Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-521692/4/Kof/Be

Linz, 13.09.2007

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Josef Kofler über die Berufung des Herrn L M, geb. 19.., G, O, vertreten durch Herrn Rechtsanwalt Mag. Dr. A M, J, L gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 5.7.2007, VerkR21-873-2006 und VerKR21-874-2006, betreffend Entziehung der Lenkberechtigung, Verbot des Lenkens eines Motorfahrrades und eines vierrädrigen Leichtkraftfahrzeuges, Aberkennung des Rechtes, von einer allfällig erworbenen ausländischen Lenkberechtigung in Österreich Gebrauch zu machen, Beibringung eines amtsärztlichen Gutachtens und einer verkehrspsychologischen Stellungnahme,              nach Durchführung der mündlichen Verhandlung vom 12.9.2007 einschließlich Verkündung  des  Erkenntnisses,  zu  Recht  erkannt:

   

I.

Der  Berufung  wird  insofern  stattgegeben,  als

      eines  vierrädrigen  Leichtkraftfahrzeuges    sowie

bis  einschließlich  25. September 2008  herab-  bzw.  festgesetzt  wird.

 

Im  Übrigen  wird  der  erstinstanzliche  Bescheid  bestätigt.

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 24 Abs.1 Z1, 25 Abs.1 und 25 Abs.3 iVm §§ 7 Abs.1 Z1, 7 Abs.3 Z9 und

      7 Abs.4 FSG, BGBl. I 120/1997 zuletzt geändert durch BGBl. I 153/2006

§ 32 Abs.1 Z1 FSG

§ 30 Abs.1 FSG

 

II.

Betreffend  die  Beibringung

ist  der  erstinstanzliche  Bescheid  –  durch  Zurückziehung  der  Berufung  –                   in  Rechtskraft  erwachsen.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Die belangte Behörde hat mit dem in der Präambel zitierten Bescheid                     dem/den nunmehrigen Berufungswerber (Bw) gemäß §§ 24 Abs.1, 24 Abs.3,                    7 Abs.1,  7 Abs.3 Z.6,  7 Abs.3 Z.9,  25 Abs.1,  25 Abs.3,  30  und  32 Abs.1  FSG

-          die Lenkberechtigung für die Klassen AV, A, B, B + E, C1, C1 + E, C,               C + E,  D und F wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit für die Dauer von                fünf Jahren – ohne Einrechnung von Haftzeiten – gerechnet ab Zustellung  des  erstinstanzlichen  Mandatsbescheides  (= 25.9.2006)  entzogen

-          bis zum Ablauf der Entziehungsdauer das Lenken eines Motorfahrrades             und  eines  vierrädrigen  Leichtkraftfahrzeuges  verboten

-          bis zum Ablauf der Entziehungsdauer das Recht aberkannt, von einer            allfällig erworbenen ausländischen Lenkberechtigung in Österreich Gebrauch zu  machen

-          verpflichtet,  vor  Wiedererteilung  der  Lenkberechtigung

-             ein von einem Amtsarzt erstelltes Gutachten über die gesundheitliche      Eignung  gemäß  § 8 FSG   sowie

      -     eine  verkehrspsychologische  Stellungnahme

      beizubringen.

Gemäß § 64 Abs.2 AVG wurde einer allfällig eingebrachten Berufung die aufschiebende  Wirkung  aberkannt.

 

Gegen diesen Bescheid hat der Bw innerhalb offener Frist die begründete Berufung vom  20.7.2007  eingebracht.

 

Hierüber hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich (UVS) durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Mitglied (§ 67a Abs.1 AVG) erwogen:

 

Am 12.9.2007 wurde beim UVS eine öffentliche mündliche Verhandlung (mVh) durchgeführt, an welcher der Bw, dessen Rechtsvertreter sowie ein Vertreter der belangten  Behörde  teilgenommen  haben.

 

Bei der mVh hat der Bw betreffend die Beibringung eines amtsärztlichen Gutachtens   sowie  einer verkehrspsychologischen  Stellungnahme  die  Berufung  zurückgezogen.

 

Betreffend  die  Beibringung

-          eines  amtsärztlichen Gutachtens   sowie

-          einer  verkehrpsychologischen  Stellungnahme

ist  somit  der  erstinstanzliche  Bescheid  in  Rechtskraft  erwachsen.

 

Aus dem Verfahrensakt sowie der mVh ergibt sich folgender entscheidungsrelevanter Sachverhalt:

 

Der Bw hat am 11.7.2006 gegen 01.15 Uhr durch das geöffnete Schlafzimmerfenster seines Hauses in O. mit seinem Kleinkalibergewehr einen Schuss (oder auch mehrere Schüsse) auf einen vorbeifahrenden Mopedlenker abgegeben, wodurch           die am Sozius mitfahrende – damals 13-jährige – Frau T. K. einen Rückenschuss  mit  Durchschuss  der  Lunge  erlitt.

Der Bw wurde mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichtes Wels als Geschworenengericht vom 12.4.2007, 24 Hv 2/07i wegen dem Vergehen der schweren Körperverletzung nach §§ 83 Abs.1, 84 Abs.1 und 84 Abs.2 Z.1 StGB               zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren – davon 8 Monate unbedingt und                         16 Monate  bedingt  auf  drei Jahre  –  verurteilt.

 

Der UVS als Behörde II. Instanz in Angelegenheiten der Entziehung der Lenkberechtigung  ist  an  dieses  rechtskräftige  Gerichtsurteil  gebunden;

VwGH vom 6.4.2006, 2005/11/0214;  vom 6.7.2004, 2002/11/0163; vom 20.2.2001, 98/11/0317;  vom 14.11.1995, 95/11/0215  und  vom 27.6.1995, 95/11/0004;

vgl.  auch  OGH  –  verstärkter  Senat  vom 17.10.1995,  1 Ob 612/95

 

Gemäß § 24 Abs. 1 Z. 1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit die Lenkberechtigung  zu  entziehen.

 

Gemäß § 25 Abs. 1 FSG ist bei der Entziehung auch auszusprechen,                              für  welchen  Zeitraum  die  Lenkberechtigung  entzogen  wird.

Dieser ist aufgrund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens festzusetzen.

Gemäß § 25 Abs. 3 FSG ist bei einer Entziehung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit (§ 7) eine Entziehungsdauer von mindestens drei Monaten festzusetzen. 

Wurden Anordnungen gem. § 24 Abs. 3 FSG  –  im vorliegenden Fall:  Beibringung eines amtsärztliches Gutachten und einer verkehrspsychologischen Stellungnahme – getroffen,  so  endet  die  Entziehungsdauer  nicht  vor  Befolgung  der  Anordnung.

Gemäß § 7 Abs.1 Z1 FSG gilt eine Person als verkehrszuverlässig, wenn nicht aufgrund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs. 3) und ihrer Wertung (Abs. 4) angenommen werden muss, dass sie aufgrund ihrer Sinnesart beim Lenken                   von KFZ die Verkehrssicherheit insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten                im  Straßenverkehr  gefährden  wird.

 

Gemäß § 7 Abs.3 Z.9 FSG hat als bestimmte Tatsache iSd Abs.1 zu gelten, wenn jemand eine strafbare Handlung gegen Leib und Leben gem. § 84 StGB begangen hat.

 

Gemäß § 7 Abs. 4 FSG sind für die Wertung der in Abs. 3 leg.cit. angeführten Tatsachen deren Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse unter denen               sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während  dieser  Zeit  maßgebend.

 

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bilden bei der Beurteilung der Verkehrszuverlässigkeit (allfällige) berufliche, wirtschaftliche, persönliche und familiäre Nachteile, welche mit der (Dauer der) Entziehung der Lenkberechtigung verbunden sind,  kein wie immer geartetes Beweisthema;

Erkenntnisse v. 30.5.2001, 2001/11/0081;  vom 23.4.2002, 2000/11/0182;

vom 11.4.2002, 99/11/0328;  vom 28.9.1993, 93/11/0142 mit Vorjudikatur;

vom 25.2.2003, 2003/11/0017;  vom 4.10.2000, 2000/11/0176  uva.

 

Bei der Entziehung der Lenkberechtigung handelt es sich um keine Strafe, sondern um eine administrative Maßnahme zum Schutz der anderen Verkehrsteilnehmer oder sonstiger  Rechtsgüter  vor  verkehrsunzuverlässigen  KFZ-Lenkern;

VfGH vom 14.3.2003, G203/02; vom 11.10.2003, B1031/02; vom 26.2.1999, B 544/97

VwGH vom 18.3.2003, 2002/11/0062; vom 22.11.2002, 2001/11/0108; vom 23.4.2002,

            2000/11/0184; vom 22.2.2000, 99/11/0341 mwH; vom 6.4.2006, 2005/11/0214

 

Betreffend die Festsetzung der Entziehungsdauer wird auf die Rechtssprechung            des  VwGH  in  vergleichbaren  Fällen  verwiesen:

Erkenntnis vom 26.2.2002, 2001/11/0379: Verkehrsunzuverlässigkeit von zwei Jahren

Erkenntnis vom 12.4.1999, 99/11/0042: Verkehrsunzuverlässigkeit von zwei Jahren

Erkenntnis vom 17.11.1992, 91/11/0156: Verkehrsunzuverlässigkeit von 30 Monaten

Erkenntnis vom 6.9.1994, 93/11/0032: Verkehrsunzuverlässigkeit von ca. drei Jahren.

 

Im  oa. Urteil  des  Landesgerichtes  Wels  wurde  als

-          mildernd:  die  bisherige  Unbescholtenheit  des  Bw

-          erschwerend:  die zweifache Qualifikation der strafbaren Handlung sowie             die  als  überaus  heimtückisch  zu  bezeichnende  Vorgangsweise  des  Bw

gewertet.

 

Dies  ist  ebenfalls  bei  Festsetzung  der  Entziehungsdauer  zu  berücksichtigen.

 

Der Bw war im Zeitpunkt der Tat zwar nicht Verkehrsteilnehmer, er hat jedoch                auf ein vorbeifahrendes Moped – über dessen Lautstärke er sich offensichtlich geärgert hat – mit dem Kleinkalibergewehr geschossen und dabei die am Beifahrersitz sich befindliche, damals 13-jährige, Frau T. K. getroffen, welche –            wie  dargelegt  –  einen  Steckschuss  im  Brustkorb  erlitten  hat.

 

Der Bw hat die – siehe Gerichtsurteil – überaus heimtückische Tat an einer Verkehrsteilnehmerin begangen, sodass ein Zusammenhang mit dem Verkehrsgeschehen  bzw.  Verkehrsrecht  vorliegt!

 

Von Kraftfahrzeuglenkern muss wegen der im Straßenverkehr häufig auftretenden Konfliktfälle  eine  nicht  zu  Gewalttätigkeiten  neigende  Sinnesart  verlangt  werden;

VwGH  vom  26.2.2002,  2001/11/0379  mit  Vorjudikatur  ua.

 

Unter Berücksichtigung der zitierten Judikatur des VwGH sowie der überaus heimtückischen Vorgangsweise des Bw gegenüber einer Verkehrsteilnehmerin                  ist daher eine Entziehungsdauer von zwei Jahren – gerechnet ab Zustellung                 des erstinstanzlichen  Mandatsbescheides  (= 25. September 2006)  – somit                   bis  einschließlich  25. September 2008  festzusetzen.

 

Personen, welche nicht iSd § 7 FSG verkehrszuverlässig sind, ein Motorfahrrad             oder ein vierrädriges Leichkraftfahrzeug zu lenken, hat die Behörde gemäß                    § 32 Abs.1 Z.1 FSG  das  Lenken  eines  derartigen  KFZ  ausdrücklich  zu  verbieten.

 

Dem Bw war daher das Lenken eines Motorfahrrades oder eines vierrädrigen Leichtkraftfahrzeuges bis zum Ablauf der nunmehr festgesetzten Entziehungsdauer  (=  bis  einschließlich  25. September 2008)  zu  verbieten.

 

Gemäß § 30 Abs.1 FSG kann Besitzern von ausländischen Lenkberechtigungen            das Recht aberkannt werden, von ihrem Führerschein in Österreich Gebrauch zu machen,  wenn  Gründe  für  eine  Entziehung  der  Lenkberechtigung  vorliegen.

Nach der Judikatur des VwGH (Erkenntnis vom 17.3.2005, 2005/11/0057)                     kann gemäß § 30 Abs.1 FSG auch das Recht aberkannt werden, von einer allfällig bestehenden ausländischen Lenkberechtigung auf die Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung  in  Österreich  Gebrauch  zu  machen.

 

Die belangte Behörde hat das Lenkverbot nach § 30 Abs.1 FSG nicht                                im  Mandatsbescheid,  sondern  erst  im  Vorstellungs-Bescheid   ausgesprochen.

Dass der Mandatsbescheid der Erstbehörde das Lenkverbot nach § 30 Abs.1 FSG noch nicht enthielt, macht den diesbezüglichen Ausspruch im erstinstanzlichen Vorstellungs-Bescheid  nicht  rechtswidrig;

siehe  dazu  ausführlich  VwGH  vom  21.1.1997,  95/11/0396.

 

Dem Bw war daher bis zum Ablauf der nunmehr festgesetzten Entziehungsdauer          (= bis einschließlich 25. September 2008) das Recht abzuerkennen, von einer allfällig erworbenen  ausländischen  Lenkberechtigung  in  Österreich  Gebrauch  zu  machen.

 

Die Behörde kann iSd § 64 Abs. 2 AVG die aufschiebende Wirkung einer Berufung immer dann ausschließen, wenn die Lenkberechtigung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit entzogen wird; 

siehe die in Walter-Thienel, Verwaltungsverfahren, 2. Auflage, E24 zu § 64 AVG                     (Seite 1222f) zitierten zahlreichen VwGH-Entscheidungen  sowie die Beschlüsse des

VfGH vom 21.10.2005, B 1282/05 und des VwGH vom 6.10.2005, AW 2005/11/0053.

 

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden. 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

1.  Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

           Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

2.      Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren von 13,20 Euro angefallen.

 

 

 

 

 

Mag. Kofler

 

Beschlagwortung:

§ 84 StGB iZm. Verkehrsgeschehen

Entziehungsdauer

 

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