Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-281010/5/Bm/Hu

Linz, 13.09.2007

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Michaela Bismaier über die Berufung des Herrn A S, T, E, D, vertreten durch Rechtsanwälte Dr. J B, Mag. M M, Mag. K F. L, K, L, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 16.5.2007, Zl. Ge96-5-2006, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem Arbeitszeitgesetz (AZG) zu Recht erkannt:

 

I.                    Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II.                  Es entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl.Nr.51/91 idgF iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z2 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl.Nr.52/1991 idgF

zu II.:    § 66 Abs.1 VStG.

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 16.5.2007, Ge96-5-2006/Ew/Ep, wurde über den Berufungswerber eine Ermahnung wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 28 Abs.1 Z4 iVm § 26 Abs.1 Arbeitszeitgesetz, BGBl.Nr.461/1969 idF, BGBl.I/Nr.138/2006, ausgesprochen.

 

Dem Schuldspruch liegt folgender Tatvorwurf zugrunde:

„Sie haben als zur Vertretung nach außen berufener handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit gemäß § 9 Abs.1 VStG strafrechtlich Verantwortlicher der Arbeitgeberin A S Gesellschaft mbH mit Sitz in P – Geschäftsanschrift  P, A-S-Straße, folgende Übertretung des Arbeitszeitgesetzes zu vertreten:

Anlässlich einer Überprüfung der Arbeitsstätte der A S Gesellschaft mbH in  G, B S-Straße, am 25.10.2005 durch ein Organ des Arbeitsinspektorates für den 6. Aufsichtsbezirk wurde festgestellt, dass die Arbeitnehmerin der genannten Gesellschaft, Frau R am 14.10.2006 laut Kontrollprotokoll der Bezirksleiterin bis 19.00 Uhr im Betrieb anwesend war, obwohl die Arbeitszeitaufzeichnung für diesen Tag bloß 18:45 Uhr angab. Dadurch wurde § 26 Abs. 1 Arbeitszeitgesetz übertreten, welcher bestimmt, dass der Arbeitgeber zur Überwachung der Einhaltung der in diesem Bundesgesetz geregelten  Angelegenheiten in der Betriebsstätte Aufzeichnungen über die (tatsächlich) geleisteten Arbeitsstunden zu führen hat.“

 

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht und das Straferkenntnis zur Gänze angefochten. Beantragt wurde die Aufhebung des Straferkenntnisses und Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens. Begründend wurde ausgeführt, die Erstbehörde gehe unrichtig davon aus, dass die Bestellung der verantwortlichen Beauftragten, nämlich von Frau M B nicht rechtsgültig sei. Frau M B sei rechtswirksam zur verantwortlichen Beauftragten bestellt worden. Gleichzeitig mit der Meldung von Frau B als verantwortliche Beauftragte an das zuständige Arbeitsinspektorat für den 6. Aufsichtsbezirk werde auch eine Liste mit Filialen übermittelt, unter welchen sich auch die gegenständliche befand. Nach fernmündlich am 21.2.2007 erteilter Auskunft des Arbeitsinspektorates sei diese Urkunde dort am 20.5.2003 eingelangt. Die Bestellungsurkunde entspreche auch den Erfordernissen des § 9 VStG, sodass die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit wirksam übertragen worden sei, und der Berufungswerber daher nicht verwaltungsstrafrechtlich verantwortlich sei.

 

Gleichzeitig liege eine Verstoß gegen § 44a VStG vor. Gemäß § 26 Abs.1 AZG habe der Arbeitgeber zur Überwachung der Einhaltung der in diesem Bundesgesetz geregelten Angelegenheiten in der Betriebsstätte Aufzeichnungen über die geleisteten Arbeitszeiten zu führen.

 

§ 28 Abs.1 Z4 leg.cit. schreibe fest, dass Arbeitgeber oder deren Bevollmächtigte, die die Meldepflicht ..., die Aufzeichnungspflichten gemäß § 18b Abs.2, § 18c Abs.2 sowie § 26 Abs.1 bis 5 oder ... verletzen, sofern die Tat nicht ... unterliege, von der ... zu bestrafen seien.

 

Der wider dem Berufungswerber erhobene Vorwurf laute jedoch, er hätte es zu verantworten, dass Frau R ... bis 19.00 Uhr im Betrieb anwesend gewesen sei, obwohl die Arbeitszeitaufzeichnung für diesen Tag bloß 18.45 Uhr angegeben habe. Inhaltlich laute der Vorwurf daher, eine unrichtige Aufzeichnung geführt zu haben. § 26 Abs.1 leg.cit. schreibe nur vor, dass Aufzeichnungen zu führen seien, lege inhaltliche Anforderungen, auch solche an die Richtigkeit, jedoch nicht fest. § 28 Abs.1 Z4 sanktioniere nur das Verletzen der Pflicht, Aufzeichnungen zu führen, nicht jedoch den Vorwurf, unrichtige Aufzeichnungen geführt zu haben. Überdies gelange in casu nicht der Abs.1 des § 26 leg.cit. zur Anwendung, sondern dessen Abs. 2, da – vereinbart – die Arbeitnehmer vor Ort diese Aufzeichnungen führen würden. Dies sei bei ca. 1.300 Filialen, welche die A S GmbH in Österreich betreibe, auch nicht anders möglich. Ein in diese Richtung gehender Vorwurf sei jedoch nicht erhoben worden. Überdies könne der Vorwurf "im Betrieb anwesend war" nie tatbestandsmäßig sein, da nur geleistete Arbeitsstunden und nicht Anwesenheiten, welche auch außerbetrieblich veranlasst sein könnten, zu erfassen seien.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land als belangte Behörde hat die Berufung samt den bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme, insbesondere in die Anzeige des Arbeitsinspektorates für den 6. Aufsichtsbezirk vom 6.12.2005 und in die dieser Anzeige beigelegte Bestellungsurkunde der Frau M B. Weiters wurde eine Stellungnahme des Arbeitsinspektorates für den 6. Aufsichtsbezirk hinsichtlich der Bestellung von Frau M B als verantwortliche Beauftragte eingeholt. Das Arbeitsinspektorat für den 6. Aufsichtsbezirk teilte  mit Stellungnahme vom 7.8.2007 mit, dass Frau M B als verantwortlich Beauftragte beim Arbeitsinspektorat für den 6. Aufsichtsbezirk gemeldet wurde und diese auch in der Anzeige vom 6.12.2005 genannt werde.

 

Frau M B wurde mit Urkunde vom 1.1.2003 zur verantwortlichen Beauftragten bestellt und wurde dies mit Schreiben vom 21.5.2003 dem zuständigen Arbeitsinspektorat unter Anschluss einer Kopie der Bestellungsurkunde und einer Aufstellung jener Filialen der Firma S, für die Frau B zur verantwortlichen Beauftragten bestellt worden ist, mitgeteilt. Dieses Schreiben ist beim zuständigen Arbeitsinspektorat am 26.5.2003 eingegangen. Aus der Bestellungsurkunde Punkt II iVm Punkt III.A. geht klar hervor, dass Frau B zur verantwortlichen Beauftragten für die Einhaltung sämtlicher die Arbeitnehmer der A S GmbH und deren Schutz betreffenden Vorschriften – auch für die Teile der Arbeitnehmerschutzvorschriften, welche auf die räumliche Ausstattung und/oder bauliche Ausstattung der jeweiligen Filialen oder sonstigen Arbeitsstätten der A S GmbH abstellen – bestellt ist. Abgesehen davon, dass in der beigelegten Liste über jene Filialen der Firma S, für die Frau B zur verantwortlich Beauftragten bestellt worden ist, eindeutig die Filiale G, B S Straße, genannt ist, gilt auch die räumliche Abgrenzung hinsichtlich Verkaufsbezirke und Filialen ausdrücklich nicht für den oben genannten sachlichen Bereich.

 

Es steht daher für den Oö. Verwaltungssenat als erwiesen fest, dass zum Tatzeitpunkt Frau M B als verantwortliche Beauftragte für die Filiale in G rechtswirksam bestellt ist.

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

Gemäß § 9 Abs.1 VStG ist für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen, Personengesellschaften des Handelsrechtes oder eingetragene Erwerbsgesellschaften, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte (Abs.2) bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist.

 

Gemäß § 9 Abs.2 leg.cit. sind die zur Vertretung nach außen Berufenen berechtigt und, soweit es sich zur Sicherstellung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit als erforderlich erweist, auf Verlangen der Behörde verpflichtet, aus ihrem Kreis eine oder mehrere Personen als verantwortliche Beauftrage zu bestellen, denen für das ganze Unternehmen oder für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens die Verantwortung für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften obliegt. Für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens können aber auch andere Personen zu verantwortlichen Beauftragten bestellt werden.

 

Gemäß § 23 Arbeitsinspektionsgesetz wird die Bestellung zum verantwortlichen Beauftragten erst mit der Mitteilung des Zustimmungsnachweises an das zuständige Arbeitsinspektorat rechtswirksam.

 

Im Grunde der Sachverhaltsfeststellungen steht fest, dass Frau M B mit Bestellungsurkunde vom 1.1.2003 vom Beschuldigten als handelsrechtlichen Geschäftsführer der A S GmbH zur verantwortlichen Beauftragten für den sachlich abgegrenzten Bereich Einhaltung der Arbeitnehmerschutzvorschriften rechtswirksam bestellt wurde. Das Arbeitszeitgesetz enthält zum Großteil Regelungen, die arbeitnehmerschutzrechtliche Vorschriften bedeuten oder zumindest im untrennbaren Zusammenhang mit dem Arbeitnehmerschutz stehen.

 

Diese Bestellung wurde mit Schreiben vom 21.5.2003, eingelangt am 26.5.2003, dem zuständigen Arbeitsinspektorat mitgeteilt. Die Voraussetzungen nach § 9 Abs.2 VStG und § 23 ArbIG wurden erfüllt und ist daher die Bestellung rechtswirksam. Es ging daher die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit auf Frau M B als verantwortliche Beauftragte über. Damit endete die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit des Berufungswerbers als handelsrechtlicher Geschäftsführer.

 

Es war daher das angefochtene Straferkenntnis gegen den Berufungswerber aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren gegen den Berufungswerber gemäß § 45 Abs.1 Z2 VStG einzustellen, da der Berufungswerber die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen hat.

 

Wenn die belangte Behörde auf ein Erkenntnis des Oö. Verwaltungssenates vom 4.11.2004, VwSen-280753/26/Kl/Pe, hinweist, so wurde bereits im Verfahren zu VwSen-280946/Kl/Pe, diesen Ausführungen entgegen gehalten, dass die dort herangezogene Bestellungsurkunde in einigen Teilen von der nunmehr vorgelegten Bestellungsurkunde abweicht.

 

Bei dem vorliegenden Verfahrensergebnis war auf das weitere Vorbringen des Berufungswerbers nicht mehr einzugehen, gleich wohl festzustellen ist, dass den Berufungsausführungen hinsichtlich mangelnder Konkretisierung des Schuldspruches gemäß § 44a VStG gefolgt wird.

 

Weil die Berufung Erfolg hatte, entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge gemäß § 66 Abs.1 VStG.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsge­richts­hof erhoben werden; diese muss von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. B i s m a i e r

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum