherein nicht in Betracht, weil der Oö. Verwal­tungssenat von Verfassungs wegen (vgl. Art. 129 ff B-VG) nicht (auch) als eine Anklage- und Ermittlungsbehörde, sondern ausschließlich als ein Kontrollorgan zu fungieren hat.

 

Im Hinblick auf die wegen der Anlastung eines Dauerdeliktes noch offene Verfolgsverjährungsfrist war andererseits aber auch eine Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens nicht zu verfügen; ob bzw. in welchem Umfang dieses Verfahren weitergeführt wird, hat vielmehr die belangte Behörde aus eigenem zu beurteilen.

 

4. Bei diesem Verfahrensergebnis war der Beschwerdeführerin nach § 66 Abs. 1 VStG weder ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch ein Kostenbeitrag für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat vorzuschreiben.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

Dr.  G r o f

 

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