Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-550358/3/Kü/Rd/Hu VwSen-550360/4/Kü/Rd/Hu

Linz, 14.09.2007

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Thomas Kühberger über die Anträge der H & F Baugesellschaft mbH & Co KG,  vertreten durch F H & Partner Rechtsanwälte GmbH, H, S, vom 6.9.2007 und der Bietergemeinschaft T AG, Niederlassung Oberösterreich, P GmbH, Niederlassung Oberösterreich, vertreten durch Rechtsanwalt MMag. Dr. C C, M, W,  vom 7.9.2007 auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung im Vergabeverfahren des Landes Oberösterreich, Abt. Strategische Straßenplanung und Netzausbau, betreffend das Vorhaben "B 139 Kremstalstraße km 12,493 bis 12,876 – Baulos Umfahrung Haid Westspange-Dammstraße", zu Recht erkannt:

 

Den Anträgen wird stattgegeben und dem Auftraggeber Land Oberösterreich  die Erteilung des Zuschlags bis zur Entscheidung in diesem Nachprüfungs­verfahren, längstens aber bis  7. November 2007, untersagt.

 

Rechtsgrundlage:

§§ 1, 2, 8 und 11 Oö. Vergaberechtsschutzgesetz – Oö. VergRSG, LGBl. Nr. 130/2006.

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Eingaben  vom 6.9.2007 bzw 7.9.2007 beantragten die H & F Baugesellschaft mbH & Co KG und die Bietergemeinschaft T AG, P GmbH die Durchführung eines Nachprüfungs­verfahrens sowie die Erlassung einer einstweiligen Verfügung, dem Auftraggeber die Zuschlagserteilung bis zur Entscheidung im Nachprüfungsverfahren, längstens aber für die Dauer von zwei Monaten, zu untersagen und den Ersatz der entrichteten Pauschalgebühren.

 

1.1. Die H & F Baugesellschaft mbH & Co KG führte im Wesentlichen begründend aus, dass der Auftraggeber eine Ausschreibung betreffend den Ausbau der B 139 Kremstalstraße im Baulos "Westspange Dammstraße Umfahrung Haid" durchführe. Die zu vergebende Baumaßnahme sei in einem offenen Verfahren nach den für  Bauaufträge im Unterschwellenbereich geltenden Bestimmungen ausgeschrieben worden. Die Antragstellerin habe genauso wie die H. B GmbH ein Angebot gelegt.

In den Ausschreibungsunterlagen sei festgehalten worden, dass die Vergabe nach dem Billigstbieterprinzip erfolge und dass Abänderungsanbote sowie Alternativangebote unzulässig seien. Zur Eignung der Bieter sei in Pkt. B 05 festgehalten, dass die Bieter zur Ausführung der ausgeschriebenen Leistung berechtigt und eine dem Leistungsumfang entsprechende Leistungsfähigkeit, Sachkenntnis und Erfahrung besitzen müssen. Als Nachweis der Eignung hätten die Bieter die Eignung (Sachkenntnis und Erfahrung) des Unternehmens sowie  des eingesetzten Schlüsselpersonals über eine Referenzliste der in den letzten fünf Jahren erbrachten Bauleistungen zu erbringen. Diese Festlegungen würden auch für Subunternehmer bzw Subunternehmerleistungen gelten. Werde die technische Leistungsfähigkeit nur unter Zuhilfenahme von Subunternehmer erbracht, so seien bei sonstigem Ausscheiden des Angebotes diese Subunternehmer bereits im Angebot namhaft zu machen.

Die Angebotseröffnung habe am 20.7.2007 stattgefunden und habe diese ergeben, dass die Firma B mit einem Nettoangebotspreis von 1,574.602,57 Euro das billigste Angebot gelegt habe. Das Angebot der Antragstellerin liege mit 1,86 % hinter dem Billigstbieter.

 

Das Angebot der H. B GmbH hätte jedoch ausgeschieden werden müssen, weil diesem Unternehmen die zur Erbringung der Leistung erforderliche Leistungsfähigkeit, Sachkenntnis und Erfahrung fehle, dies insbesondere deshalb, weil  zu den ausgeschriebenen Leistungen auch Brückenbauarbeiten gehören. Die H. B GmbH könne die technische Leistungsfähigkeit nur im Wege von Subunternehmern darstellen. Die H. B GmbH habe jedoch entgegen den Ausschreibungsbedingungen die notwendigen Subunternehmer zumindest zum Teil nicht bereits gemeinsam mit dem Angebot bekannt gegeben, oder aber keine Nachweise hinsichtlich der genannten Subunternehmer vorgelegt, sodass allein dies schon zum Ausscheiden des Angebots der H. B GmbH hätte führen müssen.

 

Mit Schreiben vom 27.7.2007 habe die ausschreibende Stelle von der Antragstellerin schriftliche Aufklärung zu drei Positionen gefordert. Dieser Aufforderung wurde am 1.8.2007 nachgekommen und die entsprechenden Kalkulationsformblätter K7 vorgelegt. Die ausschreibende Stelle habe am 31.8.2007 mitgeteilt, dass Verführen im Baulos nur das Abtragen und Verführen des im Eigentum des Auftraggebers befindlichen Materials innerhalb des Bauloses beinhalte. Da die Bieterin bekannt gegeben habe, dass das Material aufbereitet und von ihr anderweitig verwendet werde, handle es sich bei ihrem Angebot um ein Abänderungsangebot, welches gemäß den Ausschreibungsbedingungen unzulässig und daher auszuscheiden gewesen sei. Am 31.8.2007 sei der Antragstellerin auch bekannt gegeben worden, dass beabsichtigt sei, den Zuschlag der H. B GmbH als Billigstbieterin zu erteilen.

Dieser fehle jedoch die erforderliche Eignung zur Erbringung der Leistung.

 

Die Antragstellerin bekämpfe die gesondert anfechtbare Entscheidung über das Ausscheiden ihres Angebots sowie die Zuschlagsentscheidung vom 31.8.2007 jeweils zugestellt am 31.8.2007.

 

Durch die Rechtswidrigkeit der angefochtenen Entscheidung sei die Antragstellerin in ihrem Recht, dass ihr Angebot nicht ohne Vorliegen der gesetzlich geregelten Ausscheidungsgründe ausgeschieden worden sei sowie in ihrem Recht auf Zuschlagserteilung und in ihrem Recht auf Ausscheiden der vor ihr gereihten ausschreibungswidrigen Angebote sowie auch in ihrem Recht auf Gleichbehandlung im Vergabeverfahren verletzt. Bei richtiger rechtlicher Beurteilung hätte das Angebot der Antragstellerin nicht als unzulässiges Abänderungsangebot qualifiziert und daher nicht ausgeschieden werden dürfen. Vielmehr hätte bei korrekter Prüfung der Angebote der anderen Bieter, insbesondere das Angebot der H. B GmbH mangels Eignung dieser Bieterin und mangels Erfüllung der Bedingungen der Ausschreibung und mangels Bekanntgabe der notwendigen Subunternehmer ausgeschieden werden müssen.

 

Zur rechtswidrigen Zuschlagsentscheidung führt die Antragstellerin aus, dass es der H. B GmbH an der erforderlichen Eignung und Leistungsfähigkeit fehle und daher auf Subunternehmer angewiesen sei, welche jedoch nicht gemeinsam mit den Angebot genannt worden seien. Zu den ausgeschriebenen Straßenbauarbeiten gehöre die Errichtung eines Kreisverkehrs samt den erforderlichen Anschlüssen. Dieser Kreisverkehr sei mittels einer zweischichtigen Betondecke auszuführen. Die Firma B habe bisher nie eine solche Betondecke errichtet und für dieses Gewerk auch keine Subunternehmer angegeben. Des weiteren beinhalte die Ausschreibung auch Brückenbauarbeiten, wo auch Schlosserarbeiten dazugehören. Der H. B GmbH fehlen jedoch die erforderlichen Gewerbeberechtigungen zur Erbringung dieser wesentlichen Teilleistungen. Subunternehmer seien weder namhaft gemacht noch seien in diesem Zusammenhang die Festlegungen in B 05 erfüllt worden. Des weiteren seien auch Leitschienen zu liefern und zu versetzen, Fahrbahnübergänge zu liefern und zu montieren, Pflaster- und Entwässerungs­arbeiten zu erbringen sowie Leistungen aus dem Bereich Garten- und Landschaftsbau durchzuführen. Auch hiefür fehle der H. B GmbH die erforderliche Eignung und Leistungsfähigkeit und habe sie diesbezüglich auch keine Subunternehmer angegeben.       

 

Durch die vorliegende Rechtswidrigkeit drohe der Antragstellerin infolge ihrer Nichtberücksichtigung ein entgangener Gewinn in Höhe von kalkuliert 6 % des Auftragsvolumens, sohin netto 96.235,06 Euro. Weiters seien der Antragstellerin durch die Angebotslegung Kosten in Höhe von 5.000 Euro entstanden. Das Interesse der Antragstellerin am Vertragsabschluss sei durch die Abgabe eines gesetzes- und ausschreibungskonformen Angebots dargelegt worden.

 

Zum Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung führt die Antragstellerin aus, dass der Untersagung der Zuschlagsentscheidung (gemeint wohl: Zuschlags­erteilung) keine schwerwiegenden Interessen der sonstigen Bewerber oder des Auftraggebers entgegenstehen würden. Es bestehe auch kein besonderes öffentliches Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens. Die Möglichkeit eines Nachprüfungsverfahrens müsse vom Auftraggeber vielmehr von vornherein mitberücksichtigt werden. Im Zuge der vorzunehmenden Interessensabwägung sei zu berücksichtigen, dass der Antragstellerin im Fall der Zuschlagserteilung an die H. B GmbH zumindest die eingangs dargestellten Schäden entstehen würden. Eine weitere drohende Schädigung bestehe auch im Entgang von Referenzen für Folgeprojekte. Aus den oben dargelegten Gründen wäre die Zuschlagsentscheidung an die H. B GmbH rechtswidrig und sei es daher unbedingt erforderlich, der unmittelbar drohenden Schädigung durch die Erlassung der beantragten einstweiligen Verfügung vorzubeugen.

 

1.2. Die Bietergemeinschaft T AG, P GmbH führte im Wesentlichen begründend aus, dass sich der Nachprüfungsantrag gegen die Zuschlagsentscheidung vom 31.8.2007 richte und die damit verbundene Entscheidung, das Angebot der H. B GmbH in diesem Vergabeverfahren nicht auszuscheiden.

Die Antragstellerin erachte sich in ihrem Recht auf Zuschlagsentscheidung zu ihren Gunsten einschließlich Zuschlagserteilung, auf Ausscheiden der präsumtiven Billigstbieterin, auf eine vergaberechtskonforme Angebotsprüfung sowie auf Gleichbehandlung und Durchführung eines fairen und lauteren Vergabeverfahrens, insbesondere bei Angebotsprüfung und Zuschlagsentscheidung verletzt.

Nach Zitierung der Punkte B.05 Eignung, B.06 Subunternehmer, C.03 Subunternehmerleistungen verweist die Antragstellerin auf die Leistungsgruppen 01 01 16 Bituminöse Trag- und Deckschichten (= Asphaltierungsarbeiten), 01 01 17 Betondecken, zementstabilisierte Tragschichten (= Betondeckenfertigung) und Brückenbau/Beton-, Stahlbeton- und Mauerungsarbeiten (02 01 06, LG 02 02 06 und LG 02 03 06) und Brückenbau – Bituminöse Trag- und Deckschichten (LG 02 01 16, LG 02 02 16, LG 02 03 16) und auf die Pflasterarbeitsleistungen (LG 180401 K und 180403 C, LV S 1231).

Auf Basis ihres Angebots ergebe sich folgende relative Bedeutung dieser Leistungsgruppen:

-          Bituminöse Trag- und Deckschichten sowie Betondecken, zementstabilisierte Tragschichten: 31,8% des Gesamtpreises;

-          Sipbachbrücke (Beton, Stahlbeton- und Mauerungsarbeiten sowie bituminöse Trag- und Deckenschichten: 7,4 % des Gesamtpreises;

-          Mühlbachbrücke (Beton-, Stahlbeton- und Mauerungsarbeiten): 8,2 % des Gesamtpreises;

-          Traunbrücke (Beton-, Stahlbeton- und Mauerungsarbeiten sowie bituminöse Trag- und Deckenschichten): 0,3 % des Gesamtpreises

In Summe: 45 % des Gesamtpreises.

 

Von der Antragstellerin wurde ein ausschreibungskonformes Angebot gelegt. Nach der Angebotsöffnung habe sich folgende Reihung ergeben, und zwar 1. H. B GesmbH (1,574.602,57 Euro), 2. H & F (1,603.917,73 Euro), 3. Bietergemeinschaft P T (1,665.379,41 Euro). Im Übrigen sei im Rahmen der Angebotseröffnung neben dem Preis auch die jeweils dem Angebot angeschlossenen Beilagen, wie insbesondere EDV-Angebot, Diskette, K-Blätter, Bieterlückenverzeichnis, Führungsbestätigung, Referenzliste sowie Subunter­nehmererklärungen verlesen worden.

 

Bei der in Aussicht genommenen Billigstbieterin sei zwar das Vorliegen einer Referenzliste und Führungsbestätigung, jedoch nicht das Vorliegen von Subunternehmererklärungen/Verfügbarkeitserklärungen verlesen worden. Es sei daher davon auszugehen, dass zum Zeitpunkt der Angebotsöffnung keine Subunternehmererklärungen/Verfügbarkeitserklärungen vorgelegt worden seien. Die Leistungsfähigkeit sei sohin ausschließlich auf Basis der Leistungsfähigkeit der Billigstbieterin zu prüfen gewesen. Mit Schreiben vom 31.8.2007 sei die Antragstellerin über die beabsichtigte Zuschlagsentscheidung zu Gunsten der H. B GmbH in Kenntnis gesetzt worden.

 

Die Recherchen bzw die Kenntnis der Antragstellerin über die H. B GmbH habe ergeben, dass diese selbst nicht über die ausreichende technische Leistungsfähigkeit für wesentliche Teile der gegenständlichen Ausschreibung verfüge. Da sie keine Subunternehmererklärung/Verfügbarkeitserklärung zum Zeitpunkt der Angebotsöffnung vorgelegt habe, sei diese fehlende Leistungsfähigkeit auch nicht durch Dritte zu beheben. Ihr Angebot wäre daher auszuscheiden gewesen.

 

Die Zuschlagsentscheidung zugunsten eines auszuscheidenden Unternehmens sei rechtswidrig und für nichtig zu erklären. Der Auftraggeber wäre verpflichtet gewesen, im Rahmen der Angebotsprüfung festzustellen, dass die H. B GmbH nicht über die ausreichende Leistungsfähigkeit verfüge und hätte deren Angebot nicht in die Beurteilung zur Bestbieterermittlung heranziehen dürfen. Richtigerweise hätte  die Entscheidung unter Außerachtlassung des Angebots der präsumtiven Billigstbieterin getroffen werden müssen. In diesem Fall sei es nicht unwahrscheinlich, dass die Zuschlagsentscheidung zugunsten der Antragstellerin gefallen wäre, da die Antragstellerin – nach dem Ergebnis der Angebotseröffnung – an dritter Stelle und nicht allzu weit entfernt von der zweitgereihten Bieterin gelegen sei.   

 

Durch die Abgabe eines rechtsverbindlichen Angebots sei das Interesse der Antragstellerin am gegenständlichen Auftrag dokumentiert. Würde der Auftrag – rechtswidrig – erteilt, wären Angebotskosten von ca. 500 Euro frustriert und entginge ein Erfüllungsinteresse (Erlös minus Herstellkosten) von zumindest 118.000 Euro. Des weiteren handle es sich beim gegenständlichen Auftrag um einen technisch interessanten Auftrag, der auch für vergleichbar technisch schwierige Aufträge als   Referenzauftrag herangezogen werden könne.  Darüber hinaus würde der Auftrag auch die Auslastung unserer Niederlassungen in Oberösterreich zum Teil über Monate bedeuten.

 

Zum Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung führte die Antragstellerin aus, dass der Erlassung weder Interessen des Auftraggebers noch ein sonstiges dringliches öffentliches Interesse entgegenstehen würden. Interessen Dritter seien ebenfalls nicht beeinträchtigt. Eine allfällige durch das Nachprüfungsverfahren hervorgerufene Fristverzögerung sei dem Auftraggeber zuzurechnen.

 

2. Der Oö. Verwaltungssenat hat das Land Oberösterreich, Abt. Strategische Straßenplanung und Netzausbau als Auftraggeber an den Nachprüfungs­verfahren beteiligt. Eine Stellungnahme zu den Anträgen auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung ist nicht eingelangt.

 

3.  Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

3.1. Gemäß § 1 Abs.1 Oö. Vergaberechtsschutzgesetz (Oö. VergRSG) regelt dieses Landesgesetz den Rechtsschutz gegen Entscheidungen der Auftraggeber in Verfahren nach den bundesrechtlichen Vorschriften auf dem Gebiet des öffentlichen Auftragswesen (Vergabeverfahren), die gemäß Art.14b Abs.2 Z2 B-VG in den Vollzugsbereich des Landes fallen.

 

Gemäß Art.14b Abs.2 Z2 lit.a B-VG ist die Vollziehung Landessache hinsichtlich der Vergabe von Aufträgen durch das Land. Das gegenständliche Nachprüfungs­verfahren unterliegt daher den Bestimmungen des Oö. Vergabe­rechts­schutzgesetzes. 

 

Gemäß § 2 Abs.1 Oö. VergRSG obliegt dem Unabhängigen Verwaltungssenat die Gewährung von Rechtsschutz gemäß § 1 Abs.1 leg.cit.

 

3.2.  Gemäß § 2 Abs.3 Oö. VergRSG ist der Unabhängige Verwaltungssenat bis zur Zuschlagsentscheidung bzw. bis zum Widerruf eines Vergabeverfahrens zum Zweck der Beseitigung von Verstößen gegen die bundesgesetzlichen Vorschriften auf dem Gebiet des öffentlichen Auftragswesens und die dazu ergangenen Verordnungen oder von Verstößen gegen unmittelbar anwendbares Gemeinschaftsrecht zuständig zur Erlassung einstweiliger Verfügungen sowie zur Nichtigerklärung gesondert anfechtbarer Entscheidungen (§ 2 Z16 lit.a BVergG 2006) des Auftraggebers bzw. der Auftraggeberin im Rahmen der vom Antragsteller bzw. der Antragstellerin geltend gemachten Beschwerdepunkte.

 

Die gegenständlichen Anträge sind rechtzeitig und zulässig. Aufgrund der Höhe des Auftragswertes des ausgeschriebenen Bauauftrages sind die Bestimmungen für den Unterschwellenbereich anzuwenden.

 

3.3.   Gemäß § 8 Abs.1 Oö. VergRSG hat der Unabhängige Verwaltungssenat auf Antrag durch einstweilige Verfügung unverzüglich vorläufige Maßnahmen anzuordnen, die nötig und geeignet scheinen, um eine durch die behauptete Rechtswidrigkeit einer gesondert anfechtbaren Entscheidung entstandene oder unmittelbar drohende Schädigung von Interessen des Antragstellers bzw. der Antragstellerin zu beseitigen oder zu verhindern.

