Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-300786/7/BP/Mu/Se

Linz, 02.10.2007

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Mag. Dr. Bernhard Pree über die Berufung der I N, E, gegen das Straferkenntnis des Bezirks­hauptmanns des Bezirks Schärding vom 14. Mai 2007, Zl. Pol96-30-2006/Egk, wegen einer Verwal­tungs­übertretung nach dem Tierschutzgesetz, zu Recht erkannt:

 

 

I.               Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

 

II.             Der Berufungswerber hat zusätzlich zu den Verfahrenskosten erster Instanz einen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat in Höhe von 70 Euro (das sind 20 % der verhängten Geldstrafe) zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I: §§ 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm. § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG;

zu II: § 64 Abs.1 und 2 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmanns des Bezirks Schärding vom 14. Mai 2007, Zl. Pol96-30-2006/Egk, wurde über die Berufungswerberin (im Folgenden: Bw) eine Geldstrafe in Höhe von 350 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 48 Stunden) verhängt, weil sie, wie am 5. Mai 2006 um ca. 9.00 Uhr auf der Weide nordöstlich ihres Anwesens E, und auf der Weide südsüdöstlich ihres Anwesens bei einem Lokalaugenschein durch eine Amtsabordnung festgestellt worden sei, ihren schottischen Hochlandrindern Leiden zugefügt habe, indem diese, um zu den Futterstellen gelangen zu können, durch sehr stark aufgetretenen und morastigen Boden gehen haben müssen und dabei zum Teil bis zum Karpalgelenk in den Morast eingesunken seien. Dadurch habe sie eine Übertretung des § 5 Abs. 1 Tierschutzgesetz, BGBl. I Nr. 118/2004 (im Folgenden: TSchG) begangen, weshalb sie gemäß § 38 Abs. 1 Z. 1 TschG zu bestrafen gewesen sei.

 

Begründend führt die belangte Behörde dazu im Wesentlichen aus, dass durch eine Amtsabordnung bei einem Lokalaugenschein am 5. Mai 2006 der im Spruch darge­legte Sachverhalt festgestellt worden sei.

 

Eine Gruppe der schottischen Hochlandrinder sei auf einer Weide nordöstlich des Anwesens und eine weitere Gruppe auf einer Weide südsüdöstlich ca. 200 m unterhalb des Anwesens gehalten worden. Die Weiden lägen in Hanglage, wobei die nordöstliche zur Straße hin und die südsüdöstliche von der Straße abfalle. Tiefe Trittspuren seien jedoch im morastig und aufgeweichten Bereich bei den Futter­stellen, die jeweils im Nahbereich der Straße aufgestellt worden seien, sowie bei den Zugängen ersichtlich gewesen. Die Grasnarbe rund um die Futterstellen beider Weiden sei zur Gänze zerstört gewesen. Auf Grund dieser Umstände seien die Rinder teilweise bis zu den Karpalgelenken im Boden eingesunken.

 

In der Folge habe die belangte Behörde gemäß § 47 Abs. 1 VStG eine Strafverfügung vom 3. Juli 2006, Zl. Pol96-30-2006/Egk, erlassen. Gegen diese habe die Bw frist­gerecht Einspruch erhoben und die Vorgehensweise im Rahmen des Lokalaugenscheins, der ohne ihre Anwesenheit abgehalten worden sei,  bemängelt.

 

Hinsichtlich ihres Einspruches sei sodann ein ordentliches Verfahren eingeleitet worden und die Tierschutzombudsfrau sowie die Amtstierärztin zur Stellungnahme aufgefordert worden. In ihrem Einspruchsschreiben und ihrer Stellungnahme habe die Bw die Tatanlastung bestritten, jedoch die morastigen Flächen und das Auftreten des Bodens durch die Tiere bestätigt.

 

Bei der Bemessung der Strafe sei das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung diene und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen habe, berücksichtigt worden. Die verhängte Geldstrafe entspreche dem Unrechts- und Schuldgehalt der Tat.

 

Hinsichtlich der Strafbemessung seien keine Milderungs- und Erschwerungsgründe hervorgekommen. Es sei von keinem hierfür relevanten Vermögen, keinen ins Gewicht fallenden Sorgepflichten und einem Einkommen der Bw von monatlich mindestens 1.500,- Euro netto ausgegangen worden.

 

1.2. Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich eine rechtzeitig eingebrachte Berufung vom 29. Mai 2007.

 

Darin führt die Bw aus, dass sie die bereits in ihrer Stellungnahme vorgebrachten Äußerungen vollinhaltlich aufrecht erhalte. Der Tierarzt habe gegenüber ihren Mann seine vor der belangten Behörde gemachte Aussage revidiert, weshalb eine weitere Einvernahme samt den erfolgten behandelten Unterlagen vorgenommen werden solle. Darüber hinaus bemängelt die Bw wiederum die Vorgehensweise bei der Ladung zum Lokalaugenschein. Weiters bringt sie vor, dass, nachdem bis dato die Erstbehörde keine Maßnahmen gesetzt und auch keine Vorschläge zur Beseitigung der angeblichen Missstände gemacht habe, es sich nicht um Gefahr in Verzug handeln habe können. Wären die Vorwürfe richtig gewesen, hätten seitens der belangten Behörde Maßnahmen getroffen werden müssen. Dies sei aber nicht geschehen, weil die amtshandelnden Personen genau wüssten, dass man Tiere nicht vorschreiben könne, wo sie hinlaufen dürfen.

 

Aus diesen Gründen wird daher die Aufhebung des Straferkenntnisses und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens beantragt.

 

 

2. Die belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsakt mit Schreiben vom 4. Juni 2007 zur Berufungsentscheidung vorgelegt. Da im angefochtenen Straferkenntnis keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung durch eines seiner Mitglieder berufen (§ 51c VStG).

 

2.1.1. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde. Insbesondere beauftragte er zur Klärung wesentlicher den ggst. Fall betreffende Fragen mit Schreiben vom 27. Juni 2007 die Abteilung Veterinärdienst des Amtes der Oö. Landesregierung.

 

2.1.2. Mit Schreiben vom 28. August 2007 wurde dem Oö. Verwaltungssenat dieses Gutachten übermittelt.

 

Zu den vorgelegten Fragen:

 

1) Wurde im gegenständlichen Fall den schottischen Hochlandrindern Leiden zugefügt, indem diese, um zu den Futterstellen zu gelangen durch sehr stark aufgetretenen und morastigen Boden gehen mussten und zum Teil dabei bis zum Karpalgelenk in den Morast einsanken?

 

2) War die – sofern aus dem Verfahrensakt ersichtlich – Tränkestellenbefestigung ausreichend, um potenziellen oder tatsächlichem Leiden der Tiere entgegen zu wirken?

 

3) Wie kann die Bodenbeschaffenheit im Hinblick auf die Freilandhaltung von schottischen Hochlandrindern rund um die Futter- bzw. Tränkestellen gestaltet werden, dass eventuelle Leiden der Tiere ausgeschlossen werden?

 

4) Bestehen im Hinblick auf das gegenständliche Verfahren Unterschiede in der Betrachtung zwischen schottischen Hochlandrindern in deren natürlichem Lebensraum und einheimischen Rinderrassen?

 

Führt das Gutachten u. a. aus:

 

2.1.3. In der gegenständlichen Rinderhaltung ist der Zugang zu insgesamt 3 Futterstellen, wovon eine nicht überdacht ist, durch tiefen Morast zumindest stark erschwert. Die Futterstellen sind zwar entgegen ursprünglichen anders lautenden Befunden beide teilweise befestigt, es ist aber unstrittig, dass sich an den Rändern der befestigten Flächen morastige Bereiche gebildet haben. Es bestehen also einfacher und schwerer bewältigbare Zugangsmöglichkeiten. Rinderherden sind stets hierarchisch aufgebaut. Dies bedeutet, dass die einfacheren Zugänge von ranghöheren Tieren besetzt bzw. für längere Zeit blockiert werden können. Kranken und geschwächten und damit rangniedrigeren Rindern wird in der beschriebenen Situation der Zugang zum Vitalinteresse Futteraufnahme erschwert. Von einer Isolationsmöglichkeit für kranke erwachsene Rinder, wie in der 1. Tierhaltungsverordnung vorgeschrieben, wird nichts berichtet. Unter der Annahme, dass eine derartige Möglichkeit tatsächlich nicht besteht bzw. davon nicht Gebrauch gemacht wird, ist zu erwarten, dass bei Kälbern, bei älteren und kranken Tieren besonders in den Wintermonaten durch die vorliegende Situation eine Überforderung ihres Anpassungsvermögens eintritt. Die vorliegenden Betriebsdaten geben einen deutlichen Hinweis darauf, dass eine derartige Situation tatsächlich eingetreten ist:

Der am stärksten belastete Zeitraum der letzten Jahre war zweifelsfrei der lange Winter 2005/2006. Bis Ende März 2006 hielt die kalte Witterung an. Gerade in diesem Zeitraum von 1. Jänner bis 3. April 2006 fallen 7 gemeldete Verendungsfälle. Neben einem neugeborenen Kalb und zwei wenige Tage alten Kälbern verendeten auch drei erwachsene Rinder im Alter von 3-13 Jahren und ein Jungrind mit 11 Monaten. Obwohl keine Befunde zu den Todesursachen vorliegen, sprechen doch die besseren Gründe dafür, dass die Tiere der zu erwartenden Überforderung zum Opfer gefallen sind. Dies schließt ein, dass auch die überlebenden Rinder einer erheblichen Belastung ausgesetzt gewesen sein müssen, die nach Zeeb (1996) als Leiden zu qualifizieren ist. Der für bestimmte Individuen erschwerte Zugang zur Futterstelle allein bedeutet schon Leiden im engeren Sinne der Definition. Unter Leiden versteht man alle nicht bereits vom Begriff Schmerzen umfassten Beeinträchtigungen im Wohlbefinden, die über ein schlichtes Unbehagen hinausgehen und eine nicht unwesentliche Zeitspanne fortdauern (Goetschel in Buchholtz et al., 1993).

Das Zusammenwirken mehrerer negativer Faktoren führte im konkreten Fall zur offensichtlichen Eskalation im 1. und 2. Quartal 2006; Erschwerter Zugang zur Fütterung, fehlender Witterungsschutz, Fehlen einer trockenen Liegefläche, Unterlassung der Isolation kranker und geschwächter Tiere.

 

Der Stand der Technik betreffend Maßnahmen zur Vermeidung von Beeinträchtigungen und Leiden in der ganzjährigen Freilandhaltung ist für interessierte Landwirte öffentlich zugänglich.

(u.a. Wassmuth, Tagungsband der Bautagung Raumberg – Gumpenstein 2007)

 

Die Frage 1 wird folglich mit ja beantwortet.

 

Frage 2 bezüglich Befestigung der Tränkstellen wird mit ja beantwortet. Die Befestigung der Futterplätze ist aber als unzureichend im Sinne von Leidensvermeidung einzustufen.

 

Frage 3

Üblicherweise in der Praxis angewandt werden:

 

1. Regelmäßiges Versetzen der Futterraufen auf verschiedenen Futterplätzen

2. Befestigung der Bodenflächen

3. Kombination aus 1. und 2.

4. Verringerung der Besatzdichte

 

Zu Frage 4:

Schottische Hochlandrinder gelten als Robustrasse. Sie zeichnen sich gegenüber anderen Rassen besonders durch ihr langes Haarkleid aus und zeigen auch Besonderheiten in ihrem Verhalten. Tatsächlich ist bekannt, dass Stiere – aus bisher unbekannten Gründen – Gruben graben. In Bezug auf andere Rinderrassen werden von verschiedenen Autoren keine Unterschiede für die Eignung zur Freilandhaltung gesehen. Laut Wassmuth (2007) kamen auch Kreuzungstiere aus Limousin x Holstein in der Freilandhaltung gut zurecht. Bis hinauf zum Mittelgebirgsstandort ergeben sich keine rassespezifischen Unterschiede hinsichtlich den Anforderungen (ARBEITSGRUPPE RINDERHALTUNG 1997).

 

2.2. Mit Schreiben vom 3. September 2007 (der Bw am 5. September 2007 zugestellt) wurde die Bw aufgefordert, zu dem vorgelegten Gutachten binnen 3 Wochen Stellung zu nehmen und eventuelle ergänzende Beweismittel vorzulegen. Die Bw wurde ausdrücklich darauf hingewiesen, dass bei fruchtlos verstrichener Frist nach Aktenlage entschieden und davon ausgegangen werden müsse, dass sie auf die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung verzichte.

 

Auf diese Aufforderung erfolgte bis zur Entscheidung des Oö. Verwaltungssenates keine wie auch immer geartete Reaktion der Bw.

 

2.3. Da sich bereits aus den Akten in Verbindung mit dem Parteienvorbringen und dem erstellten Gutachten der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ, mit dem angefochtenen Straferkenntnis eine 500 Euro übersteigende Geldstrafe nicht verhängt wurde und die Verfahrensparteien einen dementsprechenden Antrag nicht gestellt haben, konnte im Übrigen gemäß § 51e Abs.3 Z3 VStG von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

 

2.4. Der Oö. Verwaltungssenat geht bei seiner Entscheidung von folgendem ent­scheidungswesentlichen Sachverhalt aus:

 

Ein Lokalaugenschein am 5. Mai 2006 ergab, dass die in Rede stehenden schottischen Hochlandrinder (50 Stück) aufgeteilt auf 2 getrennten Weiden beim Anwesen E, gehalten wurden. In der nordöstlichen Weide erfolgte die Fütterung an 2 gefüllten Futterstellen, die im unteren Bereich der Weide aufgestellt waren. Der Bereich um die Futterstellen war großflächig stark aufgetreten, die Grasnarbe vollständig zerstört und es zeigten sich tiefe Trittspuren der Rinder, sowie eine tiefe Spur von Traktorreifen. In der südöstlichen Weide erfolgte die Fütterung an einer gefüllten Futterstelle mit ca. 20 Fressplätzen, wobei deren Umfeld die gleichen wie oben beschriebenen Merkmale wie oben aufwies.

 

Schottische Hochlandrinder gelten als Robustrasse. Sie zeichnen sich gegenüber anderen Rassen besonders durch ihr langes Haarkleid aus und zeigen auch Besonderheiten in ihrem Verhalten. Tatsächlich ist bekannt, dass Stiere – aus bisher unbekannten Gründen – Gruben graben. In Bezug auf andere Rinderrassen werden von verschiedenen Autoren keine Unterschiede für die Eignung zur Freilandhaltung gesehen.

 

In der gegenständlichen Rinderhaltung war der Zugang zu den insgesamt 3 Futterstellen, wovon eine nicht überdacht war, durch tiefen Morast zumindest stark erschwert. Die Futterstellen waren zwar teilweise befestigt, es ist aber unstrittig, dass sich an den Rändern der befestigten Flächen morastige Bereiche gebildet hatten. Es bestanden also einfacher und schwerer bewältigbare Zugangsmöglichkeiten. Die Rinder waren einer erheblichen Belastung ausgesetzt. Das Zusammenwirken mehrerer negativer Faktoren führte im konkreten Fall zur offensichtlichen Eskalation im 1. und 2. Quartal 2006; Erschwerter Zugang zur Fütterung, fehlender Witterungsschutz, Fehlen einer trockenen Liegefläche, Unterlassung der Isolation kranker und geschwächter Tiere.

 

Der Stand der Technik betreffend Maßnahmen zur Vermeidung von Beeinträchtigungen und Leiden in der ganzjährigen Freilandhaltung ist für interessierte Landwirte öffentlich zugänglich.

 

Die ggst. Befestigungen der Futterplätze sind als unzureichend im Sinne von Leidensvermeidung einzustufen.

