Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-222132/15/Kl/Pe

Linz, 14.08.2007

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ilse Klempt über die Berufung des Herrn R R, H, L, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Linz vom 18.1.2007, Gz.: 0015287/2006, wegen Verwaltungsübertretungen nach der Gewerbeordnung 1994 (GewO) nach öffentlicher mündlicher Verhandlung am 5.6.2007 zu Recht erkannt:

 

I.      Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II.     Es entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

Rechtsgrundlagen:

zu  I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z1 und 51 VStG.

zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Linz vom 18.1.2007, Gz.: 0015287/2006, wurde über den Berufungswerber eine Geldstrafe von je 365 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von je 34 Stunden, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 366 Abs.1 Z1 iVm 1) § 94 Z9 und 2) § 94 Z15 GewO 1994 verhängt, weil er folgende Verwaltungsübertretungen zu verantworten hat:

„Sie haben im Standort L, H, auf eigene Rechnung und Gefahr in Ertragsabsicht zumindest

a)      am 30.4 und 31.3.2006 das reglementierte Gewerbe „Buchhaltung“ gem. § 94 Z9 Gewerbeordnung ausgeübt, indem Sie, lt. Rechnungen vom 30.4.2006 und 31.3.2006, für die Fa. R A diverse Steuererklärungen und buchhalterische Leistungen durchgeführt haben;

b)      am 31.3.2006 das reglementierte Gewerbe „Drucker und Druckformenherstellung“ gem. § 94 Z15 Gewerbeordnung ausgeübt, indem Sie lt. Rechnung vom 31.3.2006 für Frau P P doppelseitige Einladungsbillets A4 hergestellt haben,

ohne im Besitz der dafür erforderlichen Gewerbeberechtigung zu sein.

 

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht und das Straferkenntnis zur Gänze angefochten und die Aufhebung des Straferkenntnisses beantragt. Begründend wurde ausgeführt, dass die Tätigkeiten vorbetriebliche Tätigkeiten zur Marktorientierung gewesen seien. Die Schreibweise der Rechnung und des Briefkopfes seien unglücklich. Auch seien die persönlichen Verhältnisse nicht berücksichtigt worden, nämlich die Sorgepflichten für die Gattin und ein Kind.

 

3. Der Magistrat der Stadt Linz hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme sowie durch Anberaumung und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 5.6.2007, zu welcher die Verfahrensparteien geladen wurden. Der Berufungswerber hat teilgenommen, die belangte Behörde hat sich entschuldigt. Weiters wurden die Zeugen R A und P P geladen und einvernommen. Der weiters geladene Zeuge H P hat sich entschuldigt.

 

4.1. Im Grunde der Ausführungen des Berufungswerbers sowie der Aussagen der einvernommenen Zeugen steht fest, dass der Berufungswerber für die Zeugen Dienstleistungen im März und April 2006 durchgeführt hat. Für die Zeugin P P hat der Berufungswerber Einladungsbillets eingescannt und mit seinem Drucker ausgedruckt. Weiters hat er anhand der von der Zeugin zur Verfügung gestellten Adressen Adressaufkleber für die Kuverts gemacht. Es wurde die Dienstleistung laut Rechnung vom 31.3.2006 in Rechnung gestellt und von der Zeugin beglichen. Die Billets wurden von der Zeugin selber gestaltet. Die ebenfalls von der Zeugin unterfertigte Stundenabrechnung wurde von dieser nicht genau angeschaut, enthält aber die gleichen Tätigkeiten wie jene, die auf der Rechnung vermerkt sind.

Weiters steht fest, dass der Berufungswerber die vom Zeugen R A gesammelten Rechnungen in ein EDV-Programm eingetragen hat und vorgegebene Daten für das Kassabuch aufbereitet hat. Für die Einkommenssteuererklärung hat er die erforderlichen Daten herausgesucht, damit der Zeuge diese in die Steuererklärung, welche er im Onlinewege selbst gemacht hat, eintragen kann. Die Einnahmen und Ausgaben dafür sind aus dem Kassabuch ersichtlich. Eine Beratung hinsichtlich der Einkommenssteuererklärung machte der Berufungswerber nicht, sondern holte sich diese der Zeuge von seinem Steuerberater. Der Zeuge hat den Text der Rechnung nicht so genau überprüft, er hat lediglich die Stundenauflistung, die er unterschrieben hat, kontrolliert. Der Text auf der Rechnung bedeutet, dass es sich um Dienstleistungen für die Aufbereitung handelt. Der Zeuge nahm die Dienstleistung des Berufungswerbers über Empfehlung von Frau P in Anspruch, prüfte die UID-Nummer und ging davon aus, dass der Berufungswerber die Gewerbeberechtigung für das Schreibbüro hätte.

 

Diese Feststellungen gründen sich auf die Aussagen der einvernommenen Zeugen. Dabei konnte im Grunde der Ausführungen zur Tätigkeit des Berufungswerbers durch die Zeugen nicht bestätigt werden, dass der Berufungswerber Buchhalterleistungen, Steuerberatung oder Bildbearbeitungstätigkeiten durchführt. Wenn auch die im Akt vorliegenden Rechnungen und die Stundenabrechnungen zwar nach der Endsumme übereinstimmen, nicht jedoch hinsichtlich der einzelnen Posten, so ist daraus allerdings eine strafbare Tätigkeit nicht abzuleiten. Allein aus dem Briefkopf ist eine gewerbliche Tätigkeit nicht nachgewiesen.

Dem Akt liegt aber ein, dass der Berufungswerber mit 31.7.2006 zu Nr. 401/38108 die Gewerbeberechtigung für das Gewerbe „Schreibbüro“ erlangt hat.

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 366 Abs.1 Z1 GewO 1994 idF BGBl. I Nr. 15/2006 (in der zum Tatzeitpunkt geltenden Fassung) begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 3.600 Euro zu bestrafen ist, wer ein Gewerbe ausübt, ohne die erforderliche Gewerbeberechtigung erlangt zu haben.

 

Gemäß § 94 Z9 und Z15 GewO 1994 sind „Buchhaltung“ und „Drucker und Druckformenherstellung“ reglementierte Gewerbe.

 

Gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann oder keine Verwaltungsübertretung bildet.

 

5.2. Im Grunde des Beweisverfahrens konnten dem Berufungswerber keine Tätigkeiten nachgewiesen werden, die in das reglementierte Gewerbe „Buchhaltung“ bzw. in das reglementierte Gewerbe „Drucker und Druckformenherstellung“ fallen. Allein die Verwendung eines Briefkopfes deutet zwar auf eine entsprechende Gewerbeausübung hin, allerdings konnte dieser Verdacht anhand der durch die Zeugen beschriebenen Tätigkeiten keinem in § 94 GewO 1994 aufgezählten Gewerbe zugerechnet werden. Da es an einem Nachweis für die Tatbegehung fehlt, konnten die dem Beschuldigten zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen nicht erwiesen werden und war daher das Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

Dabei übersieht der Oö. Verwaltungssenat nicht, dass durch die erwiesenermaßen durchgeführten Büro- und Schreibtätigkeiten durch den Berufungswerber sehr wohl eine gewerbliche Tätigkeit ausgeübt wurde, allerdings ist dies der Gewerbeberechtigung „Schreibbüro“ zuzurechnen. Eine entsprechende Gewerbeberechtigung besaß der Berufungswerber zu den Tatzeitpunkten nicht. Allerdings wurde ihm ein entsprechender Tatvorwurf innerhalb der gemäß § 31 Abs.2 VStG festgelegten Verfolgungsverjährungsfrist nicht gemacht.

 

Darüber hinaus ist festzuhalten, dass mit der Gewerberechtsnovelle 2006, BGBl. I Nr. 161/2006, die Z9 in § 94 GewO 1994 weggefallen ist. Eine Strafbarkeit zum Zeitpunkt der Erlassung des Straferkenntnisses erster Instand bestand daher im Sinne der §§ 366 Abs.1 Z1 iVm 94 Z9 GewO 1994 nicht mehr. Nach der ständigen Judikatur der Gerichtshöfe öffentlichen Rechts ist § 1 Abs.2 VStG auch dann anzuwenden, wenn zum Zeitpunkt der Erlassung des Straferkenntnisses erster Instanz die Strafbarkeit eines Verhaltens zur Gänze entfallen ist und die Tat auch nicht nach einer anderen Strafbestimmung zu bestrafen ist (vgl. Walter-Thienel, Verwaltungsverfahren, 16. Auflage, Anm. 6 zu § 1 VStG).

 

6. Weil die Berufung Erfolg hatte und das Strafverfahren eingestellt wurde, entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge gemäß § 66 Abs.1 VStG.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs-gerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

Dr. Klempt

 

Beschlagwortung:

Schreibtätigkeiten, keine Gewerbeberechtigung, Tatvorwurf

 

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