Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-162386/7/Br/Ps

Linz, 29.08.2007

 

E R K E N N T N I S

 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn O V T, geb. , N, H, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 25. Juni 2007, Zl. VerkR96-25241-2005/Bru/Pos, nach der am 29. August 2007 durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung und Verkündung, zu Recht:

 

I.          Im Schuldspruch wird die Berufung zu Punkt 2.) u. 3.) als unbegründet abgewiesen; Zu Punkt 1.) wird der Berufung Folge gegeben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs.1 Z1 VStG eingestellt.

            Zu Punkt 3.) wird jedoch das Strafausmaß auf 50,00 Euro u. die Ersatzfreiheitsstrafe auf 30 Stunden ermäßigt.

 

II.         Zuzüglich zu den erstinstanzlichen Verfahrenskosten werden dem Berufungswerber im Punkt 2.) 4,00 Euro auferlegt; Zu Punkt 3.) ermäßigen sich die erstinstanzlichen Verfahrenskosten auf 5,00 Euro; Im Übrigen entfallen für das Berufungsverfahren Verfahrenskostenbeiträge.

 

Rechtsgrundlage:

Zu I:  § 66 Abs.4 AVG iVm § 19, § 24, § 51e Abs.1 VStG.

Zu II: § 65 u. §66 Abs.1 u. 2 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat mit dem o.a. Straferkenntnis über den Berufungswerber wegen Verstöße nach § 17 Abs.3 Z1 StVO 1960, § 13 Abs.1 StVO 1960 u. § 106 Abs.1b KFG 1967 drei Geldstrafen (80 €, 20 € u. 70 € u. für den Uneinbringlichkeitsfall Ersatzfreiheitsstrafen v. 48, 24 u. 48 Stunden) verhängt und ihm zur Last gelegt,

1) er sei als Lenker des angeführten Fahrzeuges an einem Fahrzeug, welches vor einem Schutzweg angehalten hatte, um Fußgänger das Überqueren der Fahrbahn zu ermöglichen, vorbeigefahren.

Tatort: Gemeinde Ansfelden, 4053 Haid b. Ansfelden, Schulstraße – Schutzweg unmittelbar vor der VS Haid

Tatzeit: 16.09.2005, 07:46 Uhr.

2) er habe als Lenker des angeführten Fahrzeuges nach links nicht in weitem Bogen eingebogen. Tatort: Gemeinde Ansfelden, 4053 Haid b. Ansfelden, Kreuzung der A. Schärfstraße mit der Schulstraße.

Tatzeit: 16.09.2005, 07:46 Uhr.

3) er habe als Lenker nicht dafür gesorgt, dass die Vorschriften des Kraftfahrgesetzes eingehalten wurden, da festgestellt wurde, dass er auf mit Sicherheitsgurten ausgestatteten Sitzen ein unter 12-jähriges Kind, das kleiner als 150 cm war befördert und nicht dafür gesorgt habe, dass dieses mit einer geeigneten Rückhalteeinrichtung gesichert war.

Tatort: Gemeinde Ansfelden, 4053 Haid b. Ansfelden, Schulstraße nach Schutzweg unmittelbar vor der VS Haid

Fahrzeug:

Kennzeichen, Personenkraftwagen, A, s

 

1.1. Die Behörde erster Instanz begründete diesen Schuldspruch mit folgenden Ausführungen:

"Aufgrund einer Anzeige der Polizeiinspektion Ansfelden vom 16.09.2005 werden Ihnen die umseits genannten Verwaltungsübertretungen zur Last gelegt.

 

Gegen die Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 20.09.2005 haben Sie mit Schreiben vom 15.11.2005 Einspruch erhoben, den Sie wie folgt begründeten:

1. Ich bin nicht, wie behauptet, in Haid Ansfelden, Schulstrasse ‑ Schutzweg unmittelbar vor der VS Haid, an einem Fahrzeug, welches vor einem (?) Schutzweg angehalten hatte, um Fußgänger das Überqueren der Fahrbahn zu ermöglichen, vorbeigefahren, sondern habe neben einem in der Parkbucht stehenden Fahrzeug (Farbe hell, Fabrikat nicht mehr in Erinnerung, von einer Lenkerin in Betrieb genommen, von welchem ein Schulkind ausstieg) angehalten. und bin dann mit der Verkehrssituation entsprechenden, erforderlichen und vorgeschriebenen Sorgfalt weitergefahren. Ich habe daher die von Ihnen angeführte Rechtsvorschrift § 17 Abs. 3 Ziffer 1 StVO nicht verletzt. Ein wie von Ihnen beschriebenes "Vorbeifahren" wäre und ist aus verkehrstechnischer Sicht unmöglich, weil allein die dort vorhandene Verkehrsfläche (Straßenbreite) ein "Vorbeifahren" an einem auf der Strasse angehaltenen Fahrzeug praktisch unmöglich ist. (Siehe Skizze).