 

Üblicherweise werden in der Praxis ein regelmäßiges Versetzen der Futterraufen auf verschiedenen Futterplätzen, Befestigung der Bodenflächen, Kombination aus diesen Maßnahmen oder Verringerung der Besatzdichte angewandt.

 

 

3. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

3.1. Gemäß § 5 Abs.1 iVm. § 38 Abs.1 Z1 TSchG, BGBl I Nr. 118/2004 in der zum Zeitpunkt der Tat geltenden Fassung begeht ua. derjenige eine Verwaltungs­übertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 7.500 Euro, im Wiederholungsfall bis zu 15.000 Euro, zu bestrafen, der einem Tier verbotenerweise ungerechtfertigt Schmerzen, Leiden oder Schäden zufügt oder es in schwere Angst versetzt.

 

Nach § 38 Abs.1 Z1 TSchG begeht eine Verwaltungsübertretung, wer einem Tier entgegen § 5 Schmerzen, Leiden, Schäden oder schwere Angst zufügt, und ist von der Behörde mit einer Geldstrafe bis zu 7.500 Euro, im Wiederholungsfall bis zu 15.000 Euro zu bestrafen.

 

Gemäß der 1. Tierhaltungsverordnung, Anlage 2, Z. 4.3. , BGBl. II Nr. 485/2004, zuletzt geändert durch BGBL. II Nr. 25/2006, ist bei der ganzjährigen Haltung im Freien von Rindern zu beachten, dass der Boden im Bereich der ständig benützten Fütterungs- und Tränkebereiche befestigt sein muss und für jedes Tier eine überdachte, trockene und eingestreute Liegefläche mit Windschutz in einem Ausmaß zur Verfügung stehen muss, sodass allen Tieren ein gleichzeitiges ungestörtes Liegen ermöglicht werden kann.

 

3.2. Im gegenständlichen Fall ist unbestritten, dass die Bw zum Tatzeitpunkt Halterin der in Rede stehenden schottischen Hochlandrinder war.

 

Auch von der Bw nicht bestritten ist, dass der Boden rund um die Futterstellen stark aufgetreten und morastig war. Rinderherden sind stets hierarchisch aufgebaut. Dies bedeutet, dass die einfacheren Zugänge von ranghöheren Tieren besetzt bzw. für längere Zeit blockiert werden können. Kranken und geschwächten und damit rangniedrigeren Rindern wird in der beschriebenen Situation der Zugang zum Vitalinteresse Futteraufnahme erschwert. Von einer Isolationsmöglichkeit für kranke erwachsene Rinder, wie in der 1. Tierhaltungsverordnung vorgeschrieben, wurde im ggst. Fall nichts bekannt. Unter der Annahme, dass eine derartige Möglichkeit tatsächlich nicht bestand bzw. davon nicht Gebrauch gemacht wurde, war bei Kälbern, bei älteren und kranken Tieren durch die vorliegende Situation eine Überforderung ihres Anpassungsvermögens gegeben. Die vorliegenden Betriebsdaten geben – wie im Gutachten ausgeführt - einen deutlichen Hinweis darauf, dass eine derartige Situation tatsächlich eingetreten ist. Wenn die Bw nun einwendet, dass die Situation ihrer Rinder den natürlichen Gegebenheiten entspricht, ist anzumerken, dass die 1. Tierhaltungsverordnung – wie oben dargestellt – ein höheres Maß an Schutz für die Tiere und Sorgfalt bei deren Haltung vorschreibt.

 

Die Rinder waren einer erheblichen Belastung ausgesetzt, die gemäß dem Sachverständigengutachten als Leiden zu qualifizieren ist. Der für bestimmte Individuen erschwerte Zugang zur Futterstelle allein bedeutet demnach schon Leiden im engeren Sinne der Definition. Unter Leiden versteht man alle nicht bereits vom Begriff Schmerzen umfassten Beeinträchtigungen im Wohlbefinden, die über ein schlichtes Unbehagen hinausgehen und eine nicht unwesentliche Zeitspanne fortdauern (Goetschel in Buchholtz et al., 1993).

Das Zusammenwirken mehrerer negativer Faktoren führte im konkreten Fall zur offensichtlichen Eskalation im 1. und 2. Quartal 2006; Erschwerter Zugang zur Fütterung, fehlender Witterungsschutz, Fehlen einer trockenen Liegefläche, Unterlassung der Isolation kranker und geschwächter Tiere. Die ggst. Befestigungen der Futterplätze waren als unzureichend im Sinne von Leidensvermeidung einzustufen.

 

Es steht entgegen der Meinung der Bw also unbestritten fest, dass der Tatbestand des § 5 Abs. 1 TSchG von ihr in objektiver Hinsicht erfüllt wurde.

 

3.3. Das Tierschutzgesetz sieht keine eigene Regelung hinsichtlich des Verschul­dens vor, weshalb § 5 Abs. 1 VStG zur Anwendung kommt, wonach zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten genügt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzu­nehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft (Ungehorsamsdelikt).

 

3.4. Es ist nun zu prüfen, ob sich die Bw entsprechend sorgfältig verhalten hat, um glaubhaft machen zu können, dass sie an der Verletzung der Verwaltungs­vorschrift kein Verschulden trifft.

 

Die Bw ortet hier einen grundlegenden Auffassungsunterschied in der Rinderhaltung und vermeint, dass die von ihr gewählte Haltung für schottische Hochlandrinder artgerechter ist, da diese ihrem natürlichen Herkunftslebensraum entspreche.

 

Schottische Hochlandrinder gelten gemäß dem Gutachten als Robustrasse. Sie zeichnen sich gegenüber anderen Rassen besonders durch ihr langes Haarkleid aus und zeigen auch Besonderheiten in ihrem Verhalten. Tatsächlich ist bekannt, dass Stiere – aus bisher unbekannten Gründen – Gruben graben. In Bezug auf andere Rinderrassen werden laut Gutachten von verschiedenen Autoren keine Unterschiede für die Eignung zur Freilandhaltung gesehen.

 

Es ist der Bw weiters entgegenzuhalten, dass der Stand der Technik betreffend Maßnahmen zur Vermeidung von Beeinträchtigungen und Leiden in der ganzjährigen Freilandhaltung für interessierte Landwirte öffentlich zugänglich ist.

 

Die Bw bringt auch vor, dass keine Verbesserungsmaßnahmen vorgeschlagen bzw. überhaupt vorhanden seien, weshalb sie ihr Verhalten offensichtlich darin entschuldigt sieht. Üblicherweise werden allerdings in der Praxis Maßnahmen wie zB ein regelmäßiges Versetzen der Futterraufen auf verschiedenen Futterplätzen, Befestigungen der Bodenflächen, Kombination aus diesen Maßnahmen oder Verringerung der Besatzdichte angewandt.

 

Es wären der Bw somit durchaus Maßnahmen zur Verfügung gestanden, die eine rechtmäßige Haltung der Tiere gewährleistet hätten.

 

Das Verschulden der Bw in Form von Fahrlässigkeit liegt vor allem in der Tatsache, dass sie unter Ignorieren all dieser eben dargestellten Überlegungen ihren Rindern die objektiv vorhandenen Leiden zufügte, ohne entsprechende Maßnahmen zu ergreifen. Somit ist auch die subjektive Tatseite gegeben.

 

Auf die weiteren Einwendungen der Bw war mangels Relevanz im gegenständlichen Fall nicht einzugehen.

 

3.5. Hinsichtlich der Strafbemessung brachte die Bw keinerlei Umstände vor, die ein Abgehen von der Höhe der verhängten Strafe rechtfertigen würden, weshalb hier der belangten Behörde zu folgen war. Im Übrigen bewegt sich die Strafhöhe am unteren Ende des gesetzlichen Strafrahmens, der bis zu 7.500 Euro reicht.

 

 

4. Bei diesem Ergebnis war der Bw nach § 64 Abs. 1 und 2 VStG zusätzlich zum Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat in der Höhe von 70 Euro (das sind 20 Prozent der verhängten Strafe) vorzuschreiben.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Bernhard Pree

 

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