Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-222130/20/Kl/Pe

Linz, 14.08.2007

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ilse Klempt über die Berufung des Herrn P W, vertreten durch A S, H, L, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Linz vom 5.3.2007, Gz.: 0053229/2005, wegen einer Verwaltungsübertretung nach der Gewerbeordnung 1994 (GewO) nach öffentlicher mündlicher Verhandlung am 12.7.2007 zu Recht erkannt:

 

 

I.      Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II.     Es entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu  I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 44a, 45 Abs.1 Z1 und 51 VStG.

zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Linz vom 5.3.2007, Gz.: 0053229/2005, wurde über den Berufungswerber eine Geldstrafe von 365 Euro, Ersatzfreiheitsstrafe von 112 Stunden, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 368 iVm § 93 GewO 1994 verhängt, weil er als Gewerbeinhaber des Gastgewerbes in der Betriebsart Cafe (C) im Gewerbestandort L, D, und somit als verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlicher folgende Verwaltungsübertretung zu verantworten hat:

„Im Zuge einer Kontrolle des Erhebungsdienstes des Mag. Linz, Bezirksverwaltungsamt, wurde festgestellt, dass der Beschuldigte zumindest am 16.12.2005, um 00.32 Uhr, das Gewerbe in der Betriebsart Cafe ausgeübt hat, indem er das Lokal zur obzit. Zeit offen gehalten hat, es waren drei Gäste anwesend, obwohl laut Auszug aus dem Gewerberegister vom 12.6.2006 die genannte Gewerbeberechtigung seit 30.6.1994 ruhend gemeldet war. Die Wiederaufnahme der Gewerbeausübung wurde von der zuständigen Landeskammer der gewerblichen Wirtschaft bis dato nicht angezeigt bzw. vom Beschuldigten unterlassen.“

 

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht und das Straferkenntnis zur Gänze angefochten. Begründend wurde ausgeführt, dass vom Berufungswerber persönlich keine Getränke an die Endkunden verkauft werden, sondern Getränkeverkauf ausschließlich über die im „C“ aufhältigen Animierdamen stattfindet. Die Getränke werden vom Berufungswerber vom Großhandel beigeschafft und den Animierdamen zur Verfügung gestellt. Die Getränke werden in ein gemeinsames Getränkedepot weiterveräußert, aus welchem die Animierdamen diese dann zukaufen. Im Übrigen fehlen auch jegliche Beweise, dass ein Gewerbe zum besagten Zeitpunkt am 16.12.2005 ausgeübt wurde, da sich die Anzeige vom 19.12.2005 auf eine bloße Behauptung beschränkt und der festgestellte Sachverhalt, dass das Geschäftslokal geöffnet und fünf Animierdamen und drei Gäste anwesend waren, völlig unzureichend ist. Es wurde daher beantragt, das Straferkenntnis aufzuheben und das Verfahren einzustellen.

 

3. Der Magistrat der Stadt Linz hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme sowie durch Anberaumung und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 12.7.2007, zu welcher der Berufungswerber und sein Rechtsvertreter sowie die belangte Behörde geladen wurden und erschienen sind. Weiters wurden der Meldungsleger F R und der Steuerberater Mag. G H als Zeugen geladen und einvernommen.

 

4.1. Im Grunde des durchgeführten Beweisverfahrens steht fest, dass der Berufungswerber vom Großhandel Getränke einkauft, in seinem Depot versperrt und von dort gegen Aufschläge weiterveräußert. Dies ist auch aus den buchhalterischen Aufzeichnungen des Steuerbüros ersichtlich. Das „C“ ist über den Hintereingang, nämlich über den Parkplatz im Hof, jederzeit zugänglich. Im Lokal befinden sich eine Schank, Tische und Sitzgelegenheiten. Die Getränke werden von den Gästen bei den Damen bestellt und gibt es keine Preislisten. Der Preis ist bei den Damen zu erfragen, wobei der Preis vom Chef, nämlich dem Berufungswerber, den Damen vorgegeben wird.

 

4.2. Dies ergibt sich aus den Aussagen der einvernommenen Zeugen sowie auch aus den Rechnungsbelegen bzw. der vom Steuerbüro durchgeführten und vorgewiesenen Buchhaltung. Hingegen ist aus der Buchhaltung nicht ersichtlich, an wen der Berufungswerber konkret die Getränke verkauft bzw. ob die Getränke in seinem Namen und auf seine Rechnung oder im Namen und auf Rechnung der Damen an den Endverbraucher weiterverkauft werden.

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 368 GewO 1994 (in der zum Tatzeitpunkt geltenden Fassung) begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit einer Geldstrafe bis zu 1.090 Euro zu bestrafen ist, wer andere als in den §§ 366 und 367 GewO 1994 genannte Gebote oder Verbote dieses Bundesgesetzes oder der aufgrund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen nicht einhält.

 

Gemäß § 93 GewO 1994 muss der Gewerbetreibende das Ruhen und die Wiederaufnahme der Gewerbeausübung binnen drei Wochen der Landeskammer der gewerblichen Wirtschaft anzeigen.

 

Gemäß § 111 Abs.1 GewO 1994 bedarf einer Gewerbeanmeldung für das Gastgewerbe (§ 94 Z26) die Beherbergung von Gästen sowie die Verabreichung von Speisen jeder Art und die Ausschank von Getränken.

 

Gemäß § 44a Z1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Danach ist es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, dass

1) die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und

2) die Identität der Tat (zB nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht. Was den vorstehenden Punkt 1) anlangt, sind entsprechende, dh, in Beziehung zum vorgeworfenen Straftatbestand stehende wörtliche Anführungen erforderlich, die nicht etwa durch bloße paragraphenmäßige Zitierung von Gebots- oder Verbotsnormen ersetzt werden können. Was den vorstehenden Punkt 2) anlangt (unverwechselbares Festhalten der Identität der Tat) muss im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat insoweit in konkretisierter Umschreibung zum Vorwurf gemacht werden, dass er in die Lage versetzt wird, im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren und gegebenenfalls im außerordentlichen Verfahren auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und es muss ferner der Spruch geeignet sein, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.

 

Gemäß § 31 Abs.1 und 2 VStG ist die Verfolgung einer Person unzulässig, wenn gegen sie binnen der Verjährungsfrist von sechs Monaten von der Behörde keine Verfolgungshandlung vorgenommen worden ist. Verfolgungshandlung iSd § 32 Abs.2 VStG ist jede von einer Behörde gegen eine bestimmte Person als Beschuldigten gerichtete Amtshandlung.

 

Es muss daher die Tat unter Anführung aller wesentlicher Tatbestandsmerkmale dem Beschuldigten innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist vorgeworfen werden. Eine Umschreibung der Tatbestandsmerkmale lediglich in der Bescheidbegründung reicht im Bereich des Verwaltungsstrafrechtes nicht aus (vgl. Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, Seite 937 ff).

 

5.2. Diesen Anforderungen entspricht die Tatumschreibung im angefochtenen Straferkenntnis nicht. Im angefochtenen Straferkenntnis wird dem Berufungswerber zur Last gelegt, dass er das Gastgewerbe in der Betriebsart Cafe ausgeübt hat, indem das Lokal offen gehalten wurde und drei Gäste anwesend waren.

Wie aber der Bestimmung des § 111 Abs.1 GewO 1994 zu entnehmen ist, besteht die Ausübung des Gastgewerbes nicht im Offenhalten eines Gastgewerbelokales bzw. in der Anwesenheit von Gästen, sondern insbesondere in der Verabreichung von Speisen und dem Ausschank von Getränken. Eine entsprechende Tatkonkretisierung für die Ausübung des Gastgewerbes fehlt aber dem Tatvorwurf. Da eine entsprechende Tatumschreibung aber auch der innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist ergangenen Verfolgungshandlung, nämlich der Strafverfügung vom 12.6.2006, fehlt, war eine diesbezügliche Spruchberichtigung nicht mehr möglich.

Da das Offenhalten des Lokales und die Anwesenheit von Gästen allein noch nicht die Ausübung des Gastgewerbes darstellt, hat der Berufungswerber die ihm vorgeworfene Tat nicht begangen bzw. bildet die zur Last gelegte Tat keine Verwaltungsübertretung. Es war daher das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG einzustellen.

 

6. Weil die Berufung Erfolg hatte und das Strafverfahren eingestellt wurde, entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge gemäß § 66 Abs.1 VStG.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs-gerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

Dr. Klempt

 

Beschlagwortung:

Gastgewerbeausübung, Konkretisierung

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum