Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-251578/7/Kü/Hu

Linz, 25.09.2007

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Thomas Kühberger über die Berufung des Herrn H U, H, S, vom 25. Mai 2007 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Perg vom 14. Mai 2007, Sich96-395-2006, wegen einer Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG) nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 18. September 2007 zu Recht erkannt:

 

I.          Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II.        Der Berufungswerber hat keinen Kostenbeitrag zu leisten.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.:    § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z2 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr.52/1991 idgF.

zu II.: § 66 VStG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Perg vom 14. Mai 2007, Sich96-395-2006, wurde über den Berufungswerber (im Folgenden: Bw) wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 3 Abs.1 iVm § 28 Abs.1 Z1 lit.a und Abs.7 Ausländerbeschäftigungsgesetz eine Geldstrafe von 2.000 Euro, im Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 134 Stunden verhängt, weil er am 4.11.2006 um ca. 10.00 Uhr den türkischen Staatsangehörigen E B M in seinem Unternehmen mit Sitz in S, H, unberechtigt beschäftigt hat, indem er diesen auf der Baustelle in 4020 Linz, Kärntnerstraße 16 (BH Linz-Land) mit Verschraubungsarbeiten an Trennwänden beschäftigt hat, obwohl weder ihm für diese Beschäftigung eine Beschäftigungsbewilligung, eine Zulassung als Schlüsselkraft oder eine Entsendebewilligung erteilt oder eine Anzeigebestätigung ausgestellt wurde, noch der Beschäftigte selbst eine für diese Beschäftigung gültige Arbeitserlaubnis oder einen Befreiungsschein oder einen Niederlassungsnachweis besaß.

 

Begründend wurde nach Darstellung der Rechtsgrundlagen und des Verfahrensganges festgehalten, dass der vorgeworfene Sachverhalt aufgrund der klaren und schlüssigen Schilderungen im Strafantrag als erwiesen anzusehen sei. Es seien sowohl mit dem Bw als auch mit dem unrechtmäßig Beschäftigten Niederschriften aufgenommen worden, in welchen die unrechtmäßige Beschäftigung bestätigt worden sei. Darüber hinaus sei der unrechtmäßig Beschäftigte an einem Ort betreten worden, der Betriebsfremden nicht zugänglich sei, weshalb von unrechtmäßiger Beschäftigung auszugehen gewesen sei, weil der Bw selbst den Vorwurf nicht glaubhaft widerlegen hätte können. Der Bw habe demnach den im Spruch genannten Tatbestand verwirklicht und diesen verwaltungsstrafrechtlich zu verantworten, insofern keine Umstände vorliegen würden, die geeignet seien, sein gesetzwidriges Verhalten zu rechtfertigen oder zu entschuldigen.

 

Die verhängte Strafe sei unter Bedachtnahme auf die soziale und wirtschaftliche Lage festgesetzt und entspreche dem Ausmaß des Verschuldens. Mildernde oder erschwerende Umstände würden nicht vorliegen.

 

2. Dagegen wurde rechtzeitig vom Bw Berufung erhoben und begründend ausgeführt, dass er bereits am 31.10.2006 um eine Beschäftigungsbewilligung angesucht habe, der auch laut telefonischer Rücksprache mit dem AMS nichts entgegen gestanden habe. Ihm sei daher nicht bewusst gewesen, dass Herr M seine Arbeit bei ihm noch nicht aufnehmen hätte dürfen. Eine Bescheidausfertigung des AMS Perg lege er vor.

 

Aus diesen Gründen würde er um die Aufhebung der Strafe ersuchen, für den Fall, dass dies nicht möglich sei, um eine Verminderung.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Perg hat mit Schreiben vom 6. Juni 2006 die Berufung samt bezughabendem Verwaltungsstrafakt zur Entscheidung vorgelegt.

Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der Unabhängige Verwaltungssenat zur Entscheidung durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Mitglied berufen (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 18. September 2007, an welcher der Bw sowie ein Vertreter des Finanzamtes teilgenommen haben.

 

Der Bw ist als Einzelunternehmer im Geschäftszweig des trockenen Innenausbaus tätig. Die Firma des Bw hat mit ihren Arbeitsleistungen am 13. Oktober 2006 begonnen. Als erste Baustelle wurde der trockene Innenausbau bei der BH Linz-Land durchgeführt.

