Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-280990/30/Kl/Ps

Linz, 14.09.2007

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ilse Klempt über die Berufung des Herrn Ing. F S, vertreten durch Rechtsanwälte Dr. H, Dr. F, Mag. S-S, Mag. Dr. R, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 29. März 2007, Zl. Ge96-2515-2006, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem ArbeitnehmerInnenschutzgesetz (ASchG) nach öffentlicher mündlicher Verhandlung am 12. Juni 2007 zu Recht erkannt:

 

I.      Der Berufung wird keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis vollinhaltlich bestätigt.

 

II.     Der Berufungswerber hat einen Kostenbeitrag zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat in der Höhe von 300,00 Euro, das sind 20 % der verhängten Geldstrafe, zu leisten.

 

Rechtsgrundlagen:

zu  I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 5, 19, 24 und 51 VStG.

zu II.: § 64 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 29. März 2007, Zl. Ge96-2515-2006, wurde über den Berufungswerber eine Geldstrafe von 1.500,00 Euro, Ersatzfreiheitsstrafe von 72 Stunden, wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 130 Abs.1 Z16 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz (ASchG) iVm § 21 Abs.1 Arbeitsmittelverordnung (AM-VO) verhängt, weil er als handelsrechtlicher Geschäftsführer, somit als das gemäß § 9 Abs.1 VStG 1991 zur Vertretung nach außen berufene strafrechtlich verantwortliche Organ der F A GesmbH, diese ist persönlich haftende Gesellschafterin der F A H-, T- u H GmbH & Co KG, beide mit Sitz in, nicht dafür Sorge getragen habe, dass die Vorschriften des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes iVm der Arbeitsmittelverordnung eingehalten werden. Anlässlich einer am 21.04.2006 von einem Organ des Arbeitsinspektorates Vöcklabruck durchgeführten Erhebung auf der Baustelle, wurde festgestellt, dass der im o.a. Betrieb beschäftigte Arbeitnehmer H S, als Mitfahrer auf einem Betonkübel ohne Standplatz befördert wurde, obwohl für das Heben von ArbeitnehmerInnen nur dafür geeignete Arbeitsmittel benutzt werden dürfen. Dazu gehören insbesondere Hubarbeitsbühnen, Mastkletterbühnen, Fassadenbefahrgeräte, Hängebühnen, Hebeeinrichtungen von Bühnen und vergleichbare Arbeitsmittel. Auf Arbeitsmitteln, die zum Heben von Lasten bestimmt sind, dürfen ArbeitnehmerInnen nur befördert werden, wenn sie über gesicherte Einrichtungen zur Personenbeförderung verfügen, insbesondere Arbeitskörbe. Der Betonkübel ohne Standplatz wurde durch einen Turmdrehkran, der für das Heben von Lasten bestimmt ist, befördert. Das Heben des Arbeitnehmers H S wurde entgegen den Bestimmungen der Arbeitsmittelverordnung mit einem Betonkübel ohne Standplatz anstelle eines Betonkübels mit Standplatz, der gleichzusetzen ist mit einem Arbeitskorb, durchgeführt.

 

