Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-310308/3/Kü/Se

Linz, 09.08.2007

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine X. Kammer (Vorsitzende: Dr. Ilse Klempt, Berichter: Mag. Thomas Kühberger, Beisitzer: Dr. Leopold Wimmer) über die Berufung des Herrn J F, G, P, vom 23.11.2006, gegen Spruchpunkt 2. des Straferkenntnisses der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 21. Juni 2006, UR96-100-2006, wegen Übertretung des Abfallwirtschaftsgesetzes 2002 zu Recht erkannt:

 

  I.      Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II.      Der Berufungswerber hat keinen Kostenbeitrag zu leisten.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.:    § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z2 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr.52/1991 idgF.

zu II.: § 66 VStG

 

Entscheidungsgründe:

 

1.   Mit Spruchpunkt 2. des Straferkenntnisses der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 21. Juni 2006, UR96-100-2006, wurde über den Berufungswerber (im Folgenden: Bw) wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 37 Abs.1 iVm § 79 Abs.1 Z1 Abfallwirtschaftsgesetz 2002 (AWG 2002) eine Geldstrafe von 3.630 Euro, im Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 100 Stunden verhängt.

 

Dem Straferkenntnis liegt folgender Tatvorwurf zugrunde:

"Sie haben als Inhaber einer Gewerbeberechtigung für Abfallsammler und –verwerter nicht dafür gesorgt, dass die Vorschriften der Abfalltrennungsverordnung, des AWG, des AWG 2002 sowie der Gewerbeordnung eingehalten werden. Anlässlich einer Überprüfung der Betriebsanlage auf Grdst. Nr. …, KG. T, am 08.11.2005 wurde durch die Abteilung Umwelt- und Anlagentechnik des Landes folgendes festgestellt:

Auf der ehemaligen zur Kompostierung genutzten Fläche lagerte ein Gemisch von Grünschnitt, Shreddermaterial sowie Biotonnenabfälle mit einer Kubatur von ca. 250 m³ in Haufenschüttung. Diese Abfälle wiesen bereits starke Verpilzungen auf bzw. konnten bereits starke anaerobe Abbauvorgänge mit Sickerwasserbildung und starker Geruchsentwicklung festgestellt werden. Weiters lagerten ca. 10 m³ frisch angeliefertes Biotonnenmaterial auf dieser Fläche. Auf unbefestigter Fläche lagerten ein Gemisch aus Grünschnitt und ungehäckseltem Baum- und Strauchschnitt mit einer Gesamtkubatur von ca. 500 m³.

1) ...

2) Weiters wurde festgestellt, dass Sie keine Bewilligung für den Betrieb einer Kompostierungsanlage besitzen. Für die o.a. Manipulation von biogenen Abfällen wäre eine Bewilligung zum Betrieb einer Kompostierungsanlage erforderlich. "

 

Begründend wurde nach Darstellung der Rechtsgrundlagen ausgeführt, dass der im Spruch angeführte Sachverhalt anlässlich einer am 8.11.2005 durchgeführten unangekündigten Überprüfung durch Organe der Abteilung Umwelt- und Anlagentechnik, Umweltüberwachung, des Amtes der Oö. Landesregierung festgestellt worden und zur Anzeige gebracht worden sei. Aufgrund dieser Anzeige sei dem Bw der Sachverhalt nachweislich mit Aufforderung zur Rechtfertigung vom 13.2.2006 zur Kenntnis gebracht und ihm die Möglichkeit eingeräumt worden, entweder persönlich bei der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck zu erscheinen oder einen mit der Sachlage vertrauten, schriftlich bevollmächtigten, eigenberechtigten Vertreter zu entsenden oder sich schriftlich zu rechtfertigen. Gleichzeitig sei er darauf aufmerksam gemacht worden, dass das Strafverfahren ohne seine weitere Anhörung durchgeführt würde, wenn er von der Möglichkeit sich zu rechtfertigen keinen Gebrauch machen würde. Dieser Fall sei nun eingetreten, weshalb wie im Spruch angeführt zu entscheiden gewesen sei.

 

2.   Dagegen richtet sich die am 23.11.2006, gleichzeitig mit einem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand, eingebrachte Berufung. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 27. November 2006, UR96-100-2006, wurde dem Antrag des Bw auf Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand stattgegeben. Die Berufung vom 23.11.2006 ist somit als rechtzeitig anzusehen.

 

Begründend führt der Bw aus, dass er den Strauchschnitt im Herbst 2005 schreddern lassen habe und gleichzeitig mit der Firma V aus P die Abholung vereinbart habe, um die gesetzliche Frist von einer Woche nach dem Schreddern einhalten zu können, was auch immer pünktlich erledigt worden sei. Den Termin habe er mit einer Sekretärin vereinbart.

 

Weil nach einer Woche das Schreddergut noch immer nicht abgeholt worden sei, habe er nochmals bei der Firma V angerufen. Die Dame vom Büro habe ihm mitgeteilt, dass sie das Problem mit ihrem Chef abklären würde. Nach ein paar Tagen habe Herr V angerufen, dass er die Kompostierung eingestellt habe und kein Material übernehmen könne. Nach diesem Gespräch habe er sich nach anderen Firmen erkundigt, welche das Schreddermaterial und eventuell auch das Biotonnenmaterial übernehmen könnten. Die Firma N aus S habe ihm zugesagt, in den nächsten 14 Tagen das gelagerte Material abzuholen. Inzwischen sei von der Landesregierung eine Kontrolle gekommen und das Verfahren eingeleitet worden. Nach der Kontrolle habe, wie versprochen, innerhalb von 14 Tagen die Firma N das Material abgeholt. Die Entsorgungsscheine würde er der Behörde vorlegen.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat mit Schreiben vom 27. November 2006 die Berufung samt bezughabendem Verwaltungsstrafakt zur Entscheidung vorgelegt.

 

Da eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der Unabhängige Verwaltungssenat zur Entscheidung durch die nach der Geschäftsverteilung zuständige Kammer, bestehend aus 3 Mitgliedern, berufen (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme. Eine öffentliche mündliche Verhandlung konnte gemäß § 51e Abs.2 VStG entfallen, da bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass der mit der Berufung angefochtene Bescheid aufzuheben ist.

 

4.1. Folgender Sachverhalt steht fest:

Der Bw ist im Besitz einer gewerbebehördlichen Bewilligung für die Zwischenlagerung von bestimmten biogenen Materialien auf Grundstück Nummer …, KG T.

 

Am 8.11.2005 wurde von einem Sachverständigen der Abteilung Umwelt- und Anlagentechnik des Amtes der Oö. Landesregierung das Betriebsgelände des Bw unangekündigt überprüft. Dabei wurde festgestellt, dass die mit dem genannten Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck genehmigte Lagerhalle für biogene Abfälle noch nicht errichtet worden ist.

 

Im Zuge der Begehung wurde vom Sachverständigen festgestellt, dass auf einer ehemaligen zur Kompostierung genutzten Fläche ein Gemisch von Grünschnitt, Schreddermaterial und Biotonnenabfälle mit einer Kubatur von 250 m³ in Haufenschüttung gelagert war. Diese Abfälle haben bereits starke Verpilzungen aufgewiesen und konnten vom Sachverständigen starke anaerobe Abbauvorgänge mit Sickerwasserbildung und starker Geruchsentwicklung festgestellt werden. Außerdem sind 10 m³ frisch angeliefertes Biotonnenmaterial auf dieser Fläche gelagert gewesen.

 

Auf unbefestigter Fläche lagerte ein Gemisch aus Grünschnitt und ungehäckseltem Baum- und Strauchschnitt mit einer Gesamtkubatur von ca. 500 m³.

 

4.2. Dieser Sachverhalt ergibt sich aus dem im Akt einliegenden Befund des Sachverständigen vom 22. November 2005. Diese Feststellungen des Sachverständigen sind vom Bw nicht in Zweifel gezogen worden, sondern hat dieser die Situation damit erklärt, dass er die biogenen Materialien deshalb länger zwischenlagern musste, da von der Firma, die regelmäßig diese Abfälle abgenommen hat, die Kompostierung eingestellt wurde und daher diese Materialien nicht mehr übernommen wurden. Der Bw hatte daher eine andere Firma für die Übernahme dieser Materialien zu suchen und hat dies einige Zeit in Anspruch genommen, weshalb es zu den vom Sachverständigen beschriebenen Zwischenlagerungen biogener Materialien gekommen ist.

 

5.  Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

Gemäß § 37 Abs.1 AWG 2002 bedarf die Errichtung, der Betrieb und die wesentliche Änderung von ortsfesten Behandlungsanlagen der Genehmigung der Behörde.

 

Nach § 37 Abs.2 Z1 AWG 2002 unterliegen der Genehmigungspflicht gemäß Abs.1 nicht, Behandlungsanlagen zur ausschließlichen stofflichen Verwertung von nicht gefährlichen Abfällen, sofern sie der Genehmigungspflicht gemäß §§ 74 ff GewO 1994 unterliegen.

 

In der Regierungsvorlage zum Abfallwirtschaftsgesetz 2002 (Nummer 984 der Beilagen zu den stenografischen Protokollen des Nationalrates XXI. GP) werden als Beispiele für Behandlungsanlagen zur ausschließlich stofflichen Verwertung die gemäß § 37 Abs.2 AWG 2002 von der Genehmigungspflicht ausgenommen sind auch Kompostanlagen genannt, sofern in diesen Anlagen ausschließlich die Verarbeitung von Materialien der Anlage 1, Teil 1 und Teil 4 der Kompostverordnung, BGBl. II Nr. 2292/2001, erfolgt.

 

In Anlage 1, Teil 1, Tabelle 1, der Kompostverordnung werden als zulässige Ausgangsmaterialien für die Herstellung von Qualitätskompost organische Abfälle aus dem Garten und Grünflächenbereich genannt. Darunter fallen unter anderem Gras- und Rasenschnitt, Laub, Strauchschnitt, Baumschnitt und Häckselgut. Weiters sind in dieser Tabelle auch pflanzliche Abfälle, wie insbesondere solche aus der Zubereitung von Nahrungsmitteln (darunter fallen Obst, Gemüse, Getreide, Tee- und Kaffeesud, pflanzliche Speisereste), tierische Abfälle (darunter fallen Eierschalen, tierische Speisereste, verdorbene Lebensmittel tierischer Herkunft) und organische Rückstände aus der gewerblichen, landwirtschaftlichen und industriellen Erzeugung, Verarbeitung und dem Vertrieb von land- und forstwirtschaftlichen Produkten genannt. Entsprechend Anlage 1, Teil 5 der Kompostverordnung stellen biogene Abfälle den Sammelbegriff für Materialen der Anlage 1, Teil 1, Tabelle 1 Kompostverordnung dar.

 

Den Feststellungen des Sachverständigen zufolge, wurden am 8.11.2005 auf der Zwischenlagerfläche des Bw ein Gemisch von Grünschnitt, Schreddermaterial – hier handelt es sich um Häckselmaterial aus Baum- und Strauchschnitt – sowie Biotonnenabfälle in einer Kubatur von 250 m³ vorgefunden. Derartige Abfälle sind den biogenen Abfällen, welche in Anlage 1, Teil 1, Tabelle 1 der Kompostverordnung genannt sind, zuzuordnen. Entsprechend der Regierungsvorlage zum AWG 2002 ist davon auszugehen, dass Kompostanlagen, in denen ausschließlich derartige Materialien einer stofflichen Verwertung zugeführt werden, von der Genehmigungspflicht nach § 37 Abs.1 AWG 2002 ausgenommen sind, wenn sie gewerblich betrieben werden.

 

Aufgrund des Umstandes, dass dem Bw von der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck mit Bescheid vom 17.2.2005, Ge20-27-14-03-2005, die gewerbebehördliche Genehmigung für die Zwischenlagerung von gewissen biogenen Materialien erteilt wurde, ist unzweifelhaft davon auszugehen, dass eine allfällige Kompostierungsanlage auch den Vorschriften der §§ 74 ff Gewerbeordnung 1994 unterliegen würde. Dies bedeutet aber andererseits, dass für den Fall, dass die vorgefundene Zwischenlagerung von Grünschnitt, Schreddermaterial und Biotonnenmaterial als Kompostierungsanlage anzusehen ist, diese jedenfalls nicht der Bewilligungspflicht nach § 37 Abs.1 AWG 2002 unterliegt, sondern den Ausnahmetatbestand des § 37 Abs.2 Z1 AWG 2002 erfüllt. Der Tatvorwurf der Erstinstanz, wonach der Bw eine nach dem AWG 2002 bewilligungspflichtige Kompostierungsanlage ohne entsprechende Bewilligung betrieben hat, geht somit ins Leere.

An dieser Stelle ist anzumerken, dass für den Fall, dass eine Kompostierungsanlage vom Bw nicht gewerblich betrieben würde, diese auch nicht der Genehmigungspflicht nach § 37 Abs.1 AWG 2002, sondern einem vereinfachten Genehmigungsverfahren nach § 37 Abs.3 Z3 AWG 2002 zu unterziehen wäre, da aufgrund der vorgefundenen Mengen sicherlich nicht davon auszugehen ist, dass mehr als 10.000 Tonnen/Jahr an biogenen Abfällen kompostiert werden.

 

Zum gegenständlichen Sachverhalt ist weiters zu bemerken, dass die vom Sachverständigen vorgefundene Situation nicht darauf hindeutetet, dass vom Bw eine Kompostierung der vorgefundenen Materialien durchgeführt wird.

 

Gemäß § 3 Z1 Kompostverordnung ist Kompostierung die gesteuerte exotherme biologische Umwandlung abbaubarer organischer Materialien in ein huminstoffreiches Material mit mindestens 20 Masseprozent organischer Substanz. Vom Sachverständigen wurde am 8.11.2005 festgestellt, dass Grünschnitt, Häckselgut und Biotonnenmaterial in unsachgemäßer Weise zwischengelagert werden, wobei die unsachgemäße Weise sich vorwiegend auf die zeitliche Komponente bezieht, da bereits starke anaerobe Abbauvorgänge mit Sickerwasser­bildung und starker Geruchsentwicklung festgestellt werden konnten. Die vorgefundene Situation lässt allerdings nicht den Schluss zu, dass es sich hierbei um eine gesteuerte biologische Umwandlung handeln soll, weshalb gegenständlich von keiner Kompostierung, sondern von einer unsachgemäßen Zwischenlagerung auszugehen ist. Auch unter diesem Gesichtspunkt ist daher der gegenständliche Tatvorwurf als verfehlt anzusehen.

 

Insgesamt ist daher davon auszugehen, dass der Bw die ihm angelastete Verwaltungsübertretung nicht begangen hat, weshalb das gegenständliche Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen war.

 

6. Da das gegenständliche Strafverfahren einzustellen war, entfällt gemäß § 66 Abs.1 VStG damit auch die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsge­richts­hof erhoben werden; diese muss von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

Dr. Ilse Klempt

 

 

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum