Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-161531/12/Sch/Hu

Linz, 17.09.2007

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Schön über die Berufung des Herrn R H, vertreten durch Herrn Rechtsanwalt Dr. H M, vom 23.7.2006 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Perg vom 11.7.2006, VerkR96-1017-2006, wegen Übertretungen der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO 1960), nach öffentlicher mündlicher Berufungsverhandlung am 12.9.2007  zu Recht erkannt:

 

I.                         Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

 

II.                        Der Berufungswerber hat als Kostenbeitrag zum Berufungsverfahren den Betrag von 42,40 Euro (20 % der verhängten Geldstrafen) zu leisten.

 

Rechtsgrundlagen:

zu  I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 und 19 VStG.

zu II.: §§ 64ff VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Perg vom 11.7.2006, VerkR96-1017-2006, wurde über Herrn R H, P, N, vertreten durch Herrn Rechtsanwalt Dr. H M, V, M, wegen Verwaltungsübertretungen nach 1) § 20 Abs.2 StVO 1960, 2) § 52 lit.a Z10a StVO 1960 und 3) § 18 Abs.1 StVO 1960 Geldstrafen von 1) 50 Euro, 2) 72 Euro und 3) 90 Euro, im Fall der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen von 1) und 2) jeweils 24 Stunden und 3) 48 Stunden, verhängt, weil er

1) am 6.3.2006 um 17.38 Uhr im Gemeindegebiet von Pucking, A25 bei km 0,600 mit seinem Personenkraftwagen mit dem amtlichen Kennzeichen … die auf Autobahnen zulässige Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h um 25 km/h überschritten habe. Die in Betracht kommende Messtoleranz wurde bereits zu seinen Gunsten abgezogen;

2) am 6.3.2006 um 17.39 Uhr im Gemeindegebiet von Pucking, A25 bei km 0,400 mit seinem Personenkraftwagen mit dem amtlichen Kennzeichen … die durch Straßenverkehrszeichen in diesem Bereich kundgemachte zulässige Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h um 30 km/h überschritten habe. Die in Betracht kommende Messtoleranz wurde bereits zu seinen Gunsten abgezogen.

3) am 6.3.2006 um 17.37 Uhr im Gemeindegebiet von Pucking, A25 bei km 3,200 Fahrtrichtung Knoten Haid, zu einem vor ihm am gleichen Fahrstreifen fahrenden Fahrzeug nicht einen solchen Abstand eingehalten habe, dass ein rechtzeitiges Anhalten möglich gewesen wäre. Es wurde mittels Videomessung ein zeitlicher Abstand von 0,48 Sekunden festgestellt.

 

Überdies wurde der Berufungswerber zu einem Kostenbeitrag zum Verfahren in der Höhe von 21,20 Euro verpflichtet.

 

2. Gegen dieses Straferkenntnis hat der Berufungswerber rechtzeitig Berufung erhoben. Vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung hat die Erstbehörde nicht Gebrauch gemacht und die Berufung vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates gegeben.

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Folgendes erwogen:

 

Anlässlich der eingangs angeführten Berufungsverhandlung wurde in die relevante Videoaufzeichnung Einsicht genommen und diese von einem beigezogenen verkehrstechnischen Amtssachverständigen aus fachlicher Sicht erläutert.

Hierauf sind die dem Berufungswerber zur Last gelegten Übertretungen eindeutig erkennbar. Sowohl der zeitweise eingehaltene und bei weitem zu geringe Sicherheitsabstand (Faktum 3. des Straferkenntnisses) als auch die beiden Geschwindigkeitsdelikte sind auf der Aufzeichnung einwandfrei zu erkennen. Das durch die im Polizeifahrzeug installierte Providaanlage entstandene Beweismittel in Form der erwähnten Aufzeichnung konnte dem gegenüber vom Berufungswerber nicht einmal ansatzweise in Frage gestellt werden. Naturgemäß muss ein solches Unterfangen angesichts eines klaren und einwandfreien Bilddokumentes im Regelfall von vornherein zum Scheitern verurteilt sein. Weder das Vorbringen des Berufungswerbers, der Lenker des nachfahrenden Polizeifahrzeuges habe „gedrängelt“ und ihn somit zur Einhaltung einer überhöhten Fahrgeschwindigkeit gedrängt, noch die Behauptung, ein anderer Fahrzeuglenker habe vor ihm einen Fahrstreifenwechsel durchgeführt und damit den geringen Sicherheitsabstand provoziert, hielten eine Überprüfung anhand der Videoaufzeichnung stand. Im Gegenteil, offenkundig aufgrund des geringen Sicherheitsabstandes des Berufungswerbers hat es der vor ihm fahrende Fahrzeuglenker vorgezogen, sobald es die Verkehrssituation zuließ, den Fahrstreifen nach rechts zu wechseln, um den Drängler los zu werden.

 

Die auf der Videoaufzeichnung mitlaufende Uhrzeitanzeige hat im Hinblick auf Faktum 1. des Straferkenntnisses ergeben, dass dieses offenkundig nicht um 17.39 Uhr, sondern schon um 17.38 Uhr begangen wurde. Zu ersterem Zeitpunkt befand sich der Berufungswerber laut Videoaufzeichnung nicht mehr auf der A25, sondern bereits auf der A1. Diese als äußerst geringfügig anzusehende Ungenauigkeit bei der Tatzeit vermag aber nicht zu bewirken, dass damit dieser Tatvorwurf wegen nicht hinreichender Konkretisierung der Tat auszuscheiden wäre.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat nämlich in seinem richtungsweisenden Erkenntnis vom 3.10.1985, Slg.11894A, ausgesprochen, dass dem Konkretisierungsgebot des § 44a Z1 VStG dann entsprochen wird, wenn

a)     im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen ist, dass er in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und

b)     der Spruch geeignet ist, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen des selben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.

 

Eine Tatzeitungenauigkeit im Bereich von lediglich einer Minute schmälert weder die Möglichkeit des Berufungswerbers im Hinblick auf Gegenbeweisanbote noch eröffnet sie die Möglichkeit einer Doppelbestrafung.

 

Dem Berufungswerber war von Anbeginn des Verwaltungsstrafverfahrens stets klar, um welchen Vorgang es sich handelte und hatte er sich auch im Detail auf das Verfahren einlassen können. Erst im Zuge der Berufungsverhandlung ist diese unbedeutende Ungenauigkeit hervorgetreten.

 

Weder die Einwände des Berufungswerbers im Hinblick auf die vorangegangene lange Nachfahrt seitens der Polizeibeamten (ca. 27 km) noch das Verhalten der oder des einschreitenden Beamten bei der Amtshandlung stellen entscheidungsrelevante Faktoren dar. Sie können nicht das geringste an der Beweislage im Hinblick auf die drei dem Berufungswerber zur Last gelegten Übertretungen ändern.

 

Zur Strafzumessung ist zu bemerken:

Hinsichtlich der Fakten 1. und 2. war für die Strafhöhe insbesondere das Ausmaß der jeweiligen Überschreitung der erlaubten Höchstgeschwindigkeit ausschlaggebend. Die hier verhängten Geldstrafen von 50 Euro und 72 Euro entsprechen durchaus dem anzunehmenden Gefahrenpotential  bei derartigen Geschwindigkeits­übertretungen (25 km/h bzw. 30 km/h).

 

Zum Sicherheitsabstand (Faktum 3) ist auszuführen:

Der Anhalteweg für den Lenker eines Fahrzeuges besteht bekanntlich aus dem Reaktionsweg und dem Bremsweg. Als Abstand beim Hintereinanderfahren ist zumindest der Reaktionsweg einzuhalten, welcher die während der Reaktionszeit zurückgelegte Strecke darstellt. Die Reaktionszeit (die Zeit vom Erkennen einer Gefahr bis zum Beginn der Bremshandlung) beträgt ca. eine Sekunde. Sie umfasst die (vermeidbare) „Schrecksekunde“ (bis zu einer halben Sekunde) und die eigentliche (nicht vermeidbare) Reaktionszeit.

 

Bei diesem Durchschnittswert von einer Sekunde verbleibt naturgemäß kaum eine Sicherheitsreserve, weshalb bei der Ausbildung von Kraftfahrzeuglenkern in Fahrschulen ein Mindestabstand von zwei Sekunden für den Regelfall als geboten angesehen und daher entsprechend vermittelt wird.

 

Eine Unterschreitung des Ein-Sekunden-Abstandes bewirkt sohin grundsätzlich eine potenzielle Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer, und zwar nicht nur des vorausfahrenden Fahrzeuglenkers, sondern auch anderer, die bei Auffahrunfällen lebensnah zudem zu Schaden kommen können.

 

Der Sicherheitsabstand von 0,48 Sek., wie vom Berufungswerber eingehalten, stellt ein entsprechendes Gefahrenpotenzial dar. Die Berufungsbehörde kann daher auch in diesem Punkt nicht erkennen, dass von der Erstbehörde eine unangemessen hohe Strafe verhängt worden wäre.

 

Dem Berufungswerber kommt nach der Aktenlage der Milderungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit zugute, der aber auch ausreichend berücksichtigt worden ist. Er wird im Übrigen wiederum dadurch relativiert, dass er, wie auf der Aufzeichnung dokumentiert ist, einen riskanten Fahrstil eingehalten und dabei gleich drei Übertretungen begangen hat.

 

Den von der Erstbehörde angenommenen persönlichen Verhältnissen wurde nicht entgegen getreten, sodass sie auch der Berufungsentscheidung zugrunde gelegt werden konnten. Das – wohl als etwas niedrig geschätzte – monatliche Nettoeinkommen von 1.000 Euro wird dem Berufungswerber die Bezahlung der Verwaltungsstrafen ohne unzumutbare Einschränkung seiner Lebensführung ermöglichen.

 


Zu II.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

S c h ö n

 

 

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