 

Gemäß § 11 Abs.1 leg.cit. hat der Unabhängige Verwaltungssenat vor Erlassung einer einstweiligen Verfügung die voraussehbaren Folgen der zu treffenden Maßnahme für alle möglicherweise geschädigten Interessen des Antragstellers bzw. der Antragstellerin, der sonstigen Bewerber oder Bieter bzw. Bewerberinnen oder Bieterinnen und des Auftraggebers bzw. der Auftraggeberin sowie ein allfälliges besonderes öffentliches Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens gegeneinander abzuwägen. Ergibt diese Abwägung ein Überwiegen der nachteiligen Folgen einer einstweiligen Verfügung, ist der Antrag auf ihre Erlassung abzuweisen.

 

Gemäß § 11 Abs.3 leg.cit. ist in einer einstweiligen Verfügung die Zeit, für welche diese Verfügung getroffen wird, zu bestimmen. Die einstweilige Verfügung tritt nach Ablauf der bestimmten Zeit, spätestens jedoch mit der Entscheidung über den Antrag auf Nichtigerklärung, in dem die betreffende Rechtswidrigkeit geltend gemacht wird, außer Kraft.

 

3.4.  Bereits zu der vorausgegangenen sinngemäßen Regelung des Bundes­vergabe­gesetzes 1997 führte Elsner, Vergaberecht (1999), auf Seite 86 aus: Die Entscheidung hängt von einer Abwägung der möglicherweise geschädigten Interessen des Antragstellers und einem allfälligen besonderen öffentlichen Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens ab. Dabei muss es sich um ein "besonderes" öffentliches Interesse handeln. Es wird nämlich (hoffentlich) bei jeder öffentlichen Auftragsvergabe ein öffentliches Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens und Vergabe eines Auftrages bestehen. Aber auch daran, dass Vergabeverfahren fehlerfrei ablaufen, besteht öffentliches Interesse. Eine Nichterlassung einstweiliger Verfügungen wird daher nur bei sonstiger Gefahr für Leib und Leben und besonderer Dringlichkeit zulässig sein. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn besondere Interessen der Daseinsvorsorge gefährdet würden.

 

Art.2 Abs.4 Satz 1 der Rechtsmittelrichtlinie darf nicht fälschlicherweise so ausgelegt werden, dass der vorläufige Rechtsschutz regelmäßig leerläuft. Mit diesem Interesse ist nicht das bei jeder Auftragsvergabe bestehende öffentliche Interesse an der zügigen Abwicklung gemeint. Nach der Beschlusspraxis des EuGH kommt es in der Interessensabwägung maßgeblich darauf an, wer durch sein Verhalten die besondere Dringlichkeit der Auftragsvergabe verursacht hat. Für die öffentlichen Auftraggeber ergibt sich daraus eine echte Obliegenheit zu rechtzeitig geplanten und durchgeführten Beschaffungsvorgängen. Das Rechtsschutzinteresse des diskriminierten Bieters kann insoweit nur vom vorrangigen Schutz überragend wichtiger Rechtsgüter der Allgemeinheit zurückgedrängt werden (vgl. Schenk, Das neue Vergaberecht, 1. Auflage 2001, S. 172f).

 

Auch der Verfassungsgerichtshof hat insbesondere in seiner Entscheidung zu Zl. B 1369/01 vom 15.10.2001 ein öffentliches Interesse im Hinblick auf das Postulat effizienten Einsatzes öffentlicher Mittel in der Sicherstellung einer Auftragserteilung an den tatsächlichen Bestbieter gesehen, dem die Nachprüfung des Vergabe­verfahrens letztlich dienen soll.

 

3.5. In Anbetracht der Tatsache, dass es sich beim gegenständlichen Vorhaben nicht um eine vordringliche Leistungserbringung handelt, kann daraus geschlossen werden, dass eine Gefährdung von Leib und Leben nicht aktuell ist. Auch trifft den Auftraggeber im Hinblick auf die Rechtsnatur des Provisorialverfahrens und auf die allgemeine Mitwirkungspflicht der Parteien im Verwaltungsverfahren die Behauptungslast betreffend die gegen die Erlassung einer einstweiligen Verfügung sprechenden Interessen. Der Auftraggeber hat im Verfahren konkrete, mit der Erlassung der beantragten einstweiligen Verfügung drohende Nachteile nicht dargelegt, sodass davon auszugehen ist, dass die nachteiligen Folgen des vorläufigen Zuschlagsverbotes nicht überwiegen und daher dem Antrag stattzugeben ist (vgl. BVA 1.12.2000, N-56/00-9).

 

Die Antragstellerinnen haben denkmöglich ausgeführt, dass ihnen durch die behauptete Rechtswidrigkeit der Entgang des Auftrages droht, sohin ein Schaden, der nur durch die vorläufige Untersagung der Zuschlagserteilung abgewendet werden kann. Abgesehen von dem vorausgesetzten öffentlichen Interesse an der Vergabe des gegenständlichen Auftrages ist aber ein darüber hinausgehendes besonderes öffentliches Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens weder durch den Auftraggeber vorgebracht worden noch dem Unabhängigen Verwaltungssenat zur Kenntnis gelangt. Vielmehr ist bei der Interessensabwägung iSd Judikatur des Verfassungsgerichtshofes zu berücksichtigen, dass der Auftraggeber ein Interesse an einem rechtmäßigen Vergabeverfahren haben muss. Darüber hinaus ist auf die Rechtsprechung der Vergabe­kontrollinstanzen, dass ein öffentlicher Auftraggeber bei der Erstellung des Zeitplanes für eine Auftragsvergabe die Möglichkeit von Nachprüfungsverfahren und die damit einhergehende Verzögerung ins Kalkül zu ziehen hat, zu verweisen. Dass sich durch die Erlassung einer einstweiligen Verfügung eine Verzögerung der Bedarfsdeckung und ein organisatorischer und finanzieller Mehraufwand ergeben können, liegt in der Natur der Sache. Da - wie bereits erwähnt - kein darüber hinausgehendes besonderes öffentliches Interesse an einem möglichst raschen Vertragsabschluss geltend gemacht wurde und auch nicht auf der Hand liegt, war dem Antrag stattzugeben.

 

Die in den Vorbringen der Antragstellerinnen behaupteten Rechtswidrigkeiten sind zumindest denkmöglich. Eine Überprüfung, ob die behaupteten Rechtswidrigkeiten auch tatsächlich vorliegen, war im Rahmen des Provisorialverfahrens nicht durchzuführen.

 

Die Dauer der Aussetzung der Zuschlagserteilung ergibt sich aus § 11 Abs.3 Oö. VergRSG iVm § 20 Abs.1 Oö. VergRSG.

 

Gemäß § 20 Abs.1 Oö. VergRSG ist über Anträge auf Nichtigerklärung von Entscheidungen eines Auftraggebers bzw. eine Auftraggeberin unverzüglich, spätestens aber zwei Monate nach Einlangen des Antrages zu entscheiden.

 

Für den gegenständlichen Fall bedeutet dies, dass für den  Unabhängigen Verwaltungssenat somit die Möglichkeit besteht, die Aussetzung der Zuschlags­erteilung für zwei Monate, auszusprechen.

 

Die einstweilige Verfügung ist gemäß § 11 Abs.4 Oö. VergRSG sofort vollstreckbar.

 

4. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in der Höhe von jeweils 13,20 Euro angefallen. Entsprechende Zahlscheine liegen bei.

   

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichts­hof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro  zu entrichten.

 

 

 

Mag. Kühberger 

 

 

 

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