Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-150588/13/Lg/Hue

Linz, 25.09.2007

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ewald Langeder nach der am 18. September 2007 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung über die Berufung des C K, O, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Wels-Land vom 23. Mai 2007, Zl. BauR96-45-2006, wegen einer Übertretung des Bundes­straßen-Mautgesetzes 2002 (BStMG) zu Recht erkannt:

 

 

I.                  Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.    

 

II.              Es entfallen sämtliche Verfahrenskosten.   

 

 

Rechtsgrundlage:

Zu  I.:  § 66 Abs. 4 AVG iVm §§ 24, 45 Abs. 1 VStG.

Zu II.:  §§ 64ff VStG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde über den Berufungswerber (Bw) eine Geldstrafe von 400 Euro bzw. eine Ersatzfreiheitsstrafe von 72 Stunden verhängt, weil er als Lenker mit dem PKW mit dem behördlichen Kennzeichen ........ am 21. Dezember 2005, 23.10 Uhr, auf dem mautpflichtigen Autobahnparkplatz Voralpenkreuz der A8 "Innkreisautobahn" bei ABKm 0,600, Marktgemeindegebiet Steinerkirchen an der Traun, Fahrtrichtung Suben, geparkt und somit eine zeitabhängig bemautete Bundesstraße benutzt habe, ohne die vorgeschriebene zeitabhängige Maut (Vignettenpflicht) vor der mautpflichtigen Straßenbenützung ordnungsgemäß durch Anbringen einer Mautvignette am Fahrzeug entrichtet zu haben. Die am Kfz angebrachte Mautvignette sei nicht mit dem Originalkleber angebracht gewesen, wodurch der Selbstzerstörungseffekt bei Ablösen der Vignette verhindert werde. 

 

In der Berufung wird vorgebracht, dass das angefochtene Straferkenntnis formalrechtlich unwirksam sei, da man sich auf Rechtsvorschriften i.d.F. von 2006 beziehe, welche zum Zeitpunkt des angeblichen Verstoßes noch nicht in Kraft getreten gewesen seien. Der gegenständliche Parkplatz sei über nicht-mautpflichtige Landstraßen angefahren worden, wobei die Auffahrt zum Parkplatz im Dezember 2005 nicht über eine Ankündigung der Mautpflicht verfügt habe. Diese sei erst zu einem späteren Zeitpunkt angebracht worden. Falsch sei die ASFINAG-Behauptung, dass gem. § 3 Bundesstraßen-Mautgesetz Autobahnraststätten Teil des hochrangigen Straßennetzes sei, da diese Bestimmung den Titel "Mautgläubiger" trage. Die Ausführungen in der Begründung des angefochtenen Bescheides zu den Bestimmungen des Teils A Punkt 7.2 der Mautordnung seien inkorrekt, da sich lediglich Punkt 2 auf Zweimonatsvignetten beziehen würden. Die Vignette sei ordnungsgemäß mitgeführt und sichtbar hinterlegt worden.    

 

Aus dem Akt ist ersichtlich:

 

Dem Akt liegt eine Anzeige der ASFINAG vom 22. Dezember 2005 zugrunde. Die Lenkeranzeige enthält den gegenständlichen Tatvorwurf. Demnach sei am Kfz "eine Mautvignette nicht mit dem Originalkleber angebracht, wodurch der Selbstzerstörungseffekt bei Ablösen der Vignette verhindert wird". Weiters findet sich der Hinweis: "Jahresvignette 2005 Nr. 26140767 nicht geklebt!".   

 

Nach Strafverfügung vom 21. März 2006 rechtfertigte sich der Bw im Wesentlichen wie in Teilen der später eingebrachten Berufung.

 

Einer zusätzlichen ASFINAG-Stellungnahme vom 28. April 2006 wird auf die bestehende Rechtslage verwiesen, insbesondere darauf, dass gem. § 3 BStMG auch Autobahnrastplätze Teil des hochrangigen Straßennetzes seien. Weiters wird mitgeteilt, dass gem. § 19 Abs. 3 BStMG eine Ersatzmautangebot am Kfz hinterlassen worden sei.

 

Dazu äußerte sich der Bw im Wesentlichen wie in der bisherigen Stellungnahme.

 

Der Akt schließt mit dem angefochtenen Straferkenntnis und der daraufhin eingebrachten Berufung.