 

Vom Bw wurde am 31. Oktober 2006 mit dem AMS Perg telefonisch Kontakt aufgenommen und angefragt, ob der türkische Staatsangehörige E B M bei ihm arbeiten könne. Der Bw war in Kenntnis davon, dass Herr M bereits bei mehreren Firmen in Österreich gearbeitet hat und einen Anspruch auf Arbeitslosengeld besessen hat. Vom Arbeitsmarktservice Perg erhielt der Bw die telefonische Auskunft, dass Herr M grundsätzlich in Österreich arbeiten darf, er aber einen Antrag auf Beschäftigungsbewilligung stellen muss.

 

Der Antrag auf Beschäftigungsbewilligung wurde vom Bw noch am selben Tag zur Post gegeben. Aufgrund des folgenden Feiertages ist dieser Antrag beim AMS Perg erst am 3. November 2006 eingelangt. Der Antrag wurde umgehend bearbeitet und wurde vom AMS Perg mit Datum 6. November 2006 dem Bw die Beschäftigungsbewilligung für Herrn M für die Zeit vom 7. November 2006 bis 6. November 2007 für den örtlichen Geltungsbereich Oberösterreich erteilt. Aufgrund der Auskunft durch das AMS am 31.10.2006 war der Bw der Meinung, dass Herr M für ihn arbeiten darf. Deshalb wurde Herr M vom Bw am 2.11.2006 bei der Sozialversicherung angemeldet und hat an diesem Tag seine Tätigkeiten aufgenommen. Am 4.11.2006 wurde die Baustelle bei der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land von Organen des Zollamtes Linz kontrolliert. Vom Bw wurde den Zollorganen gegenüber geäußert, dass Herr M für ihn bereits arbeitet. Die schriftliche Beschäftigungsbewilligung konnte der Bw an diesem Tag nicht vorlegen.

 

Dieser Sachverhalt ergibt sich aus den glaubwürdigen und nachvollziehbaren Ausführungen des Bw. Weiters wurden die datumsmäßigen Angaben des Bw vom erkennenden Mitglied des Unabhängigen Verwaltungssenates beim Arbeitsmarktservice Perg hinterfragt, wobei die Auskunft erteilt wurde, dass der gegenständliche Antrag bereits am 3.11.2006 amtsintern bearbeitet wurde. Aus diesem Grunde ergeben sich daher keine Zweifel an den Ausführungen des Bw, zumal dieser im Zuge der mündlichen Verhandlung einen äußerst glaubwürdigen Eindruck machte.

 

 

 

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 3 Abs.1 AuslBG darf ein Arbeitgeber, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, einen Ausländer nur beschäftigen, wenn ihm für diesen eine Beschäftigungsbewilligung, eine Zulassung als Schlüsselkraft oder eine Entsendebewilligung erteilt oder eine Anzeigebestätigung ausgestellt wurde oder wenn der Ausländer eine für diese Beschäftigung gültige Arbeitserlaubnis oder einen Befreiungsschein oder eine "Niederlassungsbewilligung – unbeschränkt"  oder einen Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt – EG" oder einen Niederlassungsnachweis besitzt.

 

Nach § 2 Abs.2 AuslBG gilt als Beschäftigung die Verwendung

a)    in einem Arbeitsverhältnis,

b)    in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis,

c)    in einem Ausbildungsverhältnis, einschließlich der Tätigkeiten nach § 3 Abs.5 leg.cit.

d)    nach den Bestimmungen des § 18 leg.cit. oder

e)    überlassener Arbeitskräfte im Sinne des § 3 Abs.4 des Arbeitskräfte­überlassungsgesetzes, BGBl.Nr. 196/1988.

 

Gemäß § 2 Abs.4 erster Satz AuslBG ist für die Beurteilung, ob eine Beschäftigung im Sinne des Abs.2 vorliegt, der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes maßgebend.

 

5.2. Die Tatsache der Beschäftigung des türkischen Staatsangehörigen E B M wurde vom Bw nicht bestritten. Der Bescheid des Arbeitsmarktservices Perg belegt, dass die Beschäftigungsbewilligung beginnend mit 7.11.2006 erteilt wurde. Aufgrund dieser Umstände erfolgte daher die Beschäftigung am 4.11.2006 ohne aufrechte Beschäftigungsbewilligung, was wiederum bedeutet, dass der objektive Tatbestand der gegenständlichen Verwaltungsübertretung als erfüllt zu werten ist.

 

5.3. Gemäß § 5 Abs.1 VStG genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

 

Auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung stellt ein Ungehorsamsdelikt dar. Es genügt daher fahrlässige Tatbegehung. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs hat der Bw initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Dies hat in erster Linie durch ein geeignetes Tatsachenvorbringen und durch Beibringen von Beweismitteln oder die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen. Bloßes Leugnen oder allgemein gehaltene Behauptungen reichen für die „Glaubhaftmachung“ nicht.

 

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann die Unkenntnis eines Gesetzes nur dann als unverschuldet angesehen werden, wenn jemandem die Verwaltungsvorschrift trotz Anwendung der nach seinen Verhältnissen erforderlichen Sorgfalt unbekannt geblieben ist. Von einem Gewerbetreibenden ist zu verlangen, dass er über die Rechtsvorschriften, die er bei der Ausübung seines Gewerbes zu beachten hat, ausreichend orientiert ist; er ist verpflichtet, sich über diese Vorschriften zu unterrichten (vgl. ua. VwGH vom 25. Jänner 2005, 2004/02/0293; vom 17. Dezember 1998, 96/09/0311).

 

Der Bw hat, um den rechtlichen Vorschriften hinsichtlich Ausländerbeschäftigung Genüge zu tun, mit dem Arbeitsmarktservice, somit der maßgeblichen Stelle, bezüglich der Beschäftigung des Herrn M Kontakt gehalten. Der Bw ist damit seiner Erkundigungspflicht nachgekommen und verdeutlicht diese Handlungsweise, dass es dem Bw darum gegangen ist, den Vorschriften des Ausländerbeschäftigungsgesetzes Folge zu leisten. Aufgrund der vom AMS erteilten Auskünfte hat der Bw Herrn M am 2.11.2006 bei der Sozialversicherung angemeldet und mit ihm das Arbeitsverhältnis begründet. Den Verfahrensergebnissen zufolge war sich der Bw zu diesem Zeitpunkt nicht bewusst, dass er erst aufgrund der schriftlichen Ausfertigung der Beschäftigungsbewilligung Herrn M mit Arbeiten beauftragen darf. Insofern kann von einem Rechtsirrtum des Bw ausgegangen werden und hat er die telefonische Auskunft des Arbeitsmarktservices falsch interpretiert und das Beschäftigungsverhältnis begonnen.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat im Erkenntnis vom 14.1.1993, 92/09/0291, festgehalten, dass ein Arbeitgeber, der vor Beginn der Beschäftigung des Ausländers die von einem Beamten des Landesarbeitsamts erfolgte Auskunft, das Ansuchen um Beschäftigungsbewilligung sei bereits positiv erledigt, nur die Zustellung werde sich um ein paar Tage verzögern, so verstanden, dass ihm die beantragte Bewilligung (jedenfalls behördenintern) bereits rechtswirksam erteilt worden ist, könne ein Rechtsirrtum vorliegen. Dass ein Bescheid nach der Rechtsprechung erst mit der Zustellung als „erlassen“ gilt, muss der Arbeitgeber als juristischer Laie nicht wissen (VwGH vom 14.1.1993, 92/09/0291).

 

Die Gesamtumstände des Falles zeigen, dass der Bw insofern einem Irrtum erlegen ist, als er die Auskunft des Arbeitsmarktservices so verstanden hat, dass den Arbeitsleistungen von Herrn M nichts mehr im Wege steht. Zu beachten ist im gegenständlichen Fall weiters, dass dem Bw nicht unterstellt werden kann, die Vorschriften des Ausländerbeschäftigungsgesetzes zu umgehen, sondern er bemüht war, sämtliche arbeitsrechtlichen Vorschriften bei der Beschäftigung von Herrn M einzuhalten. Unter dem Gesichtspunkt, dass dem Bw bereits telefonisch mitgeteilt wurde, dass der türkische Staatsangehörige arbeiten darf, wenngleich die schriftliche Beschäftigungsbewilligung noch nicht vorgelegen ist, begründet die Vorgehensweise des Bw, nämlich die Anmeldung des Ausländers zur Sozialversicherung keine Gefahr schwerer volkswirtschaftlicher Schäden vor allem durch den Entfall von Steuerabgaben oder Beiträgen zu den Systemen der sozialen Sicherheit oder eine Wettbewerbsverzerrung.

Insgesamt ist daher dem Bw die Entlastung gelungen und kommt der Unabhängige Verwaltungssenat zum Schluss, dass dem Bw die gegenständliche Verwaltungsübertretung in subjektiver Hinsicht nicht vorzuwerfen ist. Aus diesen Gründen war daher der Berufung Folge zu geben und das gegenständliche Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

 

Es war somit wie im Spruch zu entscheiden.

 

 

6. Aufgrund der Einstellung des Strafverfahrens entfällt gemäß § 66 Abs.1 VStG auch die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsge­richts­hof erhoben werden; diese muss von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

 

Mag. Kühberger

 

 

 

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum