Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-162431/8/Bi/Se

Linz, 24.09.2007

 

 

                                              

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn Ing. T R, S F, vertreten durch Herrn RA Dr. K W, S, vom 30. Juli 2007 gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Ried/Innkreis vom 12. Juli 2007, VerkR96-2261-2005, wegen Übertretungen des KFG 1967 und der StVO 1960, aufgrund des Ergebnisses der am 12. September 2007 durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsver­hand­lung (samt mündlicher Verkündung der Berufungsentscheidung) zu Recht erkannt:

 

     Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als das angefochtene Straferkenntnis in allen Punkten behoben und das Verwaltungsstraf­verfahren jeweils ohne Vorschreibung von Verfahrenskostenbeiträgen eingestellt wird. 

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51i, 45 Abs.1 Z1 und 3  und 66 VStG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis wurde über den Beschuldigten wegen Verwaltungsübertretungen gemäß 1)  §§ 99 Abs.4 lit.d iVm 134 Abs.1 KFG 1967, 2) §§ 18 Abs.1 iVm 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 und 3) §§ 21 Abs.1 iVm 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 Geldstrafen von 1) 50 Euro (30 Stunden EFS), 2) 80 Euro (36 Stunden EFS) und 3) 40 Euro (30 Stunden EFS) verhängt, weil er am 11. März 2005 um 22.00 Uhr auf der A8 Innkreisautobahn bei km 55.300, Gemeinde Utzenaich, in Richtung Suben als Lenker des Pkw .......

1) auf einer Freilandstraße bei Dunkelheit beim Fahren hinter Kraftfahrzeugen in geringem Abstand, ohne zu überholen, Fernlicht verwendet habe;

2) zu einem vor ihm fahrenden Fahrzeug nicht einen solchen Abstand eingehalten habe, dass ein rechtzeitiges Anhalten möglich gewesen wäre,

3) jäh und für den Lenker eines nachfolgenden Fahrzeuges überraschend abgebremst habe, obwohl es die Verkehrssicherheit nicht erfordert hätte, wodurch andere Straßenbenützer gefährdet worden seien.

Gleichzeitig wurden ihm Verfahrenskostenbeiträge von gesamt 17 Euro auferlegt.

 

2. Dagegen hat der Berufungswerber (Bw) fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Ver­wal­tungs­senat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 2.000 Euro über­steigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsver­teilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Am 12. September 2007 wurde eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung in Anwesenheit des Bw, seines rechtsfreundlichen Vertreters RA Dr. K W, des Vertreters der Erst­instanz Dr. G O und des Zeugen Mag. S Z durchge­führt. Die Berufungsentscheidung wurde mündlich verkündet. 

 

3. Der Bw macht im Wesentlichen geltend, es könne sein, dass sich der anzeigende Verkehrsteilnehmer über ihn geärgert habe, aber er habe die ihm vorgeworfene Tat nicht begangen und auch nicht fahrlässig gehandelt. Er habe alle Sicherheits­abstände eingehalten und das Fernlicht nicht vorschriftswidrig verwendet. Außerdem habe er nicht jäh abgebremst, ohne dass es die Verkehrssicherheit erfordert hätte.  Beantragt wird Verfahrenseinstellung.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz sowie Durchführung einer öffentlichen münd­lichen Berufungsverhandlung, bei der beide Parteien gehört wurden und der Zeuge unter Hinweis auf die Wahrheitspflicht des § 289 StGB einvernommen wurde.

 

Der Zeuge hat in der Verhandlung dargelegt, er sei damals auf der Auffahrt Ried/I. auf die A8 aufgefahren und habe ca 1,5 bis 2 km nach der Auffahrt – die km-Angabe 55.300 stamme vom Polizisten, der ihn anlässlich der Anzeigeerstattung einver­nommen habe – auf einen Sattelzug aufgeschlossen, den er überholt habe. Das Fahrzeug, dessen Lenker er angezeigt habe – und den er nicht kenne – habe sich hinter seinem befunden und sei ihm erst aufgefallen, als ca in der Mitte des ­Über­holvorganges hinter ihm plötzlich aufgeblendet worden sei. Der Lenker habe zuvor mit der Lichthupe Zeichen gegeben und anschließend für ca 2-4 Sekunden das Fernlicht eingeschaltet. Außerdem habe er beim Nachfahren während des Über­holvorganges einen derart geringen Abstand zu seinem Fahrzeug eingehalten, dass er die Scheinwerfer nicht mehr gesehen habe; in Metern könne er das nicht schätzen. Er habe sich nach dem Überholen vor dem Sattelzug eingeordnet und der Lenker habe ihn überholt und nach dem Wiedereinordnen ohne jeden Anlass – es sei auch kein Fahrzeug vor ihnen gewesen, auf das der Lenker aufge­schlossen hätte – plötzlich scharf abgebremst. Er habe beim Überholen schätzungs­weise 130 km/h eingehalten und bis zum Überholen sei das eine ganz normale Situation gewesen. Der Pkw sei seiner Erinnerung nach immer hinter seinem gewesen – die Aussage vor der BPD Wien, wonach er zuerst dieses Fahrzeug und dann den Sattelzug überholt habe, sei ein Missverständnis gewesen. Er habe das deutsche Kennzeichen des Pkw nach dem Wiedereinordnen abgelesen und eine Verwechslung sei ausgeschlossen. Der Lenker habe unmittelbar nach dem Wiederein­ordnen abgebremst, sodass die Bremslichter nicht nur kurz aufgeleuchtet hätten, sondern er selbst definitiv stark abbremsen habe müssen. Danach sei das Fahrverhalten dieses Lenkers wieder ganz normal gewesen. Beide seien in Suben abgefahren und er habe dann nach der Abfahrt angehalten und mit dem Handy die Polizei angerufen. Er habe auch noch gesehen, dass der Pkw von der Polizei in S F. auf Höhe der Raika angehalten worden sei, sei aber nicht stehengeblieben.

 

Der Bw hat ausgeführt, er habe schon der Polizei gegenüber bei der Anhaltung nicht gewusst, was gemeint sei, weil an diesem Tag auf der Fahrt nichts besonderes passiert sei. Er fahre die Strecke oft und sei sich keiner Schuld bewusst. Der Zeuge komme ihm irgendwie bekannt vor, obwohl er ihn vorher nie gesehen habe; er könne ihn aber nicht zuordnen. Wäre so etwas wie der angezeigte Vorgang tatsächlich passiert, müsste ihm das in Erinnerung sein.

 

Aus der Sicht des Unabhängigen Verwaltungssenates ist grundsätzlich schon davon auszugehen, dass ein Privatanzeiger nicht grundlos Anzeige gegen einen ihm unbekannten Lenker erstattet, dh ein glaubwürdiger Anlass gegeben sein muss, wenn der Anzeiger die Mühen zahlreicher Behördenwege auf sich nimmt. Der Bw und der Zeuge Z kannten sich vor dem Vorfall offenbar nicht, dh Voreingenommen­heit dürfte nicht vorliegen. Ebenso spricht aufgrund der Nähe der beiden Fahrzeuge nichts für eine Verwechslung. Verkannt wird aber nicht, dass es aus der Sicht eines Beschuldigten im Verwaltungsstrafverfahren sicher am günstigsten ist, einfach alles abzustreiten und sich am besten an nichts erinnern zu können. Allerdings obliegt der Nachweis der objektiven Tatbegehung der Behörde, dh der Bw kann sich in jeder ihm günstig erscheinenden Richtung verantworten.

  

Die Schilderung des Zeugen spricht eher dafür, dass er auf die A8 aufgefahren ist, als der Bw gerade im Begriff war, den Sattelzug zu überholen, als ihm der Zeuge zuvorkam und seinerseits zuerst überholte. Der Zeuge konnte sich nicht erinnern, den Pkw des Bw links oder rechts gesehen zu haben; er fiel ihm erst während des Überholmanövers hinter sich auf dem linken Fahrstreifen auf. Das mehrmalige Betätigen der Lichthupe durch den Lenker dieses Fahrzeuges spricht dafür, dass dieser den Zeugen offenbar auf sich aufmerksam machen wollte – nicht auszuschließen ist, dass der Zeuge den Lenker beim (bereits begonnenen) Überhol­vorgang zB von der Geschwindigkeit her behindert hat. Dass der Lenker dann die Lichthupe so betätigte, dass er für ca 2 Sekunden (der Zeuge konnte sich dazu nicht festlegen) aufblendete, heißt nicht, dass er (wenn auch fahrlässig) Fernlicht verwendet haben muss – es ist nicht verboten, einen Lenker im Fall einer Gefahr mittels Lichthupe zu warnen. Dafür spricht auch das vom Zeugen bestätigte trotz Blendung durch Fernlicht wahrgenommene "Auflaufen".

Hinsichtlich des "Auflaufens" steht weder eine tatsächlich vom Zeugen eingehaltene Geschwindigkeit fest noch ein tatsächlicher Abstand; allerdings scheint der vom Zeugen am 13. März 2005 geschätzte Abstand von "zeitweise nur einem Meter" etwas übertrieben. In der Verhandlung konnte sich der Zeuge dazu nicht konkret äußern.

Zum Bremsvorgang nach dem Wiedereinordnen konnte der Zeuge weder eine Ausgangs- noch eine Endgeschwindigkeit und auch keinen Nachfahrabstand vor dem Bremsmanöver nennen.

 

In rechtlicher Hinsicht war nach den Ergebnissen des Beweisverfahrens im Hinblick auf Punkt 2) des Straferkenntnisses davon auszugehen, dass die zur Last gelegte Übertretung gemäß §§ 18 Abs.1 iVm 99 Abs. 3 lit.a StVO hinsichtlich des Tatbestandsmerkmales "auch wenn das vordere Fahrzeug plötzlich abgebremst wird" nicht ausreichend konkretisiert wurde. Die Sechsmonatsfrist endete bereits mit 11. September 2005, sodass diesbezüglich Verjährung eingetreten ist. 

In den Punkten 1) und 3) ist die Schilderung des Zeugen zwar grundsätzlich glaubhaft, scheint jedoch etwas übertrieben im Hinblick auf das vorgeworfene Fernlicht. Zum behaupteten Bremsmanöver liegen keine konkreten nachvoll­ziehbaren Angaben vor, die nach so langer Zeit auch nicht nachholbar sind, sodass im Zweifel zugunsten des Bw – naturgemäß ohne Vorschreibung von Verfahrens­kosten­beiträgen – spruchgemäß zu entscheiden war.     

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsge­richtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. Bissenberger

 

Beschlagwortung:

Nachfahrabstand – Einstellung wegen unzureichendem Tatvorwurf -> Verjährung

Fernlicht + Abbremsen -> Einstellung wegen Nichterweisbarkeit

 

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