Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-420326/25/Gf/Ka

Linz, 16.06.2003

VwSen-420326/25/Gf/Ka Linz, am 16. Juni 2003 DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Grof über die Beschwerde der F, vertreten durch die RAe Dr. RG, wegen der Berufung gegen eine Betriebsschließung durch den Bürgermeister der Stadt Linz am 16. November 2001 zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird insoweit stattgegeben, als die Rechtswidrigkeit dieser Betriebsschließung festgestellt wird.

II. Der Antrag der Beschwerdeführerin auf Kostenersatz wird als unzulässig zurückgewiesen.

Rechtsgrundlage:

§ 359a GewO i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG; § 74 Abs. 1 AVG.

Entscheidungsgründe:

1.1. In ihrer am 28. Dezember 2001 - und damit rechtzeitig - sowohl unmittelbar beim Oö. Verwaltungssenat als auch per Post eingebrachten, dezidiert auf Art. 129a Abs. 1 Z. 2 B-VG i.V.m. § 67a Abs. 1 Z. 2 AVG gestützten Beschwerde bringt die Rechtsmittelwerberin vor, dass am 16. November 2001 im Rahmen einer Fachmesse von Organen des Bürgermeisters der Stadt Linz ihr Messestand für geschlossen erklärt, die Stromzufuhr abgeschaltet und ein Computer und ein Laptop versiegelt worden sei; dadurch sei ihr die weitere Ausübung des Gewerbes faktisch verunmöglicht worden.

Da in der Folge auch kein Bescheid erlassen worden sei, sei sie durch diese Maßnahme in ihrem Grundrecht auf Erwerbsfreiheit sowie in ihrem durch § 360 Abs. 2 GewO gewährleisteten Recht verletzt worden.

Daher wird die kostenpflichtige Feststellung der Rechtswidrigkeit dieser Maßnahme beantragt.

1.2. Die belangte Behörde wendet dagegen unter Vorlage des bezughabenden Verwaltungsaktes in ihrer Gegenschrift ein, dass es sich im vorliegenden Fall nicht um eine Schließung gemäß § 360 Abs. 2 der Gewerbeordnung, BGBl.Nr. 194/1994, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. I 88/2000 (im Folgenden: GewO), sondern um eine solche nach § 360 Abs. 3 GewO gehandelt habe und diese gesetzmäßig durchgeführt worden und sohin auch nicht rechtswidrig gewesen sei.

Deshalb wird die kostenpflichtige Zurück- bzw. Abweisung der Beschwerde beantragt.

2. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt des Magistrates Linz zu Zl. 330137677; da sich bereits aus diesem in Verbindung mit dem Parteienvorbringen der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ und mit der gegenständlichen Beschwerde lediglich eine unrichtige rechtliche Beurteilung geltend gemacht wird, konnte im Übrigen von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

3. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

3.1. Gemäß § 360 Abs. 3 GewO hat die Behörde dann, wenn eine Übertretung des § 366 Abs. 1 Z. 1 GewO (unbefugte Gewerbeausübung) offenkundig ist, ohne vorausgegangenes Verfahren und vor Erlassung eines Bescheides den gesamten nicht der Rechtsordnung entsprechenden Betrieb zu schließen. Hierüber ist binnen eines Monats ein schriftlicher Bescheid zu erlassen, widrigenfalls die getroffene Maßnahme als aufgehoben gilt.

3.2. Im gegenständlichen Fall ist strittig, ob es in diesem Sinne für die einschreitenden Organe offenkundig war, dass eine unbefugte Gewerbeausübung durch die Beschwerdeführerin vorlag.

3.2.1. Diesbezüglich steht allseits unbestritten fest, dass gegenüber der Rechtsmittelwerberin bereits mit Bescheid des Bürgermeisters der Stadt Linz vom 10. April 2001 eine Betriebsschließung gemäß § 360 Abs. 3 GewO angeordnet wurde, weil diese das Bauträgergewerbe ohne die hiefür erforderliche Berechtigung ausgeübt hat; der dagegen erhobenen Berufung wurde mit Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 23. November 2001, Zl. Ge-442693/7-2001-Pan/Neu, keine Folge gegeben.

3.2.2. Davon ausgehend bringt die belangte Behörde vor, dass die am 16. November 2001 einschreitenden Organe sohin mit guten Gründen davon ausgehen hätten können, dass die Beschwerdeführerin nach wie vor das Bauträgergewerbe offenkundig bewilligungslos ausübt.

Im Übrigen sei über diese Maßnahme aber auch fristgerecht ein Bescheid - nämlich jener vom 28. November 2001, Zl. 100-1-1-330137677 - erlassen worden.

3.2.3. Hinsichtlich des letzteren Argumentes hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 8. Mai 2002, Zl. 2002/04/0020-5, ausgesprochen, dass dieser Bescheid vom 28. November 2001 mangels eines Hinweises auf ein weiterhin aufrechtes Vollmachtsverhältnis nicht (mehr) jenen Rechtsvertretern, die die Beschwerdeführerin noch in dem mit Bescheid vom 30. April 2001, Zl. 101-1-330126267 abgeschlossenen Verfahren vertreten hatten, hätte zugestellt werden dürfen.

Es ist daher davon auszugehen, dass im gegenständlichen Fall entgegen der Anordnung des § 360 Abs. 3 GewO nicht binnen eines Monats der erforderliche schriftliche Bescheid erlassen wurde.

