Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-162459/3/Br/Ps

Linz, 04.09.2007

 

E R K E N N T N I S

 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die gegen das Strafausmaß gerichtete Berufung des Herrn P K, geb., G, L, gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz vom 4. Juli 2007, Zl. S-19.316/07-1, zu Recht:

 

I.          Im Strafausspruch wird der Berufung mit der Maßgabe Folge gegeben, dass unter             Anwendung des § 20 VStG die Geldstrafe auf 300,00 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 100 Stunden ermäßigt wird.

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, BGBl. Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 10/2004 – AVG iVm § 19, § 20, § 24, § 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 117/2002 – VStG.

 

II.         Die erstinstanzlichen Verfahrenskosten ermäßigen sich folglich auf 35,00 Euro; für das Berufungsverfahren entfallen die Verfahrenskosten­beiträge.

 

Rechtsgrundlage:

§ 65 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Über den Berufungswerber wurde mit dem oben bezeichneten und anlässlich einer Niederschrift bei der Behörde erster Instanz mündlich verkündeten Straferkenntnis (Kurzerkenntnis) ein Schuldspruch wegen Übertretung nach § 5 Abs.1 iVm § 99 Abs.1b StVO (Strafrahmen € 581 bis € 3.633) gefällt und ohne Anwendung des § 20 VStG eine Geldstrafe von 600 Euro und eine Ersatzfreiheitsstrafe von 8 Tagen verhängt.

 

1.1. Die Behörde erster Instanz ging anlässlich der damals im Beisein des Vaters des Berufungswerbers zum Zeitpunkt der Begehung der Verwaltungsübertretung noch minderjährigen Beschuldigten in ihrem Schuldspruch von einem Messergebnis von 0,57 mg/l aus. Dadurch gelangt obiger Strafrahmen nach § 99 Abs.1b iVm § 5 Abs.1 StVO 1960  zur Anwendung.

 

2. In der dagegen vom zwischenzeitig volljährigen Berufungswerber fristgerecht erhobenen Strafberufung verweist er auf seine Jugendlichkeit zum Zeitpunkt der Tatbegehung. Ebenfalls hebt er die um etwa 3 Uhr früh völlige Verkehrsleere hervor und verweist ferner auf den Umstand,  nicht etwa mit einem Pkw sondern nur mit einem Fahrrad erstmalig alkoholisiert unterwegs gewesen zu sein. Abschließend ersucht er um Berücksichtigung dieser Umstände in Verbindung mit seinem Einkommen von nur ca. 212 Euro monatlich.

 

3. Der durch ein Einzelmitglied zur Entscheidung berufene unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch die Einsichtnahme in den erstbehördlichen Verfahrensakt. Der Berufungswerber wurde zu seinem Berufungsvorbringen und den Vormerkungen anlässlich einer Vorsprache bei der Berufungsbehörde niederschriftlich noch ergänzend befragt.

 

4. Der Entscheidung liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

 

4.1. Unbestreitbar gilt es eingangs festzuhalten, dass mit einer alkoholisierten Radfahrt doch eine unvergleichlich geringere Beeinträchtigung von Verkehrssicherheitsinteressen einhergeht, als dies etwa bei einer Alkofahrt mit einem Pkw der Fall ist. Ebenfalls erfolgte die Fahrt in der gänzlich verkehrsarmen Nachtzeit. Der Tatunwert reduzierte sich demnach weitestgehend auf eine allfällige Selbstgefährdung, welche vor allem in einer erhöhten Sturzgefahr zu erblicken ist. Dennoch ist der relativ hohe Alkoholisierungsgrad innerhalb des Tatbestandes nach § 99 Abs.1b StVO (also knapp an der bereits einen höheren Strafrahmen bedingenden 1,2 Promillegrenze) für die Strafzumessung von Bedeutung.

Anlässlich seiner Vorsprache zeigte sich der Berufungswerber einsichtig und er machte seine dzt. ungünstigen Einkommensverhältnisse glaubhaft. Er hinterließ einen durchaus positiven Eindruck und zeigte sich der Problematik einer Anpassungserwartung an gesellschaftliche Usancen aufgeschlossen bzw. scheint diesen jedenfalls nicht negativ gegenüber zu stehen.

 

5. Bei der Strafzumessung ist gemäß § 19 VStG Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat, zu berücksichtigen. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 StGB (Strafgesetzbuch) sinngemäß anzuwenden.

 

5.1. Der § 20 VStG lautet:

Überwiegen die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe beträchtlich oder ist der Beschuldigte zum Zeitpunkt der Tat ein Jugendlicher, so kann die Mindeststrafe bis zur Hälfte unterschritten werden.

Dieses "KANN" räumt jedoch der Behörde kein Ermessen ein, sondern es besteht bei Vorliegen der jeweiligen Voraussetzungen ein Rechtsanspruch auf die Anwendung des § 20 VStG, wobei das Ermessen bei der Festlegung des Strafausmaßes innerhalb der Kriterien des § 19 VStG zu erfolgen hat (vgl. Hauer/Leukauf, Handbuch des österr. Verwaltungsverfahrens6, Rz 3 z. § 20 VStG, mit Hinweis auf VwGH 30.1.1990, 89/03/0027, sowie auch VwGH 5.11.1997, 95/03/0037, VwGH 21.5.1992, 92/09/0015, und VwGH 2.9.1992, 92/02/0150 u.a.m.).

Bei der Beurteilung der Frage des "beträchtlichen Überwiegens der Milderungsgründe" kommt es nicht auf die Zahl, sondern auf das Gewicht der Milderungsgründe an (VwGH 15.12.1989, 89/01/0100).  Auch der objektive Tatunwert kann beim Lenken eines Fahrrades in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand in aller Regel und insbesondere mit Blick auf das Verkehrsaufkommen gegen 3 Uhr früh unvergleichlich niedriger angenommen werden, als dies etwa bei einem alkoholisierten Lenker eines Kraftfahrzeuges bei durchschnittlichem Verkehrsaufkommen zutrifft.

Die Behörde hat im Fall der Jugendlichkeit des Beschuldigten zum Zeitpunkt der Tatbegehung bei der Strafbemessung einen Strafrahmen zugrunde zu legen, dessen Untergrenze die Hälfte der (gesetzlichen) Mindeststrafe beträgt und ausgehend davon die Strafe innerhalb des solcherart (nach unten) geänderten Strafrahmens festzusetzen (von € 290,50 bis € 3.633).

Als Milderungsgründe können hier nach Auffassung des Oö. Verwaltungssenates jedenfalls die Geständigkeit und ebenfalls die gezeigte Einsichtigkeit des Berufungswerbers erblickt werden. Wenngleich der Berufungswerber verwaltungsstrafrechtlich bereits mehrfach wegen – aus dem Strafausmaß zu schließen wohl nur geringfügiger – Verwaltungsübertretungen vorgemerkt ist, überwiegen die mildernden Umstände bei der Strafzumessung. Erschwerende Umstände stehen diesen nicht entgegen.  

Angesichts des an sich schon hohen Mindeststrafsatzes war insbesondere im Sinne eines auch gerecht empfindbaren Strafausmaßes ein das Rechtsinstitut des § 20 VStG doch noch deutlich wirksam werden lassendes Strafausmaß auszusprechen.

Dies vor allem mit Hinweis auf die Tatsache, dass der Berufungswerber dzt. nur über ein Einkommen von monatlich € 212 verfügt, gibt es keinen Grund den gemäß § 20 VStG nach unten erweiterten Strafrahmen noch weitestgehend auszuschöpfen, wobei der doch relativ hohe Alkoholisierungsgrad einen geringfügig über diesen untersten Rahmen angemessen scheinen lässt.

Auch mit dieser Geldstrafe ist eine tatschuldangemessene Ahndung dieser mit einem Fahrrad erfolgten Alkofahrt gewährleistet. Nochmals ist auf die deutlich unterdurchschnittliche Schädigung gesetzlich geschützter Interessen hinzuweisen.

 

Die Bestimmung des § 20 VStG findet nach Aufhebung der mit der 19. StVO Novelle erfolgten Änderung des § 100 Abs.5 StVO 1960 (VfGH 9. Oktober 1997, G 216/96, kundgemacht mit BGBl. Nr. 129/1997 am 20. November 1997) nun auch für Alkodelikte wieder Anwendung.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen  diesen  Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen  ab der  Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof  erhoben werden; diese  muss – von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten. 

 

Dr. B l e i e r

 

Beschlagwortung:

Jugendlicher – außerordentliche Strafmilderung

 

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