2. Ich bin als Lenker des angeführten Fahrzeuges nach links, in der den Regeln der STVO, nach Lehre und langjähriger Praxis (40 Jahre unfallfreies Fahren) ohne Unfall und Verwaltungsvergehen ‑ nötigen und vorgeschriebenen Fahrweise eingebogen. Ich habe die von Ihnen angeführte Rechtsvorschrift § 13 Abs. 1 StVO nicht verletzt. Sollte die beiliegende Skizze für Sie nicht ausreichend sein, ersuche ich um eine Beurteilung vor Ort.

3. Ich habe sehr wohl dafür gesorgt, dass die Vorschrift des Kraftfahrzeuggesetzes eingehalten wurde und mein Enkel, welches ich zur Schule transportierte mit den Sicherheitsgurten und der geeigneten Rückhalteeinrichtung gesichert war. Als erziehungsberechtigter Vormund meines Enkels achte ich uneingeschränkt darauf eine positive Vorbildfunktion gegenüber meinem Enkel abzugeben. Speziell hier im Sinne der Verkehrserziehung schon alleine zur Vermeidung möglicher Verletzungen meines Enkels. Ich habe beim Anhalten vor dem Schutzweg meinem Enkel das Abschnallen des Sicherheitsgurtes erlaubt, da ich bereits unmittelbar nach dem Schutzweg eine Parklücke erblickte, wo ich meinen Enkel ungefährdet aussteigen lassen konnte. Als ich einparkte kam ein Polizist und sagte zu mir: So jetzt haben wir ein Punkterl und forderte mich auf, die Fahrpapiere vorzuweisen. Ich habe daher nicht, wie von ihm behauptet, die angeführte Rechtsvorschrift § 106 Abs. 1 b KFG verletzt. Richtig allerdings ist, dass ich nach der Reinigung meines Kraftfahrzeuges den vorgeschriebenen Kindersitz in meiner Garage vergessen hatte."

 

Aufgrund Ihres Einspruchs wurde der Meldungsleger, BI G I, als Zeuge vorgeladen, der anlässlich seiner Einvernahme am 16.03.2007 unter Hinweis auf die Wahrheitspflicht sowie den Diensteid folgende Aussage tätigte:

 

"Die in der Anzeige unter Darstellung der Tat angeführten Verwaltungsübertretungen werden vollinhaltlich aufrecht erhalten. Zum Pkt. 1) des Einspruches wird angeführt, dass das Fahrzeug, welches angeblich in der Parkbucht stand, tatsächlich vor dem Schutzweg angehalten hatte. Der Beschuldigte fuhr an diesem Fahrzeug links vorbei und benützte dabei den Fahrstreifen für den Gegenverkehr. Wie in der Anzeige angeführt, überquerte zu diesem Zeitpunkt ein Fußgänger am Schutzweg die Fahrbahn und zwar von rechts nach links aus der Sicht des Beschuldigten. Punkt 2) der Strafverfügung ergibt sich aus der Benützung des Gegenfahrstreifens zum Vorbeifahren (sh. Pkt. 1 der Strafverfügung). Zur Skizze wird angeführt, dass aus Richtung Stelzhamerstraße kommend vor dem Schutzweg rechtsseitig keine Parkbucht vorhanden ist. Zu Pkt.3) ist festzustellen, dass die Aussagen nur eine Schutzbehauptung darstellen dürften, da der Beschuldigte vor dem Schutzweg überhaupt nicht anhielt, und daher ein Abschnallen des Kindes vor dem Stillstand des Fahrzeuges gesetzwidrig ist."

 

Mit Schreiben vom 16.03.2006 wurde Ihnen diese Zeugenaussage zur Kenntnisnahme übermittelt und wurde Ihnen gleichzeitig die Möglichkeit eingeräumt, zum Ergebnis der Beweisaufnahme Stellung zu nehmen.

 

Am 27.03.2006 erschienen Sie vor der Behörde und gaben an, dass Sie Ihre Einspruchsangaben weiterhin aufrechterhalten würden.

Am 26.04.2006 wurde seitens der Behörde hinsichtlich Punkt 4) der Strafverfügung vom 20.09.2005 eine Ermahnung erteilt.

 

Die Behörde hat Folgendes erwogen:

Gemäß § 17 Abs. 3 StVO ist das Vorbeifahren an Fahrzeugen, die vor einem Schutzweg oder einer Radfahrerüberfahrt anhalten, um

1. Fußgängern das Überqueren der Fahrbahn,

2. Radfahrern das Benützen der Radfahrerüberfahrt oder

3. Rollschuhfahrern das Benützen des Schutzweges oder der Radfahrerüberfahrt zu ermöglichen, verboten.

 

§ 13 Abs.1 StVO zufolge ist nach rechts ist in kurzem, nach links in weitem Bogen einzubiegen.

 

§ 106 Abs.lb KFG besagt, dass der Lenker dafür zu sorgen hat, dass Kinder unter zwölf Jahren, die kleiner als 150 cm sind, unbeschadet des Abs. lc, in Personenkraftwagen, Kombinationskraftwagen, Lastkraftwagen sowie Spezialkraftwagen jeweils mit einem höchsten zulässigen Gesamtgewicht von nicht mehr als 3 500 kg aufsitzen, die mit Sicherheitsgurten ausgerüstet sind, nur befördert werden, wenn dabei geeignete, der Größe und dem Gewicht der Kinder entsprechende Rückhalteeinrichtungen verwendet werden, welche die Gefahr von Körperverletzungen bei einem Unfall verringern können.

Wenn Sie die Ihnen vorgeworfenen Verwaltungsübertretungen bestreiten, so wird Ihnen die Zeugenaussage des Meldungslegers entgegengehalten. Die Behörde sah keinerlei Veranlassung, an den glaubwürdigen und unbedenklichen Aussagen des fachlich geschulten und unter Wahrheitspflicht stehenden Zeugen zu zweifeln, zumal dieser wohl kaum das Risiko einer falschen Aussage, auf deren strafrechtliche Folgen der Zeuge anlässlich seiner Einvernahme hingewiesen wurde, auf sich nehmen würde, während Sie als Beschuldigter einer solchen Wahrheitspflicht nicht unterliegen und sich in jede Richtung verantworten können.

 

Gemäß VwGH-Erkenntnis vom 28.09.1988, ZI. 88/02/0007 muss es den zur Wahrnehmung der Vorgänge des öffentlichen Straßenverkehrs bestellten und geschulten Organen der Sicherheitswache zugebilligt werden, dass sie in der Lage sind, Verkehrssituationen richtig zu erkennen und wiederzugeben bzw. mit Sicherheit über Folgendes Feststellungen treffen und verlässliche Angaben darüber machen zu können: Normale oder ungewöhnliche Geschwindigkeit, Kennzeichennummer, Wagentyp, Wagenfarbe, Vorgänge im Straßenverkehr im Allgemeinen, Art Beschaffenheit, Insassen und Lenkers eines KFZ (siehe VwGH-Erkenntnis vom 30.03.1979, ZI. 1839/77).

 

Gemäß VwGH-Erkenntnis vom 30.06.1992, ZI. 89/07/0005 liegt es im Wesen der freien Beweiswürdigung, dass weitere Beweisanträge nicht mehr berücksichtigt werden müssen, wenn die Behörde sich aufgrund der bisher vorliegenden Beweise ein klares Bild über die maßgebenden Sachverhaltselemente machen konnte.

Da es aufgrund des vorliegenden Ermittlungsergebnisses für die Behörde zweifelsfrei erwiesen erscheint, dass Sie im konkreten Fall die Ihnen angelastete Verwaltungsübertretung begangen haben, wurde von der Durchführung eines Lokalaugenscheins abgesehen.

Im Sinne des § 19 Abs. 1 VStG bildet Grundlage für die Bemessung der Strafhöhe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefahrdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Gemäß § 19 Abs. 2 VStG 1991 sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden.

Bei   der   Strafbemessung   wurden   Ihre   aktenkundigen   Einkommens-,   Vermögens-   und Familienverhältnisse berücksichtigt:

Einkommen: mtl. 1.100 Euro netto monatlich, Vermögen: Eigenheim, keine Sorgepflichten

Strafmildernd war die lange Verfahrensdauer zu werten, straferschwerende Umstände waren nicht bekannt."

 

2. Der Berufungswerber bestreitet in seiner dagegen fristgerecht eingebrachten, fälschlich als Einspruch bezeichneten Berufung unter Hinweis auf sein Einspruchsvorbringen v. 15.11.2005 im Ergebnis die ihm zur Last gelegten Übertretungen. 

Im zitierten Schriftsatz werden im Ergebnis die zur Last gelegten Übertretungshandlungen bestritten.

Er sei entgegen der behördlichen Feststellungen in Haid Ansfelden, Schulstraße – Schutzweg unmittelbar vor der VS Haid, nicht an einem Fahrzeug, welches vor einem Schutzweg angehalten gehabt hätte, um Fußgänger das Überqueren der Fahrbahn zu ermöglichen, vorbeigefahren, sondern habe neben einem in der Parkbucht stehenden Fahrzeug (Farbe hell, Fabrikat nicht mehr in Erinnerung, von einer Lenkerin in Betrieb genommen, von welchem ein Schulkind ausgestiegen sei) angehalten und sei dann mit der Verkehrssituation entsprechenden, erforderlichen und vorgeschriebenen Sorgfalt weitergefahren.

 

Er habe daher die angeführte Rechtsvorschrift § 17 Abs.3 Z1 StVO nicht verletzt.

 

Ein wie von der Behörde beschriebenes "Vorbeifahren" sei aus verkehrstechnischer Sicht unmöglich gewesen, weil allein durch die dort vorhandene Verkehrsfläche (Straßenbreite) laut der beigefügten Skizze ein "Vorbeifahren" an einem auf der Straße angehaltenen Fahrzeug praktisch unmöglich sei.

 

2.1. Er sei als Lenker des angeführten Fahrzeuges nach links, gemäß den Regeln der StVO und  seiner langjährigen Praxis (40 Jahre unfallfreies Fahren) ohne Unfall und Verwaltungsvergehen in vorschriftskonformer Fahrweise eingebogen. Dabei habe er die von der Behörde angeführte Rechtsvorschrift § 13 Abs.1 StVO nicht verletzt. Sollte die beiliegende Skizze  für die Übernahme seines Standpunktes nicht ausreichend sein, ersuche er um eine Beurteilung vor Ort.

Ebenfalls habe er sehr wohl dafür gesorgt, dass die Vorschrift des Kraftfahrzeuggesetzes eingehalten wurde und sein Enkelkind, welches er zur Schule transportierte, mit dem Sicherheitsgurt und der geeigneten Rückhalteeinrichtung gesichert war. Als erziehungsberechtigter Vormund seines Enkels habe er uneingeschränkt darauf geachtet eine positive Vorbildfunktion gegenüber seinem Enkel abzugeben, speziell hier im Sinne der Verkehrserziehung schon alleine zur Vermeidung möglicher Verletzungen seines Enkels. Er habe beim Anhalten vor dem Schutzweg seinem Enkel das Abschnallen des Sicherheitsgurtes erlaubt, da er bereits unmittelbar nach dem Schutzweg eine Parklücke erblickt habe, wo er seinen Enkel ungefährdet aussteigen lassen habe können. Als er eingeparkt hatte, kam ein Polizist und sagte zu ihm: "So jetzt haben wir ein Punkterl." Dieser forderte ihn auf, die Fahrpapiere vorzuweisen. Er habe daher nicht, wie vom Polizisten behauptet, die angeführte Rechtsvorschrift § 106 Abs.1b KFG verletzt. Richtig allerdings ist, dass er nach der Reinigung seines Kraftfahrzeuges den vorgeschriebenen Kindersitz in der Garage vergessen gehabt habe.

 

Die Feststellung, sein Führerschein sei ungültig, treffe nicht zu. Sämtliche behördlichen Eintragungen wie Unterschrift, Stempel, Ausstellungsdatum seien eindeutig zu lesen gewesen. Auch auf dem Lichtbild sei der Führerscheinbesitzer eindeutig zu erkennen gewesen. Auch war die Einheit des Führerscheins gegeben, da keine Teile davon fehlten. Zum Abschluss wolle er  noch bemerken, dass es bei fünf Fahrzeugkontrollen in diesem Jahr keine Beanstandungen gegeben habe. Eine Kopie des Führerscheins lege er bei.

 

3. Die Behörde erster Instanz hat die Berufung samt Verfahrensakt dem Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt und damit dessen Zuständigkeit begründet. Dieser ist, da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zur Entscheidung berufen.

Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung schien hier trotz einer unter 500 Euro festgesetzten Geldstrafe in Wahrung der gemäß Art. 6 Abs.1 EMRK zu garantierenden Rechte geboten (§ 51e Abs.1 VStG).

 

3.1. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme und auszugsweise Verlesung des erstinstanzlichen Verfahrensaktes anlässlich der im Rahmen eines Ortsaugenscheins durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung. Im Rahmen der Verhandlungsvorbereitung wurden von der verfahrens­gegenständlichen Örtlichkeit Fotos angefertigt. Ebenfalls wurde die Straßenbreite im fraglichen Bereich vermessen (Bildbeilagen im Akt).

Der Meldungsleger AbtInsp. G. I wurde als Zeuge und der Berufungswerber als Beschuldigter einvernommen

 

4. Zur Örtlichkeit:

Wie am beigefügten Bild ersichtlich, befindet sich etwa 3 m vor dem Schutzweg eine ca. 1 bis 1,5 m tiefe, als eine Art Stellplatz ausgebildete Bucht. Diese geht in den sich auf etwa 6 m öffnenden Kreuzungstrichter zur Dr. Adolf Schärfstraße über. Der Durchgang zur Schule befindet sich etwa auf Höhe des auf dem Bild abgestellten Mercedes. An dieser Stelle hat der Berufungswerber laut seinen eigenen Angaben das Kind aussteigen lassen bzw. fand die Amtshandlung statt.

 

4.1. Zum Sachverhalt:

Der Berufungswerber lenkte vor nunmehr fast zwei Jahren an der o.a. Örtlichkeit und Zeit sein Fahrzeug von der Dr. Adolf Schärfstraße kommend zur Volksschule in der Schulstraße 5, um dort seinen damals 8-jährigen Enkel aussteigen zu lassen. Die Fahrtstrecke vom Wohnort des Berufungswerbers betrug insgesamt nur wenige 100 m, wobei die Fahrt des Kindes zur Schule lt. glaubhafter Schilderung einen außergewöhnlichen Umstand darstellte. Der Kindersitz war wegen einer einen Tag zuvor durchgeführten Fahrzeugreinigung nicht eingebaut, wobei das Kind jedoch bis unmittelbar vor dem Aussteigen angegurtet war. Der Berufungswerber fuhr beim Linksabbiegen an einem vor dem Schutzweg anhaltenden Pkw vorbei und überquerte diesen unmittelbar hinter einem den Schutzweg in Richtung Schule überquerenden Kind. Diesbezüglich dürfte seitens der Behörde erster Instanz in der Annahme der Bewegungsrichtung des Fußgängers am Schutzweg ein Irrtum vorliegen. Dies bestätigte der Meldungsleger – so wie in der Anzeige – auch bei der Berufungsverhandlung. Der rechts von ihm anhaltende Pkw – der offenkundig wegen dieses Fußgängers anhielt – konnte naturgemäß erst später seine Fahrt fortsetzen, weil dessen Fahrlinie erst später, als dies beim Berufungswerber der Fall war, erreicht wurde. Letzterer hielt sein Fahrzeug etwa 10 m nach dem besagten Schutzweg an, um das Kind (seinen Enkel) aussteigen zu lassen. Zur fraglichen Zeit herrschte im Bereich der Schule reger Fußgängerverkehr und der Meldungsleger versah dort Schulwegsicherungsdienst.

Der Sachverhalt ist seitens des Berufungswerbers  nur insoweit strittig, als dieser das anhaltende Fahrzeug in der etwa 3 m hinter dem Schutzweg – im Bereich des Kanaldeckels – innerhalb der im Bereich des Kreuzungstrichters befindlichen ca. 1 bis 1,5 m tiefen Bucht beschrieb, während der Meldungsleger dieses Fahrzeug unmittelbar vor dem Schutzweg wegen eines querenden Fußgängers von seinem in unmittelbarer Nähe gelegenem Standort wahrnahm.  

Diesen auch schon in der Anzeige schlüssig dargelegten Darstellungen ist daher zu folgen. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oö. sieht keine Veranlassung, dass der erfahrene und damals zur Schulwegsicherung eingeteilte Polizeibeamte den Berufungswerber zu Unrecht belasten hätte sollen und die Amtshandlung etwa an den Haaren herbeigezogen hätte.

Vom Meldungsleger wird insbesondere bereits in der Anzeige dargelegt, dass zu keinem Zeitpunkt eine Gefährdung oder Behinderung des Fußgängers bestanden hat, was seiner auch anlässlich der Berufungsverhandlung inhaltsgleichen Darstellung besondere Glaubwürdigkeit verleiht. Dies belegt die objektive Sichtweise des Meldungslegers, welchem daher nicht zugesonnen werden vermag, den Berufungswerber etwa leichtfertig einer Verwaltungsübertretung zu beschuldigen.

Als definitiv unrichtig und daher seine gesamte Verantwortung weniger glaubwürdig erscheinen lassend erweist sich im Gegensatz dazu die Einschätzung des Berufungswerbers, wonach ihm etwa an einem vor dem Schutzweg anhaltenden Pkw – so wie dies der Meldungsleger darlegte – ein linksseitiges Vorbeifahren nicht möglich gewesen wäre. Die Fahrbahn beim Schutzweg am Ende des sich nach außen auf etwa 6 m öffnenden Trichters ist laut der vor Ort durchgeführten Vermessung nämlich immer noch 4 m breit. Somit kann an einem dort auf der rechten Seite stehenden Pkw (Breite 1,6 bis 1,7 m) mit geringer Geschwindigkeit problemlos vorbeigefahren werden.

Dies bedingt aber andererseits naturgemäß, dass sich der Einbiegebogen nach links aus der Dr. Adolf Schärfstraße nur derart gestalten konnte, dass der Bogen direkt in den für den Gegenverkehr bestimmten Fahrbahnteil führte. So gesehen hätte der Berufungswerber auch gegen das Rechtsfahrgebot verstoßen. Demnach erweist sich seine Darstellung über das angebliche Vorbeifahren an einem in der Bucht stehenden Fahrzeug als Schutzbehauptung.

Letztlich wurde die Schilderung des Meldungslegers anlässlich der Berufungsverhandlung selbst vom Berufungswerber im Ergebnis nicht mehr in Abrede gestellt, sondern lediglich nur mehr in einer für den Berufungswerber günstigeren Variante dargestellt. Er zeigte sich etwa durchaus einsichtig und entschuldigte sich für sein damaliges Verhalten beim Meldungsleger sogar. Durchaus plausibel erklärte der Berufungswerber aber den Grund seiner Fahrt und im Ergebnis vermochte er – wie auch vom Meldungsleger bestätigt – die Problemlosigkeit der sich aus der Situation heraus ergebenden Vorbeifahrt an diesem Pkw vor dem Schutzweg darzustellen. Daraus ergibt sich ebenso nachvollziehbar das an sich auf einen bloßen Regelverstoß reduzierende Fehlverhalten, welchem aber in Wahrheit keine nachteiligen Auswirkungen zu Grunde lagen. Glaubhaft legte der Berufungswerber schließlich auch die Umstände der Einmaligkeit dieser Fahrt mit dem Kind zur Schule und die Umstände der Nichtverfügbarkeit des Kindersitzes dar, wobei er auch diesbezüglich den Tatvorwurf außer Streit stellte.

Hinter diesen Verwaltungsübertretungen vermag daher weder eine quantifizierbare nachteilige Auswirkung für das im Fahrzeug des Berufungswerbers mitfahrende Kind, noch für sonstige Verkehrsteilnehmer erblickt werden.

Festzustellen gilt es ferner noch, dass die Übertretung nach § 14 Abs.4 FSG (Mangelhaftigkeit des Führerscheins) bereits mittels Ermahnung vom 26.4.2006 (gleiche Aktenzahl) rechtskräftig erledigt wurde.

 

5. Rechtlich hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

Nach § 17 Abs.3 StVO 1960 ist das Vorbeifahren an Fahrzeugen, die vor einem Schutzweg oder einer Radfahrerüberfahrt anhalten, um

1. …… Fußgängern das Überqueren der Fahrbahn zu ermöglichen, verboten. Dieses Verbot ist aber nicht so auszulegen, dass ein am linken Fahrstreifen stehender Lenker auch dann noch anzuhalten hätte, wenn ein von links nach rechts querender Fußgänger bereits seine Fahrlinie, noch nicht aber jene des rechts anhaltenden Fahrzeuges passiert  hat. Eine derart am Buchstaben hängende Auslegung kann dem Willen des Gesetzgebers nicht zugesonnen werden (siehe Pürstl-Somereder, StVO-Kommentar, 11. Auflage, S 279, Rn 7, mit Hinweis auf VwGH 12.5.1964, 2261/63). Da diese Bestimmung nur im Zusammenhang mit § 9 Abs.2 leg.cit. zu sehen ist, liegt eine Verwaltungsübertretung im Falle einer nicht mehr möglichen Behinderung des Fußgängers nicht vor.

Sehr wohl wurde jedoch gegen § 13 Abs.1 StVO 1960 verstoßen, indem der Berufungswerber nur durch Schneiden der Kurve und damit durch Abbiegen nach links in kurzem Bogen gelangt sein konnte.

Zu Punkt 3.) kann in Vermeidung von Wiederholungen auf die zutreffenden rechtlichen Ausführungen der Behörde erster Instanz verwiesen werden. Die Bestimmung des KFG wurde zutreffend in der zum Zeitpunkt des Vorfalles geltenden Fassung des § 106 KFG (idF BGBl. I Nr. 60/2003) angewendet.

 

6. Zur Strafzumessung:

Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 StGB (Strafgesetzbuch) sinngemäß anzuwenden.

 

6.1. Die Behörde hat in Befolgung des § 60 AVG (§ 24 VStG) in der Begründung des Bescheides die für die Ermessensausübung maßgebenden Umstände und Erwägungen insoweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes in Richtung auf seine Übereinstimmung mit dem Ziel des Gesetzes erforderlich ist. Diese Ermessensentscheidung ist nach den vom Gesetzgeber in § 19 VStG festgelegten Kriterien vorzunehmen  (VwGH 4.4.2001, 99/09/0140 mit Hinweis auf Erk. VwGH [verst. Senat] 25. März 1980, Zl. 3273/78, VwSlg 10077 A/1980).

Da der Berufungswerber mit 1.000 Euro (Pension) nur über ein unterdurchschnittliches Einkommen verfügt, ist die hier doch mit insgesamt 170 Euro zu Buche schlagende Gesamtgeldstrafe in Verbindung mit der Tatschuld, welche im Punkt 2.) keinerlei nachteilige Folgen für das Verkehrsgeschehen nach sich gezogen hat und der Punkt 3.) offenbar nur auf die einmalige Zurücklegung der nur wenige 100 m betragenden Wegstrecke konzipiert war, wobei sich der Kindersitz gleichsam nur ausnahmsweise nicht im Fahrzeug befunden hat. Schon mit Blick darauf sind die Strafsätze als überhöht zu erachten.

Dies obgleich angesichts der Wertigkeit des vom Gesetzgeber in Bereichen von Fußgängerübergängen aber auch die Sicherung von Kindern im Fahrzeug verstärkt zugedachten Schutzziels und demnach generalpräventive Aspekte für eine entsprechende Ahndung sprechen.  

Als weiterer strafmildernder Aspekt kommt, neben der vom Berufungswerber im Rahmen der Berufungsverhandlung doch deutlich gezeigten Einsichtigkeit, auch noch die zwischenzeitig als überdurchschnittlich lang zu bezeichnende Verfahrensdauer hinsichtlich des nunmehr bereits zwei Jahre zurückliegenden Ereignisses zum Tragen. Auch Letzteres indiziert zusätzlich einen geringeren Verschuldensgrad iSd § 34 Abs.2 StGB (Hinweis auf die EB zur RV zum Strafrechtsänderungsgesetz 1996, 33 Blg. Nr. 20. GP; zum Zeitfaktor ausführlich in ZVR Okt. 2002, S 339, mit Hinweis auf VfGH 5.12.2001, B 4/01 und dort des EGMR 13.7.1983, Zimmermann und Steiner, EuGRZ 1983, 482; 29.5.1986, Deumeland, EuGRZ 1988, 20; 29.3.1989, Bock, A/150; 24.10.1989, H gg. Frankreich, EuGRZ 1987, 301).

 

Es war demnach spruchgemäß zu entscheiden.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen  diesen  Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen  ab der  Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese  muss – von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten. 

 

Dr.  B l e i e r

 

 

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