3.2.4. Die für einen solchen Fall resultierenden Fehlerfolge ergibt sich dabei aber schon unmittelbar aus dem Gesetz, und zwar in dem Sinne, dass die getroffene Maßnahme - i.e.: die Betriebsschließung - ex lege ausser Kraft tritt.

Damit wird jedoch nur eine Anordnung bezüglich der Wirksamkeit des Eingriffes - nämlich derart, dass diese ex nunc wieder wegfällt -, nicht jedoch auch hinsichtlich der Frage seiner Rechtmäßigkeit getroffen; insbesondere findet sich kein Anhaltspunkt dafür, dass diese deshalb als ex ante rechtswidrig anzusehen ist.

3.2.5. Im h. Erkenntnis vom 19. Juni 2002, Zl. VwSen-420326/15/Gf/Km, hat der Oö. Verwaltungssenat die Auffassung vertreten, dass die Nichtzustellung des in § 360 Abs. 3 GewO vorgesehenen Bescheides im gegenständlichen Fall nichts daran ändere, dass die einschreitenden Organe auf Grund des Schließungsbescheides vom 10. April 2001 zum Zeitpunkt der Setzung ihrer Maßnahme am 16. November 2001 davon ausgehen konnten, dass die Rechtsmittelwerberin das Bauträgergewerbe offenkundig nach wie vor bewilligungslos ausübte. Dem Umstand, dass damals über die Berufung noch nicht entschieden war, kam in diesem Zusammenhang keine Bedeutung zu, weil diese mangels Eingriffes in eine bestehende Rechtsposition (vgl. § 127 GewO) a priori keine aufschiebende Wirkung gehabt hatte.

Daher wurde die gegenständliche Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

3.2.6. Der dagegen erhobenen Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 23. April 2003, Zl. 2002/04/0112-6 - nachdem er die Zuständigkeit des Oö. Verwaltungssenates im gegenständlichen Fall nicht als auf Art. 129a Abs. 1 Z. 2 B-VG, sondern als auf § 359a GewO in der Fassung BGBl.Nr. 65/2002 (die erst am 1. August 2002, also rd. 11/2 Monate nach Erlassung des h. Ersatzbescheides in Kraft getreten ist !) gegründet angesehen hat - im Wesentlichen mit der Begründung stattgegeben, dass hier die Offenkundigkeit einer Übertretung nicht mit der "Bindungswirkung" des Schließungsbescheides vom 10. April 2001 begründet werden könne, weil dessen "Verbindlichkeit" erst mit seiner Unanfechtbarkeit eintrete (wobei diese offenkundige Verwechslung von Verbindlichkeit und Wirksamkeit eines Bescheides mit einem Literaturzitat von R. Walter u. H. Mayer [Grundriss des österreichischen Verwaltungsverfahrensrechtes, 7. Auflage, Wien 1999, RN 471] zu begründen versucht wird, die zwar an der bezogenen Stelle tatsächlich - für den Regelfall - ausführen, dass die Verbindlichkeit eines Bescheides mit seiner Unanfechtbarkeit eintritt, dort aber gleichzeitig auch darauf hinweisen, dass in Fällen, wo einer Berufung - wie hier mangels Eingriffes des Bescheides in eine bestehende Rechtsposition keine aufschiebende Wirkung zukommt, der Bescheid bereits unmittelbar mit seiner Erlassung wirkt; vgl. in diesem Sinne auch J. Hengstschläger, Verwaltungsverfahrensrecht, Wien 2002, RN 494 ff, inbes. 497, sowie die bei W. Hauer - O. Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 5. Auflage, Wien 1996, S. 522 ff angeführte Judikatur des VwGH).

3.2.7. Dessen ungeachtet ist der Oö. Verwaltungssenat gemäß § 63 Abs. 1 VwGG bei der Erlassung des nunmehrigen Ersatzbescheides an die im vorangeführten Erkenntnis geäusserte Rechtsansicht des Verwaltungsgerichtshofes gebunden.

Dies bedeutet, dass jetzt davon auszugehen ist, dass die belangte Behörde im Zeitpunkt der Setzung ihrer Maßnahme - da andere Anhaltspunkte als der Schließungsbescheid vom 10. April 2001 für eine derartige Sichtweise nicht vorlagen - nicht davon ausgehen konnte, dass i.S.d. § 360 Abs. 3 GewO eine offenkundige Übertretung des § 366 Abs. 1 Z. 1 GewO (unbefugte Gewerbeausübung) vorlag.

Die Betriebsschließung war daher rechtswidrig, was der Oö. Verwaltungssenat gemäß Art. 129a Abs. 1 Z. 3 B-VG i.V.m. § 359a GewO und § 66 Abs. 4 AVG festzustellen hatte.

4. Da es sich im gegenständlichen Verfahren nach dem vorangeführten Erkenntnis des VwGH nicht um ein auf Art. 129a Abs. 1 Z. 2 B-VG basierendes Maßnahmenbeschwerde-, sondern um ein Berufungsverfahren i.S.d. Art. 129a Abs. 1 Z. 3 B-VG handelt, kommt demnach die Kostenersatzregelung des § 79a AVG von vornherein nicht zum Tragen, weshalb der dementsprechende Antrag der Beschwerdeführerin im Hinblick auf § 74 Abs. 1 AVG unzulässig und daher zurückzuweisen war.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

Dr. G r o f

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