Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-510039/10/Br

Linz, 12.04.1999

VwSen-510039/10/Br  Linz, am 12. April 1999

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch die 2. Kammer (Vorsitzender: Dr. Langeder, Berichter: Dr. Bleier, Beisitzer: Dr. Guschlbauer) über die Berufung des Herrn H, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 30. Dezember 1998, VerkR-280-563/8-1998-G/Re, betreffend die Abweisung des Ansuchens um Befreiung vom Erfordernis eines in Österreich gültigen Reifezeugnisses, nach der am 12. April 1999 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung zu Recht:

Der Berufung wird keine Folge gegeben; der angefochtene Bescheid wird im Ergebnis bestätigt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, 67a Abs.1 Z1 AVG idF BGBl.Nr. 158/1998 und § 116 Abs.2 Kraftfahrgesetz 1967 - KFG idF BGBl.Nr.146/1998.

Entscheidungsgründe:

1. Der Berufungswerber hat mit Eingabe vom 12. November 1998 um Befreiung vom Erfordernis eines in Österreich gültigen Reifezeugnisses zur Erlangung der Fahrschullehrerberechtigung angesucht.

Dieses Ansuchen hat der Landeshauptmann von Oberösterreich mit dem eingangs zitierten Bescheid im wesentlichen mit der Begründung abgewiesen, daß der Berufungswerber (nur?) eine Fahrlehrertätigkeit in der Zeit von 1.2.1991 bis 30.11.1995 und ab 2.12.1996 bei der Fahrschule I in Kremsmünster nachweisen könne. Es ermangele ihm dadurch der gesetzlichen Voraussetzung iSd § 116 Abs.2 KFG 1967, weil die Tätigkeit als Fahrlehrer während "der letzten fünf Jahre vor der Antragstellung " somit nicht vorliege.

2. Gegen diesen abweisenden Bescheid der belangten Behörde hat der Berufungswerber rechtzeitig Berufung durch seine ag. Rechtsvertreter erhoben und zu deren Begründung in der Sache vorgebracht:

"Mit Eingabe vom 12.11.1998 hat der Berufungswerber im Sinne des § 116 Abs.2 KFG 1967 um Befreiung vom Erfordernis des Besitzes eines in Österreich gültigen Reifeprüfungszeugnisses als Voraussetzung zur Erlangung der Berechtigung als Fahrschullehrer angesucht.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde dieses Ansuchen vom 12.11.1998 abgewiesen und die Abweisung damit begründet, daß der Berufungswerber die in § 116 Abs. 2 KFG 1967 erforderliche Tätigkeit als Fahrlehrer während der letzten 5 Jahre vor Antragstellung nicht nachweisen könne.

Richtig ist, daß § 116 Abs. 2 KFG 1967 i.d.g.F. vorsieht, daß der Landeshauptmann auf Antrag vom Erfordernis des Besitzes eines in Österreich gültigen Reifezeugnisses befreien kann, wenn unter anderem der Antragsteller während der letzten 5 Jahre vor der Einbringung des Antrages als Fahrlehrer tätig war.

Der Gesetzgeber hat daher offensichtlich bei der Gesetzgebung folgende Überlegungen angestellt:

Der Beruf des Fahrschullehrers ist ein besonders Verantwortungsvoller. Der Fahrschullehrer unterrichtet an einer Fahrschule im theoretischen und praktischen Bereich und bildet die zukünftigen Straßenverkehrsteilnehmer aus. Der Gesetzgeber ist daher davon ausgegangen, daß ein gewisses Mindestmaß an Allgemeinbildung bzw. an Bildung bei einem Fahrschullehrer vorhanden sein muß, um dieser verantwortungsvollen Tätigkeit überhaupt nachgehen zu können. Dem ist vom Gesetzeszweck mit Sicherheit beizupflichten.

Der Gesetzgeber hat aber gleichzeitig im Absatz 2 des § 116 KFG 1967 i.d.g.F. normiert, daß das Erfordernis des Reifezeugnisses dadurch ersetzt werden kann, daß die Tätigkeit als Fahrlehrer in den letzten 5 Jahren nachgewiesen wird. Der Gesetzgeber ist davon ausgegangen, daß die 5-jährige Tätigkeit als Fahrlehrer der Ablegung eines Reifezeugnisses (Matura) gleichzusetzen ist. Dabei hatte offensichtlich der Gesetzgeber vor Augen, daß eine 5-jährige Tätigkeit als Fahrlehrer ein derartiges Wissen und eine derartige ebenfalls verantwortungsvolle Tätigkeit mit sich bringt, daß der jeweilige Fahrlehrer bzw. im gegenständlichen Fall der Antragsteller auch in der Lage ist, seine verantwortungsvolle Tätigkeit als Fahrschullehrer durchzuführen. Im gegenständlichen Fall kann der Berufungswerber nachweisen, daß er insgesamt sieben Jahre als Fahrlehrer in der Fahrschule I M in Kremsmünster tätig gewesen ist. Es ist lediglich der Umstand gegeben, daß diese Tätigkeit ein Jahr unterbrochen war (die Dauer der Unterbrechung ist bei den genannten sieben Jahren berücksichtigt), kann jedoch bei teleologischer Auslegung der genannten Gesetzesstelle keine Bedeutung haben. Dessen ungeachtet wird darauf hingewiesen, daß bei Wechsel des Arbeitgebers verschiedener Fahrlehrer immer wieder dieser Umstand der Unterbrechung der Tätigkeit als Fahrlehrer bis zur Auffindung eines neuen Arbeitgebers keine negativen Auswirkungen wie im Sinne des angefochtenen Bescheides gehabt hat.

Im Sinne des Gleichbehandlungsgrundsatzes, der im B-VG normiert ist, wäre daher auch im gegenständlichen Fall so zu verfahren, daß aufgrund der insgesamt vorliegenden Zeit des Berufungswerbers als Fahrlehrer von sieben Jahren daher das Erfordernis des § 116 Abs. 2 KFG hinsichtlich der Dauer seiner Tätigkeit als Fahrlehrer von 5 Jahren als gegeben anzusehen ist.

Die übrigen Voraussetzungen des § 116 Abs.2 KFG 1967 i.d.g.F. liegen offensichtlich ohnedies vor, weil der Antrag des Berufungswerbers nur aus den genannten Gründen im Bescheid vom 30.12.1998 abgewiesen wurde.

Es wäre daher bei richtiger Auslegung der Gesetzesstelle dem Antrag des Berufungswerbers auf Befreiung vom Erfordernis des Besitzes eines in Österreich gültigen Reifeprüfungszeugnisses als Voraussetzung zur Erlangung der Berechtigung als Fahrschullehrer stattzugeben gewesen.

Es wird daher gestellt der

A n t r a g

der UVS als Berufungsbehörde möge den Bescheid des Landeshauptmannes für Oberösterreich vom 30.12.1998, AZ: VerkR-280.563/8-1998-G/Re, aufheben und dem Berufungswerber die Befreiung vom Erfordernis des Besitzes eines in Österreich gültigen Reifeprüfungszeugnisses als Voraussetzung zur Erlangung der Berechtigung als Fahrschullehrer erteilen.

K am 22.1.1999 D "

3. Gemäß Art. 129a Abs.1 Z3 B-VG iVm § 67a Abs.1 Z1 AVG und § 123 KFG 1967 hat der unabhängige Verwaltungssenat durch die nach der Geschäftsverteilung zuständige Kammer zu erkennen. Die diese Zuständigkeit begründende Verwaltungsvorschrift gründet im Kraftfahrgesetz, BGBl.Nr. 267/1967, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 146/1998.

4. Folgender Sachverhalt ist erwiesen:

Die Berechtigung als Fahrlehrer, nämlich für die Gruppen A, B, C, E, F praktischen Fahrunterricht in einer Fahrschule erteilen zu dürfen, wurde dem Berufungswerber erstmals mit Bescheid der belangten Behörde vom 9. April 1991, VerkR-19.586/6-1991-I/HZ erteilt.

Ebenfalls ergibt sich aus der Aktenlage, daß diese Berechtigung mit dem Bescheid der belangten Behörde vom 1.12.1995, Zl VerkR-280.563/1-1995/Gb, wegen einer Übertretung nach § 5 Abs.1 iVm § 99 Abs.1 lit.a StVO - wegen fehlender Vertrauenswürdigkeit im Sinne des § 109 Abs.1 lit.b KFG 1997 - für die Dauer eines Jahres entzogen wurde und mit Bescheid vom 31.10.1996, Zl. VerkR-280.563/3-1996/Kap, wieder erteilt wurde.

Der Nachweis des ebenfalls als Bewilligungsvoraussetzung normierten "guten Erfolges" der bisherigen Ausübung der Fahrlehrertätigkeit sowie das Vorliegen eines Bedarfes an Fahrschullehrern wird von der belangten Behörde nicht in Frage gestellt. Ersteres steht auch im Lichte des Ergebnisses des Berufungsverfahrens zweifelsfrei fest.

Aus der Aktenlage und insbesondere aus den Angaben des zeugenschaftlich einvernommenen Arbeitgebers des Berufungswerbers ergibt sich, daß Letzterer in den oben angeführten Zeiträumen bei I mit gutem Erfolg als Fahrlehrer tätig gewesen ist. Insbesondere bekundet der Arbeitgeber ein Interesse an der Beschäftigung des Berufungswerbers auch als Fahrschullehrer.

Die Erstbehörde ging in ihrem Bescheid auf die Frage eines bestehenden Mangels an Fahrschullehrern in ihrem örtlichen Wirkungsbereich nicht ein. Sie begnügte sich offenbar mit den kursorischen Angaben der Wirtschaftskammer im Schreiben vom 23.11.1998, worin das Nachsichtsersuchen befürwortet wurde. Darin wird lediglich ausgeführt, "es würden von Fahrschulen immer wieder hauptberufliche Fahrschullehrer gesucht." Daraus kann nicht schlüssig ein Bedarf in dieser Berufsgruppe abgeleitet werden.

Eine Nachfrage beim AMS (Arbeitsmarktservice) hat jedoch ergeben, daß mit Stichtag 25. Februar 1999 in Oberösterreich insgesamt zehn Fahrschullehrer (fünf davon mit einer Wiedereinstellungszusage) arbeitslos gemeldet waren.

Dem trat der Berufungswerber in der öffentlichen mündlichen Verhandlung nicht entgegen. Er vermeinte dazu im Ergebnis, daß der Bedarf auf den einzelnen Fahrschulbetrieb bezogen zu beurteilen wäre. Im übrigen verwies er, so wie auch die Erstbehörde, auf die bisherigen Ausführungen.

Dem Berufungswerber ist sowohl seine fachlich gute Eignung wie als auch die bestehende Neigung seines Dienstgebers, ihn als Fahrschullehrer einsetzen zu wollen, zu glauben. Damit wird jedoch ein bestehender Mangel an Fahrschullehrern nicht belegt. Vielmehr ist von der Tatsache eines Überangebotes an Fahrschullehrern in Oberösterreich auszugehen.

5. Der Oö.Verwaltungssenat hat erwogen:

Gemäß § 116 Abs.2 KFG 1967 kann der Landeshauptmann auf Antrag vom Erfordernis des Besitzes eines in Österreich gültigen Reifezeugnisses befreien, wenn der Antragsteller während der letzten 5 Jahre vor der Einbringung des Antrages als Fahrlehrer tätig war und einen guten Erfolg nachweisen kann und wenn im örtlichen Wirkungsbereich des Landeshauptmannes, bei dem er um die Erteilung der Fahrschullehrerberechtigung angesucht hat, ein Mangel an Fahrschullehrern besteht. Eine aufgrund dieser Befreiung erteilte Fahrschullehrerberechtigung gilt nur für das Bundesland, dessen Landeshauptmann sie erteilt hat.

Der klare Wortlaut der obigen Gesetzesbestimmung läßt eine Auslegung des Bedarfes aus der bloßen Perspektive des Arbeitgebers eines Nachsichtwerbers nicht zu. Die Erteilung der Nachsicht von den Voraussetzungen der schulmäßigen Voraussetzungen darf nur dann erfolgen, wenn ein Mangel an Fahrschullehrern besteht (siehe auch die Gesetzesmaterialien zur Stammfassung des KFG, BGBl.Nr.267/1967, 186 BlgNr. 11 GP, Seite 123). Dabei kann als Maßstab nicht der Bedarf eines einzelnen Unternehmens und dessen Interesse an einer individuellen Person gelten. Vielmehr war die Arbeitsmarktsituation in dieser Branche im Rahmen des Berufungsverfahrens von Amts wegen aufzugreifen und der Berufungsentscheidung zugrundezulegen (vgl. zB. Walter-Thienel, Verwaltungs-verfahren, 13. Auflage, 1998, Anm 7 zu § 66 AVG).

Da die Voraussetzungen des § 116 Abs.2 KFG kumulativ vorliegen müssen, war spruchgemäß zu entscheiden, trotz Berücksichtigung des Umstandes, daß dem Berufungswerber einerseits ein bisher guter Verwendungserfolg als Fahrlehrer bescheinigt und andererseits seitens des Arbeitgebers seine Verwendung als Fahrschullehrer gewünscht wird.

Bei diesem Ergebnis kann dahingestellt bleiben, ob der Gesetzeswortlaut hinsichtlich des Erfordernisses der Dauer der Ausübung der Fahrlehrertätigkeit "während der letzten fünf Jahre" - worauf die Ablehnung des Begehrens von der Erstbehörde ausschließlich gestützt wurde - teleologisch eine Auslegung zu Gunsten des Berufungswerbers zulassen würde.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Dr. L a n g e d e r

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