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht und das Straferkenntnis in vollem Umfang angefochten. Begründend wurde ausgeführt, dass die Bescheidbegründung der belangten Behörde nicht ausreichend sei. Insbesondere werde bestritten, dass kein Kontrollsystem vorliege. Es wurden die beantragten Zeugen nicht einvernommen. Wären die Zeugen einvernommen worden, wäre die Behörde nicht zum Schluss gelangt, dass kein ausreichendes Kontrollsystem vorgelegen wäre. Der Berufungswerber ist Geschäftsführer der gesamten Ggruppe, welche mehrere hundert Dienstnehmer beschäftigt. Unter der Geschäftsleitung ist der jeweilige Bauleiter für das Bauvorhaben verantwortlich, unter diesem arbeiten Poliere, die jeweils für bestimmte Baubereiche sowohl die Arbeiten als auch die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen überwachen. Danach gibt es den für das jeweilige Bauvorhaben bestellten Baustellenkoordinator. Auch werden die Poliere regelmäßig mindestens dreimal pro Woche hinsichtlich der Einhaltung der baurechtlichen und arbeitsrechtlichen Vorschriften durch die Bauleiter kontrolliert. Etwaige Vorfälle bzw. ein Verstoß gegen erteilte Weisungen werden ab einer gewissen Schwere auch schriftlich festgehalten, um bei Wiederholungen sofort eingreifen zu können. Der Berufungswerber habe Anweisung gegeben, dass die durchzuführenden Baumaßnahmen jeweils gemäß den behördlichen Auflagen und den gesetzlichen Vorschriften durchzuführen sind. Bei einer Verletzung wird daher der jeweils zuständige Mitarbeiter bzw. Vorgesetzte ermahnt und die Weisung erteilt, derartige Gesetzesverletzungen zukünftig zu unterlassen, dies bei mehrmaligen Verstößen auch unter Androhung der Beendigung des Dienstverhältnisses. Für die gegenständliche Baustelle war Herr M S der verantwortliche Bauleiter, der zuständige Polier war Herr J P. Es handelt sich dabei um verantwortungsbewusste fachlich kompetente Dienstnehmer, sodass kein Auswahl- oder Überwachungsverschulden vorliegt. Darüber hinaus habe der Berufungswerber mindestens dreimal pro Monat unangemeldet die Baustelle besucht und persönlich die Einhaltung der verwaltungsrechtlichen Vorschriften und insbesondere der Arbeitnehmerschutzbestimmungen kontrolliert. Auch erhalten die Poliere regelmäßig Arbeitnehmerunterweisungen, bei denen eingehend auf die einzuhaltenden Gesetzes- und Verwaltungsvorschriften, insbesondere Arbeitnehmerschutz-bestimmungen hingewiesen wird. Weiters werden die wichtigsten Punkte anhand der Mappe „Sicherheit am Bau“ durchgegangen. Die Mappe liegt bei jeder Baustelle auf und kann von allen Dienstnehmern eingesehen werden. Gegenständlich wurde der Dienstnehmer H S bzw. der Kranfahrer I P am 7. April 2006, also zwei Wochen vor dem gegenständlichen Vorfall vom Polier, Herrn P unterwiesen. Die Unterweisung wurde auch durch die Unterzeichnung der betreffenden Dienstnehmer bestätigt. Auch sind die Dienstnehmer verpflichtet, die vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellten persönlichen Schutzausrüstungen zu benützen. Auf Grund der dargelegten Organisationsmaßnahmen sowie des Kontrollsystems konnte der Berufungswerber darauf vertrauen, dass die einschlägigen Vorschriften und Auflagen eingehalten werden. Auch hat der Berufungswerber die Baustelle kurze Zeit vor dem gegenständlichen Vorfall besucht und mit dem Bauleiter und dem Polier eine Besprechung abgehalten. Im Zuge dieser Besprechung wurde auch die genaue Arbeitsaufteilung zur Sprache gebracht und es wurde Weisung erteilt, alle einschlägigen Verwaltungsvorschriften genauestens einzuhalten und die Einhaltung durch die jeweils unterstellten Dienstnehmer streng zu kontrollieren. Den Dienstnehmern S und P waren sämtliche Vorschriften bekannt. Das gegenständliche Fehlverhalten ist einzig und allein den erwähnten Dienstnehmern zuzurechnen. Im konkreten Fall handelt es sich um ein vorher noch nie vorgekommenes völlig überraschendes und für mich unabwendbares Fehlverhalten der Dienstnehmer S und P. Mir ist schon theoretisch nicht möglich, sämtliche Tätigkeiten der Mitarbeiter permanent zu überwachen. Wenn ein Dienstnehmer völlig spontan auf einen Betonkübel aufsteigt und mitfährt, dann gehen alle Belehrungen, Kontrollen und Sanktionen ins Leere. Solche vom Dienstnehmer zu vertretenden Handlungen brechen gleichsam die strafrechtliche Verantwortlichkeit des Geschäftsführers. Auch können die zuständigen Bauleiter bzw. Poliere die Arbeitsvorgänge an der Baustelle nicht durchgehend beobachten. Darüber hinaus unterzeichnen die Bauleiter für die Baustelle eine sogenannte Bauleitervollmacht, mit der sie die verwaltungsrechtliche Haftung für den Arbeitnehmerschutz übernehmen. Auch wenn die Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten dem Arbeitsinspektorat nicht gemeldet wurde, so liegt sie trotzdem auf. Auch eine formal richtige Bestellung hätte den Vorfall nicht verhindern können, wenn zwei Dienstnehmer spontan zusammenwirken, wobei beide in Kenntnis der einschlägigen Vorschriften waren. Auch der verantwortliche Bauleiter ist nicht durchgehend an der Baustelle anwesend. Er ist zwar ein Glied in der Kontrollkette, er kann aber auch nicht verhindern, dass am Bau tätige Arbeitnehmer spontan und aus eigener Entscheidung Schutzvorschriften außer Acht lassen und allenfalls die Abwesenheit eines kontrollierenden Vorgesetzten nutzen und einen Arbeitsvorgang ohne die sonst angewandten Sicherungsmaßnahmen verrichten. Es wurde daher die Einstellung des Verfahrens, ansonsten die Herabsetzung der Geldstrafe beantragt.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck als belangte Behörde hat die Berufung samt dem Bezug habenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme, insbesondere in die der Anzeige beigeschlossenen Fotos. Weiters wurde eine öffentliche mündliche Verhandlung für den 12. Juni 2007 anberaumt und an diesem Tage durchgeführt, an welcher der Vertreter des Berufungswerbers sowie jeweils ein Vertreter der belangten Behörde und des Arbeitsinspektorates Vöcklabruck teilgenommen haben. Der Berufungswerber hat sich entschuldigt. Weiters wurden die Zeugen Arbeitsinspektor Ing. V, H S, M S, J P und I P geladen und einvernommen.

 

4.1. Auf Grund des durchgeführten Beweisverfahrens und im Grunde des Umstandes, dass der Berufungswerber den Sachverhalt nicht bestreitet, steht als erwiesen fest, dass am 21. April 2006 auf der Baustelle in, der Arbeitnehmer H S als Mitfahrer auf einem Betonkübel ohne Standplatz durch einen Turmdrehkran, der nur für das Heben von Lasten bestimmt ist, befördert wurde. Herr H S ist Arbeitnehmer der F A H-, T- u H GmbH & Co KG mit dem Sitz in, deren persönlich haftende Gesellschafterin die F A GesmbH ist, deren handelsrechtlicher Geschäftsführer der Berufungswerber ist. Die Höhe betrug ca. 3 m und ergab sich eine besondere Gefährdung aus dem Umstand, dass darunterliegend im Eckbereich eine Eisenbewehrung vorhanden war, welche bei einem Absturz zu einer gefährlichen Verletzung führen hätte können. Der Kranführer I P hat einen Kranführerschein und wusste auch, dass er mit diesem Kran nur Lasten befördern dürfe. Es gab für die Baustelle eine Unterweisung durch den Polier J P, was auch schriftlich am 7. April 2006 bestätigt wurde, wonach die gesetzlichen Bestimmungen erklärt wurden, insbesondere die persönliche Schutzausrüstung und auch, dass beim Transport aufgepasst werden muss. Auf der Baustelle sollten konkret drei Säulen mit Beton befüllt werden; es waren noch weitere Säulen vorhanden, allerdings befand sich dort ein Gerüst. Auch der Arbeitnehmer H S war für die Baustelle unterrichtet und musste dies unterschreiben. Er wusste auch, dass man ohne Standplatz beim Betonkübel nicht mitfahren dürfe. Auch war er über die persönliche Schutzausrüstung unterwiesen. Es war eine Spontanaktion, dass der Arbeitnehmer S beim Betonkübel mitgefahren ist. Der Polier war zu diesem Zeitpunkt auf der Baustelle nicht anwesend. Er hat von dieser Aktion nichts gewusst. Es war gerade noch Beton übrig. Wäre hinsichtlich der drei Säulen ein Gerüst aufgebaut worden, wäre der Beton hart geworden. Die Arbeitnehmer haben sich daher entschlossen, diese Säulen ohne Schutzvorkehrung zu befüllen. Der mitfahrende Arbeitnehmer H S verfügt über eine Maurerausbildung und kennt die Schutzvorschriften. Die Arbeiten dauerten ca. 15 Minuten. Der Polier ist erst bei der Kontrolle wieder bei der Baustelle eingelangt. Der Polier ist immer auf der Baustelle und kontrolliert auch die Sicherheitsvorschriften. Mindestens einmal in der Woche, nämlich bei der Baustellenbesprechung ist auch der Bauleiter anwesend und kontrolliert auch die Sicherheitsbestimmungen. Zum Beanstandungszeitpunkt hatte der Polier weitere Baustellen zu betreuen, sodass während seiner Abwesenheit es keine Vertretung gab. Wenn es Probleme auf der Baustelle gibt, wird der Polier angerufen. Mündlich vereinbart war, dass der Arbeitnehmer S die Vertretung wahrnimmt. Am Morgen des Vorfalltages war der Polier auf der Baustelle anwesend. Er teilt die Arbeiten ein und kontrolliert. Für diesen Tag war angeordnet, die Säulen zu schalen und dann zu betonieren. Es war zu wenig Gerüst auf der Baustelle vorhanden, um alle Säulen einzurüsten. Es hätte daher das Gerüst umgerüstet werden müssen. Da aber zu viel Beton vorhanden war, wurden gleich alle Säulen betoniert. Üblicherweise ist in Abwesenheit des Poliers ein Vorarbeiter die Vertretung. Der Vorarbeiter der Baustelle war aber an diesem Tage auch nicht hier, sodass der Arbeitnehmer S die Vertretung innehatte. Ein Betonkübel mit Standplatz war auf der Baustelle nicht vorhanden. Auch hätte dieser nicht mit dem Kran transportiert werden können, weil dann die Last zu schwer gewesen wäre. Für die Baustelle wurde vor Beginn der Baustelle eine Unterweisung durchgeführt. Der Inhalt war auch in Mappen auf der Baustelle. Weiters werden auch bei der Firma Kurse durchgeführt und hat auch der Polier Schulungen durchgemacht. Der zuständige Bauleiter für die Baustelle war Herr M S, welcher mindestens zweimal pro Woche, jedenfalls aber einmal zur Baubesprechung kommt. Bei der Baubesprechung geht es eher um den Baufortschritt und werden die anwesenden Firmen unterwiesen. Bei Verstößen werden die Arbeitnehmer darauf angesprochen und wird auch ein Protokoll geführt, wo Vorkommnisse festgehalten werden. Der Berufungswerber war am Anfang auf der Baustelle, wobei hier noch nicht gearbeitet wurde, danach kommt er nicht mehr auf die Baustelle. Die Anweisungen und Arbeitseinteilung kommt bei der Baubesprechung vom Bauleiter. Der Bauleiter war lange im Unternehmen. Der Polier, J P, nimmt die Schulung der Arbeitnehmer vor. Der Polier selbst ist schon lange in der Firma und erhält durch den Bauleiter keine Schulung mehr. Wohl aber kommt es zu Schulungen in der Firma. Der Polier ist auf der Baustelle selbstständig tätig und holt sich die Arbeitsmittel und Sicherheitsmittel selbstständig vom Bauhof. Bei Unklarheiten nimmt er Kontakt mit dem Bauleiter auf. Es gibt in der Firma drei Bauleiter. Diese handeln selbstständig und werden von der Firmenleitung vor Ort nicht geprüft. Der Bauleiter war am Kontrolltag nicht auf der Baustelle. Die Firma A ist in den Gkonzern eingegliedert und die Geschäftsführung und Geschäftsleitung erfolgt durch den Berufungswerber. Der Bauleiter ist nie als verantwortlicher Beauftragter bestellt worden. Die Firma A hat keinen verantwortlichen Beauftragten.

 

4.2. Dieser Sachverhalt ist auf Grund der im Akt befindlichen Fotos sowie auf Grund der Aussagen der einvernommenen Zeugen erwiesen. Die Zeugen waren glaubwürdig und bestand kein Zweifel an der Richtigkeit dieser Aussagen. Die Unterweisung für die Baustelle ist auch durch Vorlage der schriftlichen Bestätigung nachgewiesen.

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 21 Abs.1 Arbeitsmittelverordnung – AM-VO dürfen für das Heben von ArbeitnehmerInnen nur dafür geeignete Arbeitsmittel benutzt werden. Dazu gehören insbesondere Hubarbeitsbühnen, Mastkletterbühnen, Fassadenbefahrgeräte, Hängebühnen, Hebeeinrichtungen von Bühnen und vergleichbare Arbeitsmittel. Auf Arbeitsmitteln, die zum Heben von Lasten bestimmt sind, dürfen ArbeitnehmerInnen nur befördert werden, wenn sie über gesicherte Einrichtungen zur Personenbeförderung verfügen, insbesondere Arbeitskörbe.

 

Gemäß § 130 Abs.1 Z16 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz – ASchG begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 145,00 Euro bis 7.260,00 Euro, im Wiederholungsfall mit Geldstrafe von 290,00 Euro bis 14.530,00 Euro zu bestrafen ist, wer als Arbeitgeber entgegen diesem Bundesgesetz oder den dazu erlassenen Verordnungen die Pflichten betreffend die Beschaffenheit, die Aufstellung, die Benutzung, die Prüfung oder die Wartung von Arbeitsmitteln verletzt.

 

Im Grunde des festgestellten Sachverhalts, wobei der Tathergang vom Berufungswerber nicht bestritten wurde, ist die Erfüllung des objektiven Tatbestandes, nämlich die Verletzung der Bestimmung des § 21 Abs.1 AM-VO erwiesen.

Die Tat hat der Berufungswerber als handelsrechtlicher Geschäftsführer der F A GesmbH, die persönlich haftende Gesellschafterin der F A H-, T- u H GmbH & Co KG, ist, gemäß § 9 Abs.1 VStG verwaltungsstrafrechtlich zu verantworten. Ein verwaltungsstrafrechtlich verantwortlicher Beauftragter gemäß § 9 Abs.2 und 4 VStG wurde nicht bestellt. Dies wurde auch vom Bauleiter bei seiner Zeugenaussage bestätigt. Im Übrigen hat die belangte Behörde richtig darauf hingewiesen, dass im Rahmen des Arbeitnehmerschutzes gemäß § 23 Arbeitsinspektionsgesetz – ArbIG die Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten erst mit Mitteilung an das zuständige Arbeitsinspektor wirksam wird. Eine Mitteilung an das Arbeitsinspektorat ist nicht erfolgt.

 

5.2. Der Berufungswerber wendet mangelndes Verschulden ein.

 

Gemäß § 5 Abs.1 VStG genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung stellt ein Ungehorsamsdelikt dar, wobei zur Strafbarkeit bereits Fahrlässigkeit ausreicht und Fahrlässigkeit im Sinne der zitierten Bestimmungen ohne weiteres anzunehmen ist, sofern vom Berufungswerber kein Entlastungsnachweis erbracht wird. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der Berufungswerber initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Dies hat in erster Linie durch ein geeignetes Tatsachenvorbringen und durch Beibringen von Beweismittel oder die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen. Bloßes Leugnen oder allgemein gehaltene Behauptungen reichen für die Glaubhaftmachung nicht aus. Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der Arbeitgeber dafür Sorge zu tragen, dass die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes sowie der dazu erlassenen Verordnungen eingehalten werden. Ist er selbst nicht anwesend, hat er einen geeigneten Arbeitnehmer zu bestimmen, der auf die Durchführung und Einhaltung der zum Schutz der Arbeitnehmer notwendigen Maßnahmen zu achten hat. Allerdings kann der Berufungswerber nach § 5 Abs.1 VStG den ihm obliegenden Entlastungsnachweis nicht allein dadurch erbringen, dass er die ihn betreffende Verantwortung auf eine hiezu taugliche Person übertragen hat, es bedarf vielmehr des weiteren Beweises, dass auch für eine geeignete Kontrolle der mit der Wahrnehmung dieser Aufgaben beauftragten Person Vorsorge getroffen worden ist (VwGH vom 18.09.1991, Zl. 90/19/0177, sowie vom 13.12.1990, Zl. 90/09/0141). Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes reichen die bloße Erteilung von Weisungen und die Wahrnehmung einer „Oberaufsicht“ nicht aus (VwGH vom 30.06.1994, Zl. 94/09/0049). Entscheidend ist, ob auch eine wirksame Kontrolle über die Einhaltung der von Verantwortlichen erteilten Weisungen erfolgte. In diesem Sinne führt der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 20. Dezember 2002, Zl. 99/02/0220, aus, dass der Hinweis auf die Betrauung Dritter mit Kontrollaufgaben, auf die Erteilung entsprechender Weisungen und auf stichprobenartige Überprüfungen nicht den Anforderungen an ein wirksames Kontrollsystem genügt.

 

Im Grunde des Beweisverfahrens reicht es daher nicht aus, dass der Berufungswerber sich darauf stützt, dass er einen geeigneten Bauleiter und Polier bzw. Vorarbeiter eingesetzt hat, der auch Unterweisungen erhalten hat und seinerseits an die Arbeitnehmer Unterweisungen durchführt. Vielmehr hätte es auch eines weiteren Beweises bedurft, wie der Berufungswerber Kontrollen durchführt, wie oft er diese Kontrollen durchführt und welche konkreten Maßnahmen er getroffen hat, um unter den vorhersehbaren Umständen die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften gewährleisten zu können. Dass der Berufungswerber selbst nie auf die Baustelle kommt bzw. den Bauleiter nicht kontrolliert, entspricht daher nicht den hohen Anforderungen an ein lückenloses Kontrollnetz. Auch weist das Kontrollnetz insofern Lücken auf, da keine Vorsorge getroffen wurde, dass in Abwesenheit des Poliers und des Vorarbeiters eine sonstige geeignete Person auf der Baustelle ist, welche die Einhaltung der Arbeitnehmerschutzvorschriften kontrolliert. Hingegen verweist die belangte Behörde zu Recht auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, wonach gerade für den Fall, dass die Arbeitnehmer aus eigenem Antrieb auf Grund eigenmächtiger Handlungen gegen die Arbeitnehmervorschriften verstoßen, das entsprechende, vom Arbeitgeber eingerichtete Kontrollsystem Platz zu greifen hat. Gerade das eigenmächtige Verhalten des Arbeitnehmers zum Tatzeitpunkt zeigt jedoch, dass kein wirksames Kontrollsystem iSd Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes vorhanden war.

Auch der Umstand, dass zum Tatzeitpunkt weder der Polier noch der Vorarbeiter anwesend waren, noch Vorsorge getroffen wurde, dass eine geschulte Aufsichtsperson auf der Baustelle anwesend ist, zeigt auf, dass konkrete Maßnahmen nicht getroffen wurden, die unter den vorhersehbaren Umständen die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften gewährleisten können.

 

Es ist daher dem Berufungswerber ein Entlastungsnachweis nach § 5 Abs.1 VStG nicht gelungen und war daher auch vom Verschulden des Berufungswerbers, nämlich Fahrlässigkeit, auszugehen.

 

5.3. Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat (Abs.1).

Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des StGB sinngemäß anzuwenden.

Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung des Bescheides soweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist.

Die belangte Behörde hat bei der Strafbemessung auf die persönlichen Verhältnisse Bedacht genommen und ein geschätztes monatliches Nettoeinkommen von 2.200,00 Euro und keine Sorgepflichten zu Grunde gelegt. Straferschwerend hat sie eine rechtskräftige Vorstrafe gewertet; strafmildernde Umstände wurden nicht herangezogen.

Im Grunde des § 19 Abs.1 VStG ist insbesondere auf den Unrechtsgehalt der Tat einzugehen und war im Hinblick auf die besondere Gefährlichkeit des Augenblicks bzw. das hohe Maß der Gefährdung der durch die Arbeitnehmerschutz-bestimmungen geschützten Interessen, nämlich Leben und Gesundheit der Arbeitnehmer, die verhängte Strafe gerechtfertigt. Wenngleich auch keine nachteiligen Folgen durch einen Arbeitsunfall eingetreten sind, so war doch die hohe Verletzung des Schutzzweckes der Norm bei der Strafbemessung zu berücksichtigen. Entsprechend der Begründung der belangten Behörde war bei den Strafbemessungsgründen nach § 19 Abs.2 VStG auf den Erschwerungsgrund einer rechtskräftigen Vorstrafe Bedacht zu nehmen und brachte auch der Berufungswerber keine mildernden Umstände vor und waren solche auch nicht festzustellen. Auch kamen keine weiteren strafmildernden Umstände hervor. Die belangte Behörde hat auf die persönlichen Verhältnisse Bedacht genommen und hat der Berufungswerber diesen Schätzungen kein Vorbringen entgegengesetzt. Es konnten daher auch diese Erwägungen bei der Strafbemessung aufrecht erhalten bleiben. Im Hinblick auf den Unrechtsgehalt der Tat und auf die erschwerend wirkende Vorstrafe ist die Geldstrafe tat- und schuldangemessen. Sie ist auch den persönlichen Verhältnissen angepasst. Weiters war sie auch erforderlich, um den Berufungswerber von einer weiteren Tatbegehung abzuhalten. Entsprechend war auch die Ersatzfreiheitsstrafe zu bestätigen.

Die Voraussetzungen für ein Absehen von der Strafe gemäß § 21 VStG liegen nicht vor, weil ein geringfügiges Verschulden nicht gegeben war. Geringfügigkeit liegt nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nur dann vor, wenn das Verhalten des Beschuldigten weit hinter dem in der Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt der Tat zurückbleibt. Auch war ein Überwiegen von Milderungsgründen nicht festzustellen, sodass mit außerordentlicher Milderung gemäß § 20 VStG nicht vorzugehen war. Es war daher die verhängte Geldstrafe und Ersatzfreiheitsstrafe zu bestätigen.

 

6. Weil die Berufung keinen Erfolg hatte, war gemäß § 64 VStG ein Kostenbeitrag zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat in der Höhe von 20 % der verhängten Geldstrafe, das sind 300,00 Euro, festzusetzen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs-gerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

Dr. Klempt

 

 

 

 

Beschlagwortung:

Kontrollsystem

Beachte:

Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde abgewiesen.

VwGH vom 26. September 2008, Zl.: 2007/02/0317-6

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