Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-130572/2/Ste/AB/Ga

Linz, 03.09.2007

 

 

                                             E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Vizepräsident Mag. Dr. Wolfgang Steiner über die Berufung des D P, Rechtsanwalt, S, 52 M, gegen das Strafer­kennt­nis des Bezirkshauptmanns des Bezirks Braunau am Inn vom 24. Juli 2007, Zl. VerkR96-8684-2006-Ms, wegen einer Verwaltungsübertretung des Oö. Parkgebührengesetzes zu Recht erkannt:

 

 

I.                    Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis wird aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren wird eingestellt.

 

II.                  Der Berufungswerber hat weder einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens erster Instanz noch einen Kostenbeitrag für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

Zu I:  § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 Allgemeines   Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG; § 45 Abs. 1 Z. 2 VStG; § 66 Abs. 1 VStG;

Zu II:  § 65 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmanns des Bezirks Braunau am Inn vom 24. Juli 2007, Zl. VerkR96-8684-2006-Ms, wurde über den Berufungswerber (in der Folge: Bw) gemäß § 2 Abs. 2 iVm. § 6 Abs. 1 lit. b Oö. Parkgebührengesetz eine Geldstrafe in der Höhe von 30 Euro, im Nichteinbringungsfall eine Ersatzfreiheits­strafe von 24 Stunden, verhängt, weil er als Zulassungsbesitzer des Kraftfahrzeuges, Kennzeichen BR, trotz schrift­licher Aufforderung des Stadtamtes M, nicht binnen zwei Wochen der Behörde Auskunft darüber erteilt habe, wem das Fahrzeug am 10. November 2006 um 11.39 Uhr überlassen gewesen war. Da der Bw eine diesbezügliche Auskunft nicht erteilt habe und auch keine Person benannt hat, welche diese Auskunft hätte erteilen können, sei er seiner gesetzlichen Auskunftspflicht gem. § 2 Abs. 2 Oö. Parkgebührengesetz nicht nachgekommen.

 

Begründend führt die Behörde erster Instanz im Wesentlichen aus, dass es feststehe, dass der Bw die geforderte Auskunft – trotz einer Aufforderung durch das Stadtamt M - nicht erteilt habe. Zu den unter Hinweis auf Art. 6 Abs. 2 EMRK vorgebrachten verfassungsrechtlichen Bedenken wird auf die gegenteilige Rechtsprechung des Verfassungs- und des Verwaltungsgerichtshofes verwiesen.

 

Im Zuge der Strafbemessung sei das Fehlen verwaltungsstrafrechtlicher Vormerkungen als mildernd zu werten gewesen, während Erschwerungsgründe nicht hervorgekommen seien.

 

1.2. Gegen dieses Straferkenntnis, das dem Bw am 26. Juli 2007 zugestellt wurde, richtet sich die, per Telefax am 8. August 2007 – und somit rechtzeitig – bei der Behörde erster Instanz eingelangte Berufung.

 

Darin wiederholt der Bw im Wesentlichen jene – vor allem grundrechtlichen – Gesichtspunkte, die er schon im erstinstanzlichen Verfahren ins Treffen geführt hat und verweist darauf, dass der Oö. Verwaltungssenat in einigen Erkenntnissen bereits schwerwiegende Bedenken gegen die EMRK-Konformität der Lenkerauskunftspflicht gehegt habe; in diesem Zusammenhang sei auch auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 21. Juni 2007, Zl. B 1082/06, zu verweisen.

 

Abschließend wird die Aufhebung des Straferkenntnisses und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens beantragt.

 

2. Die Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt zur Berufungsentscheidung vorgelegt. Da im angefochtenen Straferkenntnis keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung durch eines seiner Mitglieder berufen (§ 51c VStG).

 

2.2. Der Oö. Verwaltungssenat erhob Beweis durch Einsichtnahme in den Akt der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn. Da sich bereits aus diesem in Verbindung mit dem Parteienvorbringen der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ, konnte im Übrigen gemäß § 51e Abs. 2 Z. 1 VStG von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

 

 

3. In der Sache hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

3.1. Gemäß § 6 Abs. 1 lit. b Oö. Parkgebührengesetz, LGBl. Nr. 28/1988, zuletzt geändert durch das Landesgesetz LGBl. Nr. 126/2005, begeht u.a. derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 220 Euro zu bestrafen, der den Geboten des § 2 Abs. 2 zuwiderhandelt.

 

Gemäß § 2 Abs. 2 Oö. Parkgebührengesetz ist „der Zulassungsbesitzer und jeder, der einer dritten Person die Verwendung eines mehrspurigen Kraftfahrzeugs über­lassen hat, [ist] verpflichtet, darüber auf Verlangen der Behörde Auskunft zu erteilen, sofern dieses Fahrzeug ohne Entrichtung der erforderlichen Parkgebühr gebühren­pflichtig abgestellt war. Die Auskunft ist unverzüglich, im Fall einer schriftlichen Aufforderung binnen zwei Wochen nach Zustellung zu erteilen und muss den Namen und die Anschrift der betreffenden Person enthalten“ (vgl. dazu auch die Verfassungsbestimmung des Art. II der FAG-Novelle 1986, BGBl. Nr. 384/1986).

 

Der Bw hat auf das vom Bürgermeister der Stadtgemeinde M verlangte Auskunftsersuchen nicht geantwortet. Bezogen auf den Tatvorwurf hat er damit tatbestandsmäßig im Sinn der vorzitierten Rechtsvorschriften gehandelt. Auch von ihm selbst wurde nicht bestritten, ja sogar ausdrücklich zugegeben, das Lenkeraus­kunftsersuchen der genannten Behörde nicht beantwortet zu haben. Strafhöhe und Strafbemessung wurden nicht bekämpft.

 

3.1.1. Die vom Bw in Zweifel gezogene Zuständigkeit des Bürgermeisters der Stadtgemeinde M, die Auskunft zu verlangen, liegt nach Ansicht des erkennenden Mitglieds des Oö. Verwaltungssenats aus folgenden Gründen sehr wohl vor (vgl. im Ergebnis bereits die Entscheidungen des Oö. Verwaltungssenats vom 7. Mai 1997, VwSen-130175/2, vom 30. November 1999, VwSen-130256/2 und VwSen-130257/2): § 2 Abs. 2 Oö. Parkgebührengesetz spricht von „der Behörde“, der die Auskunft zu erteilen ist. Da sich im Oö. Parkgebührengesetz unmittelbar keine Bestimmung findet, die näher konkretisiert, welche Behörde gemeint ist (vgl. etwa § 3 Abs. 5 Salzburger Parkgebührengesetz), sind subsidiär die Bestimmungen der Oö. Landesabgabenordnung 1996 – Oö. LAO 1996, LGBl. Nr. 30/1984, zuletzt geändert durch das Landesgesetz LGBl. Nr. 120/2005 (und nicht jene des Allge­meinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 – vgl. § 1 Oö. LAO 1996), heranzu­ziehen. § 48 Abs. 1 Z. 2 lit. b Oö. LAO 1996 verweist für den vorliegenden Fall auf die nach der Oö. Gemeindeordnung 1990 zuständigen Organe. Nach § 58 Abs. 2 Z. 1 der Oö. Gemeindeordnung 1990 – Oö. GemO 1990, LGBl. Nr. 91/1990, zuletzt geändert durch das Landesgesetz LGBl. Nr. 8/2005, obliegt dem Bürgermeister die Besorgung der behördlichen Aufgaben des eigenen Wirkungsbereichs der Gemeinde.

 

Eine Auslegung der Bestimmungen des Oö. Parkgebührengesetzes dahingehend, dass die Auskunft (nur) von der Verwaltungsstrafbehörde verlangt werden dürfte, verbietet sich deswegen, weil die Auskunftspflicht an sich nicht Gegenstand eines Strafverfahrens, sondern eines Administrativverfahrens ist; zu einer Einleitung eines entsprechenden Strafverfahrens kann es erst dann kommen, wenn gegen diese Auskunftspflicht verstoßen wird (vgl. in diesem Sinn die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs – VwGH vom 22. Februar 1989, 89/02/0005, mwN).

 

Der Bürgermeister der Stadtgemeinde M war daher zuständig, die Auskunft zu verlangen.

 

3.1.2. Zum Vorbringen des Bw, das erstinstanzliche Straferkenntnis sei verfassungs-(EMRK-)widrig (insbesondere, weil es sich auf eine verfassungswidrige gesetzliche Bestimmung stütze), wird ua. auf die Erkenntnisse

·       des Verfassungsgerichtshofs vom 29. September 1988, VfSlg. 11.829 und

·       des Verwaltungsgerichtshofs vom 26. Mai 2000, 2000/02/0115

verwiesen. Beide Höchstgerichte führen darin im Ergebnis aus, dass die ver­gleichbare Bestimmung des § 103 Abs. 2 KFG keine Verletzung des Art. 90 Abs. 2 B-VG und des Art. 6 EMRK bedeutet.

 

Für den vorliegenden Fall wird nochmals (vgl. bereits die Begründung im ange­fochtenen Straferkenntnis) auf die – dem § 103 Abs. 2 letzter Satz KFG nachge­bildete – Verfassungsbestimmung des Art. II der FAG-Novelle 1986, BGBl. Nr. 384/1986 hingewiesen. Nur ergänzend wird der Bw in diesem Zusammenhang auf § 5 Abs. 9 des Schifffahrtsgesetzes und die dazu ergangene Literatur (Muzak, Binnenschifffahrtsrecht, 2004, 243 f mit zahlreichen Literatur- und Judikaturhin­weisen) aufmerksam gemacht (vgl. dazu bereits das Erkenntnis des Oö. Ver­waltungssenats vom 5. April 2005, VwSen-160357/6).

 

Die Rechtsansicht des Bw, das erstinstanzliche Straferkenntnis sei verfassungs-(EMRK-)widrig, wird daher vom Unabhängigen Verwaltungssenat nicht geteilt.

 

3.2. Gemäß § 5 Abs. 1 VStG genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahr­lässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Gebot dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

 

Die angewendete Bestimmung des Oö. Parkgebührengesetzes bildet ein so genanntes „Ungehorsamsdelikt“. Es ist daher Fahrlässigkeit anzunehmen, wenn der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

 

Der Bw führt im Wesentlichen aus, dass ihn kein Verschulden an der Verwal­tungs­übertretung treffe. Er beruft sich dazu auf in jüngster Zeit ergangene Entscheidungen des Oö. Verwaltungssenats, auf die er sich quasi „verlassen“ hätte.

 

Damit gelingt es dem Bw im Ergebnis einen schuldausschließenden Irrtum glaubhaft zu machen. Ähnlich einer Rechtsauskunft einer zuständigen Behörde (vgl. dazu die stRspr. des VwGH), konnte er auf Grund der ihm bekannten Entscheidungen (eines anderen Mitglieds) des Oö. Verwaltungssenats davon ausgehen, dass der Bürger­meister der Stadtgemeinde M im vorliegenden Fall als unzuständige Behörde eingeschritten ist.

 

Dem Bw ist es damit im Verfahren gelungen glaubhaft zu machen, dass die Unkenntnis der Verwaltungsvorschrift unverschuldet war und ihn daher an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

 

Der Bw wird allerdings darauf hingewiesen, dass dieser Irrtum in weiteren Verfahren (auch in solchen, in denen er als Vertreter einschreitet) nunmehr nicht mehr zu einem Ausschluss der Schuld führen kann (vgl. ua. VwGH vom 5. September 1978, 2787/77). Dies umso mehr, als er selbst etwa in einer Gegenschrift vom 20. September 2005 im Verfahren vor dem VwGH 2005/17/0227 auf den Seiten 10 und 11 die Zuständigkeit der Gemeinde als Abgabenbehörde behauptete.

 

3.3. Der Berufung war daher gemäß § 24 VStG iVm. § 66 Abs. 4 AVG stattzugeben, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs. 1 Z. 2 VStG einzustellen.

 

4. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Bw gemäß § 66 Abs. 1 VStG weder ein Beitrag zu den Kosten des erstinstanzlichen Strafverfahrens noch ein Beitrag für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat vorzuschreiben.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

                                                            Wolfgang Steiner

 

Beschlagwortung:

Auskunftspflicht 2/2 Oö. PGG – zuständige Behörde

 

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