 

4. In der öffentlichen mündlichen Verhandlung wurde von der Vertreterin des Bw zunächst vorgebracht, dass der Bw über das niederrangige Straßennetz zum gegenständlichen Parkplatz gefahren sei, um im dortigen Hotel zu übernachten. Der Arbeitgeber des Bw habe in der Nähe irgendwo auf der Bahnstrecke zwischen Wels und Linz eine Baustelle gehabt. Der Bw sei schon öfters in der Gegend bzw. auf dieser Baustelle tätig gewesen. Daraus erkläre sich, dass dem Bw die Zufahrt auf den Parkplatz über das niederrangige Straßennetz bekannt sei. Die Schranke sei bei der Zufahrt zum Hotel geöffnet gewesen. Zum gegenständlichen Zeitpunkt sei das informelle Schild des Hotelbetreibers, welches über die Mautpflicht aufmerksam mache, nicht angebracht gewesen. Dies sei ihr anlässlich eines Telefonats mit dem Betreiber des Hotels bestätigt worden. Ob dem Bw die Mautpflicht von Parkplätzen überhaupt bekannt gewesen sei, sei nicht bekannt. Die mitgeführte Jahresvignette sei deshalb nicht aufgeklebt worden, da dies lt. Mautordnung nicht erforderlich sei und er die beim ADAC gekaufte Vignette über das Jahr über noch nicht genutzt habe. Der Bw fahre grundsätzlich nicht über die Autobahn sondern über das niederrangige Straßennetz nach Wels. Er habe die Vignette gekauft, da er leidenschaftlicher Skifahrer sei, es sei ihm das Skifahren aber in diesem Jahr aus gesundheitlichen Gründen nicht möglich gewesen. Der Kauf von Tagesvignetten sei für dieses Hobby nicht ausreichend gewesen.

 

Der Meldungsleger sagte in seiner zeugenschaftlichen Einvernahme aus, dass ihm nicht bekannt sei, ob eine offizielle oder informelle Beschilderung auf die gegenständliche Mautpflicht aufmerksam mache. Glaublich sei im Jahr 2005 die gegenständliche Schranke stets geschlossen gewesen, welche sich erst nach Betätigung der Klingel öffne. Es sei zwar nicht unmöglich, dass irrtümlich einmal die Schranke geöffnet gewesen sei, grundsätzlich sei die Schranke aber immer geschlossen. Zum Kontrollzeitpunkt sei aber nicht darauf geachtet worden. Die Zufahrt über das niederrangige Straßennetz sei dermaßen kompliziert, dass es qualifizierter Ortskenntnisse bedürfe, um den Parkplatz zu finden. Selbst der Zeuge habe Schwierigkeiten, den Weg zu finden. Insbesondere würden auch Hinweiszeichen für das Hotel fehlen. 

 

Der Verhandlungsleiter machte darauf aufmerksam, dass aus einem analogen Fall Fotos von der gegenständlichen Schranke aus dem Jahr 2006 im Akt vorliegen, welche zeigen, dass zwar ein informelles, nicht jedoch ein formelles Schild auf die Mautpflicht des Parkplatzes hinweist.

 

Beantragt wurde die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens, da der Bw über das niederrangige Straßennetz zugefahren sei und kein offizielles Hinweisschild auf die Mautpflicht aufmerksam gemacht habe. Gegenteiliges habe auch nicht in der öffentlichen mündlichen Verhandlung nachgewiesen werden können. Zusätzlich werde nochmals auf Punkt 7.2 der Mautordnung hingewiesen, wonach ein Nichtaufkleben der Vignette zulässig sei. 

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

 

5.1. Gemäß § 10 Abs. 1 BStMG unterliegt die Benützung von Mautstrecken mit einspurigen Kraftfahrzeugen und mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstes zulässiges Gesamtgewicht nicht mehr als 3,5 t beträgt, der zeitabhängigen Maut.

 

Gemäß § 11 Abs. 1 BStMG ist die zeitabhängige Maut vor der Benützung von Mautstrecken durch Anbringen einer Mautvignette am Fahrzeug zu entrichten.

 

Gemäß § 20 Abs. 1 BStMG ("Mautprellerei") begehen Kraftfahrzeuglenker, die Mautstrecken benützen, ohne die nach § 10 geschuldete zeitabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben, eine Verwaltungsübertretung und sind mit Geldstrafe von 400 Euro bis 4.000 Euro zu bestrafen.

 

§ 19 Abs. 1 BStMG ("Ersatzmaut") bestimmt, dass in der Mautordnung für den Fall der nicht ordnungsgemäßen Entrichtung der Maut eine Ersatzmaut festzusetzen ist, die den Betrag von 300 Euro einschließlich Umsatzsteuer nicht übersteigen darf.

 

Gemäß Punkt 7.2 der Mautordnung (Version 10; "Zulässigkeit des bloßen Mitführens") ist die Vignette bei Kraftfahrzeugen, die typengenehmigt ohne Windschutzscheibe ausgestattet sind, bloß mitzuführen. Gleiches gilt, falls Windschutzscheiben aufgrund eines technischen Zertifikates des Herstellers in keinen Kontakt mit dem Vignettenkleber gebracht werden dürfen, sofern ein fahrzeugbezogenes Freigabeschreiben bis 31.12.2004 der ÖSAG sowie ab 1.1.2005 die ASFINAG Maut Service GmbH (siehe Information bei Punkt 13) im Original mitgeführt wird.

Bei Kraftfahrzeugen, die ein Probefahrt- oder Überstellungskennzeichen führen, ist anstelle des direkten Anklebens auch das getrennte Mitführen einer ordnungsgemäß entwerteten Zweimonatsvignette gestattet (siehe jedoch Punkt 1).

Bei Abstellen und Verlassen des Kraftfahrzeuges (so im Bereich von am mautpflichtigen Straßennetz befindlichen Raststätten) ist generell die Vignette von außen leicht sicht- und kontrollierbar im Kraftfahrzeug zu hinterlegen. Bei Nichtbeachtung wird der Tatbestand der Mautprellerei (siehe Punkt 10) verwirklicht.

 

Gemäß § 3 Bundesstraßengesetz 1971 gelten u.a. Parkflächen als Bestandteile der Bundesstraße.

 

5.2. Unstrittig ist, dass der Bw der Lenker, das Kfz zur Tatzeit auf dem gegenständlichen Parkplatz abgestellt und zum Zeitpunkt der Kontrolle keine Mautvignette aufgeklebt war.

 

Zunächst ist festzustellen, dass Autobahnen i.S.v. Punkt 2.1 der Mautordnung ex lege mautpflichtig sind. § 1 Abs. 3 BStMG verpflichtet die Mautgesellschaft, deutlich und rechtzeitig auf mautpflichtige Bundesstraßen hinzuweisen. Die diesbezügliche Beschilderung ist – wegen der ex lege bestehenden Mautpflicht – deklarativ. Die Mautpflichtigkeit der Benützung von Parkflächen besteht unabhängig von der Zufahrtsmöglichkeit außerhalb der "Autobahn i.e.S.", sofern eindeutig ausgewiesen ist, dass eine bestimmte Zufahrt auf eine Autobahn führt (vgl. VwGH 97/06/0232 v. 27.02.1998). Wie aus den im Akt befindlichen Fotoaufnahmen, angefertigt in der ersten Jahreshälfte 2006, ersichtlich ist, befindet sich im Bereich der Einfahrt vom untergeordneten Straßennetz auf den gegenständlichen Parkplatz kein Hinweisschild auf die Mautpflicht i.S.v. Punkt 2.2 der Mautordnung. Eine gegenteilige Feststellung  in Bezug auf den gegenständlichen Tattag konnte auch der als Zeuge einvernommene Meldungsleger nicht treffen. Dies ist gegenständlich relevant, da der Bw behauptet, an diesem Tag vom niederrangigen Straßennetz zugefahren zu sein. Aufgrund des von der Vertreterin des Bw in der öffentlichen mündlichen Verhandlung dargelegten Sachverhaltes (Aufsuchen einer Baustelle des Arbeitgebers des Bw in der Nähe von Wels innerhalb eines größeren Zeitraumes) erscheint es nicht widerlegbar, dass der Bw tatsächlich vom untergeordneten Straßennetz auf den gegenständlichen Parkplatz zugefahren ist. Gegenteilige Anhaltspunkte konnten nicht festgestellt werden. Wegen des Fehlens der Beschilderung i.S.v. Punkt 2.2 der Mautordnung im Bereich der Einfahrt vom untergeordneten Straßennetz war für den Bw die bestehende Mautpflicht des verfahrensgegenständlichen Parkplatzes nicht erkennbar, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war, wobei unerheblich ist, ob die Schranke (eigentlich: das Schiebetor) bereits zum Zeitpunkt des Zufahrens auf den Parkplatz geöffnet war.   

 

Zusätzlich sei der Bw aber darauf hingewiesen, dass die Maut nur dann ordnungsgemäß entrichtet ist, wenn vor Benützung einer mautpflichtigen Strecke die Vignette ordnungsgemäß – unter Verwendung des originären Vignettenklebers – auf das Kfz aufgeklebt wird. Die unter Punkt 7.2 der Mautordnung geregelte "Zulässigkeit des bloßen Mitführens" beschränkt sich lediglich auf jene Fahrzeuge, welche unter diesem Punkt der Mautordnung näher definiert sind. Dass der Bw ein derartiges Kfz gelenkt hat, ist aus dem Ermittlungsverfahren nicht hervorgekommen bzw. wurde vom Bw auch nicht behauptet. 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichts­hof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Langeder

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum